Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

Ein verhältnismäßig seltenes Beispiel bietet ein neuer Beschluss des Oberlandesgerichts Saarbrücken. Das OLG hat gebilligt, dass das erstinstanzliche Gericht die alleinige elterliche Sorge dem nicht ehelichen Vater übertragen hat.
Zum einen hat das OLG zunächst festgestellt, dass „die Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge durch das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts kein Regel-Ausnahme-Verhältnis in dem Sinn enthält, dass ein Vorrang der gemeinsamen elterlichen Sorge besteht und die Alleinsorge eines Elternteils nur in Ausnahmefällen als Ultima Ratio in Betracht kommt”.
Zum anderen haben die Gerichte erster und zweiter Instanz darauf abgestellt:
Maßgeblich ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und anderer Gerichte neben den Bindungen des Kindes an seine Eltern „der Gesichtspunkt der Kontinuität”. Im konkreten Fall spricht dieser Gesichtspunkt für den nicht ehelichen Vater, so das OLG: „Denn die Einheitlichkeit, Gleichmäßigkeit und Stabilität der Erziehungsverhältnisse ist beim Antragsteller besser gewährleistet als bei der Antragsgegnerin, deren Gesundheitszustand sich nach der erstinstanzlichen Entscheidung ersichtlich noch verschlechtert hat.”.
Az.: 9 UF 149/02. Vorinstanz: AG Homburg - 10 F 326/01.

Am 24. Juli haben wir in dieser Rubrik über ein Urteil des Landgerichts Münster berichtet, das einen Autor sehr großzügig gegen Ansprüche wegen der Verletzung von Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Romanfiguren schützte.
Ganz anders hat nun das Landgericht München I entschieden. Az.: 9 0 3969/03.
Es hat die „Erkennbarkeit” im Ergebnis weit strenger beurteilt. Wörtlich:

„Es mag durchaus zutreffend sein, dass die familiären Verhältnisse und Beziehungen der Klägerin nur ihrem näheren Umfeld bekannt sind und eine Identifizierung durch Dritte allein deswegen nicht wahrscheinlich erscheint. Etwas anderes gilt aber hinsichtlich der Schilderung der Hauptfigur des Romans und ihrer Mutter als Preisträgerinnen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes reicht es aus, wenn der Betroffene begründeten Anlass hat anzunehmen, er werde erkannt. Davon kann vorliegend ausgegangen werden: Die Verleihung des Bundesfilmpreises an eine 17-jährige Türkin sowie des alternativen Nobelpreises, ebenfalls an eine Türkin, sind Vorgänge, die, auch wenn sie bereits einige Zeit zurückliegen, durchaus die Annahme begründen können, dass Dritte, auch wenn sie nicht aus dem engeren Umfeld der Klägerinnen stammen, sich daran erinnern und einen Bezug zu den Klägerinnen herstellen.”

Dementsprechend bejahte das LG München I, dass der Roman Persönlichkeitsrechte schwerwiegend verletzt und verfügte, dass das Buch nicht veröffentlicht und nicht vertrieben werden darf.

Anmerkung für die Studierenden: Wer die beiden Entscheidungen auf den Dezisionismus hin studiert, dem wird zum Gutdünken der beteiligten Richter auffallen: Das LG Münster war gegenüber der Person des betroffenen Klägers ersichtlich sehr kritisch eingestellt. In München verhielt es sich umgekehrt. Nebenbei bemerkte das LG München I - insoweit die Gefühle aufdeckend: „Nach dem nicht bestrittenen Sachvortrag der Klagepartei ist der Tochter und Enkeltochter der beiden Klägerinnen darüber hinaus das Ausmaß ihrer Erkrankung nicht bekannt...Die Erörterung der Erkrankung, noch dazu schweren Erkrankung, hat nichts in der Öffentlichkeit zu suchen.”

verschaffte dem Verlag auch einen presserechtlichen Vorteil. Das Landgericht München I entschied, dass eine Gegendarstellung zu einem im NRW-Teil veröffentlichte Artikel nach der Einstellung nicht publiziert werden muss. Eine Veröffentlichung in der Bundesausgabe lehnte das Gericht mit der Begründung ab, dem angegriffenen Artikel komme lediglich regionale Bedeutung zu. Az.: 9 0 6183/03.
Veröffentlicht wurde dieser Beschluss bereits im neuesten Heft, 8/9-2003, der Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht ZUM.

Jede Woche fragen bei uns Leserinnen und Leser an, ob es denn wirklich stimme, dass das Gesetz nach einer Scheidung eine neugegründete Familie derart schlecht stelle.
In der Tat muss „unter Umständen die neue Frau arbeiten gehen, damit ihr Mann dem Unterhaltsanspruch seiner Geschiedenen nachkommen kann”, zitiert der FOCUS in seiner morgen erscheinenden Ausgabe 38/2003 einen Familienrichter im Rahmen eines kurzen Berichts über den Deutschen Familiengerichtstag. Der zitierte Richter - Gerd Brudermüller - ist Vorsitzender dieser ständigen Einrichtung. Angestrebt wird eine Gesetzesreform für Ehen, die nicht länger als zehn Jahre gedauert haben, und in denen sich keine „ausgeprägte Solidargemeinschaft” entwickelt hat.

Mit dem gestern in Kraft getretenden Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft - siehe bitte den Eintrag von gestern - will der Gesetzgeber nicht die Reform des Urheberrechts erst einmal abschließen. Noch in dieser Legislaturperiode sollen die Themen geregelt werden, zu denen die EU in ihrer Richtlinie „Urheberrecht in der Informationsgesellschaft” nichts vorgegeben hat.
Also, leider wieder Stückwerk.
Am kommenden Dienstag bereits sollen die Bemühungen fortgesetzt werden, und zwar - gemeinsam mit dem Institut für Urheber- und Medienrecht - mit einer Veranstaltung in München. Im Vordergrund wird vermutlich das urheberrechtliche Vergütungssystem stehen.

Dieses Gesetz wurde erst gestern im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Es will auf die technischen Entwicklungen der letzten Jahre reagieren und den Schutz der Urheber auf die Verwertung im Internet erstrecken. Das Gesetz will die Urheber auch durch weitreichende Strafrechtsbestimmungen und Umgehungsverbote schützen.

Dieses Mal vom Landgericht Stuttgart. Eine Bank verlangte für die Übertragung von Wertpapieren aus einem Depot des Kunden ein gesondertes Entgelt außerhalb der allgemeinen Depotgebühr. Diese Regelung - so das Gericht - benachteiligt den Kunden unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches.
Az.: 20 0 101/03.

veranschaulicht ein jüngst vom Bundesgerichtshof beurteilter Fall. Das Berufungsgericht hatte im konkreten Fall das anwendbare thailändische Recht nur nach dem Wortlaut eines Paragraphen, der dem Gericht zu passen schien, angewandt. Aber, - so der BGH mit der nahezu allgemeinen Meinung:
„Der Tatrichter ist gehalten, das Recht als Ganzes zu ermitteln, wie es sich in Lehre und Rechtsprechung entwickelt hat, er muss dabei die ihm zugänglichen Erkenntnisquellen ausschöpfen.”
Wie besonders leichtfertig sich die Vorinstanz verhielt, offenbart diese Bemerkung im Urteil des BGH:
„Der Sachverständige hat in seinem Gutachten sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er von Deutschland aus keine Aussagen zur praktischen Handhabung des Verhältnisses der Verjährungsvorschrift des Art. 308... zu den entsprechenden Bestimmungen des Art. 448...in der thailändischen Rechtsprechung und Literatur machen könne.” Az.: II ZR 305/01 (OLG Koblenz).

Wie würden Sie entscheiden? Um 10.02 Uhr sollte der Zug am Frankfurter Flughafen ankommen. Einchecken um 11.15 Uhr. Abflug in die Dominikanische Republik um 11.45 Uhr. Der Zug kam jedoch erst um 11.55 Uhr an.
Muss die Bundesbahn den Schaden ersetzen? Nach dem Wortlaut der Eisenbahnverkehrsordnung: Nein. So hat auch das Amtsgericht Frankfurt a. M. entschieden.Az.: 29 C 169/00 - 81.
Zugunsten der Reiseveranstalter und der Fluggesellschaften wird längst nicht so günstig entschieden wie für die Bahn.
Auch in der juristischen Fachliteratur mehren sich die Stimmen, die für Zugverspätungen verlangen, dass die Rechtsprechung oder der Gesetzgeber korrigiert. Protestiert hat jüngst Prof. Däubler in Heft 37/2003 der juristischen Fachzeitschrift „NJW”.
Gestern Nachmittag, Freitag 7. November, stimmte der Bundesrat einer gesetzlichen Änderung zu. Gleichzeitig verhandelt die Bundesregierung mit der Bahn. Die neuen Bedingungen sollen ab 1. Oktober 2004 gelten.

Das Oberlandesgericht Schleswig hat klargstellt:
Wer wegen Untreue zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt worden ist, hat zwar (gerade noch) insofern Glück, als die Strafe nicht im persönlichen Führungszeugnis ausgewiesen wird und er sich damit als „nicht vorbestraft” bezeichnen darf. Aber: Diese Regelung bedeutet nicht, dass diese Strafe schlechthin unbeachtlich wäre. Wenn beispielsweise eine Wohnungseigentümergemeinschaft ihren Verwalter bestellt, dann ist die Verurteilung beachtlich; und zwar auch dann, wenn der Verurteilte nicht selbst, jedoch als Geschäftsführer einer Verwaltungs-GmbH tätig werden soll.
Az.: 2 W 149/02.