Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat mit einem Urteil vom 30.12.2016 entschieden: Der Bundeswahlleiter muss nicht die Möglichkeit eröffnen, die CDU in Bayern wählen zu können; Az.: 6 K 1805/16.
Das VG meint, die CDU könne in Bayern allenfalls über eine Bundesliste gewählt werden, die es aber nicht gebe, weil das Bundeswahlgesetz nur Landeslisten vorsieht, oder sie könne selbst in Bayern über eine Landesliste kandidieren, was sie aber wegen einer Vereinbarung mit der CSU nicht tue.
Das VG lehnte es ab, das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Gegen Art. 20 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 38 GG werde nicht verstoßen.
Anmerkungen
1. Im Mittelalter wurden Schuhe - anders als heute - auf links genäht. Sie wurden umgekrempelt, „damit ein Schuh draus wurde”.
2. Jeder dritte Deutsche würde es begrüßen, wenn die CSU bundesweit zur Wahl antritt. Das ist das Ergebnis einer INSA-Umfrage für das Magazin Cicero.

Unter Hinweis auf seine ältere Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof in einem heute bekannt gegebenen Beschluss Az.: I ZB 29/16 vom 10. November 2016 dargelegt:
Nach § 234 Abs. 1, § 236 Abs. 2 ZPOAbs. 1, § 236 Abs. 2 ZPO müssen alle Tatsachen, die für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Bedeutung sein können, innerhalb der maßgeblichen Antragsfrist vorgetragen werden. Lediglich erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, dürfen nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden. Später nachgeschobene Tatsachen, die nicht der Erläuterung oder Ergänzung fristgerecht geltend gemachter Wiedereinsetzungsvoraussetzungen dienen, müssen unberücksichtigt bleiben... . Danach ist der Inhalt des (nachgereichten) Schriftsatzes nicht zu berücksichtigen. Dieser hat neuen Tatsachenvortrag über allgemeine organisatorische Vorkehrungen für die Ausgangskontrolle in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten zum Gegenstand.
Anmerkung:
Im entschiedenen Fall hätte der Anwalt gleich in seinem Antragsschriftsatz vortragen müssen: Nach seinen Anordnungen war gewährleistet, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einem dazu beauftragten Mitarbeiter nochmals abschließend selbständig geprüft wird.

Gestern hat der Anwaltssenat des Bundesgerichtshofs - seine ältere Rechtsprechung einbeziehend - unter dem Aktenzeichen AnwZ (Brfg) 53/15 ein am 28. November 2016 verkündetes Urteil bekannt gegeben:
Zwar ist, wenn sich dem Rechtsanwalt in unterschiedlichen Fällen dieselben fachrechtlichen Fragen gestellt haben, eine Mindergewichtung der Wiederholungsfälle nicht zwingend. Eine Mindergewichtung ab Fall 2 ist gerechtfertigt, wenn Wiederholungsfälle eng miteinander verknüpft sind und den Fällen im Wesentlichen derselbe Lebenssachverhalt und eine gleich gelagerte rechtliche Problematik zugrunde liegt. Dies ist anzunehmen, wenn - mit Ausnahme der abgebildeten Person - derselbe Lebenssachverhalt und dieselben Rechtsfragen aus dem Bereich des § 14j Nr. 3 FAO zugrunde liegen.

Der Bundesgerichtshof hatte - nachdem in einem vieljährigen Rechtsstreit viele Umfragegutachten eingeholt worden waren - in einem Beschluss vom 21. Juli 2016 - I ZB 52/15 - Sparkassen-Rot - entschieden, dass die rote Farbmarke der Sparkassen nicht im Markenregister zu löschen ist.
Nun hatte der BGH noch über den Gegenstandswert zu entscheiden. In einem soeben bekannt gegebenen Beschluss I ZB 52/15 vom 24. November 2016 hat er den Gegenstandswert auf 10 Mio. € festgelegt. Aus den Gründen:
1.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts des Rechtsbeschwerdeverfahrens im Markenlöschungsstreit ist das wirtschaftliche Interesse des Markeninhabers an der Aufrechterhaltung seiner Marke. Der BGH legt es nach billigem Ermessen für den Regelfall auf 50.000 € fest.
2. Jedoch:
Der Markeninhaber hat im Rechtsbeschwerdeverfahren vorgetragen, er verfüge mit seinen Mitgliedern deutschlandweit über ein Sparkassen-Filialnetz von knapp 16.000 Geschäftsstellen und 25.000 Geldautomaten, so dass in fast jeder Kommune Sparkassen vertreten seien. Sparkassen-Kunden unterhielten rund 45 Millionen Girokonten sowie 55 Millionen Sparkonten. Seine Mitglieder unterhielten 40% der Bankfilialen im Inland und hielten einen Marktanteil bei Privatkunden von rund 60%. Er wende allein für die Werbung konstant zwischen 130 Millionen € und 150 Millionen € im Jahr auf ... . Angesichts der sich aus diesen Umständen ergebenden hohen wirtschaftlichen Bedeutung der Sparkassen erscheint es angemessen, das wirtschaftliche Interesse des Markeninhabers an der Aufrechterhaltung seiner roten Farbmarke mit 10 Millionen € zu bewerten, auch wenn die Sparkassen außer der roten Farbmarke des Markeninhabers weitere Marken verwenden.

Ein Lehrer berichtete, wie eine Viertklässlerin ihr Arbeitsheft öffnete, eine schlechte Note sah und verzweifelt rief: "Es gibt keinen Gott!".
Quelle: abgeändert nach Spiegel Online, Sprüche

Erst am 13.12. haben wir an dieser Stelle über ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs zu einem Verbot, auf Anwaltsroben zu werben, berichtet. Bitte scrollen sie nach unten auf den 13.12.
Dieses Mal hat das Oberlandesgericht München ein in der Friedhofssatzung des Marktes Berchtesgaden enthaltenes Verbot bestätigt, nach dem sich Besucher "der Würde des Friedhofs entsprechend" zu verhalten haben. Urteil vom 15.12.2016, Az. 31 Wx 144/15. Die Satzung führt dazu mehrere Beispiele auf, darunter: "Reklame irgendwelcher Art zu treiben". Der Geschäftsführer und ein Kreuzträger eines Beerdigungsinstituts hatten bei einer Beisetzung weiße Oberhemden getragen, die (dezent) mit dem schwarzen Schriftzug des Unternehmens versehen waren. Im Volltext liegt das Urteil noch nicht vor. Mündlich erklärte das Gericht in der Verhandlung: "Die Trauernden sollen eine angemessene und pietätvolle Trauerfeier erleben, ohne durch Werbemaßnahmen hierbei gestört zu werden."
Anmerkung:
Die Friedhofssatzungen folgen in aller Regel Mustersatzungen. Die beurteilte Regelung wird somit wörtlich oder ähnlich in allen Friedhofssatzungen zu finden sein. Wenn nicht, wird die zitierte Begründung des Gerichts rechtsmethodisch gegenwärtig voraussichtlich gerne zur Ausfüllung einer Lücke herangezogen werden müssen.

Das am 26.8.2016 in Leipzig gegründete Deutsche Medienschiedsgericht (DMS) beginnt am 1. Januar 2017 mit der Durchführung von Schieds- und Schlichtungsverfahren und der Erstellung von Schiedsgutachten.
Das DMS löst (nur) Streitigkeiten zwischen Medienunternehmen.
21 ehrenamtliche Schiedsrichter stehen für die Lösung von Streitfällen u.a. aus den Bereichen Urheber-, Kartell- und Wettbewerbsrecht bereit.

Ein soeben bekanntgegebenes Urteil des Anwaltsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen vom 30.9.2016, Az. 1 AGH 49/15, trifft für den entschiedenen Fall im Ergebnis sicher zu, zeigt jedoch neuartige Probleme auf. Zum Beispiel für Syndikusanwälte und andere Rechtsanwälte, die nebenbei als selbständige Rechtsanwälte arbeiten, oder für selbständige Anwälte mit ständiger Tätigkeit an mehreren Orten.
Ein Rechtsanwalt hat nach Ansicht des AGH irre geführt, weil er auf seiner Internetseite und auf seinen Briefköpfen Büros an zwei unterschiedlichen Orten bei folgendem Sachverhalt aufgeführt hat:
„Anders als der Kläger meint, handelt es sich bei seiner Zweigstelle in L um kein vollwertiges Büro. Denn tatsächlich unterhält der Kläger in L kein eigenes Büro in eigenen oder gemieteten Räumen. Bei der angegebenen Anschrift handelt es sich vielmehr um ein Bürocenter der Fa. S L1, bei der nicht etwa der Kläger, sondern die „Dr. V2“ als Gesellschaft (haftungsbeschränkt)“ ein „virtuelles Büro“ angemietet hat. Dabei fungiert die „Dr. V2“ als Gesellschaft (haftungsbeschränkt)“ als Bürodienstleister des Klägers, indem sie vortragsgemäß „die von ihr angemietete Einrichtung“ an die Kanzlei des Klägers überlasse.”
Im Volltext finden Sie das Urteil auf der Homepage des AGH Nordrhein-Westfalen.

Eingeschränkt räumt das BAG ein Mitbestimmungsrecht ein. Gestern wurde entschieden: Wenn zum Beispiel bei Facebook Kommentare über Mitarbeiter des Unternehmens abgegeben werden können, muss der Betriebsrat dieser Posting-Funktion zustimmen. Urteil vom 13.12.2016, Az.1 ABR 7/15.
Der Fall
Das BAG hält in seinem Urteil zum Sachverhalt fest:
Seit April 2013 betreibt die Arbeitgeberin auf der Internetplattform "Facebook" eine Seite. Auf einer virtuellen Pinnwand können Nutzer hier Kommentare abgeben, die von allen Nutzern der Internetplattform angesehen und auch kommentiert werden können. Die die Facebook-Seite betreuenden Mitarbeiter befassen sich neben der allgemeinen Pflege der Seite insbesondere mit der Einstellung von Informationen und der Kommentierung von Besucherbeiträgen. Nachdem es zu zwei kritischen Kommentaren von Blutspendern gegenüber dem Personal der Arbeitgeberin gekommen war („Gehe schon spenden seit ich 18 bin. Muss aber sagen die gestern die Nadel gesetzt hat, solle es noch lernen. Stechen kann die nicht“), und einige Mitarbeiter Bedenken am Betrieb der Seite angemeldet hatten, reklamierte der Konzernbetriebsrat gegenüber der Arbeitgeberin Beteiligungsrechte hinsichtlich des Betriebs der Facebook-Seite.
Das Urteil
Der Mitbestimmung unterliegt die Entscheidung der Arbeitgeberin, Postings unmittelbar zu veröffentlichen. Soweit sich diese auf das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern beziehen, führen die Postings zu einer Überwachung von Arbeitnehmern durch eine technische Einrichtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, so das BAG. Mit anderen Worten:
Zwar darf der Arbeitgeber das Facebook-Profil weiterbetreiben. Er darf jedoch die Funktion „Besucher-Beiträge“ so lange nicht nutzen, bis mit dem Betriebsrat hierüber eine Einigung erzielt worden ist.
Anmerkung
Insofern werden die Meinungsfreiheit der Besucher, die Berufsfreiheit und das Informationsinteresse von „Kunden” bzw. Hilfswilligen zurück gestellt. Streitigkeiten dazu, ob und wie mit Postings zu verfahren ist, zeichnen sich ab. Die Rechtsprechung zu den Bewertungsportalen - beispielsweise für Hotels und Ärzte - wird in den Verhandlungen des Betriebsrats mit dem Arbeitgeber nicht völlig außer Acht bleiben können. Nicht auszuschließen ist, dass sich neue Geschäftsmodelle für neue Unternehmen bilden, welche insoweit Lücken füllen können.

Der Abschluss eines Medizinstudiums in Belgien mit dem Grad “Docteur en Médecine, Chirurgie et Accouchements“ berechtigt nicht zur Führung eines deutschen Doktortitels der Medizin. So entschieden hat das Verwaltungsgericht Mainz mit Urteil vom 16.11.2016, Az.: 3 K 1538/15.
Begründung:
Das Gericht hat seine Entscheidung auf 22 Seiten sehr ausführlich begründet. Insbesondere:
„Für den Grad des „Docteur en Médecine, Chirurgie et Acchouchements“ gibt es in Belgien keine zugelassene Abkürzung. Zugelassen im Sinne des § 31 Abs. 2 Satz 3 HochSchG ist ...nur eine solche, die positiv (z.B. durch Gesetz oder durch Verleihungsakt) im Herkunftsland geregelt ist.”
„Die Verwendung der Abkürzungen „Doktor der Medizin“, „Doktor“, „Dr.“ und „Dr. med.“ für den Grad „Docteur en Médecine, Chirurgie et Acchouchements“ ist in Belgien auch nicht nachweislich allgemein üblich.”
„Es würde irregeführt und verwechselt: „Bei dem vom Kläger erworbenen Doktorgrad handelt es sich aber gerade um einen solchen, der ihm ohne wissenschaftliches Promotionsstudium und -verfahren im unmittelbaren Anschluss an sein Studium verliehen wurde.”