Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

Die beauftragende, beklagte Werbeagentur wandte ein, die Anzeige sei - anders als zugesagt - nicht bestmöglich, sondern am schlechtesten denkbaren Ort platziert. Das Landgericht Tübingen verurteilte sie dennoch in einem am 15. Oktober 2010 - Az.: 7 0 115/10 - verkündeten Urteil, den Anzeigenpreis voll zu bezahlen. Die Begründung:
„ 'Bestmöglich' bedeutet nicht, wie die Beklagte offenbar meint, dass der Auftragnehmer die Anzeige, entsprechend dem Inhalt der Anzeige, die er nicht entworfen hat und für die er nicht verantwortlich ist, in der Zeitschrift zu platzieren hat. ... Vielmehr ist die Order 'bestmöglich' gerichtsbekannt ohne weiteren Inhalt und bedeutet lediglich 'an nächster Stelle', vergleichbar der Vereinbarung 'an nächst offener Rangstelle' bei der Einräumung einer Grundschuld oder der Order 'bestens' beim Aktienverkauf ohne vereinbartes Limit.
Wir werden das Urteil gegen 9.45 Uhr an dieser Stelle ins Netz stellen.

Das OLG Hamburg (Az. 5 W 84/10) hatte sich mit einer (angeblichen) „Produktparodie“ zu befassen: Ein Eierbecher wurde in Anlehnung an das bekannte Musikabspielgerät „IPOD“ mit „eiPott“ bezeichnet. Der Markeninhaber verlangte auf der Grundlage von 16.07.2005) und ähnlichen Fällen sah das Gericht keine humorvolle oder parodistische Auseinandersetzung mit dem Markeninhaber oder dessen Produkten. Eine ausnahmsweise wegen der Kunstfreiheit gestattete Nutzung der Marke wurde daher abgelehnt.

Das Amtsgericht München (Az.: 281 C 27753/09) beantwortete nun zum Vertragsschluss im Online-Handel eine ganze Reihe von Fragen. Wir geben nachfolgend eine Übersicht, die vor allem auch für Nichtjuristen nützlich sein wird:

  1. Ein Vertrag erfordert zwei Willenserklärungen, Angebot und Annahme.

  2. Wird Ware auf der Internetseite eines Onlineshops offeriert, stellt diese Offerte regelmäßig kein Angebot zu einem Vertragsabschluss dar.

  3. Bestellbestätigungen, die lediglich bestätigen, dass die Bestellung eingegangen ist und nichts darüber aussagen, ob die Bestellung selbst angenommen wird, können nicht als Annahmeerklärung ausgelegt werden.

  4. Zwar kann in der Übersendung von Ware grundsätzlich eine Annahmeerklärung liegen. Dies kann aber nur dann gelten, wenn auch die bestellte Ware – und nicht eine andere – versandt wird (hier: Lieferung von Akkus statt Handumreifungsgeräten).

  5. Wenn Rechnungen versendet werden, die sich auf eine Lieferung beziehen, wird spätestens ab dem Zeitpunkt nicht angenommen, zu dem der Rechnungsempfänger erfährt, dass die Ware auf der Internetseite falsch bezeichnet war bzw. ist.

  6. Die Art der verkauften Ware ist ein wesentliches Element eines Kaufvertrages. Solange insofern keine Einigung vorliegt, ist im Zweifel ein Vertrag nach § 154 BGB noch nicht geschlossen.
Im entschiedenen Fall führen diese Grundsätze dazu, dass noch kein Vertrag zustande gekommen ist und der Käufer nicht verlangen konnte, Handumreifunsggeräte geliefert zu bekommen.

Zum Sachverhalt:
Die Klägerin sandte einen sechsseitigen Schriftsatz, mit dem sie die Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts beantragte, am letzten Tage der zweimonatigen Frist um 23:58 per Telefax ab (wobei das Sendegerät aufgrund der manuellen Einstellung noch die Winterzeit 22:58 anzeigte). Der Antrag ging um 00:00 bei Gericht ein.
Die Entscheidung:
Dem OVG Schleswig (Az.: 2 LA 24/10) zufolge war der Antrag nicht innerhalb der in Beschluss des Bundesgerichtshofs, über den wir bereits am 8. Juni 2007 an dieser Stelle berichtet haben.
Anmerkungen:
1. Gründe für eine Wiedereinsetzung nach § 60 VwGO lagen nicht vor, wie das Gericht wie folgt begründet: Auch wenn ein Bevollmächtigter bestehende Fristen voll ausschöpfen dürfe, müsse er bei besonders später Einlegung des Rechtsmittels die Fristwahrung besonders sichern und so rechtzeitig mit der Übertragung beginnen, dass unter normalen Umständen mit ihrem Abschluss vor 00:00 Uhr zu rechnen ist. Die Frist war daher schuldhaft versäumt.
2. Wenn Sie links in die Suchfunktion „Telefax” eingeben, finden Sie viele Hinweise zu Fax-Zustellungsfragen.

So betitelt die neue Ausgabe - 43/2010 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.

Hier können Sie den vom BVerfG beurteilten Pressemitteilung des BVerfG legen dar:
„Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts reicht hinsichtlich der Veröffentlichung von Bildern einerseits und der Wortberichterstattung andererseits verschieden weit. ... Vielmehr bietet das allgemeine Persönlichkeitsrecht [bei der Wortberichterstattung] nur in spezifischen Hinsichten Schutz, wobei es vor allem auf den Inhalt der Berichterstattung ankommt. ... Die in den Artikeln geäußerten Wertungen ... beruhen vielmehr auf Vorgängen aus der Sozialsphäre der Klägerin [Charlotte Casiraghi]. Die betreffenden Äußerungen kommentieren zwar die Lebensführung der Klägerin, dies aber nur im Hinblick auf Verhaltensweisen, die sie auf Veranstaltungen gezeigt hat, welche erkennbar an die Öffentlichkeit gerichtet waren und in diese ausstrahlten. ...”
Anmerkungen:
1. Hier können Sie nun auch bereits den Volltext der Entscheidung nachlesen.
2. Zur Bildberichterstattung der Zeitschrift eines anderen Verlages legt das BVerfG dagegen dar, dass die negative Rechtsprechung der Fachgerichte keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Die Begründung insoweit im Kern: Es „ist ... vertretbar, den fraglichen Artikel nicht als Berichterstattung über die AIDS-Gala als möglicherweise zeitgeschichtliches Ereignis anzusehen, sondern als Veröffentlichung, die sich im Wesentlichen mit dem Lebenswandel der Klägerin befasst”.

Das Bundesverfassungsgericht wird uns um 8.30 Uhr vorab eine Pressemitteilung zu einer neuen Entscheidung übermitteln. Sie betrifft - so das BVerfG in einer uns gestern Nachmittag übermittelten E-Mail - das Verfahren 1 BvR 1842/08 u.a. (Wort- und Bildberichterstattung über eine Prominente). Wir werden Sie an dieser Stelle weiter informieren. Die Entscheidung des Ersten Senats wurde heute an uns abgesandt.

Kein Witz. Ein Rechtsanwalt hebt unten rechts auf einem einseitigen Brief vom 12. Oktober 2010 hervor:
Rechtsanwälte bilden aus! Sollten in diesem Schreiben kleinere Rechtschreibfehler enthalten sein, bitte ich um Verständnis dafür, wenn nicht alle Diktate der Azubis korrigiert werden konnten.
Nach anderen Schreiben dieses Rechtsanwalts ist zu vermuten, dass dieser Rechtsanwalt alle seine Briefe mit diesem Hinweis schließt! Der Brief, aus dem wir hier zitiert haben, befasst sich mit juristischen, also nicht etwa mit Azubi-Fragen und ist „mit freundlichen kollegialen Grüßen” von dem Rechtsanwalt unterschrieben.

So betitelt die neue Ausgabe - 42/2010 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (Az.: 5 Sa 254/09) zeigte bei einer Beleidigung ein großes oder ein zu großes Maß an Verständnis für den gegen eine Kündigung klagenden Arbeitnehmer.
Der Fall:
Auf einer Baustelle machten einige Bauarbeiter kurz vor Dienstende während der Baustellenräumung ein Pause und unterhielten sich. Auf die Aufforderung des Poliers weiterzuarbeiten, entbrannte ein Streit, in dessen Verlauf der Kläger sagte: "Komm her du Arschloch, ich hau dir paar in die Fresse".
Die Entscheidung:
Die außerordentliche fristlose, sowie die hilfsweise ordentliche Kündigung wurden vom Gericht als unwirksam angesehen.
Die Begründung:
Zwar sei die Beleidigung an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB zu rechtfertigen. Jedoch sei unklar, ob es dem Arbeitgeber anlässlich des Vorfalles und aller seiner relevanten Einzelheiten sowie unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen tatsächlich unzumutbar ist, an dem Arbeitsverhältnis weiter festzuhalten.
Entlastend für den Kläger sei die Vorgeschichte, da er sein Tagwerk zu dem Zeitpunkt, als er die Arbeit gegen Feierabend für eine Gesprächspause unterbrach, bereits erledigt hatte. Das LAG: „Wenn man sich aber bereits in der Phase des abschließenden Aufräumens befindet und die restliche Zeit bis zum Aufbruch dafür ausreichend lang ist, ist gegen eine sich aus der Situation heraus ergebende Gesprächspause eigentlich nichts einzuwenden.“ Vor allem: Die Aufforderung zum Weiterarbeiten: „Soll ich mich noch dazustellen und mitquatschen oder geht es jetzt weiter?" sei, so das LAG, zu un-freundlich und provoziere Streit; und die Drohung müsse als „leere Drohung“ nicht gesondert berücksichtigt werden.
Im Rahmen der abschließenden Interessenabwägung meinte das Gericht, es sei den Parteien nach wie vor möglich zusammenzuarbeiten. Zwar sei der Kläger „ein schwieriger Zeitgenosse“, der „übertrieben ...reagiere“ Jedoch könne er in anderen Kolonnen der Beklagten eingesetzt werden, wo die Poliere wüssten, den Kläger "zu nehmen“.