Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

Sehr feinsinnig unterscheidet das OLG Hamburg in einem vor wenigen Tagen zugestellten Urteil vom 24.3.2009 (Az.: 7 U 81/08), durch das ein vom LG ausgesprochenes Verbot bestätigt wurde:
„[D]as von der Klägerin erstrebte Verbot (…) bezieht sich nur auf eine Berichterstattung über das Verfahren auf Änderung des Namens der Klägerin. Nicht erfasst hiervon ist eine künftige Berichterstattung darüber, dass die Klägerin unter anderem Namen lebe, wenn einer solchen Berichterstattung die spezifische Bezugnahme auf das Namensänderungsverfahren fehlt.“
Es ging um eine aus der Haft entlassene Ex-RAF-Terroristin. Die Unterscheidung wird so begründet:
Von einer Namensänderung erfahren etliche Menschen im (neuen) Umfeld, aber: Gründe für Namensänderungen gibt es viele (z.B. Heirat). Erst wenn parallel in den Medien berichtet wird, die Ex-Terroristin X habe eine Namensänderung beantragt, werden die Personen aus dem Umfeld der Betreffenden gewahr, dass es sich bei ihr um „die“ X handelt. Das müsse - so das Gericht - wegen des Resozialisierungsgedankens verhindert werden.
Dabei geht das OLG Hamburg davon aus, das Umfeld werde die Betreffende sonst nicht ohne Weiteres identifizieren können, da ihr bisheriger Name ein in Deutschland nicht ganz seltener Familienname ist. Den Namen wollen wir hier nicht mitteilen, aber der Verfasser dieser Zeilen ist sich sicher: Niemand, der die 70er oder 80er Jahre in Deutschland – und sei es als Kind – erlebt hat, wird bei ihrem Namen nicht sofort an die Terroristin denken.
Die Klägerin hatte im Prozess zu Anhaltspunkten für eine mögliche Identifizierung durch das „Umfeld“ nichts vorgetragen. Das OLG unterstellt, die Klägerin müsse unter ihrem alten Namen noch Behördenmitarbeitern usw. bekannt geworden sein. Dass ein einziger darunter gewesen sein könnte, der sie nicht sofort als die haftentlassene Ex-Terroristin identifiziert hat, scheint das Gericht zugunsten der Klägerin zu unterstellen.
Nach Auffassung des OLG Hamburg darf durchaus öffentlich diskutiert werden, ob der Staat ehemaligen Terroristen nach ihrer Entlassung aus der Strafhaft durch Namensänderung helfen darf, ein Leben in Anonymität zu führen. Dies dürfe aber nicht am Beispiel der Klägerin und zeitnah zu ihrer Entlassung geschehen.
Da die Revision nicht zugelassen wurde, bleibt dem Verlag in diesem Fall – wenn er das Urteil nicht akzeptieren will – nur die Verfassungsbeschwerde.

Das Bundesverfassungsgericht hat dem Eilantrag eines Fernsehsenders stattgegeben, der sich gegen die verhinderte Bildberichterstattung im „Koma-Saufprozess“ wandte, Az.: 1 BvR 654/09).
Der Vorsitzende der betroffenen Strafkammer hatte zuvor verschiedene sitzungspolizeiliche Anordnungen erlassen, die im Ergebnis das Anfertigen jeglicher Fernsehbilder vom Angeklagten und seinem Verteidiger unterbanden, und mit denen der Presse u.a. die Anfertigung von Bild- und Fernsehaufnahmen während der Verhandlungspausen und nach Sitzungsende untersagt wurde.
Soweit diese Anordnung betroffen war, setzte das Bundesverfassungsgericht sie bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde im Wege der einstweiligen Anordnung außer Kraft. Im Rahmen der Folgenabwägung – so das Verfassungsgericht – sei bei der Gewichtung der für den Angeklagten entstehenden Nachteile insbesondere die Schwere der Tat und die öffentliche Aufmerksamkeit zu berücksichtigen, die anlässlich der anhaltenden Diskussion über das „Koma-Saufen“ ein gewichtiges Informationsinteresse gerade an dem in Rede stehenden Strafverfahren begründe. Das öffentliche Interesse an einer Berichterstattung über dieses Verfahren und der an ihm Beteiligten überwiege demnach. Das Verfassungsgericht schränkte aber ein, dass das Gesicht des Angeklagten anonymisiert werden müsse.

Das OLG Düsseldorf hat einem Schuhhersteller – nachdem geschmacksmusterrechtliche Ansprüche ausschieden – wettbewerbsrechtlich geholfen. Ein Konkurrent hatte täuschend ähnliche Modelle vertrieben. Urteil Az.: I-20 U 43/08.
Die Voraussetzungen für den Schutz :
Das Produkt muss eine „wettbewerbliche Eigenart“ aufweisen. Die - die diese Eigenart begründenden - Gestaltungsmerkmale werden vom Nachahmer identisch oder ähnlich übernommen, wobei der Verkehr gerade aufgrund dieser Merkmale auf eine bestimmte betriebliche Herkunft schließt.
Anmerkung zu Medienprodukten:: Auf Medienprodukte werden sich diese Grundsätze nur selten anwenden lassen. Die Rechtsprechung beschreibt nämlich die Herkunftsfunktion einer Zeitschrift vornehmlich über deren Werktitel bzw. Logo. Bei Zeitschriften wird jedoch in der Regel mit den verschiedenen graphischen Gestaltungselementen der Aufmachung auf einen allgemeinen Farb- und Formenschatz zurückgegriffen. Ausnahmen bestehen allerdings, wenn sich die Unlauterkeit gerade aus der Summierung einer Vielzahl von übernommenen Einzelelementen ergibt, vgl. etwa Beschluss des Landgerichts München v. 10.10.2008 (Az.: 33 O 17380/08).

Ein uns soeben zugestelltes Urteil des Landgerichts München I Az.: 33 0 8579/08 ist so inhaltsreich, dass wir für Sie dem Urteil Leitsätze vorangestellt haben. Klicken Sie bitte zum Urteil.
Eine Passage mit Seltenheitswert greifen wir an dieser Stelle heraus. Sie betrifft den Sonderfall, dass eine Zeitschrift in den neuen Bundesländern stärker vertrieben wird als in den alten. Die Urteilsbegründung führt insoweit aus:
„Durch die oben dargestellte Bekanntheit des Titels aufgrund seiner wöchentlichen Auflage und seiner Reichweite ist diese originäre Kennzeichnungskraft noch gesteigert. Unschädlich ist auch insoweit, dass der wesentliche Teil der Leserschaft des klägerischen Magazins aus Ostdeutschland kommt, da zum einen bereits die dortige Bekanntheit in einem erheblichen Teil Deutschlands dazu führt, dass eine kennzeichenrechtlich relevate Steigerung der Kennzeichnungskraft anzunehmen ist, und zum anderen durch die bereits erwähnte Berichterstattung durch Dritte über die 'SUPERillu' auch zumindest eine derartige Bekanntheit des Titels gegeben ist, dass diese eine Steigerung der Kennzeichnungskraft bewirkt.”

Für die Praxis hoch bedeutsam ist ein neuer Beschluss Az.: II ZR 77/08 des Bundesgerichtshofs. Berichtenswert ist dieser Beschluss auch deshalb, weil sein Leitsatz den für die Praxis wichtigsten Inhalt der Entscheidung außer acht lässt; nämlich eine hilfreiche Aussage zur Problematik „kein Ausforschungsbeweis”:
„Da die Klägerin bei derartigen Absprachen selbstverständlich nicht anwesend war, genügt sie ihrer Darlegungslast, wenn sie die Tatsache einer Absprache in das Wissen von Zeugen stellt, die an dem Gesamtvorgang beteiligt waren.”
Anmerkung: Mit diesem Beschluss bestätigt der 2. Zivilsenat einen Beschluss des 5. Zivilsenats Az.: V ZR 359/01, über den wir an dieser Stelle am 21. April 2003 berichtet haben.

Welcher Wettbewerbs- oder Medienrechtler kennt nicht diese „Zwischenbescheide”: „Unser Geschäftsführer kehrt erst in zwei Wochen zurück. Wir beantworten dann sofort Ihr Schreiben.”?
Auf diese Verzögerung muss sich ein Abmahner grundsätzlich nicht einlassen. So entschieden hat das Oberlandesgericht Karlsruhe zu einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung in einem Beschluss Az.: 4 W 59/08.
Nach ihm ist ein wegen eines Wettbewerbsverstoßes abmahnender Konkurrent nicht gehalten, Abmahnfristen nur deshalb zu verlängern, weil der Geschäftsführer geraume Zeit – hier eine Woche – abwesend ist. In solchen Fällen – so das Gericht – hat der Geschäftsführer schon vor Abreise die Obliegenheit, für einen entscheidungsbefugten Vertreter Sorge zu tragen oder zumindest einen Rechtsanwalt mit der Prüfung möglicher Abmahnungen zu beauftragen, so dass er selbst oder ein Dritter die notwendigen Sachentscheidungen treffen kann, falls Unterlassungsansprüche während seiner Abwesenheit geltend gemacht werden.

So betitelt die neue Ausgabe - 16/2009 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.

„Zwei Mütter unterhalten sich über ihre jugendlichen Sprösslinge. 'Mein Sohn wird Rechtsanwalt: Er streitet gerne, mischt sich immer in anderer Leute Angelegenheiten und weiß grundsätzlich alles besser'.”
Quelle: neue woche 15/2009. Über die Studie wird in dem Buch Heldrich/Schmittchen, Gerechtigkeit als Beruf berichtet.

Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts Az.: 9 AZR 865/07 kann ein Mitarbeiter bei einem Verfahrensverstoß beanspruchen, dass eine Beurteilung aus der Personalakte entfernt wird. Voraussetzung ist allerdings, dass sich der Verfahrensverstoß auf das Beurteilungsergebnis auswirken kann.
Im entschiedenen Fall lagen zwischen der Besprechung des für die Beurteilung maßgeblichen Gremiums und der Bekanntgabe der Beurteilung gegenüber dem Kläger, einem Beamten, mehr als sechs Monate. Nach den einschlägigen Beurteilungsrichtlinien (Nr. 32 I 1 BRZV) hätte die Beurteilung dem Beamten so schnell wie möglich schriftlich bekannt gegeben und mit ihm besprochen werden müssen. Grundsätzlich spätestens innerhalb von sechs Monaten. Ein Verstoß darf - so das BAG - nach dem Sinn und Zweck der Richtlinien nicht sanktionslos bleiben. Die fristgerechte Bekanntgabe und Besprechung der Beurteilung soll den Beurteiler und den Beurteilten vor Erinnerungslücken schützen. Der Arbeitnehmer muss in der Lage sein, sich sachgerecht gegen unzutreffende Sachverhaltsdarstellungen zu wehren.
Anmerkung: Nach Ihrem Sinn und Zweck muss die Entscheidung auch auf Nichtbeamte angewandt werden. Zumindest die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers verlangt, einen Arbeitnehmer genauso zu schützen.

Ein bekanntes Problem: Die zugeleitete Gegendarstellung entspricht inhaltlich nicht in allen Punkten den Anforderungen des jeweiligen Landespressegesetzes und wäre nach dem „Alles-oder-Nichts-Prinzip” abzuweisen. Einige Gerichte, wie etwa das OLG München, lassen es in diesen Fällen zu, dass der Anspruchsteller zu Kürzungen ermächtigt. Solche „Kürzungsermächtigungen“ sind allerdings nach dieser Rechtsprechung nur rechtmäßig, wenn die Gegendarstellung mehrgliedrig ist und ohne eine Sinnveränderung des verbleibenden Textes gestrichen werden kann.
Das OLG Celle hat in einem neuen Beschluss 13 W 135/08) klargestellt:
„Eine allgemeine Bevollmächtigung, die Gegendarstellung in der Form anzupassen, dass der gestellte Gegendarstellungsanspruch begründet ist, wäre auch bei Annahme einer zulässigen Einschränkung des 'Alles-Oder-Nichts-Prinzips' unzulässig.”
Anmerkungen:
1. Im entschiedenen Fall fehlte sogar eine solche ausdrückliche Ermächtigung.
2. Allgemein interessiert noch eine Anmerkung des Gerichts zum Sinn und Zweck des Alles-oder-Nichts-Prinzips, nämlich sinngemäß:
Eine Einschränkung des Prinzips darf nicht das Prozessrisiko auf den Anspruchsverpflichteten überlagwern. „Dieser könnte sich dann nicht mehr darauf beschränken, fehlerhafte Gegendarstellungsbegehren bloß zurückzuweisen, sondern müsste zur Vermeidung einer ihm nachteiligen Kostenfolge das Gegendarstellungsersuchen selbst korrigieren und auf den Umfang beschränken, der nach seiner Ansicht zulässig ist (OLG Düsseldorf ...)”.
3. Darüber hinaus, führt das OLG Celle in seinem Beschluss aus, dass die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags auf Arrest oder auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht dem Anwaltszwang unterliegt.
4. Eine Aufforderung zehn Wochen nach Kenntnisnahme in einer Tageszeitung ist nicht mehr unverzüglich.