Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

Der Fall
Nur der Niederlassungsleiter hatte die Kündigung unterzeichnet. Eine auf ihn lautende Vollmacht war nicht beigefügt. Allerdings enthielt der Arbeitsvertrag eine Klausel wonach Kündigungen auch von einem (im Arbeitsvertrag nicht namentlich benannten) Niederlassungsleiter ausgesprochen werden können.
Die Entscheidung
Dem Bundesarbeitsgericht (Az 6 AZR 727/09) reichte die bloße Mitteilung im Vertrag als Voraussetzung nach § 174 Satz 2 BGB nicht.
Die Begründung
Die Arbeitgeberin „hat der Klägerin weder im Arbeitsvertrag selbst noch später bis zur Erklärung der Kündigung mitgeteilt, wer der für sie zuständige Niederlassungsleiter ist. Sie hat ihr auch bis zur Kündigung keinen Weg aufgezeigt, auf dem sie immer unschwer erfahren konnte, wer diese Funktion begleitete.” Unschwer erfahren kann der Arbeitnehmer, wer diese Funktion ausübt allerdings bereits dann (woran es im entschiedenen Fall fehlte), wenn die Arbeitgeberin „den Arbeitnehmer auffordert, sich über die Organisationsstruktur aus den ihm übergebenen Unterlagen oder dem ihm zugänglichen Intranet zu informieren, sofern sich aus diesen Quellen ergibt, wer die mit der Vertretungsmacht verbundene Funktion konkret bekleidet.”
Anmerkung
Wer öfters mit Kündigungen zu tun hat, kann von dem Urteil insgesamt profitieren. Das Urteil legt gut verständlich die Anwendung des § 174 in Bezug auf Kündigungen dar. So auch warum „ein Inkenntnissetzen im Sinne des § 174 Satz 2 BGB vorliegt, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter - zB durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung - in eine Stelle berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist”.

Nach der Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts ist nun soeben das Urteil im Volltext veröffentlicht worden.
Der Kernsatz lautet im Anschluss an eine Entscheidung des BAG:
„Für die auf der Lebenserfahrung beruhende Verkehrsanschauung, wonach in aller Regel davon ausgegangen werden kann, dass ein Ehegatte eine für den anderen Ehegatten bestimmte mündliche Erklärung diesem alsbald übermittelt oder ein für den anderen Ehegatten angenommenes Schriftstück diesem alsbald aushändigt, ist nicht erforderlich, dass sich der Empfangsbote bei der Entgegennahme der Willenserklärung in der Wohnung der Ehegatten aufhält.”
Und das BAG ergänzt, dass dem Adressaten die Willenserklärung jedoch erst dann zugeht, „wenn mit der Weitergabe der Erklärung durch den Empfangsboten an den Adressaten zu rechnen ist”.
Anmerkung
Wer dieses Urteil für falsch hält, muss nicht an seinem juristischen Verstand zweifeln. Das Problem ist in solchen Fällen in aller Regel:
Schlechthin die Verkehrsanschauung gibt es nicht. Der eine fasst so auf der andere eben anders. Wie solche Fälle zur Bedeutung der pluralistischen Wirklichkeit für das Recht zu lösen sind, haben wir an dieser Stelle schon öfters dargelegt. Geben Sie bitte links in die „Suche” ein: „Verkehrssitte” oder „Verkehrsanschauung”.

Es liegt erst eine Pressemitteilung vor. Der BGH hat in seinem Urteil Az.: VI ZR 108/10 die Klage eines Mannes abgewiesen, der als Mitglied der Gruppe „Ansar al-Islam“ im Juli 2008 – mittlerweile rechtskräftig - wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung und versuchtem Mord zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Eine Besonderheit des Strafverfahrens lag darin, dass das OLG Stuttgart eine sitzungspolizeiliche Anordnung nach § 176 GVG erlassen hatte, der zufolge Fernseh- und Bildaufnahmen während der Hauptverhandlung nur mit der Maßgabe zulässig waren, dass die Gesichter der Angeklagten durch geeignete Maßnahmen (pixeln) unkenntlich gemacht werden. Dennoch veröffentlichte die beklagte Zeitung in einem Bericht über die Urteilsverkündung ein ungepixeltes Foto des Klägers.
Das Landgericht Berlin und das Kammergericht gaben der Klage mit der Erwägung statt, dass der Kläger aufgrund der sitzungspolizeilichen Anordnung des Strafgerichts Vertrauensschutz genossen habe. Auf die Revision hat der BGH die Urteile aufgehoben und die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Unterlassung identifizierender Bildberichterstattung bestehe nicht, legt der BGH dar. Bei der Urteilsverkündung habe es sich um ein zeitgeschichtliches Ereignis gehandelt, an dem erhebliches Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit mit der Folge bestanden habe, dass der Persönlichkeitsschutz des Klägers zurücktrete. Dem Aspekt des „Vertrauensschutzes“ maß der BGH kein Gewicht bei. Aus der Pressemitteilung hierzu:
„Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass nach dem Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG ungepixelte Bildaufnahmen auch ohne Einwilligung des Klägers zulässig gewesen wären und er letztlich durch sein Verhalten allenfalls Bildaufnahmen hätte vereiteln können, die wegen des erheblichen Informationsinteresses der Öffentlichkeit grundsätzlich zulässig waren. Das Persönlichkeitsrecht ist auch im Rahmen der Sitzungspolizei nicht in weiterem Umfang zu schützen als dies nach §§ 22, 23 KUG der Fall ist.“

Der EuGH hat zur Az. C-52/10). Es genügt, dass Werbezwecke verfolgt werden.
Die Richtlinie verbietet Schleichwerbung, d.h. „die Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marke oder Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in Programmen, wenn sie vom Fernsehveranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und die Allgemeinheit hinsichtlich des eigenen Zwecks dieser Erwähnung oder Darstellung irreführen kann“.
In dem zugrunde liegenden Fall hatte eine Ärztin in der Sendung im griechischen Fernsehen gegenüber der Moderatorin eine kosmetische Zahnbehandlung angepriesen. Ein Entgelt wurde nicht gezahlt.
Der EuGH argumentierte, nach dem Regelungszweck (Schutz der Verbraucher) und der Systematik der Richtlinie sei Schleichwerbung kein Unterbegriff der Fernsehwerbung, sondern ein autonomer Begriff. Ein Entgelt oder eine Gegenleistung werde demnach nicht notwendigerweise vorausgesetzt.

Das Bundesarbeitsgericht hatte zu entscheiden, ob das Kündigungsverbot des Pressemitteilung des BAG veröffentlicht.
Der Fall
Die Beklagte ist eine in Baden-Württemberg ansässige Konzerntochter, deren Mutter weitere Töchter in der Schweiz hat. Zum 1. Januar 2009 wurde ein Betriebsteil in einen weniger als 60 km entfernten neuen Standort in die Schweiz verlegt. Im Zuge dessen wurde dem Kläger, einem Vertriebsingenieur, gekündigt. Die Kündigung wurde mit „Betriebsstilllegung“ gerechtfertigt.
Die Entscheidung
Das BAG bestätigte die Vorinstanz, das LAG Baden-Württemberg, und gab der Kündigungsschutzklage statt. Die Beklagte könne sich, so das BAG, insbesondere nicht auf eine Betriebstilllegung berufen, da der Betriebsteil auf das (60 km entfernte) Schweizer Unternehmen übertragen worden sei. Dies stelle ein nach deutschem Recht zu beurteilenden Betriebsübergang dar, der eine Rechtfertigung der ausgesprochenen Kündigung durch dringende betriebliche Gründe ausschließe.
Anmerkung
Interessant ist diese Entscheidung insbesondere deshalb, weil bisher höchstrichterlich ungeklärt war, ob § 613 a BGB auch dann Anwendung findet, wenn der Betrieb oder der Betriebsteil ins Ausland verlegt wird. Nach der vorliegenden Entscheidung soll dies offensichtlich auch dann gelten, wenn der Betriebsübergang mit einer Betriebsverlagerung einhergeht, selbst dann, wenn mit einer Aufnahme der Arbeit am neuen Standort durch die Arbeitnehmer nicht zu rechnen ist.

So betitelt die neue Ausgabe - 24/2011 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.

So entschieden hat das LAG Schleswig-Holstein, Az. 3 Sa 72/10.
Die Fotos waren ursprünglich mit Einverständnis des Klägers angefertigt und zu Werbezwecken verwendet worden. Sie wurden in der Folge auch im Internet veröffentlicht und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht weiter thematisiert. Das Gericht hat deswegen angenommen, dass der Arbeitgeber jedenfalls von einer konkludenten Einwilligung nach Hier können Sie unsere frühere Meldung nachlesen.

Gegendarstellungen sind bekanntlich innerhalb bestimmter Fristen geltend zu machen. Verschiedene Landespressegesetze stellen dabei darauf ab, ob die Gegendarstellung dem Medium „unverzüglich“ zugeht. Zu Urteil: Az.: 7 U 121/09 zum einen den Grundsatz bestätigt, dass der Zugang nicht mehr „unverzüglich“ ist, wenn die Gegendarstellung mehr als zwei Wochen nach Kenntnisnahme durch den Betroffenen verlangt wird. Es hat zum anderen aber auch festgestellt, dass „Unverzüglichkeit“ nur gegeben ist, wenn auch das Original der Gegendarstellung während dieser Frist zugeht. Aus den Entscheidungsgründen:
„Wenn das Gesetz – wie in § 11 Abs.2 HPG, der in Satz 4 nicht allein auf § 126 BGB Bezug nimmt, sondern ausdrücklich anordnet, dass die Gegendarstellung 'von dem Betroffenen oder seinem gesetzlichen Vertreter unterzeichnet sein' muss – den Zugang einer formgebundenen Erklärung innerhalb eines bestimmten Zeitraums – wie in § 11 Abs.2 Satz 5 HPG – verlangt, ist ein wirksamer Zugang der Erklärung materiellrechtlich nur dann gegeben, wenn die Erklärung dem Empfänger innerhalb dieses Zeitraums in ihrer gesetzlich vorgesehenen Form zugeht.“

Wirbt ein Unternehmen mit Testergebnissen oder Testurteilen, so muss nach ständiger Rechtspraxis auch die Fundstelle angegeben werden, um dem Verbraucher zu ermöglichen, sich näher über Testinhalt und Testergebnis zu informieren.
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat in seinem neuen Urteil: Az.: 2 U 170/10 dargelegt, dass das Fehlen einer die Einzelheiten regelnden gesetzlichen Vorgabe dem Werbenden beileibe keine „freie Hand“ zu solchen Fundstellennachweisen lässt. Es hat konkretisiert, welche Anforderungen an die Fundstellenangabe im Einzelnen zu stellen sind, nämlich:

  • Sie muss leicht auffindbar und
  • sie muss erkennbar sein.
  • Die Lesbarkeit hat sich nach denjenigen Grundsätzen zu richten, die für Pflichtangaben in der Heilmittelwerbung gelten.
  • Abzustellen ist auf den „normalsichtigen“ Betrachter ohne besondere „Konzentration und Anstrengung“ (setzt im Regelfall voraus, dass die Schriftgröße 6-Punkt nicht unterschritten wird).

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, BDA, hat vorgestern in einem „Rundschreiben” berichtet:
Mit einem Urteil vom 17. Mai 2011 hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt, dass einer Gewerkschaft kein Anspruch auf die nachträgliche Beseitigung der Folgen der Anwendung einer tarifwidrigen Betriebsvereinbarung für den einzelnen Arbeitnehmer zusteht. Es hat damit einen in der Literatur teilweise auf Grund der "Burda Entscheidung" vom 20. April 1999 vertretenen Folgenbeseitigungserfüllungsanspruch abgelehnt. Der Folgenbeseitigungsanspruch des Bürgerlichen Gesetzbuches sei allein auf die Unterlassung einer gegenwarts- und zukunftsbezogenen Beeinträchtigung gerichtet.
Die Pressemitteilung können Sie hier nachlesen.
Anmerkung
Das BAG-Urteil vom 20. April 1999 hat schließlich dazu geführt, dass das so genannte Burda-Modell für rechtmäßig erklärt worden ist. Das BAG hatte nämlich das Verfahren zurückverwiesen. Anschließend hat das LAG Freiburg festgestellt, dass die Burda-Gesellschaft selbst nach der neuen, tarifbindungs-freundlicheren Rechtsprechung des BAG nicht tarifgebunden war und deshalb das Unternehmen und sein Betriebsrat abweichend vom Tarifvertrag die Arbeitsbedingungen regeln durften. Dieses Urteil des LAG Freiburg bildete die Basis für den weiteren Aufschwung des Standorts Offenburg.