Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

So betitelt die neue Ausgabe - 50/2008 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.

Ein Urteil Az.: 4 Sa 14/07 des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg ist schon deshalb bemerkenswert (was aber noch nichts mit Treu und Glauben zu tun hat):
Es fragt sich, wie ausführlich Urteile gehalten werden sollten. Man kann nur hoffen, dass ein Rechtsreferendar für dieses Urteil eine Vorlage als Meisterstück abgeliefert hat. Wie lange ein Richter ohne Zuarbeit benötigt hätte, dieses Urteil druckfertig zu verfassen, sollten Sie einmal schätzen. Mit Vorarbeiten eine Woche oder doch weniger?
Der Fall:
In einem Stuckateurbetrieb waren zur Zeit der Kündigung der Kläger, eine Arbeitnehmerin und zwei Arbeitnehmer beschäftigt. Der Kläger wandte gegen die Kündigung im Wesentlichen ein, aufgrund seiner 25-jährigen Betriebszugehörigkeit und seines Alters von 54 Jahren habe ihm nicht allein aufgrund von Arbeitsunfähigkeitszeiten altersdiskriminierend gekündigt werden dürfen. Der Kläger, ein Gipser, fehlte krankheitsbedingt jährlich an 40 Arbeitstagen; Tendenz steigend. Die beiden anderen Arbeitnehmer waren etwas jünger und fehlten seltener, aber ebenfalls beachtlich oft.
Die Entscheidung:
Das Gericht hätte sich im Wesentlichen - das Kündigungsschutzgesetz war nicht anzuwenden - auf seine folgenden Ausführungen beschränken können:
„Gehen die Fehlzeiten eines älteren Arbeitnehmers über die durchschnittlichen Fehlzeiten vergleichbarer Arbeitnehmer seiner Altersgruppe hinaus, so trifft den Arbeitgeber kein erhöhtes Maß an Rücksichtnahme gegenüber dem älteren Arbeitnehmer unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung mit den jüngeren Arbeitnehmern mehr. Das Bestreben der Beklagten, durch Ausspruch einer Kündigung die wirtschaftliche Belastung durch Entgeltfortzahlungskosten zu beschränken, stellt somit auch unter dem Blickwinkel der Gleichbehandlung als einleuchtendem Grund im Sinne des § 242 BGB dar, der mit einer Diskriminierung aufgrund des Alters nichts zu tun hat.”

Ein Rechtsanwalt erklärte in einer Verhandlung, er habe sich schon vor vielen Jahren entschlossen, in Niedersachsen vor Arbeitsgerichten keine Robe zu tragen. Daraufhin schloss ihn das Arbeitsgericht Nienburg von der Kammerverhandlung aus.
Das Landesarbeitsgericht Hannover erklärte die sofortige Beschwerde des Anwalts in einem Beschluss Az.: 16 TA 333/08 für begründet.
Aus einer Reihe von Gründen ist an dieser Stelle hervorhebenswert:
§ 146 GVG gibt damit dem Vorsitzenden das Recht, das Nichttragen der Robe zu rügen und darauf hinzuwirken, dass eine solche angelegt wird, sofern von einer Verpflichtung zum Robetragen ausgegangen werden kann, rechtfertigt es jedoch nicht, weitergehende Ordnungsmaßnahmen durchzuführen. ... Allein aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer auch ohne Robe als Bevollmächtigter der Klägerin weiter im Verfahren tätig werden durfte und den Antrag aus der Klageschrift gestellt hat, ist ersichtlich, dass mit der Vertretung des Beschwerdeführers ein Problem nicht bestanden hat, das sitzungspolizeiliche Maßnahmen erforderte.” Die Klägerin hatte erklärt, sie sei mit dem Beschwerdeführer befreundet und bevollmächtige ihn deshalb, heute für sie den Termin wahrzunehmen.

Das OLG Bremen bestätigt in einem Beschluss 2 W 48/08:
Eine im Sinne des § 3 UWG relevante Täuschung liegt schon dann vor, wenn der Verbraucher aufgrund einer irreführenden Blickfangwerbung veranlasst wird, sich mit dem beworbenen Angebot näher zu befassen.
Ein Telekommunikationsanbieter hatte mit der überdimensional hervorgehobenen Aussage geworben „Ein Leben lang gratis telefonieren“, aber erst in einer Fußnote darüber aufgeklärt, dass das Angebot nur gilt, wenn zuvor ein bestimmtes (kostenpflichtiges) Tarif-Paket gebucht wurde und Sonder- bzw. Auslandsrufnummern genauso ausgeschlossen sind wie Gespräche in Mobilfunknetze. Um eine Irreführung auszuschließen, hätte – entsprechend ständiger BGH-Rechtsprechung – die Richtigstellung bereits im Blickfang erfolgen müssen. Grundsätzliche Entscheidungen und Nachweise finden Sie zudem, wenn Sie nebenstehend unter „Suche“ den Begriff „Blickfang“ eingeben.

Sie kennen den ”Holzklotz-Fall”. Von einer Autobahnbrücke wurde - so wird angenommen - am 23. März 2008 ein mitgebrachter Holzklotz auf die Fahrbahn der BAB 29 geworfen. Die neben ihrem Mann sitzende Beifahrerin wurde getötet. Im Auto saßen auch noch die beiden Kinder der getöteten Beifahrerin. Seit dem 4. November wird gerichtlich verhandelt. Das Gericht untersagte dem Fernsehsender N 24 schlechthin, aus dem Gerichtsraum den Angeklagten unanonymisiert zu zeigen.
Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts bestätigte am vergangenen Freitag diese sitzungspolizeiliche Verbotsverfügung des Gerichts, Az.: 1 BvQ 46/08. Die drei Richter der Kammer führten in den Gründen ihres Beschlusses - im Anschluss an eine frühere Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und im Hinblick darauf, dass der Angeklagte eventuell freigesprochen werden könnte - unter anderem aus:
„Dabei ist zu beachten, dass [selbst] eine um Sachlichkeit und Objektivität bemühte Fernsehberichterstattung in der Regel einen weitaus stärkeren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht darstellt als eine Wort- und Schriftberichterstattung in Hörfunk und Presse. Dies folgt aus der stärkeren Intensität des optischen Eindrucks und der Kombination von Ton und Bild, aber auch aus der ungleich größeren Reichweite, die dem Fernsehen nach wie vor gegenüber anderen Medien zukommt.”
Anmerkungen:
1. Auf die Bildberichterstattung in der Presse geht der Beschluss nicht ausdrücklich ein. In den Gründen wird aber einmal allgemein formuliert: „Dieselben Gründe, die das Informationsinteresse begründen, lassen die Gefahr entstehen, dass der Angeklagte im Falle der Bildberichterstattung sich von dem Vorwurf der besonderen Verwerflichkeit des ihm vorgeworfenen Handelns nur schwer wird befreien können, auch wenn er freigesprochen werden wird.”
2. Wie stets im Presse- und Medienrecht muss zwischen dem Persönlichkeitsrecht einerseits und der Medien- und Informationsfreiheit andererseits abgewogen werden. So wird sich die Rechtslage insgesamt anders darstellen, wenn der Angeklagte beispielsweise die Tat gestanden hat und das Geständnis nicht stark bezweifelt werden muss.

Kann ein Betroffener Ordnungsmittel beantragen, steht ihm kein Anspruch auf eine Geldentschädigung zu.
So entschieden hat das OLG Hamburg in seinem noch unbekannten Urteil Az.: 7 U 71/08. Das OLG wörtlich:
„Der Anspruch auf Geldentschädigung ist gegenüber anderen medienrechtlichen Ansprüchen subsidiär. ... Er kommt deshalb nicht in Betracht, wenn andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um den Schutz des Persönlichkeitsrechts gerecht zu werden und ihm zum Erfolg zu verhelfen. Dies ist hier der Fall. ... Der Ordnungsmittelrahmen des § 890 ZPO sieht Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,-- bzw. Ordnungshaft bis zu zwei Jahren vor, so dass der Klägerin effektiver Schutz vor künftigen Bildrechtsverletzungen durch die Beklagte zur Verfügung steht.”
Auf den für manchen Betroffenen entscheidenden Hintergrund dieser Problematik geht das Oberlandesgericht in seinem Urteil am Ende der Gründe mit einem kurzen Satz ein: „Der Umstand, dass das Ordnungsgeld in die Staatskasse fließt, ändert hieran nichts.”.
Gleichlautende Urteile hat das OLG Hamburg unter den Aktenzeichen: 7 U 72/08 und 7 U 80/08 erlassen.

So betitelt die neue Ausgabe - 49/2008 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.

„Boris wollte Sandy nach seinen Vorstellungen formen. Aber sie hatte einfach keinen Bock, jeden Tag ins Solarium zu gehen.”
Oliver Pocher, zitiert in „neue woche”, neueste Ausgabe 48/2008.

Ein berechtigt Abgemahnter muss einem Unternehmen selbst dann die Anwaltsgebühren erstatten, wenn die eigene Rechtsabteilung des Unternehmens ohne Weiteres selbst eine „evident irreführende und daher klar und eindeutig wettbewerbswidrige Werbung” hätte abmahnen können.
So entschieden hat der I. Zivilsenat des BGH, Az.: I ZR 83/06.
Der BGH baut sein Urteil auf seiner ständigen Rechtsprechung auf, nach welcher es „auf die tatsächliche Organisation eines an einem Rechtsstreit beteiligten Unternehmens und nicht darauf ankommt, welche Organisation das Gericht für zweckmäßig hält”.

Ein eBay-Verkäufer wusste, dass seine Ware gestohlen worden war.
Haupttat war die gewerbsmäßige Hehlerei in 34 Fällen durch den Ankauf des Diebesguts.
Das Vorgericht hatte angenommen, dem Verkauf an eBay-Kunden komme keine eigenständige Bedeutung zu. Der BGH urteilte dagegen, Az.: 2 StR 329/08:
Durch die Verkäufe „liegt keine mitbestrafte Nachtat vor. Hierbei handelt es sich um eine selbständige, den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllende rechtswidrige und schuldhafte Handlung, durch die der Täter den Erfolg der Vortat oder die durch diese erlangte Position sichert, ausnutzt oder verwertet.” Der Verkäufer schädigt durch den Verkauf über das durch die Haupttat verursachte Maß hinaus zusätzlich.
Und der BGH ergänzt:
„Zwischen der gewerbsmäßigen Hehlerei einerseits und dem (versuchten) Betrug andererseits besteht - entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts - Tatmehrheit.”