Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

So betitelt die neue Ausgabe - 36/2011 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.

Der BGH setzt seine verlagsfreundliche Rechtsprechung fort (vgl. bereits unsere Einträge vom 01. 02. 2011 und 14. 02. 2011). Dem Urteil vom 21.06.2011 (VI ZR 73/10) zufolge, kann dieselbe Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs.2 RVG auch vorliegen, wenn mehrere Aufträge an unterschiedlichen Tagen erteilt werden. Es durfte im entschiedenen Falle folglich nur nach dem kumulierten Gegenstandswert abgerechnet werden.
Die Entstehungsgeschichte
Ein Verlag hatte der Wahrheit zuwider veröffentlicht, dass ein Prominenter mit einer bestimmten Begleiterin liiert sei. Zuerst wurde im Namen des Prominenten abgemahnt. Zwei Tage später – nachdem auch die Begleiterin das Mandat erteilt hatte – wurde der inhaltsgleiche Unterlassungsanspruch auch in ihrem Namen geltend gemacht.
Die Entscheidung
Der BGH entschied - sich auf seine frühere Rechtsprechung zu § 15 Abs.2 S.2 RVG beziehend -, dass dieselbe Angelegenheit auch dann vorliegen kann, wenn dem in Anspruch genommenen Medium eine „gleichgerichtete Verletzungshandlung“ vorzuwerfen ist, die Unterlassungsansprüche insbesondere auf die gleiche Berichterstattung gerichtet sind und die Abmahnungen demgemäß einen identischen bzw. weitgehend identischen Inhalt aufweisen. Bei objektiver Betrachtung des vom Anwalt erwarteten Erfolges gehörten die unterschiedlich erteilten Aufträge, so der BGH, zusammen.

Das Urteil Az.: 8 0 127/11 wurde noch nicht im Volltext veröffentlicht.
Der Fall
Wiese hatte auf eine Kritik von Lehmann an seiner Spielweise gegenüber einem Journalisten u.a. geäußert: „Der Lehmann soll in die Muppet-Show gehen. Der Mann gehört auf die Couch. Vielleicht wird ihm da geholfen. Einweisen – am besten in die Geschlossene! Was soll ich da bitte machen? Geh ich ein Stück in die Mitte, geht der Ball in die kurze Ecke rein. Ich weiß nicht, warum über so ein Tor diskutiert wird. Schwachsinn!“ Lehmann fühlte sich beleidigt und forderte 20.000 EUR „Schmerzensgeld“.
Die Entscheidung
Das Landgericht sah mit folgender Begründung keinen rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht:
„Schmähkritik“ liege nicht vor, weil Wiese sich (auch) sachlich mit dem Vorwurf Lehmanns auseinandergesetzt habe. Die Äußerungen Wieses seien nicht in dem Sinne auszulegen, dass Lehmann hinsichtlich seiner geistigen Gesundheit als medizinisch behandlungsbedürftig dargestellt werde. Wiese habe vielmehr in drastischer und pointierter Weise darauf hinweisen wollen, dass er die Kritik Lehmanns für ungerechtfertigt hält. Gerade im Profifußball, der für markige Worte bei Konflikten unter Sportlern bekannt sei, dürfe im Meinungskampf nicht jedes Wort auf die „Goldwaage“ gelegt werden.

Wir hatten bereits über ein aus Sicht der Presse positives Urteil des Landgerichts Hamburg zu kontextneutralen Fotomontagen berichtet (vgl. Eintrag vom 08.08.2011). Nun konnte sich in einem nahezu inhaltsgleichen Verfahren auch die Zeitschrift „neue woche“ gegen den Moderator und seine Gattin durchsetzen. Das Landgericht Hamburg wies seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch Beschluss vom 28.07.2011 (324 O 230/11) zurück. Angegriffen war die nachfolgend abgebildete Titelseite:

Dem Titel lag das nachfolgende, aus Darstellungsgründen von der Redaktion leicht veränderte Originalfoto zugrunde:

Wie bereits im Parallelfall legte das Landgericht auch für diese Titelseitengestaltung dar, dass der Leser die Kennzeichnung „Fotomontage“ wahrnehme und deshalb nicht davon ausgehe, dass etwas Tatsächliches wiedergegeben werde. Er erkenne vielmehr, dass es sich um ein fiktives Bild handele, das durch das Zusammenfügen verschiedener fotographischer Elemente entstanden ist. Soweit graphische Veränderungen vorgenommen worden seien, wirkten diese im Verhältnis zur Bildaussage des Originals auch nicht typenverändernd und bewirkten somit keine Persönlichkeitsrechtsverletzung.

Die Entscheidungen „Perlentaucher” und „Paperboy” haben Viele verunsichert. Ein Urteil des Landgerichts München I - Az.: 21 0 8455/11 - verschafft jetzt jedoch in einem wesentlichen Teil Klarheit, nämlich:
Ein „Pressedienst” hatte einen Zeitungsartikelausschnitt vervielfältigt. Das LG München I nimmt in seinem Urteil an, dass das Vervielfältigungsrecht der Urheber verletzt wurde.
Das Urteil bezieht sich auf „maximal 35 bis 50 Worte begrenzte Auszüge”, wie sich aus einer gestern Abend vom Münchener Institut für Urheber- und Medienrecht versandten E-Mail schließen lässt. Was mit dieser Angabe gemeint ist, wird man erst darlegen können, wenn die noch nicht vorliegende Urteilsbegründung zur Hand ist.
Anmerkung
Erübrigen sich mit diesem Urteil die Anstrengungen um ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger? Auch wenn dies manchen überraschen wird: Um dieses Urteil zugunsten der Journalisten wirklich realisieren zu können, bedarf es des Leistungsschutzrechts für Presseverleger. Warum?
In der an dieser Stelle einzuhaltenden Kürze:
Digital werden die vom LG München I anerkannten Urheberrechte gleich hundert-, tausend-, hunderttausend- oder millionenfach verletzt, wenn die Texte ohne Einwilligung der Autoren ins Netz gestellt werden. Aus Gründen der zu jedem Artikel darzulegenden und zu beweisenden Aktiv- und Passivlegitimation können sich die Urheber nur schwerlich gegen Piraterie wehren. Die Legitimation der durch ein Leistungsschutzrecht zu schützenden Verlegerleistung ist dagegen kein grundsätzliches Problem. Verlage und Journalisten sind im Gespräch wie die Verlage die Interessen der Journalisten - auch finanziell - mit wahren.
Die Interessen der Autoren lassen sich nicht ersatzweise dadurch schützen, dass statt eines Leistungsschutzrechts den Verlegern eine Vermutungsregelung oder eine Prozessstandschaft zugebilligt wird.

Wie es Magath mit dem Schiedsrichter hält, sehen und hören wir ja Spiel für Spiel. Und die Zuschauer im Stadion? 60.000 Einheimische brüllen, wenn nicht auf Elfmeter gepfiffen wird. Wer jemanden kennen lernen möchte, muss mit ihm ins Stadion und erleben, wie er - alles sonst vergessend - fortwährend in Rage geraten kann. Die größte Freiheit gibt es zu Hause. Nach FREIZEIT REVUE 35/2011:

„Die eine Nachbarin zur anderen: 'Sie hatten gestern aber einen tollen Ehekrach!' - 'Ach, woher! Mein Mann hatte nur bei der Fernsehübertragung des Fußballspiels eine Auseinandersetzung mit dem Schiedsrichter!' ”

Grundsätzlich kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn ein erheblicher Mangel vorliegt. Der Bundesgerichtshof hat aber in einer neuen Entscheidung VIII ZR 202/10 klargestellt, dass es Ausnahmen gibt:
Sachmängel, deren Beseitigung nur Aufwendungen von knapp 1 % des Kaufpreises erfordern, sind unerheblich im Sinne des § 323 V 2 BGB und rechtfertigen somit keinen Rücktritt. Dies gilt auch für Luxusartikel. Das streitgegenständliche Wohnmobil hatte immerhin 134.437 € gekostet. Doch sind hier die aufgetretenen Mängel, so die gerichtliche Einschätzung, durch den Einbau eines Schiebefensters und die Erneuerung der Ventilzuführung des Reifens für € 1.200,- behebbar.

Jetzt hat erneut der Bundesgerichtshof mit einem Urteil (XII ZB 701/10) die umfangreiche Rechtsprechung zur Fristwahrung durch Telefax und zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Montag, 15. November 2010 (Organisation der Ausgangskontrolle bei Telefaxversand, Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, Az.: 4 L 151/10), am Donnerstag, 27. Mai 2010 (Der Zugangsnachweis für Faxprotokolle, OLG München, Az.: 7 U 2451/08), oder am Montag, 2. Juli 2007 (Vorab per Telefax, Bundesgerichtshof, Az.: VI ZB 76/06).
Das Organisationsverschulden bei Schriftsätzen per Telefax ist offenbar immer noch ein Thema Nr. 1 für Kanzleien. Im aktuellen BGH-Fall wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt. Zwar gilt grundsätzlich: Wird die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze durch ein Gericht ermöglicht, dürfen die damit verbunden Risiken (Störungen des Gerichtsfaxgerätes) nicht auf den Anwalt abgewälzt werden. Allerdings darf dieser nicht vorschnell aufgeben. Die Auszubildende hatte zuletzt um 17:30 versucht, den Schriftsatz zu faxen. Ohne Erfolg, da vermutlich zeitgleich ein anderer Anwalt ein mehrere hundert Seiten langes Fax gerade verschickt hatte. Ein letztmaliger Faxversuch um 17:30 reicht nach der Rechtsauffassung des BGH aber nicht aus für eine Wiedereinsetzung. Vielmehr hätte der Rechtsanwalt zu einem späteren Zeitpunkt selbst versuchen müssen den Schriftsatz zu faxen. Dabei ließ es das Gericht dahinstehen, ob es dem Anwalt zuzumuten ist, seine erneuten Versuche bis 24:00 fortzusetzen.

So betitelt die neue Ausgabe - 35/2011 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.

Der EuGH (C-317/10 P) hat sich erneut mit den Rechtsproblemen um die Verwechslungsgefahr bei Markenserien befasst.
Der Fall:
Ein italienische Anmelder meldete 2001 die Gemeinschaftswortmarken UNIWEB und UniCredit Wealth Management für div. Dienstleistungen in Klasse 36 an. Die Widersprechende stützte ihre Widersprüche auf drei für "Investmentgeschäfte" in Klasse 36 eingetragene Marken, nämlich die Wortmarken UNIFONDS und UNIRAK sowie eine Wort-Bildmarke UNIZINS. Geltend gemacht wurde mittelbare Verwechslungsgefahr mit der Begründung, die jüngeren Zeichen würden sich in die Serie der älteren Marken einreihen.
Die Entscheidung:
Der EuGH betrachtete die Ausführungen der Vorinstanz, die eine Verwechslungsgefahr ablehnte, als unzureichend und verwies die Angelegenheit an das EuG zurück. In einem (sic!) Satz legte der EuGH dar:

„Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr in einem Fall, in dem der Widerspruch auf das Bestehen mehrerer Marken gestützt ist, die gemeinsame Merkmale aufweisen, infolge deren sie als Teil ein und derselben Markenfamilie oder als Serienmarken angesehen werden können, ist zu berücksichtigen, dass sich die Verwechslungsgefahr bei Vorliegen einer solchen Familie oder Serie daraus ergibt, dass sich der Verbraucher hinsichtlich der Herkunft oder des Ursprungs der von der Anmeldemarke erfassten Waren oder Dienstleistungen irren kann und möglicherweise zu Unrecht annimmt, dass die Anmeldemarke zu der Familie oder Serie von Marken gehört.“

Bei dieser Prüfung muss untersucht werden, so der EuGH, wie die Struktur der zu vergleichenden Marken und ihres gemeinsamen Elements (hier: "Uni") durch das relevante Publikum wahrgenommen wird.
Ebenso sind, so das Gericht weiter, Hinweise zur Unterscheidungskraft des gemeinsamen Elements zu belegen.
Ferner müssen die übrigen Bestandteile der zu vergleichenden Marken auch in konzeptioneller und inhaltlicher Hinsicht sowie in Hinsicht auf die beteiligten Verkehrskreise geprüft werden.