Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

Gegendarstellungen müssen nicht wahr sein; auf der Titelseite scheuen sie dennoch natürlich alle Verlage ganz besonders; erst recht, wenn sie einen Prominenten betreffen, so dass die Medien vielfach berichten. Das Landgericht Offenburg hat nun in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil vom 21.7.2017, Az. 3 0 143/17, Trainer Löw eine Gegendarstellung zu dem Titel zugesprochen: "Neues Glück! ...Alles über ihre Beziehung".
Was ist eine „Beziehung?” Der Verlag argumentierte, nach allgemeinem Verständnis beschreibe dieser Begriff nicht nur "sexuell-intime Beziehungen" oder Partnerschaften im Sinne einer Liaison, sondern auch freundschaftliche Beziehungen. Dem folgte das Gericht in diesem Fall nicht.

Wir haben an dieser Stelle schon mehrfach mit kurzen Erläuterungen über Entscheidungen zur Streitfrage berichtet; siehe links in der Suchfunktion: „dash-cam”.
Der vom OLG Stuttgart in seinem Beschluss vom 4. Mai 2016, Az. 4 Ss 543/15, beurteilte Fall:
Zwei Autos sind an einer Engstelle zusammen gestoßen. Der Kläger missachtete mindestens sechs Sekunden das Rotlicht. Er war an rechts parkenden Autos vorbeigefahren. Die Fahrerin eines entgegenkommenden Fahrzeugs sah ihn zu spät. Der Zusammenstoß verursachte mehrere tausend Euro Blechschaden. Auf den Bildern, die im Gerichtssaal vorgeführt wurden, konnte man genau erkennen, wie die Frau in letzter Sekunde das Steuer nach rechts riss. Zudem ließ sich die Geschwindigkeit des Autos aus den Aufzeichnungen ablesen. Ohne Kamera wären die Details des Unfalls nicht aufklärbar gewesen.
Das Amtsgericht Reutlingen verhängte gegen den Fahrer wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit eine Geldbuße von 200 Euro und verbot ihm für die Dauer von einem Monat, im öffentlichen Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder Art zu führen, wobei ihm die Schonfrist nach § 25 Abs. 2a StVG eingeräumt wurde. Diese Entscheidung griff der „Rotlichtsünder” an.
Das OLG hat seine Entscheidung rechtlich wie folgt begründet:
Zwar greifen Videoaufnahmen von Verkehrsvorgängen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ein, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Die Intensität und Reichweite des Eingriffs war im konkreten Fall jedoch gering. Insbesondere greift ein solches Video nicht in den Kernbereich einer privaten Lebensgestaltung oder in die engere Privat- oder gar Intimsphäre ein. Bei einer Abwägung der Interessen ist zudem die hohe Bedeutung der Verfolgung schwerer Verkehrsverstöße für die Sicherheit des Straßenverkehrs und das Gewicht des Verstoßes im Einzelfall zu berücksichtigen.

In einem vorgestern bekannt gegebenen Beschluss vom 13. Juni 2017, Az. 2 BvE 1/15, hat das Bundesverfassungsgericht dargelegt:
Dem Einsatz verdeckter Quellen kommt bei der Informationsbeschaffung der Nachrichtendienste eine hohe Bedeutung zu. Deshalb darf die Bundesregierung Auskünfte zum Einsatz verdeckt handelnder Personen in der Regel mit Hinweis auf eine Gefährdung des Staatswohls und der Grundrechte dieser Personen verweigern, wenn bei Erteilung der begehrten Auskünfte ihre Enttarnung droht. In eng begrenzten Ausnahmefällen, wenn aufgrund besonderer Umstände eine Gefährdung grundrechtlich geschützter Belange und eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Nachrichtendienste nicht ernsthaft zu befürchten ist, kann aber auch das [parlamentarische] Informationsinteresse überwiegen.
Anmerkung
Anlass für die Entscheidung des BVerfG war, dass die Bundestagsfraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE geltend machten, zwei Kleine Anfragen dieser Fraktionen zu Erkenntnissen der Nachrichtendienste über das Attentat auf das Münchner Oktoberfest und einer möglichen Verstrickung von V-Leuten dieser Behörden seien unvollständig beantwortet worden.
Aus diesem Grunde heißt es in dem Beschluss, wie zitiert, „parlamentarisches Informationsinteresse”. Der Beschluss interessiert jedoch grundsätzlich genauso für Auskunftspflichten von Behörden gegenüber den Medien, meint der Verf. dieser Zeilen im Hinblick auf die Pressefreiheit.

Kennen Sie einen Fall, bei dem durch „beziehungsweise” kein Missverständnis entstehen kann? Erfahrungsgemäß gelingt dies nur äußerst selten.
Ein juristisches Beispiel. Der Erblasser formuliert: „Franz beziehungsweise seine Frau erhält 100.000 Euro” oder „Gefahren ist Max Meier beziehungsweise sein Sohn”. Ein Beispiel aus dem Leben:
Der Reporter fragt einen Passanten: „Was wünschen Sie Ihrer Frau beziehungsweise Ihrer Freundin für die Zukunft. Der Passant: „Dass sich die beiden nie treffen.”
Anmerkung:
Im Rahmen der Angewandten Rechtssoziologie gewinnt die Formulierungstechnik, insbesondere für repräsentative Umfragen, Bedeutung. Zu ihr finden Sie über die Suchfunktion links („Befragungstechnische Fehlerquellen") die einzige Zusammenstellung aller befragungstechnischen Fehlerquellen für den deutschen Sprachraum.

Das Töchterchen war im Zoo und erzählt nachher ganz aufgeregt: „Papa, da war ein Affe, der war genauso groß wie du!” - Der Vater weiß es besser: „Unsinn, einen so großen Affen wie mich, gibt es doch überhaupt nicht.”
Quelle: keine Mutter

Die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat am 4. Juli 2017 verkündet, dass es den Eilantrag einer Rechtsreferendarin auf Aufhebung eines Verbots des Landes Hessen ablehnt, Az. 2 BvR 1333/17. Aus den „wesentlichen Erwägungen” lässt sich entnehmen, dass das Bundesverfassungsgericht auch in Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach das Verbot bestätigen wird, erwartet der Verf. dieser Zeilen. Die maßgeblichen Sätze aus der Pressemitteilung, die erfahrungsgemäß wörtlich den Beschluss wiedergeben:
Das staatliche Neutralitätsgebot
Auch Rechtsreferendare, die als Repräsentanten staatlicher Gewalt auftreten und als solche wahrgenommen werden, haben das staatliche Neutralitätsgebot zu beachten. Das Einbringen religiöser oder weltanschaulicher Bezüge durch Rechtsreferendare kann den in Neutralität zu erfüllenden staatlichen Auftrag der Rechtspflege und der öffentlichen Verwaltung beeinträchtigen. Ein islamisches Kopftuch ist ein religiös konnotiertes Kleidungsstück. Wird es als äußeres Anzeichen religiöser Identität verstanden, so bewirkt es das Bekenntnis einer religiösen Überzeugung, ohne dass es hierfür einer besonderen Kundgabeabsicht oder eines zusätzlichen wirkungsverstärkenden Verhaltens bedarf.
Die negative Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Prozessbeteiligten
Es erscheint nachvollziehbar, wenn sich Prozessbeteiligte in ihrem Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 GG verletzt fühlen, wenn sie dem für sie unausweichlichen Zwang ausgesetzt werden, einen Rechtsstreit unter der Beteiligung von Repräsentanten des Staates zu führen, die ihre religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen erkennbar nach außen tragen.
Anmerkung
ZEIT ONLINE berichtet heute, dass gegenwärtig darüber gestritten wird, ob der zuständige Familienrichter des Amtsgerichts in Luckenwalde (Teltow-Fläming) in einem Scheidungsverfahren einer Muslimin untersagen darf, mit Kopftuch zu erscheinen. Als ein Gegenargument wird vorgetragen, dass hier die Kopftuchträgerin nicht an das Neutralitätsgebot gebunden ist.

Wer Verlage berät, würde gerne anders entscheiden als das LG Hamburg in seinem Urteil vom 10.3.2017, Az. 324 O 687/16. In dem vom LG Hamburg entschiedenen Fall konnte der Journalist durchaus einige Indizien für eine Einwilligung vortragen. Aber nichts half. Das Gericht blieb dabei:
„Die Achtung des ungestörten Gedankenaustauschs ist eine Grundbedingung für die Freiheit der Meinungsäußerung, die empfindlich gestört würde, wenn der Äußernde in einem E-Mail-Austausch jederzeit damit rechnen müsste, öffentlich zitiert zu werden, obwohl diesbezüglich kein Anhaltspunkt in der Kommunikation ersichtlich ist. Das Interesse der Beklagten an der Verbreitung des wahren Zitats des Klägers ist im Hinblick auf den empfindlichen Eingriff in dessen Persönlichkeitsrecht nicht gleichrangig.”

Der kleine Sohn ruft in die Küche: „Mutti, bring mal den Kuchen.”--- Mutter: „Du hast das Zauberwort mit den zwei 't' vergessen.” Der Sohnemann: „flott”.

Das Gesetz zur "Angleichung des Urheberrechts an die [angeblichen] aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft" wurde am 7.7.2017 schnell noch vom Bundesrat in seiner letzten Sitzung zum großen Schaden der Verlage, aber auch von Autoren und zum Schaden für die Wissenschaft, wie vom Bundestag beschlossen, "durchgewunken" (BR-Drs. 535/17 (B)).
Urheberrechtlich geschützte Werke dürfen nun im Unterricht und in der Forschung in weit größerem Umfang ohne Entschädigung für die Verlage und die Autoren frei genutzt werden.
So dürfen künftig Bildungseinrichtungen 15% eines veröffentlichten Werkes genehmigungsfrei nutzen, vervielfältigen und zugänglich machen. Abbildungen sowie einzelne Zeitungs- und Zeitschriftenartikel können in vollem Umfang für Unterricht und Lehre verwendet werden. Ähnliche Regelungen gibt es für die wissenschaftliche Forschung. Sie haben grundsätzlich Vorrang vor Lizenzangeboten der Verlage.
Das Gesetz tritt am 1. März in Kraft. Die Bildungs- und Wissenschaftsschranken sollen zunächst nur fünf Jahre gelten und - das ist wohl mehr ein vager Trost - nach vier Jahren evaluiert werden.

Dieses Mal: OLG Köln , Urteil vom 02.06.2017 - 6 U 182/16 zu einer Klausel der Telekom, welche erlaubt, auch nach Vertragsende die Daten ihrer Kunden in erheblichem Umfang zur „individuellen Kundenberatung" am Telefon zu verwenden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, aber man braucht kein Hellseher zu sein, um zu wissen, dass eine Revision scheitern wird.
Die Begründung lässt sich verhältnismäßig einfach auf viele andere AGB-Klauseln Übertragen:
Die Klausel verstoße gegen das Verbot belästigender Werbung, indem sie dem Unternehmen erlaube, Vertragsdaten eines Verbrauchers in erheblichem Umfang zur “individuellen Kundenberatung“ am Telefon zu verwenden. Zudem sei die Befugnis nicht klar definiert, weswegen Verbraucher ihre Einwilligung auch nicht in Kenntnis der Sachlage erteilen könnten.