Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

Über das neue Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17.11.2009 (Az.: VI ZR 226/08) zum Schutz der Meinungsfreiheit bei Verbreitung fremder Äußerungen in einem Interview wird sicher noch viel diskutiert werden. Dabei hat der BGH die von den Vorinstanzen zugunsten des Klägers entschiedene Frage der Verbreiterhaftung gar nicht vertieft behandelt. Stattdessen hat er die angegriffene Tatsachenbehauptung auf der Ebene des Textverständnisses „wegdefiniert“.
Zur Erinnerung die angegriffene Interviewäußerung im Gesamtzusammenhang: „Als Chefaufklärer in Sachen T. K. gerierte sich damals Helmut Markwort. Bei meinen Recherchen erwies sich der Bock allerdings als Gärtner. ... Das Focus-Interview, das Markwort mit Ernst Jünger geführt haben will, war schon zwei Jahre zuvor in der Bunten erschienen. (...)“ Hervorhebung durch uns.
Der betroffene Chefredakteur verwahrt sich gegen die Behauptung, er habe je für sich in Anspruch genommen, ein Interview mit Ernst Jünger geführt zu haben. Er muss nun verwundert feststellen: Das hat der Interviewte nach Ansicht des BGH bei der „gebotenen Textanalyse“ gar nicht gesagt! Vielmehr: „Er weist darauf hin, dass der Kläger zwar als ‚Chefaufklärer‘ gegen den Journalisten T. K. aufgetreten sei, Beiträge in dem in der Verantwortung des Klägers liegenden Magazin ‚Focus‘ aber ebenfalls Unwahrheiten enthalten hätten und nennt drei Beispiele dafür. (...) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Äußerung von Roger Willemsen, ‚Das Focus-Interview, das Markwort mit Ernst Jünger geführt haben will, …‘, nicht dahin zu verstehen, dass behauptet wird, der Kläger habe vorgegeben, selbst Ernst Jünger interviewt zu haben. Dadurch dass der Name des Klägers in diesem Zusammenhang fällt, soll vielmehr die Wirkung des übrigen Textes verstärkt werden, indem ‚Markwort‘ als Synonym für das Magazin ‚Focus‘ verwendet wird. (...) Mithin zielt die Äußerung nicht auf die journalistische Einzelleistung, also wer konkret das Jünger-Interview geführt hat, sondern auf die journalistische Gesamtverantwortung, die der Kläger als Chefredakteur für die jeweilige Ausgabe des ‚Focus‘ innehatte.“ Hervorhebungen durch uns.

Wir meinen:
Zweifellos hat der Interviewte den Chefredakteur auch aufgrund seiner Gesamtverantwortung für Focus kritisiert, etwa bezüglich einer Äußerung zur Ärzteliste. Es gibt auch ein berechtigtes Interesse an Personalisierung. Hinsichtlich des Satzes über das Jünger-Interview macht das Urteil dennoch ratlos. Kommt es nicht mehr auf das Verständnis der Leser an, sondern auf die Motive dessen, der sich äußert? Woher will das Gericht wissen, was der (nicht am Verfahren beteiligte) Roger Willemsen erreichen wollte und worauf er „zielte“? Kann der Betroffene nicht in jedem Fall verlangen, dass dieses Ziel verfolgt wird, ohne bei dieser Gelegenheit unstreitig falsche Aussagen in die Welt zu setzen? Wir sind überzeugt, mehr als 90% der Leser des ursprünglichen Interviews können die Interpretation des BGH nicht nachvollziehen. Auf diesen Gedanken ist auch im gesamten Verfahren niemand gekommen.

„Schon als Jungliberaler habe ich von Hans-Dietrich Genscher gelernt, dass man in der Außenpolitik Fragen klugerweise erst dann beantwortet, wenn sie sich stellen, und nicht immer schon dann, wenn sie gestellt werden.”
Quelle: Guido Westerwelle, zitiert im FOCUS

Seit Jahren kämpfen unzählige Verlage für ihr Recht, zulässige Berichte dauerhaft auch online als Archivartikel zum Abruf bereitzuhalten. Während sie damit vor den Oberlandesgerichten in Köln, Frankfurt und Berlin Gehör fanden, stellten sich das Landgericht und das Oberlandesgericht Hamburg auf den Standpunkt, Online-Archive seien nicht anders zu behandeln als aktuelle Berichte. Die Anbieter hätten ihren Artikelbestand, so die Hamburger Gerichte, laufend zu überprüfen und zu anonymisieren.
Nun hat der Bundesgerichtshof ein Machtwort gesprochen:
„Zwar liegt in dem Bereithalten der die Kläger identifizierenden Meldung zum Abruf im Internet ein Eingriff in deren allgemeines Persönlichkeitsrecht. Der Eingriff ist aber nicht rechtswidrig, da im Streitfall das Schutzinteresse der Kläger hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung zurückzutreten hat.“
So die seit gestern vorliegende Entscheidung des BGH. Im Volltext ist dieses Urteil noch nicht bekannt. Hier können Sie jedoch die Mitteilung der Pressestelle abrufen.
In klaren Worten argumentiert der BGH vor allem verfassungsrechtlich und hebt den abschreckenden Effekt hervor, den die Auffassung der Hamburger Gerichte für den Gebrauch der Meinungs- und Medienfreiheit haben müsste. Das Interesse der Öffentlichkeit, sich auch über vergangene zeitgeschichtliche Ereignisse zu informieren, überwog im gegebenen Fall die Belange der Betroffenen, so der BGH.
Auch die Voraussetzungen für das hierdurch geschaffene „Archivprivileg“ werden aus der Pressemitteilung deutlich: Die Meldung „war nur auf den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten des Internetauftritts der Beklagten zugänglich, ausdrücklich als Altmeldung gekennzeichnet und nur durch gezielte Suche auffindbar.“
Die vollständigen Urteilsgründe sind erst in einigen Wochen zu erwarten.

So betitelt die neue Ausgabe - 52/2009 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.

Alltag in einer Bildredaktion: Ein Artikel zu einem bestimmten Thema muss innerhalb kurzer Zeit passend bebildert werden. Dabei wird auf Agenturmaterial zurückgegriffen, auch auf Personenbildnisse, die als Symbolfotos zu gebrauchen sind.
Ein uns jüngst zugestelltes Urteil des OLG Karlsruhe vom 25.11.2009 (Az. 6 U 54/09) zeigt nun die Risiken auf, die die Presse hierbei eingeht:
„Nach Auffassung des Senats liegt allerdings nahe, dass die Klägerin durch den Zusammenhang des gesamten Artikels, in dem die von ihr gefertigte Fotografie zur Illustration verwendet wurde, in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt wurde.“ Das Gericht sah die Klägerin als protzige, exaltierte „Reiche“ dargestellt.
Die geforderte Geldentschädigung – immerhin 21.000 Euro – billigte das OLG hingegen nicht zu. Entscheidend war, dass die Klägerin bei Anfertigung der Aufnahme uneingeschränkt eingewilligt hatte, diese zu Illustrations- oder Werbezwecken zu verwenden. Weder war ihre Privatsphäre betroffen, noch konnte das Gericht ein Verschulden des Verlags erkennen, das über einfache Fahrlässigkeit hinausging. Die wichtige Botschaft für Redaktionen: Selbst wenn sie hinsichtlich der zulässigen Verwendung als Symbolfoto mit Bedacht anders urteilen als später ein Gericht, muss in der Regel nicht in Geld entschädigt werden.

Anmerkungen:
1. Die Betroffene hatte ihre Einwilligung im Prozess zunächst bestritten. Der Verlag musste erst die schriftliche Einwilligungserklärung vorlegen. Ohne solche Schriftstücke haben die Medien es im Prozess sehr schwer.
2. Zugunsten des Verlags sprach, dass die Abgebildete für Außenstehende schwer erkennbar war und dass der Verlag freiwillig eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte.

Unterhalten sich zwei Freundinnen. Die eine versucht zu erklären, warum sie noch keinen Mann hat: "Meinen Zukünftigen stelle ich mir so vor: Er muss gut aussehen, gern plaudern, gebildet sein, nicht trinken, nicht rauchen und abends immer bei mir Zuhause sein." Schaut die andere sie an: "Offen gesagt, was du brauchst, ist kein Mann, sondern ein Fernseher.”

„Dr. Wolfgang Thierse sah früher immer aus, als ob er auf dem Weg zum Friseur auf der Parkbank eingechlafen wäre.”
Volker Pispers, zitiert in „neue woche”.

„Ein Vater erkundigt sich wirsch bei seinem Sohn: 'Wo ist dein Zeugnis?' Der Sohn fröhlich: 'Das habe ich Stefan geliehen. Der will seinem Vater damit einen Schreck einjagen.' ”
Quelle: „neue woche”.

Wegen der verbraucherfreundlichen Rechtsprechung zur Anlageberatung könnte man denken, mit dem Argument: „fehlende Aufklärung” ließen sich ganz leicht Prozesse gewinnen. Aber:
Das Oberlandesgericht München hat entschieden, wer sich nicht alles - einschließlich Anlagen - durchgelesen hat, dürfe nicht so einfach vom Vertrag zurücktreten; es reiche nicht aus, dass bei der Beratung selbst auf etwas nicht hingewiesen worden ist. Az.: 19 U 5450/05.
Anmerkung:
Obwohl es der Rechtssicherheit schadet, gilt eben leider auch insoweit die ach so beliebte Urteilsbegründung: Auf den Einzelfall kommt es an.

„Zwei Lausbuben sehen ein junges, frisch getrautes Paar aus der Kirche kommen. Meint der eine: 'Die werde ich mal so richtig erschrecken!' Er läuft auf das Brautpaar zu und ruft: 'Mutti, Mutti, kaufst du mir denn jetzt ein Eis?' ”
Aus dem neuen Heft - 51/2009 - „Frau im Trend”.