Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

Am Ostermontag, 6. April, hatten wir über die Einleitung des wichtigen Schlusskapitels „Bekenntnis zur Hoffnung” im Buch von: Konrad Lorenz „Das sogenannte Böse” berichtet und angenommen, dass Lorenz sinnentstellend von Goethes Faust ausgeht. Siehe vor allem das P.S. unseres Textes vom 6.4.2015.
In diesem Kapitel 14 zieht der vielfach ausgezeichnete Konrad Lorenz - Nobelpreis 1973 -, vor allem wegen einer Nazi-Nähe jedoch auch angegriffene Lorenz, die Schlussfolgerungen aus den voran stehenden Kapiteln 1 bis 13 seines Werkes. Der Verfasser dieser Zeilen meint, dass jeder an Allgemeinbildung Interessierte wenigstens dieses Kapitel 14 kennen sollte. Die Nazi-Nähe wirkt sich hier nicht aus. Zitiert hatten wir am Ostermontag aus der Originalausgabe von 1963.
Wer den überarbeiteten Text des Buches liest, stellt fest, dass tatsächlich ein Freud'scher Fehler unterlaufen ist. Im ersten Satz fehlt in der Originalausgabe sinnentstellend das Wort „nicht”.
Wir zitieren aus der neuesten, der 29. Auflage:
„Im Gegensatz zu Faust bilde ich mir ein, ich könnte was lehren, die Menschen zu bessern und zu bekehren. ...Es ist also wirklich das Gegenteil von Überheblichkeit, wenn ich ehrlich davon überzeugt bin, dass in einer nahen Zukunft sehr viele, ja vielleicht die Mehrzahl aller Menschen für selbstverständliche und für bereits banale Wahrheit halten werden, was in diesem Buche über die intraspezifische Aggression und über die Gefahren gesagt wurde, die ihre Fehlleistungen für die Menschheit heraufbeschwören.” (Hervorhebung von uns)

Anmerkung:
Der Verf. dieser Zeilen hat, wie er meint, eine Grundnorm ermittelt; siehe das bis jetzt in drei Auflagen erschienene, gegenwärtige vergriffene, aber bei Google nachlesbare Buch: „Die Entdeckung der pluralistischen Wirklichkeit” Kurzfassung Seite XXXIII.
Zu dieser Grundnorm gewinnen wesentlich u. a. die Verhaltensforschung von Lorenz (ausgenommen widerlegte Abschweifungen) und die von seinem Schüler Eibl-Eidesfeldt geprägte Humanethologie insofern Bedeutung, als sie belegen, wann von der Wirklichkeit als Grundnorm (wie sie der Verf. ermittelt hat) abgewichen werden muss, nämlich: Grundsätzlich müssen Aggressionen ausgeschlossen werden.

Das Amtsgericht Köln (Az.: 272 C 20/14) hatte sich in einer aktuellen Entscheidung mit der Haftungsverteilung zu befassen. Beide Verkehrsteilnehmer hatten etwas falsch gemacht. Das Beklagtenfahrzeug stand entgegen der Fahrtrichtung und ohne Beleuchtung am – aus Sicht des Klägerfahrzeugs – rechten Straßenrand im absoluten Halteverbot, und zwar halb auf dem Gehweg und halb auf einem mit einer unterbrochenen Leitlinie von der Fahrbahn getrennten, sich auf der Straße befindlichen Radweg. Das Klägerfahrzeug fuhr ungebremst mit der vorderen rechten Seite gegen die vordere rechte Seite des Beklagtenfahrzeugs. Eine Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,33 Promille. Das Amtsgericht wog alle Umstände ab und kam zu der Auffassung, dass das Verschulden des betrunkenen Fahrers zu einer Alleinhaftung führt. Die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs tritt hinter das erhebliche Verschulden zurück. Maßgeblich war für das Gericht vor allem, dass ohne überhaupt zu bremsen innerorts über einen Fahrradschutzstreifen und ohne jede Reaktion frontal gegen das dort stehende Beklagtenfahrzeug gefahren wurde. Der Unfall geschah in einer Situation, die ein nüchterner Fahrer ohne Weiteres hätte meistern können, so das Gericht. Innerhalb einer Ortschaft ist mit am Straßenrand geparkten Fahrzeugen zu rechnen. Dies gilt umso mehr, als dass das Beklagtenfahrzeug nicht in die vom Klägerfahrzeug allgemein zu befahrenden Fahrbahn hineinragte.

Wir berichten regelmäßig, zuletzt am 24.07.2014, über dieses Thema. Obwohl nun schon verhältnismäßig viele Entscheidungen erlassen worden sind, und obwohl sich die Tendenz der Rechtsprechung klar abzeichnet, können im Einzelfall doch Fragen offen sein. Schwierigkeiten können sich im Einzelfall schon deshalb ergeben, weil stets die unterschiedlichen Interessen gegeneinander abgewogen werden müssen. Zu vertiefen sind noch Fragen wie: Inwieweit macht es einen Unterschied, ob die Parabolantenne nur aufgestellt oder am Haus befestigt wird? Ist wesentlich, ob das Haus über eine Gemeinschaftsparabolantenne oder über einen Breitbandkabelanschluss verfügt, und ob ungewiss ist, ob und wann ein solcher Anschluss verlegt werden wird? Wie wird das Kabel in die Wohnung gebracht? Ist erheblich, ob ein Wohnungseigentümer selbst die Parabolantenne nutzen will oder sein Mieter?
Das Landgericht Cottbus (Az.: 5 S 59/13) hat im vorliegenden Fall auf die fehlende Substanzverletzung und nach eigener Überzeugung nur geringfügige optische Beeinträchtigung abgestellt und einen Beseitigungsanspruch des Vermieters abgelehnt. Im entschiedenen Fall stand die Satellitenschüssel auf dem Balkon und war nicht fest montiert. Das Gericht urteilte, das bloße Aufstellen sei mit dem Aufstellen von Mobiliar auf dem Balkon vergleichbar; außerdem fehle es an einem ausdrücklichen vertraglichen Verbot und die optische Beeinträchtigung sei in diesem Falle nur gering.

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts Az.: 8 AZR 838/13, siehe Pressemitteilung, hat sich mit der Frage beschäftigt, ob bloßes längeres Abwarten des vom Mobbing Betroffenen einen Schmerzensgeldanspruch entfallen lässt. Der Kläger stütze seinen Schmerzensgeldanspruch auf Isolierung, Herabwürdigungen und Schikanen in den Jahren 2006 bis 2008. Zuletzt war im Februar 2008 gemobbt worden. Die Klage wurde erst Ende Dezember 2010 bei Gericht eingereicht. Schon vor Ablauf der regelmäßigen dreijährigen Verjährung können Ansprüche zwar grundsätzlich verwirken. Das Gericht stellte aber ausdrücklich klar, dass dafür jedoch ein bloßes "Zuwarten" oder die reine Untätigkeit des Anspruchstellers nicht genügen. Laut BAG scheidet im vorliegenden Fall eine Verwirkung aus. Es fehlt an einem Umstandsmoment, auf Grund dessen der Arbeitgeber darauf vertrauen durfte, dass keine Ansprüche geltend gemacht werden. Denn ein bloßes Zuwarten ist nicht treuwidrig und das durch Richterrecht geschaffene Institut der Verwirkung darf nach der Auffassung des BAG nicht dazu führen, dass die gesetzliche Verjährung unterlaufen wird.

Barbara Schöneberger:
„ Ich stand letztens ungeschminkt im Supermarkt an der Kasse. Dreht sich ein Mann um und sagt: 'Waren Sie nicht mal Barbara Schöneberger?' ”
Quelle: zitiert in „neue woche” 15/2015

So betitelt die Ausgabe 16/2015 der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.

P.S.: Das Urteil wird als eindeutig falsch kritisiert. Siehe Kommentar von Holtz in der Zeitschrift "Kommunikation & Recht" Juni-Heft 2015, Seiten 431 f.
Am 1. August 2013 ist das so genannte Leitungsschutzrecht für Presseverleger in Kraft getreten. Nach ihm dürfen Presseverleger unter bestimmten Voraussetzungen von Nutzern, insbesondere von Suchmaschinenbetreibern, Lizenzgebühren für die Nutzung von Artikeln oder Auszügen fordern.
Siehe zu einigen Details des schwierigen und langwierigen Gesetzgebungsverfahrens links in der Suchfunktion, Suchwort: Leistungsschutzrecht.
Das Landgericht Berlin hat sich in einer Entscheidung (Az.: 15 O 412/14) damit befasst, ob - für eine neue Rechtsprechung ein recht schwieriger Fall - ein nicht genehmigtes Bildschirmfoto einer Internetseite das Leistungsschutzrecht verletzt.
Der Fall:
Eine Fotoagentur hatte zunächst die Klägerin abgemahnt, weil sie auf der von ihr betriebenen Webseite ein Foto veröffentlicht hatte, an dem die Fotoagentur angeblich die Rechte besitzt und forderte deshalb € 240,75 für eine Nachlizenzierung. Im Aufforderungsschreiben nannte die Fotoagentur eine URL, unter der ein Screenshot der entsprechenden Webseite online abgerufen werden kann. Die Klägerin sah ihrerseits durch diese Veröffentlichung des Screenshots ihr presserechtliches Leistungsschutzrecht verletzt. Sie mahnte die Fotoagentur wegen unberechtigter öffentlicher Zugänglichmachung von urheberrechtlich geschützten Inhalten ab.
Das Urteil:
Das LG Berlin bestätigte einen Unterlassungsanspruch gem. §§ 87 f. Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 Satz 1, 19 a Urheberrechtsgesetz, UrhG. Das Gericht legt dar, dass es sich bei dem Screenshot mit der Überschrift »unsere aktuellen Themen« um ein Presseerzeugnis im Sinne des § 87 f. Abs. 2 UrhG handelt, nämlich eine periodisch veröffentlichte Sammlung. Entscheidend stellte das Gericht darauf ab, dass bei Kenntnis der Ziel-URL das streitgegenständliche Bildschirmfoto abgerufen werden kann. Diese abstrakte Möglichkeit des Abrufes genügt, so das Gericht. Denn ein Zugänglichmachen im Sinne des § 19 a UrhG liegt schon vor, wenn der Inhalt ohne Suchmaschineneinsatz lediglich über die Direkteingabe der Ziel-URL aufgerufen werden kann. Vorsorglich weist das Gericht noch darauf hin, dass die Verfolgung eigener urheberrechtlicher Ansprüche kein Rechtfertigungsgrund für die Zugänglichmachung von Bildschirmfotos ist.
Anmerkung
Wer sich erst noch an die neue Sach- und Rechtslage gewöhnen muss, tut gut daran, zunächst den neuen § 87 f zu studieren und sich von der Vorstellung zu lösen, es gehe beim Leistungsschutzrecht der Presseverleger nur um Print. Es hilft schon zu bedenken, dass „Online-Presse” eben auch Presse ist, und zwar auch dann, wenn der Inhalt nicht aus der Print-Presse übernommen wird. Auch Blogger können Presseverleger sein. Nahezu vollständige und jeweils aktuelle Hinweise zum Stand finden Sie seit dem Jahre 2011 auf „der presseschauder” von Christoph Keese, der (zusammen mit dem Verfasser eines Teils dieser Zeilen sowie den Geschäftsstellen von BDZV und VDZ und einer Kanzlei) für die Verleger bis zur Verabschiedung des Gesetzes die Durchsetzung einer gesetzlichen Regelung federführend verantwortete.

Konrad Lorenz in seinem Buch: „Das sogenannte Böse”, XIX. Kapitel, Bekenntnis zur Hoffnung:

„ Im Gegensatz zu Faust bilde ich mir nicht ein, ich könnte was lehren, die Menschen zu bessern und zu bekehren. ... Dies trifft nur in dem Sonderfalle zu, in dem ein Geistesriese seiner Zeit Jahrhunderte voraus ist. Er bleibt unverstanden und läuft Gefahr, totgemartert oder zumindest totgeschwiegen zu werden. Wenn die Zeitgenossen jemandem zuhören oder gar seine Bücher lesen, darf man mit Sicherheit annehmen, dass er k e i n Geistesriese ist. Er darf sich günstigenfalls schmeicheln, er habe etwas zu sagen, was gerade 'fällig' sei. Die beste Wirkung dessen, was man sagen kann, ist dann zu erwarten, wenn man den Angesprochenen mit seinen neuen Ansichten gerade nur um eine Nasenlänge voraus ist. Dann reagieren sie mit dem Gedanken: 'Tatsächlich ja, da hätte ich eigentlich selbst draufkommen können!' ”
Anmerkung
Lorenz bezieht sich auf Goethes Faust: „Bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren, die Menschen zu bessern und zu bekehren.” Lorenz hätte somit wohl schreiben müssen: „wie Faust” oder - wohl eher - „nicht wie Faust”.

Wir berichteten regelmäßig über die Rechtsprechungspraxis zur Maklerprovision (vgl. zuletzt etwa Einträge vom 15.04.2004 und 30.06.2010).
In einer weiteren Entscheidung (Az.: 2 U 86/14) stellt das Oberlandesgericht Bremen klar: Der Anfall einer Nachweismaklercourtage setzt voraus, dass der Makler seinen Kunden auch in die Lage versetzt, in konkrete Verhandlungen über den von ihm angestrebten Hauptvertrag zu treten. In der Regel erfordert dies, dass er seinem Kunden den Vertragspartner für dieses Geschäft benennt, d.h. konkrete Angaben zu derjenigen Person macht, die zu substanziellen Verhandlungen über den Vertragsschluss berechtigt ist. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist dies im vorliegenden Fall gerade nicht erwiesen. Den Einwand des Maklers, dass man unschwer bereits aus dem Kaufangebot auf den Grundstückeigentümer hätte schließen können, ließ das Gericht nicht gelten. Zwar wurde darauf hingewiesen, dass das Grundstück „derzeit durch den Eigentümer genutzt“ werde, so dass mit wenig Mühe in direkten Kontakt getreten hätte werden können. Nach der Auffassung des Gerichts wird die konkrete Benennung des Verkäufers aber nicht durch die Ermittelbarkeit des Verkäufers obsolet.

Das Oberlandesgericht Oldenburg bestätigte in seiner Entscheidung Az.: 1 Ss 261/14, Pressemitteilung, dass gestohlene Waren im Wert von 47,98 € bei der Strafzumessung nicht mehr als geringwertig einzustufen sind.
Der Fall:
Der Angeklagte hatte in einem Lebensmittelmarkt zwei Flaschen gestohlen. Das Amtsgericht Cloppenburg sprach wegen dieser Tat eine Freiheitsstrafe von 3 Monaten ohne Bewährung aus und begründete das Strafmaß mit gewerbsmäßigem Diebstahl in einem besonders schweren Fall, § 243 Strafgesetzbuch, StGB. Dies war nur möglich, weil das Gericht den Wert der gestohlenen Ware nicht für geringwertig hielt. Denn ein Diebstahl von nur geringwertigen Sachen kann nicht als besonders schwerer Fall des Diebstahls bestraft werden.
Das Urteil:
Das Oberlandesgericht bestätigte, dass eine gestohlene Sache nicht mehr als geringwertig anzusehen ist, wenn sie einen Wert von rund 48 € hat. Bis zur Einführung des Euro galten für den Diebstahl geringwertiger Sachen 50 DM als Obergrenze. Seit der Euro-Einführung wird diese Obergrenze mit 25 bis 30 € angesetzt. Insgesamt konnte das Gericht die Argumentation des Angeklagten, dass es seit 2002 eine massive Geldentwertung gegeben hätte und deshalb 50,- DM von damals mit € 50,- heute gleichzusetzen seien, nicht nachvollziehen.