Der BGH hat in seiner Entscheidung Az.: I ZR 39/06 ( - Stofffähnchen) erneut zur Befragungstechnik bei markenrechtlich relevanten Verkehrsbefragungen Stellung genommen. Wir berichteten über einen insoweit vergleichbaren Sachverhalt zuletzt am 22.05.2009.
Im Rechtsstreit Az.: I ZR 39/06 machte ein bekannter Jeans-Hersteller geltend, ein rotes Stoff-Fähnchen an der Naht der hinteren Hosentasche diene als Herkunftshinweis und werde daher (isoliert) als Marke wahrgenommen. Für seine Argumentation stützte sich der Markeninhaber auf Verkehrsbefragungen, die der BGH in mehrfacher Hinsicht bemängelte:

  • Ein aus dem Jahr 1994 stammende Verkehrsbefragung lasse keinen sicheren Rückschluss (mehr) für das nun relevante Jahr 2005 zu.

  • Da bei der Umfrage auch weitere Bestandteile der Jeans abgebildet wurden, sei unklar, ob die mit abgebildeten Bestandteile die Befragten beeinflusst hätten.

  • In einer weiteren Verkehrsbefragung aus dem Jahre 1994 bleibe unklar, welche Abbildung den Befragten vorgelegt worden war.

  • Bei einer dritten Verkehrsbefragung sei die Fragestellung: „Wenn Sie einmal davon absehen, dass die Beschriftung entfernt wurde: Kommen solche Jeans von einem bestimmten Hersteller, oder gibt es solche Jeans von verschiedenen Herstellern?“ mangels alternativer Antwortmöglichkeiten zumindest suggestiv.
Da aufgrund der insoweit mangelhaften oder unverwertbaren Studien die Kernfrage unbeantwortet blieb, verwies der BGH die Sache an das OLG zur weiteren Sachaufklärung zurück.
Anmerkung:
Wie bei nahezu jeder Umfrage für die rechtliche Praxis empfiehlt es sich, möglichst frühzeitig, systematisch die befragungstechnische Fehlerquellen bei repräsentativen Umfragen zu beachten. Die o.g. Fehler betreffen bspw. die „ungenaue graphische Gestaltung“ - § 4 Nr. 5 und somit den „falschen oder ungenauen Bezugsrahmen“. Die erwähnte unvollständige oder fehlende Wiedergabe anderer Antwortmöglichkeiten betrifft den in § 21 aufgeführten Suggestivfehler. § 33 - erkennbare Antworterwartung wurde missachtet. Insgesamt sind - unbewusst oder bewusst - 15 Fehler unterlaufen. Die Gerichte sind heute so problembewusst, dass Fehler den Interessierten nicht weiter helfen, sondern die Gerichte verdrießen.