Erneut hat eine lange Prozessgeschichte ein Ende gefunden. Infolge des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 24.06.2004 hatten die deutsche Gerichte ihre bis zum Jahre 2004 vorherrschende Auffassung zur „absoluten“ Person der Zeitgeschichte aufgegeben.
Ab 2004 haben die deutschen Gerichte Bildveröffentlichungen aus dem Privatleben Prominenter nur dann als zeitgeschichtlich relevant und damit rechtmäßig betrachtet, wenn die Veröffentlichung – unter Einbeziehung der begleitenden Wortberichterstattung – eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte zu veranlassen geeignet war (vgl. hierzu unsere die Rechtslage zusammenfassenden Einträge vom 25.06.2008 und 02. Juli 2008).
So wurde etwa die Veröffentlichung von Urlaubsfotos nur, aber immerhin für zulässig befunden, weil die Publikation sich damit befasste, dass Fürst Rainier gesundheitlich darnieder lag und unter anderem Prinzessin Caroline zu dieser Zeit urlaubte.
Der Prinzessin war diese Rechtsprechung zuwider. Sie rief erneut den Europäischen Gerichtshof an und machte geltend, dass die deutsche Justiz das Urteil vom 24.6.2004 nicht ausreichend umgesetzt habe. Die Straßburger Richter urteilten jedoch heute, am 7. Februar 2012 (40660/08 und 60641/08), dass die deutsche Rechtsprechung zum abgestuften Schutzkonzept bei §§ 22, 23 Kunsturhebergesetz, KUG, nicht gegen die europäische Menschrechtskonvention verstößt.
Kern der Begründung ist, dass es sich bei Prinzessin Caroline und ihrem Gatten nicht um „gewöhnliche Privatpersonen“ handele und auch nicht unter Beweis gestellt worden sei, dass das beanstandete Foto aus dem Skiurlaub „in einem Klima der allgemeinen Belästigung“ zustande gekommen sei.
Anmerkung: Nach dem „abgestuften Schutzkonzept“, welches die deutsche Rechtsprechung zu § 23 KUG entwickelt hat, ist für die Zulässigkeit einer Bildveröffentlichung maßgeblich: Der Informationswert einer Bildveröffentlichung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörigen Wortberichterstattung zu ermitteln. Für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes sind dabei ergänzend die Umstände zu berücksichtigen, unter denen die Aufnahme entstanden ist, bzw. in welcher Situation der Betroffene erfasst und dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiegt dabei nur schwerer als die Pressefreiheit, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt, oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischerweise die berechtigte Erwartung haben durfte, in der konkreten Situation nicht in den Medien abgebildet zu werden. In letzterem Falle steht § 23 Abs.2 KUG der Zulässigkeit der Bildveröffentlichung entgegen. Der EGMR nahm für den entschiedenen Fall nun an, dass das Persönlichkeitsrecht nicht überwog.