Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

Seit gestern liegt zwar eine Mitteilung der Pressestelle vor, das Urteil selbst noch nicht.
Wir stellen hier aber das Urteil I ZR 304/01 ins Netz, das der BGH in seiner neuen Entscheidung I ZR 35/04 bestätigt, ohne sein früheres Präzedenzurteil vom 11. März 2004 mit Datum oder Aktenzeichen zu benennen.
Die vorinstanzlichen Urteile hatten die ROLEX-Klage abgewiesen, weil sie von einer generellen Haftungsprivilegierung von eBay ausgingen. Nicht nur das erstinstanzliche, sondern auch das zweitinstanzliche - nun aufgehobene -Urteil waren verkündet worden, ehe der BGH sein Urteil erlassen hatte. Das zweitinstanzliche - jetzt aufgehobene - Urteil war am 26. Februar 2004 ergangen, das Präzedenzurteil des BGH erst zwei Wochen später, wie erwähnt am 11. März 2004.
Die ROLEX-Herstellerfirma hatte auf Unterlassung geklagt. Wir fassen die Grundsätze zur Unterlassung nach der nun gefestigten Rechtsprechung zusammen:
1. Wird eBay ein Markenverletzungsfall bekannt, muss eBay das konkrete Angebot unverzüglich sperren.
2. eBay muss darüber hinaus grundsätzlich auch Vorsorge dafür treffen, dass es nicht zu weiteren entsprechenden Markenverletzungen kommt.
3. eBay ist jedoch zur Vorsorge nur verpflichtet, technisch mögliche und eBay zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, damit gefälschte ROLEX-Uhren gar nicht erst im Internet angeboten werden.

Der BGH musste deshalb zurückverweisen, weil noch zu klären ist, ob - wie es die Pressemitteilung formuliert - in den Fällen, in denen die Beklagte auf Fälschungen hingewiesen worden ist, um eindeutig erkennbare Markenverletzungen gehandelt hat.

Der VDZ hat soeben eine Pressemitteilung veröffentlicht, die Sie hier nachlesen können.
Der BGH legt - entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung, aber dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte folgend - § 23 Abs. 1 Nr. 1 Kunsturhebergesetz wie folgt aus und hat dadurch die heftige Kritik der Journalisten ausgelöst:
1. Auch Fotos absoluter Personen der Zeitgeschichte dürfen nur publiziert werden, wenn diesen Fotopublikation "ein Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse zu entnehmen ist". Nur sie sind im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte.
2. Als solches erfüllt ein Foto zum Beispiel von Prinzessin Caroline von Hannover und deren Ehemann, dem „Oberhaupt des Welfenhauses”, diese Voraussetzung nicht, auch wenn es die beiden in der Öffentlichkeit - hier in St. Moritz - zeigt und sich die Publikation sonst nicht beanstanden lässt.
3. Mit anderen Worten: In allen derartigen Fällen wird kein Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse geleistet, obwohl Millionen von Lesern sich für diese Fotos interessieren und an diesen Fotos sich sonst nichts aussetzen lässt. Deshalb wurde vom Eltedenken der Richter gesprochen: Nicht das Interesse von Abermillionen ist von allgemeinem Interesse, sondern die Vorstellungen einer Elite von Richtern.
4. Ein Bericht über die Erkrankung des Fürsten eines Staates stellt einen „Beitrag zur Diskussion von allgemeinem Interesse” dar. Er informiert über ein zeitgeschichtliches Ereignis.
5. Zu diesem zeitgeschichtlichen Ereignis gehört auch „das Verhalten von Familienmitgliedern während der Krankheit des Fürsten”.
6. Folglich bietet das identische - während der Erkrankung in St. Moritz aufgenommene - illustrierende Foto in einem Artikel über die Erkrankung „einen Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse”.
7. Wird dagegen berichtet, dass sich ein Angebot der Prinzessin und des Prinzen an Millionen von Leser wendet, das bekannte Haus der beiden in Kenia für Urlaubstage zu mieten, dann trägt dieser Artikel nichts zu einer Diskussion von Allgemeininteresse bei. In der Diskussion wurde geltend gemacht, dass sich die elitäre Richterschaft nicht interessieren mag, wohl aber ein erheblicher Teil der Allgemeinheit und sei es nur, um darüber zu sprechen oder von einem Urlaub bei den Prinzens zu träumen.
8. Folglich kann auch kein zur Illustration beigestelltes Foto des Paares einen Beitrag zur Diskussion von allgemeinem Interesse bieten.
In der Diskussion wurde mit vielen Beispielen aufgebracht und einhellig die Meinung vertreten, dass die Medien durch diese Rechtsprechung nicht nur unverhältnismäßig und unvertretbar eingeschränkt werden, sondern dass die Medien Elitevorstellungen der Richter ausgeliefert sind, was denn nun im Einzelfall einen Beitrag von allgemeinem Interesse darstellt und was nicht. Erinnert wurde an die seit Jahren festzustellende Tendenz, die Presse einzuschränken. Mit dieser Tendenz kann - so war die Stimmung - das BGH-Kriterium: „Beitrag zur Diskussion von Allgemeininteresse” vernichtend wirken.

Ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs - IX ZR 100/06 - hilft den Anwälten.
Der Flug ab Karlsruhe/Baden-Baden war wegen Nebels ausgefallen. Starkes Verkehrsaufkommen und eine Straßenumleitung zwischen Berlin und Neubrandenburg sind hinzu gekommen. Das Gericht wurde stets informiert, - zuletzt mit einem Hinweis, der Anhwalt werde das Gericht um 16.00 Uhr erreichen.
Anberaumt war der Termin auf 14.00 Uhr. Etwas nach 14.45 Uhr hat der Kläger jedoch die Misere ausgenutzt und beantragt, ein Versäumnisurteil zu erlassen. Das Gericht urteilte dementsprechend zugunsten des Klägers, ehe der Anwalt das Gericht erreichte. Der Tag war also in jeder Beziehung „gelaufen”.
Aber: Die Beklagte legte Berufung mit der Begründung ein, ein Fall verschuldeter Versäumnis liege nicht vor. Für Juristen: Berufung deshalb, weil es sich um ein zweites Versäumnisurteil gehandelt hatte.
Das Berufungsgericht hob das Urteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück. Also, ein Erfolg für den gehetzten Reisenden: Das Berufungsgericht nahm an, der reisende Anwalt habe nicht schuldhaft den Termin versäumt.
Der Kläger wollte jedoch den Anfangssieg erhalten und legte - wie zugelassen - Revision gegen das zurückverweisende Berufungsurteil ein. Diese Revision wurde jetzt vom BGH zurückgewiesen - eben mit dem eingangs samt Link aufgeführten Urteil. Der Stress hat sich somit letztlich gelohnt.
Für jede Kanzlei, deren Anwälte reisen, lohnt es sich die dem Urteil vorangestellten Leitsätze zu lesen und darüber hinaus die Details zur Einplanung von Zeitpuffern, witterungsbedingten Ausfällen und Flugverzögerungen zu beachten.

So betitelt die neue Ausgabe - 17/2007 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.

Der Termin für die gestern an dieser Stelle angekündigte Veranstaltung wurde zwar absichtlich zeitlich „nach hinten” auf den 17. April festgelegt. Der Bundesgerichtshof hat jedoch seine Urteile vom 6. März zur Veröffentlichung von Fotos Prominenter immer noch nicht im Volltext bekannt gegeben; von der beschriebenen Ausnahme abgesehen. Die Diskussion kann dennoch stattfinden. Ein Vorteil ist, dass immerhin das eine Urteil aufgefunden wurde und Journalisten - sofern gewünscht - mit Hilfe der heutigen Abendveranstaltung besser aktuell über die Bekanntgabe aller Urteile im Volltext berichten können.

Morgen, 17. April, wird um 19 Uhr im Haus der Presse, Markgrafenstraße 15, Berlin diskutiert:
„Die Schere im Kopf - die Folgen des Caroline-Urteils des BGH für die journalistische Praxis”.
Moderation: Michael Hanfeld.
Podium: Patricia Riekel, Norbert und Peter Lewandowski, Claus Strunz.
Keynote: Robert Schweizer.
Zum Volltext der Urteile des BGH vom 6. März heißt es auf der Homepage des Bundesgerichtshofs immer noch jeweils: "Diese Entscheidung liegt am Bundesgerichtshof noch nicht gedruckt vor”. Es bleibt zum Stand demnach bei unserer Meldung vom vergangenen Freitag: nur ein Urteil hat der BGH bis jetzt im Volltext ins Netz gestellt; - und dies ohne den üblichen Hinweis auf der Entscheidungs-Startseite.

„Was wäre das für ein großartiges Land im Herzen der Völkergemeinschaft, dem es gelänge, die Gefühle für einen einzigen Eisbären auf 300 Millionen Ratten zu übertragen.”
Harald Schmidt, morgen in seiner FOCUS-Kolumne.

Offenbar ist der Bundesgerichtshof gegenwärtig dabei, die neuen Entscheidungen zur Veröffentlichung von Bildern nun im Volltext ins Netz zu stellen. Am 12. April, 17 Uhr, ließ sich das Urteil des Bundesgerichtshofs, Az.: VI ZR 13/06, auf der Homepage des BGH ermitteln. Angekündigt ist diese Einstellung zur Zeit der Abfassung dieser Zeilen (12. 4.) noch nicht.
Bei dem Urteil Az.: VI ZR 13/06 handelt es sich um die zurückgewiesene Revision des - so das Urteil - „Oberhauptes des Welfenhauses und Ehemann der ältesten Tochter des verstorbenen Fürsten von Monaco”. Diese Revision wurde zurückgewiesen,
- weil Gegenstand der Wortberichterstattung die Erkrankung des damals regierenden Fürsten von Monaco und damit ein zeitgeschichtliches Ereignis war
- weil weiter berichtet wurde, dass Prinz Ernst August und seine Familie zur gleichen Zeit zum Skiurlaub in St. Moritz weilten, und
- weil diese Berichterstattung mit der beanstandeten Abbildung belegt und illustriert wird.
In dieser Entscheidung geht der BGH nicht auf den Kern der entgegenstehenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein, den wir am 6. März an dieser Stelle beschrieben haben. Da der BGH in diesem Falle die Revision zurückwies, musste er in diesem Urteil nicht unbedingt auf die entgegenstehende Aussage des BVerfG eingehen. Das Urteil liest sich jedoch so, dass der BGH voraussichtlich auch in allen anderen Entscheidungen nicht auf diesen Kern eingehen wird.
Wir werden weiter berichten.

.. „jedenfalls hinsichtlich der vom Glücksspiel ausgehenden Suchtgefahren”. Und wann sonst noch?!
Gefährlich und problematisch hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsmäßigkeit des staatlichen Spielbankenmonopols in Bayern begründet. In einem Nichtannahme-Beschluss nimmt die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts in Bezug auf staatliche Spielbankmonopole unter anderem an:
Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Mehr an Informations-, Kontroll- und Einwirkungsmöglichkeiten, das sich der Gesetzgeber von der ausschließlich staatlichen Trägerschaft der Spielbanken verspricht, ungeeignet sein könnte, die Abwehr der mit dem öffentlichenh Glücksspiel verbundenen Gefahren zu erleichtern (vgl. BVerfGE 102, 197, 217). ... Wie weit die Ziele des Verbraucherschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung im Spielbankenbereich auch durch die Normierung entsprechender rechtlicher Anforderungen an privat betriebene Spielbanken realisiert werden könnten (vgl. ...), bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Jedenfalls hinsichtlich der von dem Glücksspiel ausgehenden Suchtgefahren durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass auf die Bekämpfung von Sucht und problematischem Spielverhalten ausgerichtet ist, effektiver beherrscht werden können als im Wege einer Kontrolle privater Spielbankunternehmer (vgl. ... folgen Hinweise auf bisherige Rechtsprechung des BVerfG).”
Hier können Sie diesen neuen Beschluss - 1 BvR 2228/02 - im Volltext nachlesen.

Für jeden Juristen interessant und erst recht für alle Wohnungseigentümer:
Obwohl die Wohnungseigentümergemeinschaft als Bruchteilsgemeinschaft ausgestaltet ist, hat der Bundesgerichtshof nicht nur am 2. Juni 2005 diese Gemeinschaft als teilrechtsfähig qualifiziert, vielmehr hat er nun auch noch den Gläubiger-Vertrauensschutz weitgehend verworfen. Nämlich:
Auch bei Rechtsbeziehungen, die vor Änderung der seit Jahrzehnten bestehenden Rechtsprechung begründet wurden, aber noch nicht abeschlossen sind, haften die Wohnungseigentümer nicht als Gesamtschuldner. Es besteht kein Vertrauensschutz.
Im entschiedenen Falle war eine Kaufpreisforderung aus einem Gaslieferungsvertrag Gegenstand des Rechtsstreits.
Der BGH verweigert dem Gaslieferanten einen Schutz seines Vertrauens mit der Begründung:
Höchstrichterliche Urteile sind nicht einer Gesetzesänderung gleichzustellen. Sie wirken auf einen in der Vergangenheit liegenden, noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt ein (BGH, Urteil vom 29. Februar 1996 ...). Diese so genannte unechte Rückwirkung ist dem Grunde nach rechtlich unbedenklich (BGH. aaO; BVerfGE 74, 129, 155).”
Diese rechtliche Würdigung muss dann selbstverständlich auch für alle anderen teilrechtsfähigen Gemeinschaften gelten, nicht nur für die Wohnungseigentümergemeinschaft.
Das Urteil liegt erst seit gestern im Volltext vor; Az.: VIII ZR 125/06. Eine Presseerklärung wurde nicht herausgegeben.