Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

Und dies, obwohl dem OLG Hamm klar war (Urteil vom 20.2.2017, Az. 3 U 138/15):
Der Beklagte hat der Klägerin einen Gesundheitsschaden zugefügt, indem er das abbildende intime Foto ohne ihre Zustimmung im Internet veröffentlicht hat. Hierdurch hat die Klägerin verschiedene, sich sukzessiv über mehrere Jahre erstreckende, auch schwere psychische Erkrankungen erlitten. Ihren Gesundheitsschaden und auch dessen Verursachung durch den Beklagten hat die vom OLG angehörte medizinische Sachverständige überzeugend bestätigt.
Anmerkungen
1.
Das erstinstanzliche Gericht hatte immerhin noch 20.000 € zugebilligt.
2.
Ein Vergleich zu der Rechtsprechung zugunsten der Prominenten. Zuletzt hatte aufgrund einer vermeintlichen Falschinformation ein Magazin nur in Worten (!) berichtet: „ Es ist mehr als ein Weihnachtswunder - Michael Schumacher kann wieder gehen". Verurteilt wurde der Verlag, 50.000 € „Schmerzensgeld” an Michael Schumacher zu leisten; so das Landgericht Hamburg, Urteil vom 5.5.2017.
3.
Trotz aller Wenn und Abers: Es ist etwas faul im Staate Dänemark. Marcellus, Begleiter von Hamlet, in Shakespeares, Trauerspiel „Hamlet” (entstanden um 1600). Im Original: „Something is rotten in the state of Denmark.”

Das Verwaltungsgericht Göttingen hat gegen "Knöllchen-Horst" entschieden, Entscheidung vom 31.5.2017, Az.: 1 A 170/16. Er darf nicht mit einer Dash-Cam Verkehrssteilnehmer filmen, um deren Verkehrssünden zu dokumentieren; jedenfalls dann nicht, wenn er unbeteiligt ist. Im Volltext wurde das Urteil anscheinend (noch) nicht veröffentlicht. Das Urteil wird auf die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen abstellen.
Der selbst ernannte Ordnungshüter hatte in den vergangenen Jahren tausende Verkehrsteilnehmer angezeigt. Angezeigt wurden von ihm überwiegend Parkverstöße.
Anmerkung:
dash = rasen, rennen, zunichte machen. Bei Dash-Cams handelt es sich um kleine Kameras. Sie können auf dem Armaturenbrett stehend, auch während der Fahrt aufzeichnen. Geltend gemacht wird, sie würden zur Beweisführung im Falle eines Unfalls oder zum Nachweis verkehrswidrigen Verhaltens anderer Verkehrsteilnehmer dienen.

Das Problem gibt es seit langem. Es verging in den letzten Jahrzehnten keine Sitzung des Presserat-Beschwerdeausschusses, in der er sich nicht mit diesem Thema befassen musste. Früher stand im Vordergrund, dass als Täter Sinti und Roma in den Medien benannt wurden. Nun ist es die Herkunft von Flüchtlingen. Basis der Entscheidungen ist die Richtlinie 12.1 des Pressekodex, welche bestimmt:
Niemand darf wegen seines Geschlechts, einer Behinderung oder seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen, religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe diskriminiert werden.
Der Dt. Presserat hat heute erstmalig und ausführlich Leitsätze veröffentlicht, die die Regeln für die Kriminalberichterstattung in Richtlinie 12.1 des Pressekodex ergänzen. Nach einer Einleitung führt der Presserat auf, mehrfach mit Beispielen:
Für ein begründetes öffentliches Interesse an der Nennung der Zugehörigkeit von Tätern oder Tatverdächtigen zu einer Gruppe oder Minderheit kann unter anderem jedoch sprechen, wenn zumindest einer der folgenden Sachverhalte vorliegt:
• Es liegt eine besonders schwere oder in ihrer Art oder Dimension außergewöhnliche Straftat vor.
Beispiele: Terrorismus, Organisierte Kriminalität, Mord, Folter, Sprengstoffanschlag (z.B. auf den BVB-Mannschaftsbus 2017).
• Eine Straftat wird aus einer größeren Gruppe heraus begangen, von der ein nicht unbeachtlicher Anteil durch gemeinsame Merkmale wie ethnische, religiöse, soziale oder nationale Herkunft verbunden ist.
Beispiel: Die Ereignisse der Kölner Silvesternacht 2015/16.
• Die Biografie eines Täters oder Verdächtigen ist für die Berichterstattung über die Straftat von Bedeutung
Beispiel: Täter ist Flüchtling und hat auf seiner Migration bereits vergleichbare Straftaten begangen.
• Der Zusammenhang zwischen Form oder Häufigkeit einer Straftat und der Gruppenzugehörigkeit von Tätern oder Verdächtigen selbst ist Gegenstand der Berichterstattung.
Beispiel: Die Redaktion thematisiert den Handel mit bestimmten Drogen an bestimmten Plätzen durch Täter einer bestimmten Gruppe.
• Ein Straftäter oder Tatverdächtiger hat die eigenständige Struktur seiner Herkunftsgruppe für die Tatausführung benutzt.
Beispiele: Der Täter nutzt ausländische Absatzwege für Diebesgut. Besondere Clan-Strukturen ermöglichen erst die Begehung von Straftaten (Ehrenkodex, Schweigeverpflichtungen, Solidaritätszwang usw.). Ein Verdächtiger flüchtet unter Ausnutzung von Strukturen in sein oder aus seinem Herkunftsland.
• Die Gruppenzugehörigkeit eines Tatverdächtigen hat eine besondere Behandlung im Ermittlungsverfahren zur Folge.
Beispiel: Ein Ermittlungsrichter erlässt Haftbefehl wegen Fluchtgefahr, da die ausländische Staatsangehörigkeit des Verdächtigen ein Absetzen ins Ausland erleichtern würde. Bei einem Verdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit wäre im vergleichbaren Fall kein Haftbefehl erlassen worden.
Auf der anderen Seite besteht das Risiko einer diskriminierenden Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens durch die Nennung einer Zugehörigkeit, wenn zumindest eines der folgenden Kriterien zutrifft:
• Durch die Nennung der Gruppenzugehörigkeit oder Herkunft oder durch die Verknüpfung mit abwertenden Begriffen oder Formulierungen werden lediglich diskriminierende Stereotype bedient oder Gruppen verunglimpft.
• Die Gruppenzugehörigkeit wird unangemessen herausgestellt, etwa durch Erwähnung in der Überschrift oder Wiederholungen.
• Die Gruppenzugehörigkeit wird als bloßes Stilmittel benutzt.
Stets hilfreich ist es, wenn Leser die Entscheidung der Redaktion aus dem Beitrag selbst heraus nachvollziehen können.

Anders als bei den aktuellen Streitigkeiten zur Ausschaltung staatlicher Schiedsgerichtsbarkeit durch Schiedsgerichte bei Freihandelsabkommen: Streitigkeiten über die Entlassung eines Testamentsvollstreckers dürfen in einer letztwilligen Verfügung nicht einseitig durch den Erblasser unter Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit einem Schiedsgericht zugewiesen werden.
So entschieden hat der Bundesgerichtshof in einem Beschluss vom 17. Mai 2017 - IV ZB 25/16.
Der Fall:
In einem Testament sollten mit folgender Regelung langwierige Streitigkeiten vermieden werden:
"Im Wege der Auflage verpflichten wir alle Erben, Vermächtnisnehmer und Auflagenbegünstigte für Streitigkeiten, die durch dieses Testament hervorgerufen sind und die ihren Grund in dem Erbfall haben und/oder im Zusammen-hang mit der letztwilligen Verfügung oder ihrer Ausführung stehen, sich unter Ausschluss der ordentlichen Gerichte dem Schiedsgericht für Erbstreitigkeiten e.V. (DSE) und der von dieser zugrunde gelegten jeweils aktuellen Schiedsordnung zu unterwerfen."

Die Bewertungsportale werden aufhorchen. Unmittelbar trifft sie ein nun rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts München zwar nicht, Az. 142 C 12436/16. Aber es kann eine Tendenz gegen Bewertungsportale fördern. "Einfach" war für das Gericht, fest zu stellen, dass der bewertende Käufer unwahr eine Tatsache behauptet hatte. Nämlich: "Keine Originalverpackung, deshalb ist jeglicher Versand mehr als ein Risiko!!!". Der Verkäufer hatte jedoch in einer Originalverpackung versandt.
Insofern konnte sich der bewertende Käufer, anders als bei Bewertungsportalen üblich, nicht auf das Recht berufen, seine Meinung frei zu äußern. Demnach konnte das Gericht urteilen:
Eine falsche Bewertung einer Ebay-Transaktion stellt eine Pflichtverletzung im Rahmen des Kaufvertrags dar und führt zu einem Löschungsanspruch des falsch Bewerteten. Das Gericht nahm an, dass es sich bei der Abgabe der falschen Bewertung um einen Schaden und eine Beeinträchtigung der Verkäufer-Rechte handelt.

Sofern die eidesstattliche Versicherung der Kanzleiangestellten dem Landgericht nicht die erforderliche Gewissheit vom rechtzeitigen Eingang der Berufungsbegründung vermitteln konnte, hätte es gegebenenfalls die Kanzleiangestellte als Zeugin vernehmen müssen. Zwar hat sich der Beklagte in der Annahme, die vorgelegte eidesstattliche Versicherung sei ausreichend, nicht auf deren Vernehmung als Zeugin berufen. Das Landgericht hätte ihn jedoch gemäß § 139 Abs. 2 ZPO darauf hinweisen müssen, dass zur Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsmittels die vorgelegten Mittel zur Glaubhaftmachung nicht ausreichen, und ihm Gelegenheit geben müssen, Zeugenbeweis anzutreten. Das hat das Landgericht gehörswidrig unterlassen.
So entschieden hat der Bundesgerichtshof in einem gestern bekannt gegebenen Beschluss Az. XII ZB 33/17 vom 26. April 2017.

Anmerkung:
Zwei Probleme waren vorgreiflich:
1.
Ein eventuell unrichtiger Eingangsstempel des Gerichts. Insofern führt der BGH aus:
Zwar erbringt der Eingangsstempel auf dem Berufungsbegründungsschriftsatz als öffentliche Urkunde gemäß § 418 Abs. 1 ZPO den Beweis dafür, dass der Schriftsatz an diesem Tag bei Gericht eingegangen ist. Dieser Beweis kann jedoch gemäß § 418 Abs. 2 ZPO durch einen im Wege des Freibeweises zu erbringenden Gegenbeweis entkräftet werden. Danach können auch eidesstattliche Versicherungen als Beweismittel ausreichen, wenn diese dem Gericht die volle Überzeugung von der Richtigkeit der versicherten Behauptung vermitteln.
2.
Kein Gegenbeweis zur vollen Überzeugung des Gerichts durch eidesstattliche Versicherung. Dazu heißt es in dem Beschluss: Da der Beweiswert einer eidesstattlichen Versicherung jedoch lediglich auf Glaubhaftmachung angelegt ist, reicht sie zum Nachweis der Fristwahrung regelmäßig nicht aus. Dann muss auf die Vernehmung der Beweispersonen, etwa des Rechtsanwalts oder seines Personals, als Zeugen oder auf andere Beweismittel zurückgegriffen werden. Hier greift nun die oben beschriebene Hinweispflicht des Gerichts ein.

Nicht so schlimm für jemanden, der einen Fahrer beschäftigen kann:
Die Gerichtspräsidenten haben sich auf ihrer Jahrestagung in Düsseldorf am 24.5.2017 für eine solche Strafmöglichkeit ausgesprochen.
Die „einfallsreiche” Rechtfertigung:
„Wir verhängen ja auch Geldstrafen für Delikte, die nichts mit Finanzen zu tun haben.”
Das Bundesjustizministerium will noch in diesem Jahr einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorlegen, der schon 2016 in Kraft treten soll. Der stellvertretende Ministerpräsident von Baden-Württemberg und Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration, Thomas Strobl, begründet das Vorhaben wie folgt:
Ziel sei es, den Richtern einen erweiterten Sanktionskatalog zur Verfügung zu stellen. Der Richter solle dann abwägen, ob ein Fahrverbot – abhängig von der persönlichen Situation des Täters – die richtige Sanktion für die Tat sei. „Gerade bei jüngeren Tätern kann ich mir sehr gut vorstellen, dass ein Fahrverbot eine größere Wirkung erzielt als dies etwa eine Geldstrafe könnte." Bei Delikten, für die eine Freiheitsstrafe infrage käme, soll in der Regel aufgrund der Schwere der Tat kein Fahrverbot verhängt werden.

Die Frage stellt sich in allen Ländern. Das Handelsgericht Aargau hat sie in einer jetzt von Ingres 05/2017 bekannt gegebenen Entscheidung vom 8.9.2016 (HSU.2016.46) wie folgt beantwortet:
Da im ...-Konzern nur die Tochterunternehmen als Detail- bzw. Einzelhandelsunternehmen tätig sind, nicht jedoch das Mutterunternehmen, ist dieses im vorliegenden, auf ein Verkaufsverbot gerichteten Massnahmeverfahren nicht passivlegitimiert: Das Argument des Gesuchstellers, es sei am effizientesten, statt einer Vielzahl von Gesellschaften jene Partei ins Recht zu fassen, welche schweizweit für den Detailhandel der ...-Gruppe verantwortlich sei, ist nicht stichhaltig: Soweit eigenständige juristische Personen innerhalb der ...-Gruppe Verhaltensweisen tätigen, die (...) jeweils lauterkeitsrechtliche Ansprüche des Gesuchstellers begründen, führt kein Weg daran vorbei, die jeweiligen juristischen Personen separat ins Recht zu fassen.

Die Himmelfahrt Christi hat große Bedeutung für die christliche Eschatologie. Eschatologie, also: „Lehre vom Letzten”, „Lehre vom Ende" oder „Lehre von den letzten Dingen". Die Auffahrt in die Höhe wird als Triumph über das Irdische und Eingang in die Herrlichkeit des Vaters verstanden und verbindet sich mit der freudigen Erwartung der Sendung des Geistes. Eine Lehre der Eschatologie erwartet eine leibliche Auferstehung der Toten.

Satire ermöglicht eben nahezu alles. Das Landgericht Hamburg hat in einem noch nicht rechtskräftigen Beschluss vom 11.5.2017, Az.: 324 O 217/17, den Antrag einer Politikerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Norddeutschen Rundfunk zurückgewiesen. Der Antrag richtete sich gegen eine Äußerung des Moderators der NDR-Sendung "extra 3". Das LG Hamburg meint, es handele sich um Satire und die Spitzenkandidatin einer Partei müsse selbst überspitzte Kritik hinnehmen.
Anmerkung
Den Antrag stellte die 1979 in Gütersloh geborene Alice Elisabeth Weidel. Sie ist zusammen mit Alexander Gauland Spitzenkandidatin der AfD für die Bundestagswahl 2017.