Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

Mussten Anmelder bei Markenanmeldungen in der Schweiz ohne dortigen (Wohn-)Sitz bisher einen in der Schweiz niedergelassenen Vertreter bestellen, können sie nun (ab 01.07.2011) auch nur ein Zustellungsdomizil in der Schweiz angeben (Art. 42 MSchG).
Quelle: ige.ch

Entschieden hat das schweizerische Bundesverwaltungsgericht (Az.: BVerG B-6307/2010), wobei der Prüfungsmaßstab der des schweizerischen MSchG war.
Das BVerG entschied, dass die Bezeichnung mit „sehr wichtige Apotheke“ übersetzt werden könne und daher freihaltebedürftig - „zum Gemeingut gehörend“ - zählt: „Als Gemeingut gelten einerseits Zeichen, die für den Wirtschaftsverkehr freizuhalten sind, und andererseits Zeichen, denen die für die Individualisierung der Ware oder Dienstleistung des Markeninhabers erforderliche Unterscheidungskraft fehlt. ... Als Gemeingut schutzunfähig sind auch Zeichen, die sich in allgemeinen Qualitätshinweisen oder reklamehaften Anpreisungen erschöpfen.“
Auf den konkreten Fall angewandt, bedeutet dies:
„Der leicht verständliche Zeichenbestandteil VERY IMPORTANT wird mangels naheliegender, alternativer Bedeutung von den Verkehrskreisen – den Durchschnittsabnehmern und den Fachpersonen gleichermaßen – als allgemeiner Qualitätshinweis bzw. als reklamehafte Anpreisung verstanden.“
Anmerkung: Für das deutsche Recht würde voraussichtlich genauso geurteilt.

Nach der Auffassung des OLG Düsseldorf (Az.: I-20 U 110/10) erwartet der Verbraucher, dass die Angabe „Made in Germany“ auf alle Teile des Produkts und nicht nur auf den überwiegenden Teil zutrifft, wenn die Herkunftsangabe geradezu als einziges Merkmal herausgestellt wird.
Der Fall
Die Beklagte vertreibt unter anderem ein Besteckset, welches aus jeweils sechs Messern, Gabeln, Löffeln und Kaffeelöffeln besteht. Auf der Produktverpackung findet sich neben einer schwarz-rotgoldenen Flagge der Hinweis „Produziert in Deutschland“. Tatsächlich werden zwar die Gabeln, Löffel und Kaffeelöffel in Deutschland hergestellt. Die Rohmesser werden jedoch, wenn auch auf in Deutschland hergestellten Maschinen, in China geschmiedet, umgeschnitten, gehärtet sowie geschliffen und sodann in Deutschland mehrfach poliert. Die Beklagte macht geltend, das Landgericht habe die Verbrauchererwartung bezüglich eines Eßbestecks nicht zutreffend bestimmt. Maßgebend sei bei Messern hier auch der Poliervorgang. Zudem seien 75 % der Besteckteile vollständig in Deutschland hergestellt.
Die Entscheidung
Der Senat geht in seiner Entscheidung davon aus, wie in der Gerichtspraxis oft üblich, dass es selbst die Verkehrsauffassung schlechthin kenne, da seine Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählen. Es lässt damit außer Acht, dass die Wirklichkeit pluralistisch ist. Es geht nicht darauf ein, dass ein Teil der Verbraucher so und der andere anders auffasst. Erst recht beurteilt es nicht, welche Quote (15 %?) erforderlich ist.
Anmerkung
Auf dieser Homepage finden Sie über die Suche zahlreiche Hinweise zur Ermittlung und Bedeutung der „Verkehrsauffassung”.

Das Landgericht Hamburg hat mit Urteil vom 15.07.2011 (324 O 246/11) eine einstweilige Verfügung aufgehoben, die der Antragsteller gegen eine Zeitschrift wegen des nachfolgenden Titelfotos erwirkt hatte:

Der einstweiligen Verfügung lag die Behauptung des Antragstellers zugrunde, das Foto sei „manipuliert“ worden. Nachdem der Verlag das Originalbild vorlegte – aus Formatgründen waren Jauch und seine Gattin anders positioniert worden – war die einstweilige Verfügung nicht aufrecht zu halten:

Das Gericht bestätigte zunächst, dass die Antraggegnerin mit der sich kontextneutral verhaltenden Fotomontage zulässigerweise einen Bericht aus dem Bereich der Zeitgeschichte illustriert und den Bildzusammenschnitt in ausreichender Weise als „Fotomontage“ gekennzeichnet hat. Der Leser betrachte das Titelbild daher mit dem Wissen, so das Gericht, dass nichts Tatsächliches wiedergegeben werde, sondern es sich um ein fiktives Bild handele, das durch das Zusammenfügen verschiedener fotographischer Elemente entstanden ist.
Eine Verletzung berechtigter Interessen nach § 23 Abs.2 KUG liege – so das Landgericht – nicht vor. Das Wegretuschieren der Hand von Jauchs Ehefrau sowie der Umstand, dass sein Ohr aufgrund ihres davor montierten Körpers teilweise verdeckt wurde – beides Hauptangriffspunkte des Antragstellers – führe nicht dazu, dass der Aussagegehalt des Originalfotos, dem auch keine Belegfunktion zukomme, verändert werde.

Antwort: „Ungefähr die Hälfte”.
Quelle: Erzählt bei einem Rotary-Abend vergangenen Dienstag.

So betitelt die neue Ausgabe - 32/2011 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.

Entschieden hat das Brandenburgische OLG unter dem Az.: 6 W 87/10.
Erstinstanzlich unterlag ein Verfügungskläger mit einem gegen irreführende Werbung gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Im Berufungsverfahren legte er ein ihm günstiges repräsentatives Umfragegutachten vor und gewann. Der (unterlegene) Verfügungsbeklagte hatte auch die Kosten der Umfrage zu tragen. Das Gericht wörtlich:

„Ein Verfügungskläger ist gehalten, ein Meinungsforschungsgutachten zur Glaubhaftmachung einer Irreführungsgefahr einzuholen, um das Berufungsverfahren erfolgreich durchführen und die Sachkunde der erstinstanzlichen Richter in Zweifel ziehen zu können, sofern das Landgericht zuvor - gestützt auf eigenen Sachverstand - die Irreführung durch die beanstandete Werbung verneint hatte.“

Anmerkungen:
1. Nicht im Ergebnis, wohl aber in der Begründung ist das Urteil teilweise problematisch. Sie geht entgegen der herrschenden Meinung von der normativen Verkehsauffassung aus, „so dass das tatsächliche Verständnis der Verkehrskreise grundsätzlich keine Rolle” spiele. Aber selbst hier gelte es zu beachten, dass „[d]er Prozentsatz der tatsächlich irregeführten Personen [...] im Rahmen der wertenden Betrachtung ein Indiz für das Verständnis des nicht notwendig real existierenden Durchschnittsverbrauchers sein [kann], und damit auch im Rahmen des normativen Ansatzes Bedeutung erlangen (m.w.N.).“
2. Wie es sich rechtsmethodisch zutreffend verhält, kann in AfP 1997, 930 ff., in einem Urteil des OLG München samt einer Anmerkung Az.: 29 U 5606/96, nachgelesen werden.

Wir berichteten regelmäßig über die Rechtsprechungspraxis zur Zulässigkeit sog. „Blickfangwerbung“, bei welcher Form und Inhalt der per Sternchenvermerk vorgenommenen Aufklärung bzw. Erläuterung der herausgestellten Werbeaussage entscheidende Bedeutung zukommt (vgl. zuletzt etwa Einträge vom 12.05.2011 oder 16.09.2010).
Das Landgericht München hat nun ein weiteres Urteil Az.: 11 HKO 22644/10 zur Blickfanwerbung erlassen.
Der Fall
Ein Bankinstitut hatte für einen Sparbrief mit dem Blickfang „6 % Zinsen“ geworben, diesen aber tatsächlich mit lediglich 2 % p.a. verzinst. In einer (nach Auffassung des Gerichts) schlecht lesbaren Erläuterung klärte die Bank darüber auf, dass es sich um den Gesamtzins für den Anlagezeitraum von drei Jahren handelte. Etwas klein gedruckter und nicht als Verknüpfung mit dem Blickfang erkennbar, lautete es darüber hinaus, dass der Sparbrief „2,0 % Zinsen jedes Jahr garantiert“.
Die Entscheidung
Das Gericht hielt in seinem Urteil die Anzeige nicht nur wegen der zu geringen Schriftgröße des Sternchentextes, sondern auch deshalb für irreführend, weil

  • Zinsangaben zu Geldanlagen vom Verbraucher durchgängig als Jahreszins verstanden würden;
  • die somit objektiv unrichtige Aussage „6 % Zinsen pro Jahr“ die Anzeige dominiere;
  • die Abweichung zum marktüblichen Zins nicht so gravierend sei, dass sich dem Verbraucher Bedenken aufdrängen müssten;
  • der auflösende Fließtext „garantiert Ihnen 2,0 % Zinsen jedes Jahr“ dem Blickfang nicht zugeordnet sei.

„Meine neue Freundin findet mich unheimlich charmant und intelligent”, schwelgt Helmut im Glück. - „Oh je, das geht schief! Wenn sie dich schon am Anfang so anlügt”, meint sein Freund.
Quelle: Neueste Ausgabe der Zeitschrift "Frau im Trend", 31/2011.

Das Sozialgericht Wiesbaden hat in einem uns als Vertreter des beigeladenen Instituts nun zugestellten Urteil Az.: S 1 KR 200/09 entschieden: Angesichts der Eigenart der Tätigkeit eines Marktforschungsinterviewers ist die „Einbindung“ in Ort, Zeit, Art und Weise der Durchführung des Auftrages kein geeignetes Kriterium für die Abgrenzung versicherungspflichtig oder nicht versicherungspflichtig.
Das Gericht hatte im Rahmen einer Statusfeststellungsklage zu entscheiden, ob der klagende Interviewer, der für ein Marktforschungsinstitut Bahnreisende befragte, eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit ausübt. Folgende Umstände sind nach der unseres Erachtens eindrucksvollen Urteilsbegründung entscheidend:

  • Der Kläger erhielt Aufträge nicht automatisch, es wurden ihm Angebote unterbreitet, die er annehmen konnte oder nicht.
  • Dem Kläger oblag die freie Entscheidung, Aufträge, die in ganzen Wochenblöcken vergeben wurden, anzunehmen oder abzulehnen; er konnte innerhalb der Wochenblöcke einzelne Aufträge ablehnen und auch nach Annahme noch herausstreichen, er konnte auch angenommen Aufträge ganz wieder absagen.
  • Dieses Verhalten wirkte sich auf die Vergütung dergestalt aus, dass weniger durchgeführte Aufträge eine geringere Prämienvergütung bedeuteten und die Ablehnung von Aufträgen insoweit den Wegfall jeglicher Vergütung.
  • Vertraglich war ausdrücklich eine typische freie Mitarbeitertätigkeit durch einen Rahmenvertrag vereinbart.
  • Der Kläger arbeitete gleichzeitig auch für weitere Marktforschungsinstitute.

Diese fünf Punkte prägten das Gesamtbild der Tätigkeit des Klägers.
Dagegen traten nach Überzeugung des Gerichts folgende Elemente, die für eine mögliche abhängige Beschäftigung hätten sprechen können, zurück:
Strikte Beachtung des Fragebogeninhaltes und anderer Vorgaben für die Durchführung der Interviews (Interviewerleitfaden), da diese in der „Natur der Sache“ liegen, Kontrollbefugnis des Instituts, Grundvergütung nach Zeitaufwand, nicht pro durchgeführtem Interview.
Anmerkung: Die vom Gericht herausgestellten Kriterien treffen in der Regel auf Markt- und Sozialforschungsunterviewer zu. Das Gericht bestätigt entgegen anderen Stimmen frühere Entscheidungen anderer Gerichte (siehe bitte z.B. Meldung vom 17. Mai 2010 und das Präzedenzurteil des Bundessozialgerichts vom 14.11.1974 [beachte ebenfalls auf unserer Homepage Suchergebnis ‚Interviewer‘, Urteile‘]. Es bekräftigt die Grundsätze, welche die Marktforschungsinstitute bei ihrer Zusammenarbeit auch mit Telefoninterviewern schon in der Vergangenheit zugrundelegten, vgl. Meldungen vom Dienstag, 5. August 2008, Donnerstag, 6. März 2003, Donnerstag 30. Mai 2002 und Mittwoch, 19. Dezember 2001.