Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

Das Deutsche Patent- und Markenamt hat nun mit seinem Beschluss Az. 304 25 706.0/16 die Erinnerung der Vereinigten Motor-Verlage zurückgewiesen und seinen ersten Beschluss bestätigt. Wir dürfen insoweit auf unseren Eintrag vom 3. März 2008 verweisen.
Die wesentlichen Passagen der neuen Entscheidung:
„Im Bereich der Zeitschriftentitel, vor allem für das wöchentlich erscheinende Nachrichtenmagazin, genießt 'FOCUS' nach den Feststellungen des Bundespatentgericht sogar eine hohe Bekanntheit. Danach muss ein deutlicher Markenabstand eingehalten werden, um betriebliche Herkunftsverwechslungen auszuschließen. Diesen Anforderungen an den Zeichenabstand wird die jüngere Marke nicht gerecht…
Aufgrund der großen Bekanntheit von 'FOCUS' spricht vielmehr einiges dafür, dass ein relevanter Teil des Verkehrs Herkunftsverwechslungen unterliegt, wenn ihm die Bezeichnung 'AUTOFOCUS' im Zusammenhang mit Druckschriften begegnet. Für die Annahme, dass sich 'FOCUS'-Druckschriften inhaltlich mit dem Thema 'AUTO' befassen, spricht ferner der Umstand, dass 'FOCUS' zugleich das Firmenschlagwort der Inhaberin der Widerspruchsmarke darstellt. Dieser Schluss liegt um so mehr nahe, als für die Widersprechende bereits Marken wie 'FOCUS MONEY' oder 'Focus TV' eingetragen sind, die ebenfalls ein bestimmtes Thema unter dem Stammbestandteil 'FOCUS' zum Gegenstand haben, was für eine zusätzliche Gefahr von Verwechslungen auch unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens und damit jedenfalls für eine mittelbaren Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2, 2. HS MarkenG spricht” …“

So betitelt die neue Ausgabe - 07/2010 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.

Das OLG Köln befasste sich in einem Beschluss Az.: 6 W 130/09 mit der Werbung:
„Nichtraucher in 5 Stunden - Möchten Sie ganz einfach zum Nichtraucher werden? Ohne Entzugserscheinungen oder das Gefühl, dass Ihnen etwas fehlt? Keine Sorge, das werden wir schaffen: Fünf Stunden Seminar reichen dafür aus......Mit Geld-zurück-Garantie“.
Das Gericht bejahte eine irreführende und daher unlautere Werbung i.S.d. §§ 8 Abs. 1 und 3, 3, und 5 Abs. 1 UWG.
Die Begründung:
Da feststand, dass die Rückfallquote der Teilnehmer des Seminars nach ein bis zwei Jahren bei 30-60 % liegt, stellte das Gericht nach seinem Verkehrsverständnis fest, dass im Normalfall das Seminar „nicht erfolgreich“ und damit eben die Aussage „Nichtraucher in 5 Stunden (etc.)“ irreführend sei.

Anmerkung:
Das vorinstanzliche LG hatte anscheinend ein anderes Verkehrsverständnis. Es hatte einen Anspruch noch verneint. Verschiedene Juristen kamen daher zu unterschiedlichen Ergebnissen. Es handelt sich um den typischen Fall, dass Richter - da die Wirklichkeit pluralistisch ist - unterschiedliche Auffassungen zum Verkehrsverständnis vertreten. Über Einzelheiten der Problematik können Sie sich informieren, wenn Sie links in die Suche „Verkehrsauffassung” eingeben.

Das OLG Köln hat in einem Verfahren, in welchem es vornehmlich um Antragsfassungen ging, entschieden dass nicht nach Az.: 6 U 1/09.
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Klägerin ist allerdings einzuräumen, dass der Wortlaut des § 7 II Nr.2 UWG das Verständnis ermöglicht, es komme immer auf das Einverständnis dessen an, der tatsächlich angerufen werde. So ist die Bestimmung aber nicht zu verstehen. ... Wollte man ... das Einverständnis der jeweils erreichten Person voraussetzen, würde dies bedeuten, dass trotz des Einverständnisses des Anschlussinhabers ein Werbeanruf unter dessen Rufnummer nur dann erfolgen dürfte, wenn – was einen Zufall darstellen kann – dieser selbst auch das Gespräch annimmt. Der Anrufende muss immer damit rechnen, anstelle des Anschlussinhabers eine andere Person zu erreichen, die ihrerseits mit Werbeanrufen nicht einverstanden ist. Falls die Entgegennahme des Gesprächs durch diesen Dritten bereits einen Verstoß gegen § 7 II Nr.2 UWG – bei Unanwendbarkeit der Bagatellklausel – darstellen würde, wäre eine rechtmäßige Telefonwerbung nur noch zufällig möglich und praktisch undurchführbar. Ein – de facto – vollständiger Ausschluss telefonischer Werbung entspricht aber weder den Vorstellungen des nationalen Gesetzgebers noch denen des europäischen Richtliniengebers."
Hervorhebungen durch uns.

„Simpler“ Anlass: Ein Arzt hatte in einem Informationsschreiben an einen für ihn arbeitenden Dienstleister von einer rechtlichen Auseinandersetzung mit seinem früheren Praxiskollegen berichtet, dabei aber versehentlich die Worte „gerichtliche Verfügung“ und „Vergleich“ verwechselt, Nach Abmahnung durch den Kollegen räumte er sein Bedauern ein, verpflichtete sich umgehend, gegenüber dem Empfänger richtigzustellen und die Behauptung nicht zu wiederholen – allerdings ohne die Unterlassungserklärung mit einem Vertragsstrafeversprechen zu versehen. Es kam, wie es kommen musste: Der Gegner erhob Unterlassungsklage. Für Viele ein „klarer“ Fall, denn nach gefestigter Rechtsprechung entfällt die Wiederholungsgefahr, in aller, aller Regel nur durch eine „strafbewehrte“ Unterlassungserklärung.
Das OLG Karlsruhe hat in einem Urteil Az.: 4 U 188/07 die Barriere durchbrochen.
Es wies die Klage mit der Begründung ab, die Wiederholungsgefahr sei zwar nicht aus rechtlichen, wohl aber aus tatsächlichen Gründen entfallen. Dass die abgegebene Unterlassungserklärung nicht strafbewehrt abgegeben worden war, sei unschädlich; aus ihr ergebe sich jedenfalls, dass der Beklagte seinen Irrtum erkannt habe. Die in ihr dokumentierte Absicht, die Behauptung in dieser Form nicht zu wiederholen, sei aus Sicht des Gerichts glaubhaft und plausibel. Abgesehen davon, dass es sich auch nicht um einen „schweren“ Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Klägers handele, sei schon nicht ersichtlich, dass bestimmte wirtschaftliche Interessen des Beklagten ihn künftig dazu veranlassen könnten, von seiner Erklärung abzurücken und die Behauptung erneut gegenüber Dritten aufzustellen.
Anmerkung: Eine Vielzahl von Prozessen gegen die Presse wegen relativ untergeordneter Fehlformulierungen könnten vermieden werden, wenn die Gerichte solche Ehrenerklärungen der Redaktionen als streiterledigend akzeptieren würden.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in seinem Urteil Az.: 14 U 156/08 den im Gegendarstellungsrecht herrschenden Grundsatz bekräftigt:
Eine Gegendarstellung, die sich gegen eine in der Erstmitteilung zitierte Äußerung eines Dritten richtet, muss deutlich machen, dass sie nicht eine eigene Behauptung der Redaktion zum Gegenstand hat.
Im zugrundeliegenden Fall hatte das Medium einen Dritten zitiert und dessen Äußerung deutlich als Zitat gekennzeichnet. Bei der Wiedergabe der Erstmitteilung hatte der Entgegnende die Äußerung aber als eigen Behauptung der Redaktion dargestellt. Mit seinem Einwand, das zugrundeliegende Landespressegesetz fordere lediglich, dass die Tatsachenbehauptung i n dem Druckwerk, nicht v o n dem Druckwerk aufgestellt worden sei, konnte der Kläger nicht durchdringen. Denn – dem so das Gericht – stehe bereits engegen, dass die Erstmitteilung nicht unrichtig oder irreführend wiedergegeben werden darf.

Der EuGH befasste sich in seiner Entscheidung (C-358/08) mit der Frage, ob die Produkthaftpflichtrichtline (85/ 374/ EWG) einen Austausch des Beklagten gestattet, wenn die 10-jährige Ausschlussfrist gem. Art. 11 der Richtlinie abgelaufen ist.
Das Problem:
In Produkthaftpflichtfällen ist es für den Geschädigten häufig schwierig herauszufinden, wer der tatsächliche „Hersteller“ des schadensauslösenden Produktes und somit den „richtigen Beklagten“ ist. In Großbritannien sah ein Gesetz für diesen Fall vor, dass ein Beklagtenwechsel stattfinden könne, was zur Folge gehabt hätte, dass die Ausschlussfrist für den erst nach Ablauf der Frist in Anspruch genommenen tatsächlichen Hersteller nicht gelten würde.
Die Entscheidung: Der EuGH lehnte eine solche Ausdehnung der Ausschlussfrist mit dem Argument ab, dass der Gesetzgeber mit der Vereinheitlichung der Verjährungsregeln den Interessen der Hersteller (Rn 37 ff.) unter Berücksichtig der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (Rn. 47) Rechnung tragen wollte. Der „tatsächliche“ Hersteller wird daher von seiner Haftung befreit, so das Gericht, sofern in der Zwischenzeit kein gerichtliches Verfahren gegen ihn eingeleitet worden ist. Auf einen Irrtum des Geschädigten komme es nicht an.
Jedoch, Verbraucherschutz durch die Hintertür:
Der EuGH gab jedoch verbraucherfreundliche Hilfestellungen:
1. Das Ausgangsgericht müsse untersuchen, welchen Einfluss die (nachträglich in Anspruch genommene) Muttergesellschaft auf die (ursprünglich in Anspruch genommene) Tochtergesellschaft hatte, und ob dieser Einfluss ggf. zu einer anderen Bewertung führen könnte.
2. Zudem äußerte der EuGH, dass gem. Art. 3 Abs. 3 der Produkthaftpflichtrichtlinie - im deutschen Recht umgesetzt durch § 4 Abs. 3 ProdHG - eine Inanspruchnahme des Lieferanten (hier: der Tochtergesellschaft) in Betracht zu ziehen sei. Dem Lieferanten obliege es - will er sich von der Haftung befreien - innerhalb angemessener Frist den tatsächlichen Hersteller zu benennen. Wer einer solchen Aufforderung nicht nachkomme (in Deutschland ein Monat), gelte er als Hersteller.

Regelmäßig setzen markenrechtliche Ansprüche ein „Handeln im geschäftlichen Verkehr“ voraus. Diese Einschränkung bezweckt, dass nicht jedwede Verwendung markenrechtliche Ansprüche nach sich zieht, bspw. in Fällen der bloßen Markennennung in einem Presseartikel.
Das Kammergericht (Az. 5 W 120/09) befasste sich nun mit der Frage, ob ein Markeninhaber gegen eine nicht im geschäftlichen Verkehr handelnde politische Partei aus seiner Marke - vgl. zu ihr unten - erfolgreich vorgehen kann.
Das Gericht gab dem Markeninhaber Recht. Aus dem Urteil:
§ 824 I BGB schützt die wirtschaftliche Wertschätzung von Unternehmen vor Beeinträchtigungen, die durch Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen über sie unmittelbar herbeigeführt werden ... . Die bewussten und zielgerichteten Falschinformationen in der beanstandeten Werbung [der Partei] sind geeignet, die wirtschaftliche Betätigung und Entfaltung [der Markeninhaberin] im Wirtschaftsleben unmittelbar erheblich zu beeinträchtigen... . Die Anwendung der allgemeinen deliktsrechtlichen Vorschriften der §§ 824, 1004 BGB ist vorliegend nicht durch die Regelungen des Kennzeichenrechts (insbesondere des MarkenG) ausgeschlossen. ... Denn jedenfalls ist im privaten Rechtsverkehr der allgemeine deliktsrechtliche Schutz aus §§ 823 ff. BGB für Marken dann eröffnet, wenn ein schwerwiegender Angriff auf die Marke vorliegt.

Das Gericht kam nach einer Gesamtabwägung der beiderseitigen (schutzwürdigen) Interessen zur Auffassung, dass hier von einem schwerwiegenden Angriff auf die Marke auszugehen sei und bestätigte damit, dass bekannte Marken auch Schutz außerhalb des Markenrechts finden können.

Anmerkung:
Im vorliegenden Fall ging es um die Verwendung folgender Werbung:


Quelle beckonline- GRUR-RR 2010, 79

In Wahrheit war das „Mitmachzentrum“ niemals von der Stiftung Warentest „getestet“ worden. Übertragen auf die Verlagswelt bedeutet dies: Sollte eine politische Partei wahrheitswidrig eine Behauptung in der politischen Werbung unter Verwendung bekannter „Zeitschriften“ Marken - wie bspw. FOCUS oder SUPERillu - aufstellen, dann kann die Argumentation des Kammergerichts zwanglos übertragen werden.

Das Landgericht Hamburg (Az.: 312 O 219/08) befasste sich mit der Frage, wann ein Zeichen schutzerhaltend in Deutschland verwendet wird.
Die Klägerin ist Inhaberin der deutschen Wort-/Bildmarke

Sie benutzte diese Marke „ernsthaft“ i.S.d. § 26 MarkenG, wie sie es mit Geschäftsbriefen, Verträgen, Visitenkarten und Rechnungen hinreichend belegte.
Das Gericht wörtlich:
„Ernsthaft war diese Benutzung, da zum einen die Verwendung normaler wirtschaftlicher Betätigung entspricht [...] und andererseits keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Benutzungshandlungen nur zum Schein vorgenommen wurden [... . Zudem kommt es ...] nicht auf [eine absolute] Umsatz[höhe], sondern vielmehr darauf an, ob bei Zugrundelegung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Verwenders bei objektiver Betrachtung die als Benutzung in Anspruch genommenen Vertriebshandlungen auch ohne Berücksichtigung des Zwecks, den Bestand der Marke zu erhalten, als wirtschaftlich sinnvoll anzusehen sind.“

Anmerkung:
Die erneute Klarstellung und Wiederholung der Rechtsprechung zur markenmäßigen Verwendung bei Dienstleistungen beruhigen. Jedwede Verwendung der eigenen Marke, sei es auf Geschäftsbriefen, Rechnungen, Internetauftritten, Visitenkarten, Publikationen etc. hilft, den Beweis zu führen, wenn es um die Frage der rechtserhaltenden Benutzung geht. Angesichts der steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen sollte ein diesbezüglich erfolgreicher Vortrag als machbar erscheinen.

„Onkel Friedrich schickt seinen Neffen zum Brötchenholen um die Ecke. 'Hier hast du vier Euro. Kauf davon bitte zwei Wurstsemmeln. Eine bringst du dann mir und die andere darfst du essen.' Fünf Minuten später kommt sein Neffe fröhlich mampfend zurück und gibt seinem Onkel zwei Euro. 'Die hatten nur noch eine Wurstsemmel.' ”
Aus „neue woche” 4/2010.