Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

Der Bundesgerichtshof hat erneut gerügt, dass das Verhalten eines Gerichts „an Rechtsverweigerung grenzt”. Beschluss Az.: II ZR 117/08. Verletzt wurde im entschiedenen Fall das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
Im Mittelpunkt dieses Beschlusses steht erneut das Oberlandesgericht Naumburg. Zur Rechtsprechung dieses Gerichts können Sie sich näher informieren, wenn Sie links bei „Suche” eingeben: „Oberlandesgericht Naumburg”.
In ähnlicher Weise hat sich der BGH auch schon gegen andere eigenherrliche Gerichtsentscheidungen gewandt. So gegen Entscheidungen des Oberlandesgerichts Hamm. Siehe zu ihnen bitte unsere Berichte vom 20. März 2008 und 16. März 2007.

Wir berichteten gelegentlich schon über das Problem der internationalen Zuständigkeit. So am Sonntag, 15. Februar 2004.
Das OLG Düsseldorf, Az.: I-15 U 17/08, lehnte in einem neuen Fall seine internationale Zuständigkeit für die Prüfung einer Presseveröffentlichung in einer ausländischen Tageszeitung (und deren Online-Auftritt) ab. Die Publikation betraf ein US-;amerikanischen Ermittlungsverfahren gegen einen Medienunternehmer und weitere Personen.
Das Urteil interessiert vor allem deshalb, weil es die wichtigsten Aspekte klarstellt und auch für den Bereich der Internet-Archive von Bedeutung ist. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Das Gericht stellte klar:
Sowohl die internationale als auch die örtliche Zuständigkeit hängen davon ab, ob die behauptete unerlaubte Handlung der Beklagten am Gerichtsort begangen worden ist. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn bei einer im Ausland erscheinenden Zeitschrift der Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, im Inland liegt, und wenn die Zeitschrift im regelmäßigen Geschäftsverkehr auch im Inland verbreitet worden ist. Diese Voraussetzungen konnte der Kläger aber nicht beweisen.
Im Hinblick auf das weltweit abrufbare Internet-Archiv führte das Gericht aus, dass allein aufgrund der bloßen Abrufbarkeit der Information in Deutschland eine internationale Zuständigkeit nicht angenommen werden könne, da sonst die internationale Zuständigkeit bei Rechtsverstößen im Internet fast immer bejaht werden müsse. Im entschiedenen Fall hatte sich das Angebot nicht gezielt bzw. bestimmungsgemäß auch an den deutschen Markt gerichtet.

O tempora, o mores wird manch ein Lateiner klagen. In der Schweiz wird getestet, ob der Staat Schüler mit Geld zu besseren Leistungen anspornen kann und soll. Unsere Mandantin IfD Allensbach hat aus diesem Anlass repräsentativ die Meinungen und Verhältnisse zur Belohnung von Schülern in Deutschland ermittelt.
15 % der deutschen Bevölkerung ab 16 Jahre finden es heute schon gut, dass der Staat Schüler für gute Noten mit Geld belohnen soll. 7 % sind unentschieden. Schaubild 1.
Privat werden Kinder aber meist für gute Noten belohnt. 42 % sogar unmittelbar mit Geld. Nur 14 % belohnen grundsätzlich nicht. Schaubild 2.
Interessant: Angelernte und Fach-Arbeiter belohnen am meisten mit Geld: 54 und 46 %. Am wenigsten Selbständige/freie Berufe, nämlich 31 %, obwohl diese Gruppe zusammen mit den Leitenden Angestellten/Beamten am großzügigsten belohnen. Schaubild 3.

Die Rechtsprechung, nach welcher eine „hartnäckige“ Bildrechtsverletzung einen Anspruch auf Geldentschädigung begründen kann, obwohl die einzelne Bildveröffentlichung für sich betrachtet keine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts darstellt, ist auf den Bereich von Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Wortberichterstattung nicht übertragbar. In einem nun vom BGH bestätigten Urteil des OLG Hamburg Az.: 7 U 100/07 war eine auf mehrfache rechtswidrige Wortveröffentlichung gestützte Geldentschädigungsklage abgewiesen worden.
Das OLG Hamburg wörtlich:
"Ein erheblicher Unterschied zwischen den in Rede stehenden Formen der Persönlichkeitsrechtsverletzung besteht jedoch darin, dass das Persönlichkeitsrecht in der besonderen Gestalt des Rechts am eigenen Bild in §§ 22, 23 KUG scharf umrissen normiert ist, während bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Wortbeiträge auf die allgemeinen Grundrechtsnormen der Art. 1 und 2 GG zurückgegriffen werden muss. Dies hat zur Folge, dass es wesentlich unproblematischer ist, die Rechtswidrigkeit einer Bildberichterstattung festzustellen, als im Falle einer Wortberichterstattung, bei der in jedem Einzelfall unterschiedliche Kriterien gelten, so etwa je nachdem, ob es sich um wahre oder unwahre Tatsachen, Meinungsäußerungen, Berichte aus dem Bereich der Privatsphäre oder Verdachtsäußerungen handelt. In jedem Einzelfall ist eine umfassende Abwägung zwischen dem Vorrang des Persönlichkeitsrechts oder der Meinungsfreiheit zu treffen. Hieraus folgt zugleich, dass Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Wortberichterstattung nur in ganz seltenen Fällen in der Weise wie solche durch Bildveröffentlichungen als gleichwertig qualifiziert werden können. Demgemäß lässt sich in aller Regel keine positive Kenntnis der Rechtswidrigkeit aus einer zeitlich vorausgegangen Verletzungshandlung und Verurteilung schließen, wie dies erforderlich wäre, um hartnäckiges Verhalten anzunehmen."
Der Bundesgerichtshof hat nun eine gegen dieses Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde durch einen Beschluss Az.: VI ZR 161/08 zurückgewiesen.

Der Verlag hatte einer Markenanmeldung widersprochen, welche den Bereich „Elektrische Anlagen für die Fernsteuerung“ (Klasse 9) mit dem Kennzeichen „FOCUS“ schützen lassen wollte. Nun hat das Deutsche Patent- und Markenamt beschlossen, diese eingetragene Marke zu löschen, Az.: 306 10 114.9 / 09.
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat eine Verwechslungsgefahr bejaht. Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr sind - so das Amt entsprechendder allgemeinen Meinung - insbesondere die Faktoren Zeichenähnlichkeit sowie Waren- bzw. Dienstleistungsähnlichkeit entscheidend. Da der Focus Magazin Verlag seine Marke u.a. auch für Waren der Klasse 9 (u.a. „Signalinstrumente“) hat schützen lassen, hat das Amt insbesondere aufgrund der Gemeinsamkeiten im technischen Sektor eine zumindest mittlere Ähnlichkeit bejaht. Den hiernach gebotenen mittleren Abstand halten die Vergleichsmarken nicht ein, da sich die identischen Zeichen „FOCUS“ gegenüberstehen.

Der BGH hat in seiner Entscheidung Az.: I ZR 39/06 ( - Stofffähnchen) erneut zur Befragungstechnik bei markenrechtlich relevanten Verkehrsbefragungen Stellung genommen. Wir berichteten über einen insoweit vergleichbaren Sachverhalt zuletzt am 22.05.2009.
Im Rechtsstreit Az.: I ZR 39/06 machte ein bekannter Jeans-Hersteller geltend, ein rotes Stoff-Fähnchen an der Naht der hinteren Hosentasche diene als Herkunftshinweis und werde daher (isoliert) als Marke wahrgenommen. Für seine Argumentation stützte sich der Markeninhaber auf Verkehrsbefragungen, die der BGH in mehrfacher Hinsicht bemängelte:

  • Ein aus dem Jahr 1994 stammende Verkehrsbefragung lasse keinen sicheren Rückschluss (mehr) für das nun relevante Jahr 2005 zu.

  • Da bei der Umfrage auch weitere Bestandteile der Jeans abgebildet wurden, sei unklar, ob die mit abgebildeten Bestandteile die Befragten beeinflusst hätten.

  • In einer weiteren Verkehrsbefragung aus dem Jahre 1994 bleibe unklar, welche Abbildung den Befragten vorgelegt worden war.

  • Bei einer dritten Verkehrsbefragung sei die Fragestellung: „Wenn Sie einmal davon absehen, dass die Beschriftung entfernt wurde: Kommen solche Jeans von einem bestimmten Hersteller, oder gibt es solche Jeans von verschiedenen Herstellern?“ mangels alternativer Antwortmöglichkeiten zumindest suggestiv.
Da aufgrund der insoweit mangelhaften oder unverwertbaren Studien die Kernfrage unbeantwortet blieb, verwies der BGH die Sache an das OLG zur weiteren Sachaufklärung zurück.
Anmerkung:
Wie bei nahezu jeder Umfrage für die rechtliche Praxis empfiehlt es sich, möglichst frühzeitig, systematisch die befragungstechnische Fehlerquellen bei repräsentativen Umfragen zu beachten. Die o.g. Fehler betreffen bspw. die „ungenaue graphische Gestaltung“ - § 4 Nr. 5 und somit den „falschen oder ungenauen Bezugsrahmen“. Die erwähnte unvollständige oder fehlende Wiedergabe anderer Antwortmöglichkeiten betrifft den in § 21 aufgeführten Suggestivfehler. § 33 - erkennbare Antworterwartung wurde missachtet. Insgesamt sind - unbewusst oder bewusst - 15 Fehler unterlaufen. Die Gerichte sind heute so problembewusst, dass Fehler den Interessierten nicht weiter helfen, sondern die Gerichte verdrießen.

So betitelt die neue Ausgabe - 24/2009 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.

Das Landgericht Berlin hat in einem Beschluss Az.: 15 O 757/07 bekräftigt:
Wer eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt, anerkennt damit noch nicht automatisch, dass er rechtswidrig gehandelt hat und dementsprechend zwangsläufig die Kosten tragen muss.
Vielmehr darf sich der Angegriffene einerseits unterwerfen, weil er die Kosten einer gerichtlichen Auseinandersetzung scheut, aber andererseits gegen die Kosten mit der Begründung wehren, er habe rechtmäßig gehandelt.
Um keine Zweifel aufkommen zu lassen, ist es in der professionellen Praxis üblich, zur strafbewehrten Unterlassungserklärung hinzuzufügen, sie erfolge zwar rechtsverbindlich, jedoch „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“.

Wir hatten bereits am 26. Februar 2009 vorab berichtet, nun liegt das Bundesgerichtshof-Urteil Az.: I ZR 135/06 im Volltext vor.
Der Fall:
Die Klägerin nutzte seit Oktober 2001 die Abkürzung „ahd“ als Unternehmensbezeichnung. Die Beklagte hatte zuvor – fortlaufend seit 1997 neben mehreren tausend Domainnamen – auch die Domain „ahd.de“ auf sich registriert, um diese zu veräußern oder zur entgeltlichen Nutzung anzubieten. Nachdem bis zum Jahre 2004 nur ein „Baustellen“-Schild auf der Seite abrufbar war, hat die Beklagte sie anschließend für Leistungen verwendet, die den von der Klägerin angebotenen gleich und somit verwechslungsfähig waren.
Kurz: Registrierung durch Beklagte seit 1997, 2001 Unternehmensbezeichnung für Klägerin, ab 2004 Verwendung der Seite durch beklagte Domaininhaberin.
Der BGH entschied, dass die Beklagte ihre prioritätsältere Baustellen-Domain nicht löschen muss. Die Begründung: Die bloße Registrierung und das Halten der Domain sei per se nicht rechtsmissbräuchlich und stelle keine wettbewerbswidrige Behinderung dar. Der Handel mit Domainnamen sei vielmehr – so der BGH – grundsätzlich zulässig und verfassungsrechtlich geschützt.
Allerdings: Die bloße Registrierung des Domainnamens als solche - so der BGH - schafft kein Kenzeichenrecht und berechtigt den Domaininhaber dementsprechend nicht, Kennzeichen zu verletzen. Im entschiedenen Fall bestätigte der BGH deshalb, dass die Bekagte es unterlassen muss, die 2001 geschaffene Unternehmensbezeichnung auf ihrer Homepage verwechselnd zu gebrauchen.

Nach einem Beschluss des Anwaltsgerichtshofs Schleswig-Holstein blockieren die Bestimmungen zur Bezeichnung „Fachanwalt” Hinweise zur Spezialisierung beim Kanzleinamen. Az.: 2 AGH 6/07. So soll eine Kanzlei nicht angeben dürfen: "Rechtsanwälte für Arbeitsrecht", wenn kein Sozius als "Fachanwalt für Arbeitsrecht" zugelassen ist.
Nach diesem Beschluss dürften Kanzleien selbst dann, wenn alle ihre Rechtsanwälte seit Jahren für ein Gebiet führend sowie in den Rankings als „führende Namen” ausgewiesen sind und im Wesentlichen nur auf diesem Gebiet arbeiten, bei ihrem Namen nicht angeben: "Rechtsanwälte für Arbeitsrecht", ”Rechtsanwälte für Urheber- und Medienrecht", „Rechtsanwalt für Strafrecht” oder Rechtsanwälte für welches Fachanwaltsgebiet auch immer.
Abgedeckt durch Fachanwaltsgebiete wird nach § 1 der Fachanwaltsordnung nahezu das gesamte Recht. Ironisch heißt es: „Es fehlen nur noch die Fachanwaltschaften Waagrecht und Senkrecht” (Panorama). Folglich müsste erst noch ein Ausweg gefunden werden.
Um beim „Rechtsanwalt für Strafrecht” zu bleiben: Zur Bezeichnung „Rechtsanwalt für Strafrecht” würde es nicht ausreichen, dass sich ein Strafrechtler als Anwalt selbständig macht, nachdem er jahrzehntelang als ordentlicher Professor Strafrecht an der Universität gelehrt, Lehrbücher zum Strafrecht verfasst und nebenbei jahrelang zusätzlich nebenbei in einer Kanzlei höchst erfolgreich und anerkannt strafrechtlich gearbeitet hat. Es würde nicht einmal ausreichen, wenn er als berühmter „alter Hase” anerkannt ist. Erst müsste er die Fachanwaltsprüfung - auch im Kreise von Schülern und zeitaufwändig - ablegen.
Das Gleiche gilt selbstverständlich zum Beispiel für einen "Rechtsanwalt für Urheber- und Medienrecht".
Der Anwaltsgerichtshof Schleswig-Holstein meint zur Begründung, der Rechtsanwalt ohne Fachanwaltszulassung würde den unbefangenen Rechtsuchenden irreführen und den Begriff des Fachanwalts völlig entwerten.
Mit dieser Begründung wird es schwierig, einen Ausweg zu finden. Eine repräsentative Studie zu der Frage, ob ein erheblicher Teil der Rechtsuchenden annimmt, der „Rechtsanwalt für ...” habe die Fachanwaltsprüfung abgelegt, fehlt. Erst recht ist es schwierig, dem Argument beizukommen, der Begriff „Fachanwalt” werde ausgehöhlt bzw. „entwertet”. Allzu schnell würde voraussichtlich zu einem Ausweg unter anderem auch eingewandt, er schaffe Rechtsunsicherheit und entwerte deshalb den Begriff „Fachanwalt”.
Anmerkung: Der Verfasser dieser Zeilen ist als „Fachanwalt für Arbeitsrecht” zugelassen.