Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

Die bloße Verknüpfung eines Gattungsbegriffs wie „Anwaltskanzlei” oder „Tauchschule” mit einem Ortsnamen bedeutet keine Spitzenstellungsbehauptung.
Das Oberlandesgericht Hamm hat in seinem neuen Urteil Az. 4 U 63/08 seine Entscheidung Az.: 4 U 14/03 - „Tauchschule Dortmund”, die anders verstanden werden konnte, aufgegeben.
Die neue Entscheidung betrifft die Domain „Anwaltskanzlei-E... [Ortsname].de”.
Sie können somit für sich selbst und für Mandanten überprüfen, ob sich da noch eine Lücke auftut, die sie schnell noch nutzen sollten.
Die Kernargumente des Urteils, die auch andere Gerichte bereits verwendet haben, sind:
„Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Verkehr bekannt ist, dass eine Domain nur einmal vergeben werden kann und dass diese Vergabe nach dem Prioritätsgrundsatz erfolgt. Von daher weiß der Verkehr, dass die Vergabe einer Domain als solche noch nichts darüber besagt, ob diese Vergabe im Hinblick auf den Aussagegehalt der Domain zu Recht erfolgt ist. ... In der Regel setzt eine Spitzenstellungswerbung zumindest voraus, dass einer Bezeichnung der bestimmte Artikel vorangestellt wird, weil bei dessen Betonung der jeweilige Geschäftsbetrieb gemäß den allgemeinen Sprachgewohnheiten als hervorgehoben erscheint.”

Das Oberlandesgericht Köln hat in seinem Beschluss Az. 6 Wx 2/08 verdeutlicht, dass der von einer Urheberrechtsverletzung Betroffene nur schwer im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Auskunft gem. Az. 28 AR 4/08 im Beschwerdeweg nach § 19 FGG befassen. Das OLG Köln sah in dieser Anordnung nur eine vorläufige Regelung, für die – gegen dem Wortlaut des § 101 Abs. 9 UrhG – die Beschwerde das zulässige Rechtsmittel ist. Diese Ansicht hatte zur Folge, dass auch weiterer Sachvortrag berücksichtigt werden konnte. Ansonsten hätte – so das OLG Köln – die Gefahr bestanden, dass das rechtliche Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht hinreichend gewährt worden wäre.
Das OLG Köln sah die vom Internetprovider eingelegte Beschwerde als teilweise begründet an, soweit durch die „einstweilige Anordnung“ die Entscheidung in der Hauptsache vorweggenommen werden würde. Zwar sah das OLG Köln in der Sache ebenfalls einen Anspruch nach § 101 UrhG. Um jedoch nicht dem Hauptsacheverfahren vorzugreifen, sei es lediglich erforderlich, vom Internetprovider die Löschung der relevanten Daten zu untersagen. Das OLG Köln verwies dementsprechen die Angelegenheit an das LG Köln zurück, das neu verhandeln muss.

Der Angeklagte eines Strafverfahrens hatte zunächst per nicht elektronisch signierter E-Mail und anschließend durch nicht unterzeichnete, über einen Internetdienst übermittelte FaxNachricht Berufung eingelegt. In der FaxNachricht war auf das angefochtene Urteil nicht Bezug genommen worden. Diese enthielt lediglich das Wort „Berufung“. Das OLG Oldenburg entschied durch Beschluss (1 Ws 465/08): Die Berufung ist nicht formwirksam. Der E-Mail mangele es an der erforderlichen Schriftform. Das Fax genüge aufgrund fehlender Urteilsbezeichnung nicht den prozessualen Anforderungen von § 314 I ZPO.

Das neue Urteil des Bundesgerichtshofs, Az. VI ZR 307/07 gegen den Filmschauspieler Speck ragt nicht wegen der vielen Seiten mit allgemeinen, meist bekannten Ausführungen heraus, - auch wenn in diesen allgemeinen Ausführungen Medien wie Betroffene viele Stellen finden werden, mit denen sie argumentieren können. So ist für die Medien zum Zitieren vorneweg der Satz willkommen:
„Bei der Abwägung ist zu beachten, dass die Garantie der Pressefreiheit nicht allein der Presse, sondern in gleicher Weise dem Schutz des Prozesses öffentlicher Meinungsbildung und damit der Meinungsbildungsfreiheit der Bürger dient.”
Interessanter ist die Anwendung der allgemeinen Ausführungen im konkreten Fall:
Umstritten waren im Wesentlichen zwei Aufnahmen, die Schauspieler Speck mit einer Reisetasche auf der Straße gehend und beim Einsteigen in ein Auto zeigen mit der Bildunterschrift: „Knast-Ausgang für TV-Star Kasten Speck”.
Maßgeblich war für den BGH vor allem, dass „wegen des legitimen demokratischen Bedürfnisses nach Kontrolle der Strafvollstreckungsbehörden ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit besteht”, „weshalb der Kläger die Justizvollzugsanstalt bereits zwei Wochen nach Inhaftierung verlassen konnte”.
Zu der speziellen Frage nach der Rechtmäßigkeit der Publikation der beiden Bilder stellt das umfassende Urteil im Wesentlichen fest:
„Die Bilder sind bei dem berichteten Ereignis entstanden. ... Zwar zeigen sie den Kläger in Alltagskleidung beim Gang auf der Strasse und beim Einsteigen in ein Auto. Sie haben jedoch keinen eigenständigen Verletzungseffekt, stellen den Kläger nicht ungünstig dar und stammen nicht aus seiner Intimsphäre. ... Als kontextbezogene Aufnahmen wecken sie ganz besonders das Interesse der Leser an der im Bericht enthaltenen Information und unterstreichen mehr als ein kontextneutrales Bild die3 Authentizität des Berichts (vgl. BVerfG).”

Das Landgericht Oldenburg entwickelt sich mit Hilfe des Bundesverfassungsgerichts zu einem Vorreiter gegen die Verwendung moderner Techniken im Gerichtssaal.
Eben erst hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss Az.: 1 BvQ 46/08 eine weit gefasste sitzungspolitische Anordnung des Landgerichts Oldenburg bestätigt, mit der die nicht anonymisierte Bildberichterstattung über den Angeklagten eines Strafverfahrens untersagt worden ist. Wir haben am 30. November an dieser Stelle berichtet. Entschieden hatte die 1. Kammer des ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts in einem Eilverfahren.
Nun hat dieselbe Kammer in einem Beschluss Az.: 1 BvQ 47/08 bestätigt, dass das Landgericht Oldenburg die Benutzung von Laptops während der Verhandlung verbieten durfte. Das Bundesverfassungsgericht hat seine Bestätigung im Wesentlichen so begründet:
„Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass moderne Laptops teils über Kameras und Mikrofone verfügen, deren - § 169 Satz 2 GVG zuwider laufende - Verwendung während der mündlichen Verhandlung sich kaum kontrollieren ließe. Durch den Ausschluss von Laptops wird die Berichterstattung auch nicht so nachhaltig erschwert, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der Pressefreiheit zu befürchten wäre ...”.

So betitelt die neue Ausgabe - 51/2008 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.

Um Trinkgelder wird vielfältig gestritten.
Der FOCUS von morgen berichtet:
Der Münchner Oberbürgermeister hat in einem Brief an alle Haushalte mitteilen lassen, die Müllmänner seien ab sofort allen anderen 20.000 städtischen Bediensteten gleichgestellt und dürften nur noch Sachspenden bis 15 Euro annehmen. Müllmänner, die dennoch Trinkgeld annehmen, sind verpflichtet, das Geld beim Antikorruptionsbeauftragten der Stadt abzugeben.
Das Landesarbeitsgericht Hamburg hatte in einem anderen Zusammenhang zu Trinkgeldern zu entscheiden. Im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat es in seinem Urteil Urteil Az.: 5 Sa 69/07 festgestellt, dass Trinkgeld zwar kein Arbeitsentgelt darstellt; aber bei einer ungerechtfertigten Kündigung unter Umständen als Schadensersatz erfolgreich verlangt werden kann.
Wieviel kommt denn mit Trinkgeldern so zusammen? Das LAG Hamburg berichtet:
„Der bei der Beklagten bestehende Betriebsrat befragte 7 von 27 Stammzustellern zu der Höhe der von ihnen in dieser Zeit erhaltenen Trinkgelder. Es wurden für die Weihnachtszeit Trinkgelder [für Briefzusteller] in folgenden Größenordnungen angegeben: EUR 100, EUR 160, EUR 400, EUR 560. EUR 1.000, EUR 1.350 und EUR 1.900.
Der Münchner Personalratschef erklärt lt. FOCUS:
Bislang nahmen die Müllwerker (Monatsgehalt 2000 bis 2400 Euro) an Weihnachten zwischen mehreren hundert und 3000 Euro an Trinkgeldern pro Nase ein.

Das Bundesarbeitsgericht hatte in seinem Urteil Az.: 9 AZR 382/07 die in Arbeits- und anderen Verträgen vielfach verwendete Klausel zu beurteilen:
„Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages sind ... nur wirksam, wenn sie schriftlich festgelegt und von beiden Parteien unterzeichnet worden sind. Dies gilt auch für den Verzicht auf das Schriftformerfordernis.”
Wir haben an dieser Stelle schon öfters herausgestellt, wie gefährlich für Arbeitgeber und deren Anwälte Klauseln sind, die im Arbeitsvertrag als Allgemeine Geschäftsbedingungen vorformuliert sind. Das BAG findet oft Argumente, nach denen diese Klauseln rechtsunwirksam sind.
Im Urteil Az.: 9 AZR 382/07 hat das BAG diesen Weg zur Feststellung der Rechtsunwirksamkeit entdeckt:
1. Individualvereinbarungen verdrängen nach § 305b BGB stets AGB.
2. Dies gilt auch wenn die Individualvereinbarungen mündlich abgeschlossen sind.
3. Folglich trifft die oben hervorgehobene Klausel nicht zu; zumindest erweckt sie einen falschen Eindruck.
4. Deshalb ist die zitierte doppelte Schriftformklausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

Der Bundesgerichtshof hat in einem Beschluss Az.: I ZB 21/06 festgestellt, dass Personenbildnisse für bestimmte Waren und Dienstleistungen als Marke schutzfähig sein können. Angemeldet war ein Kopfbild der verstorbenen Schauspielerin Marlene Dietrich.
Anders als das BPatG wendet der BGH nämlich den schutzausschließenden § 3 Abs.2 Nr.1 MarkenG grundsätzlich nicht bei Fotographien, Postern, Plakaten u.a. an. Der Grund - so der BGH:
Die Form des Zeichens ist in diesen Fällen nicht durch die Art der Ware bedingt. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass etwa ein Poster oder eine Bildkarte nur aus dem als Marke beanspruchten Portrait von Marlene Dietrich bestehen kann.
Für Waren oder Dienstleistungen hingegen, die sich thematisch mit dem Wirken Marlene Dietrichs befassen, könne - so weiter der BGH - das Zeichen als beschreibender Hinweis auf Marlene Dietrich verstanden werden, so dass ihm die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs.2 Nr.1 MarkenG fehle. Eine Verkehrsdurchsetzung, mit der die fehlende Unterscheidungskraft nach § 8 Abs.3 MarkenG hätte überwunden werden können, hatte der Anmelder nicht substantiiert geltend gemacht.

Das Urteil Az.: 3 U 293/06 des Oberlandesgerichts Hamburg sollte jeder Markenrechtler in seinem Umfrageteil schon wegen seines Seltenheitswerts und seines Schwierigkeitsgrades kennen. Die Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhalts zur Anwendung des Rechtsbegriffs der Verwechslungsgefahr mit repräsentativen Umfragen gehört zum schwierigsten, was das Markenrecht zu bieten hat.
Die Schwierigkeiten beginnen damit, dass in der deutschen Rechtsprechung und Literatur - anders als in ausländischer - immer wieder geltend gemacht wird, die Verwechslungsgefahr sei repräsentativen Sachverhaltsermittlungen grundsätzlich unzugänglich. Aber:
„Verwechslungsgefahr” ist zwar ein Rechtsbegriff. Dennoch ist der für die Verwechslungsgefahr rechtserhebliche Sachverhalt - und nicht nur Hilfskriterien - dem Beweise zugänglich. So, wie - unbestritten - der für die Irreführungsgefahr rechtserhebliche Sachverhalt dem Beweis mit Umfragen zugänglich ist. Siehe zu diesem Thema bitte die Abhandlung GRUR 2000, 923 bis 933. Hinweise finden Sie auch links unter "Suche" mit dem Schlagwort "Verwechslungsgefahr Verkehrsauffassung".
Konsequent ist nach der problematischen deutschen Auffassung zum Begriff Verwechslungsgefahr im Urteil des OLG Hamburg der Satz:
„Im Übrigen kann es bei den Umfrageergebnissen soweit sie sichere [sic!] Rückschlüsse ermöglichen, immer nur um Indizien für eine Verwechslungsgefahr gehen, nicht aber um die Beantwortung der Frage selbst.”.
Befragungstechnisch ist an dem Urteil am interessantesten, dass es annimmt, die Einstiegsfrage: „Woran denken Sie” „liefe darauf hinaus, die Befragten mit der den Verletzungsgerichten überlassenen Frage zu konfrontieren, ob sie zwei Zeichen miteinander verwechseln würden”.
Die einzige systematische Abhandlung zu den befragungstechnischen Fehlerquellen bei repräsentativen Umfragen können Sie hier nachlesen.