Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

Der Fall:
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks, welches an eine Straße angrenzt, die im Straßenreinigungsverzeichnis des Landes Berlin eingetragen ist. Daraus ergibt sich grundsätzlich eine gesetzliche Verpflichtung der Klägerin zum Schneeräumen. Direkt vor dem Grundstück der Klägerin befindet sich allerdings kein Gehweg, sondern lediglich ein zum Parken genutzter unbefestigter Randstreifen. Einen Gehweg gibt es nur jenseits der Fahrbahn. Diesen Gehweg räumte die Klägerin nie. Das Bezirksamt Neukölln verhängte deshalb ein Bußgeld, weil die Klägerin ihren Winterdienstpflichten für den gegenüberliegenden Gehweg nicht nachgekommen sei.
Das Urteil:
Das Verwaltungsgericht Berlin (Az.: 1 K 366.11) stellte klar: Die Fahrbahnmitte bildet die natürliche Grenze für Reinigungs- bzw. Winterdienstpflichten. Die Verpflichtung eines Anliegers zum Winterdienst umfasst nicht den Gehweg vor dem Grundstück auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Zwar sind die Anlieger nach dem Berliner Straßenreinigungsgesetz zum Winterdienst jeweils vor ihren Grundstücken auf den in gleicher oder ähnlicher Richtung verlaufenden nächstgelegenen Gehwegen verpflichtet. Der Begriff des nächstgelegenen Gehwegs ist nach der Auffassung des Gerichts aber nicht derart weit zu verstehen, dass davon auch noch der Gehweg vor den Grundstücken auf der gegenüberliegenden Straßenseite erfasst ist. Weist die Straße eine Fahrbahn auf, sei nächstgelegener Gehweg nur derjenige, der sich zwischen dem Grundstück des jeweiligen Anliegers und der Fahrbahn der Straße befindet.

So betitelt die Ausgabe 02/2014 der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.

Wenn ein Auto gestohlen wird, wendet die Versicherung häufig ein, sei sie wegen eines angeblichen Fehlverhaltens des Versicherungsnehmers leistungsfrei, müsse also nicht zahlen. Das OLG Hamm hat sich in seiner aktuellen Entscheidung (Az.: 20 U 226/12) mit der Frage befasst, ob die Kfz-Versicherung leistungsfrei wird, wenn im gestohlenen Auto die Kfz-Papiere aufbewahrt wurden.
Das Gericht entschied verbraucherfreundlich: Die bewusste Aufbewahrung der Fahrzeugpapiere im versicherten Fahrzeug stellt keine Gefahrerhöhung i.S.v. § 23 Abs. 1 Gesetz über den Versicherungsvertrag, VVG, dar. Denn eine Gefahrerhöhung ist nur eine nachträgliche Änderung der bei Vertragsschluss tatsächlich vorhandenen gefahrerheblichen Umstände, die den Eintritt des Versicherungsfalles oder eine Vergrößerung des Schadens wahrscheinlicher macht. Zwar wird einem Fahrzeugdieb, der mit der Entwendung des Fahrzeugs zugleich auch in den Besitz des Kfz-Scheins gelangt, z.B. der Grenzübertritt erleichtert. Allerdings ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht anzunehmen, dass das Zurücklassen des von außen nicht sichtbaren Fahrzeugscheins einen zur Totalentwendung noch nicht entschlossenen Täter dazu motiviert, den Wagen zu stehlen. Kommt es dem Täter nämlich von vornherein nur darauf an, einzelne Gegenstände aus dem Fahrzeuginneren zu entwenden, so hat der typischerweise noch keine Vorsorge für das Wegschaffen des Fahrzeugs getroffen. Die spontane Entwendung des kompletten Fahrzeugs brächte für den Täter ein erhebliches Risiko mit sich, welches typischerweise nicht eingegangen wird. Das Zurücklassen des Fahrzeugscheins ist daher für die denkbaren Fälle einer spontanen Wegnahme des Fahrzeugs nur als unwesentliche vom Versicherungsschutz von vornherein umfasste Risikoerhöhung anzusehen. Soweit die Aufbewahrung der Fahrzeugpapiere für den Autodieb eine Verringerung des Entdeckungsrisikos mit sich bringt, ist dies mit einer Gefahrerhöhung i.S.d. § 23 Abs. 1 VVG ebenfalls nicht gleichzusetzen. Zwar könnte mit den Papieren eine unvorhergesehene Polizeikontrolle überstanden werden. Dies bietet für den Versicherer aber nur die Aussicht einer Wiedererlangung der versicherten Sache und hat mit dem bereits verwirklichten Entwendungsrisiko nichts zu tun.

Der Sachverhalt
Der Kläger, ein Frauenarzt, erhielt von einer Patientin auf dem Ärztebewertungsportal der Beklagten eine Bewertung mit der Gesamtnote 4,4 und u.a. folgenden Einzelnoten: Behandlung 5, Aufklärung 5, Praxisausstattung 5 und telefonische Erreichbarkeit 5. Der Kläger sah in diesen Benotungen unwahre Tatsachenbehauptungen, die den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen. Außerdem bestritt der Kläger mit Nichtwissen, dass die Bewertung von einer seiner Patientinnen stamme. Entsprechend verlangte er u.a. die Entfernung der Benotung von der Plattform der Beklagten.
Die Entscheidungsgründe
Das LG Kiel (Urt. v. 06.12.2013, Az. 5 O 372/13) wies die Klage in vollem Umfang ab. Das Gericht sieht Benotungen auch dann als Meinungsäußerungen an, wenn die Bewertungskriterien – wie etwa bei der telefonischen Erreichbarkeit – zwar an einen Tatsachenkern anschließen, jedoch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens überwiegen. Das LG Kiel ging dabei vorliegend sogar von einem deutlichen Überwiegen bei einer Benotung aus, da eine Note eine persönliche Meinung zum Ausdruck bringe, die auch irrational oder nicht nachvollziehbar sein könne und Benotungen zudem keinen objektiven Standards folgten. Entsprechend konnte der Arzt z.B. nicht mit seinem Sachvortrag durchdringen, mit dem er die telefonische Erreichbarkeit belegen wollte. Ansätze für eine unzulässige Schmähkritik konnte das Gericht schließlich nicht erkennen.
Bezüglich der mit Nichtwissen bestrittenen Patienteneigenschaft stellt das LG Kiel anknüpfend an die so genannte „Spick-mich-Entscheidung“ des BGH (Urt. 23.06.2009; Az. VI ZR 196/08) fest, dass ein Arzt nicht etwa deshalb einen Löschungsanspruch hat, weil Bewertungen auf der Plattform der Beklagten anonym abgegeben werden können. Zwar bestehe möglicherweise eine gewisse Gefahr der Abgabe missbräuchlicher Bewertungen. Dies sei aber in jedem Fall hinzunehmen, da sich die Patienten ohne Anonymität aus Furcht vor Repressalien einer Selbstzensur unterwerfen würden, was im Hinblick auf die Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 Grundgesetz, GG, nicht hinnehmbar sei. Zudem habe die Beklagte unstreitig ein hinreichendes Qualitätsmanagement zur Verhinderung missbräuchlicher Bewertungen implementiert.
Schließlich weist das LG Kiel in seiner Entscheidung noch darauf hin, dass auch Ärzte den Marktmechanismen unterliegen, wozu heute auch die Bewertung in öffentlichen zugänglichen Quellen im Internet gehöre. Das Interesse der Allgemeinheit an kritischen, unabhängigen Informationen sei hoch zu bewerten, weshalb ein Arzt auch geäußerte negative Kritik gegen sich gelten lassen müsse.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Heinrich Heine:
„Ich brachte jenes gottverfluchte Studium zu Ende, aber ich konnte mich nimmer entschließen, von solcher Errungenschaft Gebrauch zu machen, und vielleicht auch, weil ich fühlte, dass andere mich in der Advokasserie und Rabullsterei leicht überflügeln würden, hing ich meinen juristischen Doktorhut an den Nagel. Meine Mutter machte eine noch ernstere Miene als gewöhnlich. Aber ich war ein sehr ernsterer Mensch geworden, der in dem Alter stand, wo er mütterlicher Obhut entbehren muss.”

Anmerkung:
Sie brauchen nur bitte in der Suchfunktion dieser Homepage in den Stichworten „Dezisionismus”, „Verkehrsauffassung” und „Gerechtigkeit” nachzulesen, um festzustellen, wie wenig die Jurisprudenz Gerechtigkeit schaffen kann. Die Wissenschaft ist, soweit es hier interessiert, dogmatisch nur in der Lage, zwischen Positivismus und Naturrecht, die jedoch beide falsifiziert sind, hin und her zu pendeln.

So etwa Gustave Flaubert, 1821-1880, Autor des Romans Bovary:
„Die Rechtswissenschaften bringen mich um, verblöden und lähmen mich, es ist mir unmöglich, dafür zu arbeiten. Wenn ich drei Stunden meine Nase in das Gesetzbuch gesteckt habe, während derer ich nichts begriffen habe, ist es mir unmöglich, noch weiter fortzufahren: Ich würde sonst Selbstmord begehen (was sehr betrüblich wäre, denn ich berechtige zu den schönsten Hoffnungen). Wie dem auch sei, ich scheiße auf die Rechtswissenschaften. Das ist mein 'Delenda Carthago'.”

Dem Gesetz nach durften Rechtsanwälte bislang nur sehr begrenzt für ihre Leistungen werben. Berufsrechtlich ist hierzu in § 43b der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) geregelt:
Werbung ist dem Rechtsanwalt nur erlaubt, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrages im Einzelfall gerichtet ist.
Nun hat der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil I ZR 15/12 entschieden, dass der Anwalt auch um ein konkretes Mandat werben darf und das Werbeverbot des § 43b BRAO nur noch greift, wenn der Anwalt den potentiellen Mandanten belästigt, nötigt oder überrumpelt. Zugrunde lag der Fall einer Anwaltssozietät, die mit einem Schreiben bei den Kommanditisten einer insolventen Fondsgesellschaft um Mandate geworben hatte.
Der Bundesgerichtshof stützt seine Entscheidung auf die EG-Richtlinie 2006/123/EG vom 12.12.2006, über Dienstleistungen im Binnenmarkt, die in ihrem Art. 24 Abs.1 absolute Verbote der kommerziellen Kommunikation und somit absolute Werbeverbote für reglementierte Berufe untersagt. Er hat dabei insbesondere den Aspekt des aktuellen Beratungsbedarfs berücksichtigt und hierzu ausgeführt:

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass für die angeschriebenen Anleger ein der Beklagten bekannter aktueller Bedarf an anwaltlicher Beratung bestand, weil der Insolvenzverwalter der Fondsgesellschaft bereits in der Vergangenheit an diese Anleger herangetreten war, sie zur Rückzahlung von Ausschüttungen aufgefordert und teilweise bereits Ansprüche klageweise geltend gemacht hatte. Daraus lässt sich indessen noch keine hinreichend konkrete Beeinträchtigung der Interessen der Anleger entnehmen, weil in der Situation eines konkreten Beratungsbedarfs gerade ein Interesse der Anleger an einer bedarfsgerechten sachlichen Werbung bestehen kann.

Wohl am bekanntesten ist das Urteil Martin Luthers über die Juristen, das heute im digitalen Zeitalter noch mehr als früher gilt:
„Denn ein Jurist, der nicht mehr denn ein Jurist ist, ist ein arm Ding.”
Martin Luther begann im Jahre 1501 ein Jurastdium, brach es 1505 ab und studierte später Theologie.

So betitelt die neue Ausgabe - 52/2013 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.