P.S.: Das Urteil wird als eindeutig falsch kritisiert. Siehe Kommentar von Holtz in der Zeitschrift "Kommunikation & Recht" Juni-Heft 2015, Seiten 431 f.
Am 1. August 2013 ist das so genannte Leitungsschutzrecht für Presseverleger in Kraft getreten. Nach ihm dürfen Presseverleger unter bestimmten Voraussetzungen von Nutzern, insbesondere von Suchmaschinenbetreibern, Lizenzgebühren für die Nutzung von Artikeln oder Auszügen fordern.
Siehe zu einigen Details des schwierigen und langwierigen Gesetzgebungsverfahrens links in der Suchfunktion, Suchwort: Leistungsschutzrecht.
Das Landgericht Berlin hat sich in einer Entscheidung (Az.: 15 O 412/14) damit befasst, ob - für eine neue Rechtsprechung ein recht schwieriger Fall - ein nicht genehmigtes Bildschirmfoto einer Internetseite das Leistungsschutzrecht verletzt.
Der Fall:
Eine Fotoagentur hatte zunächst die Klägerin abgemahnt, weil sie auf der von ihr betriebenen Webseite ein Foto veröffentlicht hatte, an dem die Fotoagentur angeblich die Rechte besitzt und forderte deshalb € 240,75 für eine Nachlizenzierung. Im Aufforderungsschreiben nannte die Fotoagentur eine URL, unter der ein Screenshot der entsprechenden Webseite online abgerufen werden kann. Die Klägerin sah ihrerseits durch diese Veröffentlichung des Screenshots ihr presserechtliches Leistungsschutzrecht verletzt. Sie mahnte die Fotoagentur wegen unberechtigter öffentlicher Zugänglichmachung von urheberrechtlich geschützten Inhalten ab.
Das Urteil:
Das LG Berlin bestätigte einen Unterlassungsanspruch gem. §§ 87 f. Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 Satz 1, 19 a Urheberrechtsgesetz, UrhG. Das Gericht legt dar, dass es sich bei dem Screenshot mit der Überschrift »unsere aktuellen Themen« um ein Presseerzeugnis im Sinne des § 87 f. Abs. 2 UrhG handelt, nämlich eine periodisch veröffentlichte Sammlung. Entscheidend stellte das Gericht darauf ab, dass bei Kenntnis der Ziel-URL das streitgegenständliche Bildschirmfoto abgerufen werden kann. Diese abstrakte Möglichkeit des Abrufes genügt, so das Gericht. Denn ein Zugänglichmachen im Sinne des § 19 a UrhG liegt schon vor, wenn der Inhalt ohne Suchmaschineneinsatz lediglich über die Direkteingabe der Ziel-URL aufgerufen werden kann. Vorsorglich weist das Gericht noch darauf hin, dass die Verfolgung eigener urheberrechtlicher Ansprüche kein Rechtfertigungsgrund für die Zugänglichmachung von Bildschirmfotos ist.
Anmerkung
Wer sich erst noch an die neue Sach- und Rechtslage gewöhnen muss, tut gut daran, zunächst den neuen § 87 f zu studieren und sich von der Vorstellung zu lösen, es gehe beim Leistungsschutzrecht der Presseverleger nur um Print. Es hilft schon zu bedenken, dass „Online-Presse” eben auch Presse ist, und zwar auch dann, wenn der Inhalt nicht aus der Print-Presse übernommen wird. Auch Blogger können Presseverleger sein. Nahezu vollständige und jeweils aktuelle Hinweise zum Stand finden Sie seit dem Jahre 2011 auf „der presseschauder” von Christoph Keese, der (zusammen mit dem Verfasser eines Teils dieser Zeilen sowie den Geschäftsstellen von BDZV und VDZ und einer Kanzlei) für die Verleger bis zur Verabschiedung des Gesetzes die Durchsetzung einer gesetzlichen Regelung federführend verantwortete.