Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

So betitelt die neue Ausgabe - 07/2012 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.

Erneut hat eine lange Prozessgeschichte ein Ende gefunden. Infolge des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 24.06.2004 hatten die deutsche Gerichte ihre bis zum Jahre 2004 vorherrschende Auffassung zur „absoluten“ Person der Zeitgeschichte aufgegeben.
Ab 2004 haben die deutschen Gerichte Bildveröffentlichungen aus dem Privatleben Prominenter nur dann als zeitgeschichtlich relevant und damit rechtmäßig betrachtet, wenn die Veröffentlichung – unter Einbeziehung der begleitenden Wortberichterstattung – eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte zu veranlassen geeignet war (vgl. hierzu unsere die Rechtslage zusammenfassenden Einträge vom 25.06.2008 und 02. Juli 2008).
So wurde etwa die Veröffentlichung von Urlaubsfotos nur, aber immerhin für zulässig befunden, weil die Publikation sich damit befasste, dass Fürst Rainier gesundheitlich darnieder lag und unter anderem Prinzessin Caroline zu dieser Zeit urlaubte.
Der Prinzessin war diese Rechtsprechung zuwider. Sie rief erneut den Europäischen Gerichtshof an und machte geltend, dass die deutsche Justiz das Urteil vom 24.6.2004 nicht ausreichend umgesetzt habe. Die Straßburger Richter urteilten jedoch heute, am 7. Februar 2012 (40660/08 und 60641/08), dass die deutsche Rechtsprechung zum abgestuften Schutzkonzept bei §§ 22, 23 Kunsturhebergesetz, KUG, nicht gegen die europäische Menschrechtskonvention verstößt.
Kern der Begründung ist, dass es sich bei Prinzessin Caroline und ihrem Gatten nicht um „gewöhnliche Privatpersonen“ handele und auch nicht unter Beweis gestellt worden sei, dass das beanstandete Foto aus dem Skiurlaub „in einem Klima der allgemeinen Belästigung“ zustande gekommen sei.
Anmerkung: Nach dem „abgestuften Schutzkonzept“, welches die deutsche Rechtsprechung zu § 23 KUG entwickelt hat, ist für die Zulässigkeit einer Bildveröffentlichung maßgeblich: Der Informationswert einer Bildveröffentlichung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörigen Wortberichterstattung zu ermitteln. Für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes sind dabei ergänzend die Umstände zu berücksichtigen, unter denen die Aufnahme entstanden ist, bzw. in welcher Situation der Betroffene erfasst und dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiegt dabei nur schwerer als die Pressefreiheit, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt, oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischerweise die berechtigte Erwartung haben durfte, in der konkreten Situation nicht in den Medien abgebildet zu werden. In letzterem Falle steht § 23 Abs.2 KUG der Zulässigkeit der Bildveröffentlichung entgegen. Der EGMR nahm für den entschiedenen Fall nun an, dass das Persönlichkeitsrecht nicht überwog.

So entschieden hat das Landesarbeitsgericht Köln in seinem Urteil Az. 3 Sa 597/11.
Der Anspruch des Arbeitgebers folgt, so das Gericht, bereits aus § 5 Abs. 1 Satz 3 Entgeltfortzahlungsgesetz, EFZG.
Nach dieser Vorschrift ist der Arbeitgeber berechtigt, vom Arbeitnehmer die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung früher als nach drei Kalendertagen zu verlangen. Einer Begründung bedarf es, so das Gericht, ebenso wenig wie eines Sachverhalts, der Anlass für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Arbeitnehmers gebe. Dies folgt nach dem Urteil aus dem insoweit eindeutigen Normwortlaut und der Gesetzessystematik. Auf allgemeine Billigkeit (etwa analog § 106 Gewerbeordnung, GewO) braucht bei § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG die Arbeitgeberentscheidung nicht geprüft zu werden. Es bleibt, so das Gericht schließlich, allein bei den allgemeinen gesetzlichen Schranken der Willkür und des Verbots diskriminierenden Verhaltens.
Anmerkung: Die Vorinstanz hatte auch schon in diesem Sinne geurteilt.

Um sich bei unvorhergesehenen Schwierigkeiten eine spätere Lieferung vorbehalten zu können, wird oft in den von Verkäufern verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen relativiert. Der Verbraucher weiß in solchen Fällen öfters gar nicht, wann genau der Verkäufer wirklich liefern muss.
Die neueste Lösung bietet ein Beschluss des OLG Frankfurt a.M. (Az.: 6 W 55/11). Er erklärte die Klausel: „ ... Lieferung erfolgt in der Regel innerhalb von 2 Werktagen nach Zahlungseingang...“ für unwirksam. Das Gericht stütze sich dabei auf die kundenfeindlichste Auslegung, wonach es sich der Unternehmer hier vorbehält selbst zu entscheiden, wann ein Regelfall und wann ein Ausnahmefall vorliegt. Außerdem, so das Gericht, lässt „in der Regel“ - anders als bei „circa“ Angaben - für undefinierte Ausnahmefälle völlig offen, wann überhaupt die Lieferung erfolgt.

Der Fall
Der Kläger war in den 1970er Jahren Leiter der „Kinderkommission“ des Kommunistischen Bundes. Dies wurde in einem Artikel auf einer Online-Plattform in Zusammenhang mit einer aktuellen Diskussion um "Babyklappen" erwähnt, - also Vorrichtungen, mit welcher Neugeborene anonym bei einer Pflege-Einrichtung für immer abgegeben werden können. Der Kläger war, als berichtet wurde, geschäftsführender Vorstand des Trägervereins der Babyklappen.
Die Entscheidung
Der BGH urteilte in seiner Entscheidung Az. VI ZR 261/10, die umstrittenen Äußerungen beträfen die Sozialsphäre. Beim politischen Wirken einer Person, so der BGH, sei zu unterscheiden zwischen der rein passiven Mitgliedschaft in einer politischen Organisation, die nicht der Sozial-, sondern der Privatsphäre zuzurechnen sei, und einem aktiven Hervortreten des Mitglieds in der Öffentlichkeit. Für eine Untersagung der Berichterstattung ist es nach dieser Einordnung ausschlaggebend, ob sie zu einer Stigmatisierung, einer sozialen Ausgrenzung oder einer Prangerwirkung führt.
Die Funktion des Klägers als Leiter der „Kinderkommission“ des Kommunistischen Bundes sei schon vom Grundsatz her auf eine Außenwirkung angelegt gewesen, weshalb bei der Beurteilung die Frage zurücktreten könne, ob der Kläger selbst öffentlichkeitswirksam aufgetreten sei. Da es sich zudem, so der BGH, um wahre Tatsachenbehauptungen handelte und schwerwiegende Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht zu besorgen waren, musste der Kläger den Eingriff in die Sozialsphäre hinnehmen.
Der zeitliche Abstand ist unerheblich, so der BGH, weil im Kontext mit der aktuellen Diskussion um Babyklappen und der Rolle des Klägers innerhalb dieser auch ein aktuelles Informationsinteresse der Öffentlichkeit an seinem politischen Wirken in der Vergangenheit bestand.

Gerade den Juristen wird vorgehalten, sich gerne in doppelten Negationen zu verkünsteln. Ein Beispiel bot jüngst Jurist Christian Ude, Münchner Oberbürgermeister, SPD, der sich wünscht, bayerischer Ministerpräsident zu werden:
„Wenn man kein eitler Affe ist, geht man weder zum Theater noch zum Film, geschweige denn in die Politik.”
Aus WirtschaftsWoche vom 30.1.2012 (5/2012)

Was oft übersehen wird: Auch im Rechtsmittelverfahren muss der Erlass der einstweiligen Verfügung dringlich sein und glaubhaft gemacht werden.
Ein „Prominentenanwalt“ hatte in einer Pressesache zunächst eine einstweilige Verfügung erwirkt. Der Verlag hat erfolgreich widersprochen. Gegen das Urteil des Landgerichts hatte der Prominentenanwalt zwar rechtzeitig Berufung eingelegt. Er hat sich jedoch - wie man sich eben in Hauptsacheverfahren oft verhält - die Berufungsbegründungsfrist um einen Monat verlängern lassen und die verlängerte Frist voll ausgeschöpft. Das OLG Köln verwies nun in einem uns Verlagsvertretern zugestellten Beschluss vom 19.1.2012 (Az.: 15 U 195/11) auf die herrschende Rechtsauffassung, nach welcher die Dringlichkeit aufgrund Selbstwiderlegung entfällt, wenn das Eilverfahren nicht mit Nachdruck betrieben wird.

Erster Teil des Urteils
Wie so oft: Ehepartner bekannter Persönlichkeiten „vermarkten“ sich über die Medien und stellen ihre Ehe als vorbildlich dar. Werden außereheliche Affären bekannt, soll die Presse darüber nicht berichten dürfen.
Das Landgericht Köln hat dem erneut „einen Riegel vorgeschoben“ und eine zunächst erlassene einstweilige Verfügung mit dem Urteil Az.: 28 O 800/11 aufgehoben, nachdem die beklagte Zeitschrift „neue woche“ Widerspruch eingelegt und hierzu eine Vielzahl von Interviews der Antragstellerin vorgelegt hat, in denen sie sich zu den Umständen ihres (vermeintlich vorbildlichen) Ehelebens geäußert hatte.
Dass das letzte dieser Interviews zum Zeitpunkt der Berichterstattung bereits eineinhalb Jahre zurücklag, hat das Landgericht - sich auf die höchstrichterliche Rechtsprechung (BVerfG, NJW 2000,1021,1023) beziehend - ausdrücklich als unschädlich bezeichnet. Den Einwand der Antragstellerin, sie sei zu den Interview-Äußerungen „gezwungen“ worden, um die Weiterverbreitung von Gerüchten über eine angebliche Homosexualität ihres Ehemannes zu verhindern, wies das Gericht als prozessual substanzlos zurück.
Zweiter Teil des Urteils
Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen des Gerichts zur Abgrenzung von Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen:
Tatsächliche (auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfende) Behauptungen sind dann als Meinungsäußerungen zu werten, wenn diesen eine den Aussagegehalt prägende Wertung des Mediums hinzugefügt wird. (Zur Rechtsprechung des BGH zu „gemischten“, d.h. aus Tatsachenbehauptungen und Werturteilen zusammengesetzten Äußerungen vgl. beispielsweise unseren Eintrag vom 23. Dezember 2009.)

So betitelt die neue Ausgabe - 06/2012 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.

Der Fall
Der Entscheidung lag ein Rechtsstreit zugrunde, in dem die Klägerin u.a. einen Anspruch auf Weihnachtsgratifikation geltend machte. Die Klägerin war seit dem 1.1.2008 bei dem Beklagten beschäftigt. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 23.11.2009 zum 31.12.2009. Der Arbeitsvertrag enthielt eine Klausel, nach der der Anspruch auf die Weihnachtsgratifikation entfallen sollte, sofern das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Auszahlung – hier mit der Vergütung für den Monat November – gekündigt ist.
Die Entscheidung
Das Urteil des BAG liegt noch nicht im Volltext vor. Hier können Sie jedoch eine Pressemeldung des BAG einsehen. Das entscheidende Argument: Die Zahlung nur an den Bestand des Arbeitsverhältnisses anzuknüpfen, sei mit der gesetzlichen Grundkonzeption des Az. 15 Sa 812/10) urteilte in der Vorinstanz noch anders. Die Klausel, bei der es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelte, verstoße gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, weil sie mit dem Gebot von Treu und Glauben nicht vereinbar sei. Zu dieser Beurteilung gelangte das LAG Hamm angesichts der Tatsache, dass die Klausel nicht zwischen einer Kündigung durch den Arbeitgeber und einer solchen durch den Arbeitnehmer differenziere und ebenso offen lässt, aus wessen Verantwortungsbereich die Gründe für die Kündigung stammten. Kündige der Arbeitgeber bspw. aus betrieblichen Gründen, erschiene es ungerechtfertigt, dem Arbeitnehmer die Weihnachtsgratifikation unter Berufung auf eine solche Ausschlussklausel zu verweigern. Die Voraussetzungen für eine teilweise Aufrechterhaltung der Klausel nach § 306 Abs. 1 BGB sah das LAG Hamm nicht gegeben und sprach der Klägerin daher die beanspruchte Weihnachtsgratifikation zu.