Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

Der Fall
Geklagt hatten die Inhaber von Bild- und Tonträgerrechten gegen den Nachrichtendienst „heise online“. Dort war in einem redaktionellen Artikel über Hersteller von Kopiersoftware berichtet worden. Im Text wurde der Name der Hersteller als Link unterlegt. Dieser Link führte zum Internetauftritt dieses Herstellers. Bei ihm konnte die Kopiersoftware abgerufen werden. Der Inhalt verstieß gegen Urheberrecht.
Das Urteil
Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil Az. I ZR 191/08 entschieden, dass die „elektronische Verweisung“ mittels eines sog. Hyperlinks auch auf fremde Seiten mit urheberrechtswidrigen Inhalten zulässig ist, wenn dieser Link in einen Beitrag eingebettet ist, der seinem Inhalt nach dem Schutz der Presse- und Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG unterfällt. „Die Links in den Beiträgen des Beklagten erschöpfen sich demnach nicht in ihrer technischen Funktion, den Aufruf der Seiten zu erleichtern. Sie sind vielmehr in die Beiträge und in die in ihnen enthaltenen Stellungnahmen als Beleg und ergänzende Angaben eingebettet und werden schon aus diesem Grund nicht nur vom Gewährleistungsgehalt der Pressefreiheit sondern auch von der Meinungsfreiheit erfasst“.
Anmerkung:
Die Richter legten § 95 a UrhG, der auf eine EG-Richtlinie zurückgeht, im Lichte des Grundgesetzes und der EU-Grundrechtecharta (Art. 11 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta) aus.

So betitelt die neue Ausgabe - 16/2011 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.

Die neueste Berufsprestige-Skala wird Sie vermutlich überraschen. Der Verf. dieser Zeilen nimmt an, dass sich die Fragestellung stark auf das Ergebnis ausgewirkt hat. Gefragt wurde: „Hier sind einige Berufe aufgeschrieben. Könnten Sie bitte die fünf davon heraussuchen, die Sie am meisten schätzen, vor denen Sie am meisten Achtung haben?”
Es war also nicht nur ein Beruf zu nennen. Bei fünf Berufen kann es sein, dass der eine oder andere Beruf - wie der des Arztes - beim Befragten zwar nicht an erster Stelle steht, aber bei fünf Nennungen eben mit einbezogen wird.
Bei der zitierten Frage hat sich folgende Prestigeskala ergeben:
-Arzt 82 %, -Krankenschwester 67 %, -Lehrer 42, -Handwerker 41, -Ingenieur 33, -Hochschulprofessor 33, -Rechtsanwalt 29, -Pfarrer/Geistlicher 28, -Unternehmer 25, -Polizist 22, -Botschafter/Diplomat 20, -Journalist 17, -Spitzensportler 14, -Offizier 9, -Buchhändler 6, -Politiker 6, -Banker/Bankangestellter 4, -Fersehmoderator 4.
Rechtsanwälte und Journalisten beispielsweise sehen demnach gegenüber Ärzten schlecht aus.
Geradezu abgestürzt sind im Berufsansehen:
- Pfarrer, Geistlicher von 49 % in den Jahren 1966 und 1975 auf nun (2011) 28 %.
- Das Ansehen der Politiker nimmt seit dem Jahre 1972 (damals 27 %) nahezu kontinuierlich auf 6 % ab.

Das OLG Koblenz (Az.: 9 W 698/10) weicht von seiner bisherigen Rechtsprechung ab und stellt nun fest, dass die Dringlichkeitsvermutung des 28. März 2008: OLG Hamburg: idR ein Monat, vom 9. Oktober 2007: OLG München idR ein Monat sowie vom 19. Mai 2007 OLG Karlsruhe: idR ein Monat.

Der Fall:
Das beklagte Inkassounternehmen beurteilte die Bonität eines Unternehmens negativ mit "500" (auf einer schulähnlichen Punkteskala von 100 bis 600); und es schätzte die Zahlungsweise als "langsam und schleppend" ein.
Die Klägerin begehrte Unterlassen sowie Schadensersatz.
Das Urteil
Das Landgericht, das Berufungsgericht und nun letzten Endes auch der BGH (Az.: VI ZR 120/10) wiesen die Klage ab.
Die Begründung
Die § 824 I BGB und § 823 I BGB sind nicht erfüllt.
§ 824 scheidet als Anspruchsgrundlage aus, weil es sich bei den Beurteilungen um keine Tatsachen, sondern um Werturteile handelt. Dass diese Beurteilungen auf Tatsachen beruhen, ändert nichts. Wenn Tatsachen und ihre Bewertung eng verknüpft sind, ist stets der Gesamttext vom Schutzbereich des Art. 5 I GG erfasst.
§ 823 Abs.1 lässt sich nicht wegen eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb anwenden, weil die Bonitätsprüfung ”auf zutreffenden und sachlich gehaltenen Informationen am Markt [beruhen], die für das wettbewerbliche Verhalten der Marktteilnehmer von Bedeutung sein können”.

Das Thema „Google Street View“ beschäftigt auch im Ausland die Gerichte.
Nicht wegen der Hausfotos selbst, sondern wegen der Abbildung von Passanten und Autokennzeichen hat das schweizerische Bundesverwaltungsgericht Google streng in die Pflicht genommen. Dem Suchmaschinenanbieter ist laut einer neuen Pressemitteilung des Gerichts, die hier abrufbar ist, auferlegt worden, dass „sämtliche Gesichter und Kontrollschilder [Autokennzeichen] unkenntlich zu machen sind, bevor die Bilder im Internet veröffentlicht werden. Im Bereich von sensiblen Einrichtungen ist die Anonymität der Personen zu gewährleisten.“
Das Recht am eigenen Bild der betroffenen Personen überwiege, so das Gericht, die „rein wirtschaftlichen Interessen“ von Google. Das Unternehmen nimmt für sich in Anspruch, in 98% der Fälle Gesichter automatisch unkenntlich zu machen. Das reichte den Richtern nicht: Es gehe nicht um ein gänzliches Verbot des Dienstes, sondern nur um den finanziellen Mehraufwand, der dafür erforderlich ist, die Bilder manuell (weiter) unkenntlich zu machen; dies würde „die wirtschaftliche Existenz [von Google] offensichtlich nicht in Frage stellen“.

Anmerkungen:

Die Entscheidung ist auf Antrag des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (vergleichbar mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten in Deutschland) ergangen. Argumentiert wird mit dem Bildnisschutz, aber auch mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen. Google kann binnen 30 Tagen Rechtsmittel einlegen, dann entscheidet das Schweizerische Bundesgericht letztinstanzlich.

Erst am Montag hatten wir an dieser Stelle über einen Erfolg für Google vor dem Berliner Kammergericht berichtet: Allein die Befürchtung, bei Anfertigung der Fotos von Häuserzeilen und Straßenzügen für den Dienst „Street View“ könnte die Privatsphäre berührt werden, reichte nicht für ein Verbot aus.

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Der entschiedene, heute allgemein interessierende Fall
Eine Betriebswirtin hatte ihre Dissertation in großen Teilen - mitunter wörtlich - aus anderen Arbeiten abgeschrieben, ohne diese Stellen sichtbar als Zitat zu markieren. Ebenso wenig hatte sie Quellen in einer Fußnote oder im Quellen- und Literaturverzeichnis belegt (insbesondere eine fremde Diplomarbeit, deren Thema mit dem der Dissertation nahezu identisch war). Erst- und Zweitgutachter waren von Anfang an nicht sonderlich von der Arbeit begeistert und verliehen den akademischen Grad einer Doktorin der Wissenschaft nur mit dem Gesamturteil "cum laude". Aber, was allgemein noch mehr interessiert: Erst- und Zweitgutachter hatten - wie die Gutachter im Fall zu Guttenberg - grob fahrlässig außer acht gelassen, dass zu vielen Stellen offenkundig Quellenhinweise fehlten.
Erst nach der Verleihung der Doktorwürde ist es aufgefallen, dass es sich bei der Arbeit um ein umfangreiches Plagiat handelte. Der Doktorgrad wurde aberkannt. Gegen die Aberkennung des akademischen Titels erhob die Betriebswirtin eine Anfechtungsklage.
Die Gerichtsentscheidung
Das Verwaltungsgericht Berlin (Az 3 A 319.05) hatte in seiner Entscheidung vom 25.06.2009 wegen des umfangreichen Abschreibens die nachträgliche Aberkennung der Doktorwürde bestätigt. Die Klägerin ist nicht in ihren Rechten gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt. Denn die Entscheidung des Promotionsausschusses beruht zutreffend auf § 34 Abs. 7 Nr. 1 des Gesetzes über die Hochschulen im Land Berlin. Nach dieser Vorschrift darf ein akademischer Grad wieder entzogen werden, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Doktortitel durch Täuschung erworben wurde..
Anmerkungen:
1. In allen Ländern gelten insofern - was sich so gut wie von selbst versteht - gleichartige Regelungen.
2. Unbekannt ist, ob gegen den Erst- und den Zweitgutachter etwas unternommen wurde. Wohl möglich, aber unvertretbar: nichts.

Das OLG Oldenburg hat seine bisherige Rechtsprechung zur wirksamen Vollziehung einer auf Unterlassung gerichteten Urteilsverfügung mit einem Beschluss Az.: 1 W 40/10 aufgegeben und sich nach Würdigung des Normzwecks der herrschenden Auffassung angeschlossen. Nach ihm erfordert, so die h. M., eine wirksame Vollziehung innerhalb der Vollziehungsfrist des § 929 Abs.2 ZPO eine Zustellung des Urteils im Parteibetrieb.
Bislang hatte das OLG Oldenburg die Zustellung von Amts wegen ausreichen lassen. Aus den Gründen:
„Die Aufgabe der dargestellten früheren Rechtsprechung des Senats erscheint im Hinblick auf vorhandene Sachgründe, aber auch im Hinblick auf eine anzustrebende Rechtsvereinheitlichung geboten. Zum letztgenannten Gesichtspunkt, der im nachhaltigen Interesse der Rechtssuchenden liegt, ist nach dem jetzigen Stand der Entwicklung des Meinungsstreits festzustellen, dass heute in fast allen anderen Oberlandesgerichtsbezirken der herrschenden Meinung gefolgt wird.“

Wird eine Berichterstattung über eine Kunstausstellung mit Abbildungen urheberrechtlich geschützter Werke bebildert, dürfen diese Abbildungen kostenfrei nur so lange im Internet öffentlich zugänglich gemacht werden, wie die Veranstaltung Tagesereignis iSd Az.: I ZR 127/09) hat zugunsten der Urheber entschieden, dass ein dauerhaftes öffentliche Zugänglichmachen nicht unter die Schrankenregelung des § 50 UrhG fällt: „Ein Eingriff in das Urheberrecht bedarf stets so lange einer Rechtfertigung wie er andauert“.