Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

titelt das neue Intern 15/2003 des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger. An anderer Stelle dieses Intern wird ein Abschnitt überschrieben mit:: „Pressefeindliche Politik der EU”. Der BDZV prangert - mit unseren seit 1998 erhobenen Einwänden übereinstimmend - an, „es sei unerträglich, wie vor allem die EU-Kommission mit immer neuen Attacken gegen die Kommunikationswirtschaft aufwarte".
Der BDZV handelt das Thema bislang noch nicht unter dem Aspekt ab, dass die Organe der Europäischen Union unmittelbar die redaktionelle Arbeit bedrohen (und nicht „nur” mittelbar, indem sie der Werbung und damit auch den Medien das wirtschaftliche Fundament entziehen). Zur unmittelbaren Bedrohung der redaktionellen Arbeit bitten wir, hier in dieser Rubrik „Das Neueste” den Eintrag vom vergangenen Samstag, 19. Juli, einzusehen.

In der heute erscheinenden Ausgabe 30/2003 berichtet der FOCUS in zwei Artikeln über zwei Verbotsentwürfe aus der Europäischen Kommission. Sie richten sich gegen die Werbung und gegen die redaktionelle Arbeit.
Der eine Artikel befasst sich mit dem Vorschlag des Verbraucherkommissars Byrne zur Werbung für Lebensmittel. Zu ihm wird der Präsident des Gesamtverbands Werbeagenturen, Holger Jung, zitiert: „In Brüssel entsteht eine kafkaeske Bürokratiemaschine, die der Werbung die Seele raubt”.
Der zweite Artikel greift mit dem Untertitel an: „Überregulierungseifer: EU-Kommissar Vitorino gefährdet Pressefreiheit und den Binnenmarkt”. Unter anderem zitiert der FOCUS Hendrik Zörner vom Deutschen Journalisten -Verband, DJV, mit der Feststellung: „Das Ende der freien und kritischen Berichterstattung”. Der Grund: Der Kommissar für Justiz und Inneres will durchsetzen, dass jeweils das Recht des Staates angewandt werden muss, in dem der Schaden aufgetreten ist. Die Redaktionen hätten allein nach diesem Entwurf das Recht von 25 Staaten zu beachten.
Weitere Einzelheiten und den Gesamtzusammenhang haben wir hier in unserer Rubrik „Das Neuste” am vergangenen Samstag, 19. Juli, beschrieben.

Nun ist uns in vollständiger Form, also mit schriftlicher Begründung, das gegen Frau von Heute erlassene Urteil des Landgerichts München I zugestellt worden, Az.: 17HK 07849/03. Die Kernaussage ist - neben den Ausführungen zur Sittenwidrigkeit einer verwechslungsfäig gestalteten Nachahmung:
„Zu der Nachahmung treten zwei Umstände, die das Verhalten der Antragsgegnerin als unlauter i. S. d. § 1 UWG erscheinen lassen: Die Nachahmung enthält eine vermeidbare Herkunftstäuschung und dient ausschließlich dem Zweck, die Antragstellerin beim Vertrieb ihrer Zeitschrift zu behindern.”
Klare Aussagen. Von ihnen aus liegen Schadensersatzansprüche zugunsten der „Frau im Trend” des Burda Senator Verlages gegen „Frau von Heute” auf der Hand. Das vollständige Urteil haben wir hier - mit unseren zusammenfassenden Leitsätzen - ins Netz gestellt.

Unbekannt ist weitgehend, dass der am 16. Juli bekanntgegebene Kommissionsvorschlag zu nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben neben den vielen, zur Zeit weitgehend kritisierten Regulierungen gleich nach der Einleitung auch noch ein generelles Verbot festlegt. Wir zitieren diesen Teil des Entwurfs (Hervorhebungen, außer der Überschrift, von uns):

Bestimmte Angaben sind überhaupt nicht zugelassen.

Aus diesem neuen Ansatz für gesundheitsbezogene Angaben ergibt sich, dass alle bei der Kennzeichnung, Vermarktung und Werbung eingesetzten Informationen über Lebensmittel und ihren Nährwert, die nicht klar, zutreffend, aussagekräftig und nachprüfbar sind, damit nicht zulässig sind. Dies betrifft vage Angaben, die sich auf das allgemeine Wohlbefinden (z.B. 'hilft Ihrem Körper, mit Stress fertig zu werden', 'hält jung', oder auf psychische Verhaltensfunktionen (z.B. 'verbessert das Gedächtnis' oder 'verringert Stress und macht optimistisch') beziehen.....Verweise auf Aussagen oder befürwortende Stellungnahmen von Ärzten oder anderen Gesundheitsexperten sind nicht zulässig, da sie den Eindruck erwecken könnten, der Verzicht auf das betreffende Lebensmittel könnte die Gesundheit beeinträchtigen. Gesundheitsbezogene Angaben über alkoholische Getränke mit mehr als 1,2 % Alkohol sind ebenfalls untersagt, da Alkohol bekanntermaßen gesundheitliche und soziale Probleme verursachen kann. Zulässig sind nur Angaben hinsichtlich einer Verringerung des Alkohol- oder Energiegehalts.”

Soweit das Zitat aus dem Entwurf. Also, ein weiterer Schritt zum dirigierten, drangsalierten Bürger und zu der von Besserwissern politisch bevormundeten Wirtschaft und Gesellschaft.
Bis zur gleichartigen Einschränkung der redaktionellen Arbeit ist es von da aus nicht mehr so weit. Wer eine solche Prognose für übertriebene Schwarzmalerei hält, sollte unter anderem bedenken:

-- In der bereits rechtswirksam beschlossenen Richtlinie der Europäischen Kommission zum Verbot, für Tabakerzeugnisse zu werben oder sonst den Verkauf dieser Erzeugnisse zu fördern, werden jedenfalls nach ihrem Wortlaut positive redaktionelle Beiträge mit der Werbung gleichgestellt. Unmittelbar oder auch nur mittelbar positive redaktionelle Texte und Bildpublikationen sind demnach verboten.
-- In einem EU-Entwurf zum Verbot „geschlechterspezifischer Benachteiligungen” außerhalb des Berufslebens werden die Werbung und die Medien schlechthin von vornherein ausdrücklich gleichgestellt. Medien müssen nach dem Entwurf wie werbende Firmen in gerichtlichen Verfahren beweisen, dass sie nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen haben.
-- Und wenn nicht schon der Wortlaut ausdrücklich gleichstellt, dann wird der allgemein anerkannte rechtsmethodische Grundsatz der Gleichbewertung des Gleichsinnigen - schneller als man so denkt - das Übrige tun. Warum soll denn redaktionell zulässig sein, was der Werbung aus Gründen des (angeblichen) Gemeinwohls untersagt ist? Redaktionelle Texte und Bildpublikationen sind doch noch „gefährlicher”, weil der Leser ihnen vertraut und sich von ihnen noch stärker beeinflussen läßt. Mit dieser Gegenargumentation müssen die Medien vor allem rechnen, wenn Güter gegeneinander abzuwägen sind; - zum Beispiel Persönlichkeitsrechte einerseits gegenüber der Presse- und Informationsfreiheit andererseits. So, wenn Eltern geltend machen, ihre Persönlichkeitsrechte und die Persönlichkeitsrechte ihrer Kinder würden durch redaktionelle Beiträge auch dann verletzt, wenn sich die Redaktionen wahrheitsgemäß, aber teilweise positiv mit dem maßvollen Gebrauch von Süßwaren oder leichten Tabakerzeugnissen und der Nützlichkeit von Autos, Motorrädern und Fahrrädern (mit denen Menschenleben gefährdet werden) oder womit sonst auch immer auseinandersetzen.
-- Der EU-Kommissar für Justiz und Inneres, Vitorino, will da nicht nachstehen. Er beabsichtigt, am kommenden Dienstag einen verheerenden Gestzesvorschlag zu „nichtvertraglichen Schuldverhältnissen” vorzulegen. Nach ihm soll jeweils das Recht des Staates anwendbar sein, in dem ein (behaupteter) Schaden entsteht. Die Redaktionen müssen demnach mit ihren Juristen die nationalen Rechte von 25 Staaten beherrschen.
-- Hilft den Medien denn nicht die Verfassung? Es ist doch anerkannt, dass die Pressefreiheit für die Demokratie schlechthin konstituierend ist. Am 17. Juli haben wir an dieser Stelle darauf aufmerksam gemacht, dass die EU-Verfassung, wie sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verabschiedet werden wird, einerseits nur kurz versichert, die Freiheit der Medien werde geachtet, andererseits jedoch kollidierende Güter mit Vorliebe ausgestaltet. So hebt sie, folgt man ihrem Wortlaut, in den Bestimmungen zu den Persönlichkeitsrechten sogar das Redaktionsgeheimnis und damit die Basis eines großen Teils der redaktionellen Arbeit auf.
-- Die finanziellen Einschränkungen der Redaktionen durch die EU-Werbeverbote werden nach und nach schon besser erkannt. Wie lange es dauert, bis Gefahren beachtet werden, belegt aber gerade auch dieser Aspekt der finanziellen Einschränkungen. Der Verfasser dieser Zeilen hat im Jahre 1998 auf einer Tagung des Studienkreises für Presserecht und Pressefreiheit in einem Statement für die Verlage ausgerechnet, dass allein durch die Werbeverbote, wenn der Domino-Effekt greift, Einnahmen verloren gehen, mit denen 580.000 redaktionelle Seiten finanziert werden.

„Wehret den Anfängen” als Empfehlung verharmlost demnach die Gefahren.

Rechtsanwalt Ulf Berger-Delhey hat soeben in einem Beitrag anhand einzelner Beispiele erläutert, in welchen Fällen eine verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen werden kann und wann nicht. Sie können diesen Beitrag hier nachlesen.

leitete gestern eine Leserin ihre Anfrage ein.

Die heute erstmals verkaufte FOCUS MONEY-Ausgabe 30/2003 bietet sechs Strategien dazu an, noch vor einer Gesetzesänderung oder einer Änderung der Rechtsprechung von den gegenwärtig geltenden Regelungen zu profitieren. Die Strategien reichen von der frühzeitigen Schenkung bis zu Investitionen in lukrative Beteiligungen.

Die unzähligen Medien-Berichte über den vom Europäischen Konvent am 13. Juni 2003 verabschiedeten gemeinsamen Entwurf für eine EU-Verfassung sparen sparen sich selbst aus. Die brandgefährliche Regelung zu den Medien und die Kollission mit anderen Rechtsgütern ist offenbar zu sehr versteckt.
Der Konvent hat es sich leicht gemacht. Er hat die bereits beim EU-Gipfel von Nizza im Jahre 2000 verabschiedete Charta der Grundrechte unverändert in die Verfassung integriert. Die vielen Einwände blieben somit unberücksichtigt. Vor allem blieb es bei der abschwächenden Regelung für die Medien, auf der die deutschen Bundesländer aus Kompetenzgründen bestanden hatten. Zu den Medien wird in der Verfassung - außer dass jeder Mensch ein Recht auf freie Meinungsäußerung hat - lediglich in Artikel II-11 Absatz 2 bestimmt:

„Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden geachtet.”

In Artikel II-7 und 8 wird demgegenüber zu den Personen, über welche die Medien berichten wollen, schlechthin festgelegt:

„Artikel II-7: Achtung des Privat- und Familienlebens. Jeder Mensch hat das Recht auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung sowie seiner Kommunikation.
Artikel II-8: Schutz personenbezogener Daten. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf Schutz der ihn betreffenden personenbezogenen Daten.
(2) Diese Daten dürfen nur nach Treu und Glauben für festgelgegte Zwecke und mit Einwilligung der betroffenenPerson oder auf einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlage verarbeitet werden. Jeder Mensch hat das Recht, Auskunft über die ihn betreffenden erhobenen Daten zu erhalten und die Berichtigung der Daten zu bewirken.
(3) Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von einer unabhängigen Stelle überwacht.”

Welche Argumente in der Praxis folgen werden, läßt sich vorhersehen, - bis hin zu dem Argument, sogar der Wortlaut der Verfassung sage es doch:
Jede Redaktion muss jedem, der es will, Auskunft darüber erteilen, was sie über ihn erhoben hat. Zu dem, was über den Anfragenden erhoben worden ist, gehört auch die Quelle; denn es betrifft ihn, wer etwas über ihn gesagt hat. Die Verfassung hat auch die Überwachung der Redaktionen angeordnet. Eine unabhängige Stelle muss überwachen, ob die Redaktion die Verpflichtung zur Auskunft gewahrt hat.

Der Unterzeichner hat im Jahrbuch 2001 des Deutschen Presserats ausführlich auf die Gefahren hingewiesen; damals zu der (jetzt wörtlich übernommenen) Grundrechts-Charta. Schriftlich und mündlich wurde die Bundesregierung informiert. In einem Gespräch des Presserats mit der Bundesregierung im Bundeskanzleramt wurde die Problematik erkannt, und es wurde dem Presserat vom Kulturstaatsminister beim Bundeskanzler zugesichert, die Bundesregierung werde sich dafür einsetzen, dass die Medienfreiheit besser abgesichert werden wird. Getan oder erreicht wurde aber offenkundig überhaupt nichts.

Honi soit qui mal y pense. Hier können Sie den Text des Entwurfs, der jedenfalls in dem beschriebenen Teil mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von der Regierungskonferenz verabschiedet werden wird, nachlesen.

Zu dieser Problematik können Sie sich oft gut an einem Urteil des Amtsgerichts Köln orientieren:
Ein Nachbar hatte die Äste einer grenznahen Blaufichte eigenmächtig bis auf 30 Zentimeter lange Stümpfe zurückgeschnitten. Die Stümpfe trieben nicht mehr aus. Der Eigentümer des Baumes klagte auf Schadensersatz.
Das Amtsgericht Köln (128 C 3 2/87) urteilte, dass der Nachbar nach § 910 des Bürgerlichen Gesetbuches die überhängenden Zweige direkt an der Grundstücksgrenze abschneiden durfte. Er hat - so das Gericht - korrekt eine Frist zur Beseitigung gesetzt, und er durfte sich dann selbst helfen. Das Gericht weiter:
Das Selbsthilferecht steht dem Nachbarn, wie sich schon aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, nur dann nicht zu, wenn er durch den Überhang nicht beeinträchtigt wird. Der klagende Baumeigentümer muss aber darlegen und beweisen, dass der Überhang das Grundstück des Nachbarn nicht beeinträchtigt hat. Dieser Beweis kann schon dann nicht geführt werden, wenn Schatten das „Wuchsbild der Pflanzendecke” beeinträchtigt.
Hier können Sie das Urteil nachlesen.

Das Landgericht Köln hat in einem Urteil (10 S 111/02) entschieden, dass zu nah an die Grenze gepflanzte Lebensbäume nicht entfernt werden müssen, wenn der Nachbar erst nach mehr als sechs Jahren wegen eines unterschrittenen Grenzabstandes klagt.
Aus dem nordrheinwestfälischen Nachbarschaftsgesetz ergibt sich nicht nur der einzuhaltende Pflanzabstand zur Grenze und ein unbedingter Beseitigungsanspruch, sondern auch eine materielle Ausschlussfrist. Dieser Beseitigungsanspruch kann nach § 47 dieses Nachbarschaftsgesetzes nicht mehr erfolgreich geltend gemacht werden, wenn ein Zeitraum von mehr als sechs Jahren seit dem Anpflanzen verstrichen ist.
Die Nachbarschaftsgesetze der anderen Bundesländer regeln die grenznahe Bepflanzung ähnlich. Sie können die Nachbarschaftsgesetze in den Online-Diensten von „mein schöner Garten” nachlesen.
Neben den Ansprüchen aus den Nachbarschaftsgesetzen räumt allerdings § 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuches einen allgemeinen Beseitigungsanspruch nach § 1004 BGB bei Beeinträchtigung eines Grundstückes ein. Für diesen Anspruch aber darlegt und bewiesen werden, dass das Grundstück - zum Beispiel durch Wurzelwerk konkret beeinträchtigt oder zumindest bedroht wird. Ein solcher Beweis ist dem Kläger im vorliegenden Fall nicht gelungen.
Das Urteil können Sie hier nachlesen.