Wenn ein Auto gestohlen wird, wendet die Versicherung häufig ein, sei sie wegen eines angeblichen Fehlverhaltens des Versicherungsnehmers leistungsfrei, müsse also nicht zahlen. Das OLG Hamm hat sich in seiner aktuellen Entscheidung (Az.: 20 U 226/12) mit der Frage befasst, ob die Kfz-Versicherung leistungsfrei wird, wenn im gestohlenen Auto die Kfz-Papiere aufbewahrt wurden.
Das Gericht entschied verbraucherfreundlich: Die bewusste Aufbewahrung der Fahrzeugpapiere im versicherten Fahrzeug stellt keine Gefahrerhöhung i.S.v. § 23 Abs. 1 Gesetz über den Versicherungsvertrag, VVG, dar. Denn eine Gefahrerhöhung ist nur eine nachträgliche Änderung der bei Vertragsschluss tatsächlich vorhandenen gefahrerheblichen Umstände, die den Eintritt des Versicherungsfalles oder eine Vergrößerung des Schadens wahrscheinlicher macht. Zwar wird einem Fahrzeugdieb, der mit der Entwendung des Fahrzeugs zugleich auch in den Besitz des Kfz-Scheins gelangt, z.B. der Grenzübertritt erleichtert. Allerdings ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht anzunehmen, dass das Zurücklassen des von außen nicht sichtbaren Fahrzeugscheins einen zur Totalentwendung noch nicht entschlossenen Täter dazu motiviert, den Wagen zu stehlen. Kommt es dem Täter nämlich von vornherein nur darauf an, einzelne Gegenstände aus dem Fahrzeuginneren zu entwenden, so hat der typischerweise noch keine Vorsorge für das Wegschaffen des Fahrzeugs getroffen. Die spontane Entwendung des kompletten Fahrzeugs brächte für den Täter ein erhebliches Risiko mit sich, welches typischerweise nicht eingegangen wird. Das Zurücklassen des Fahrzeugscheins ist daher für die denkbaren Fälle einer spontanen Wegnahme des Fahrzeugs nur als unwesentliche vom Versicherungsschutz von vornherein umfasste Risikoerhöhung anzusehen. Soweit die Aufbewahrung der Fahrzeugpapiere für den Autodieb eine Verringerung des Entdeckungsrisikos mit sich bringt, ist dies mit einer Gefahrerhöhung i.S.d. § 23 Abs. 1 VVG ebenfalls nicht gleichzusetzen. Zwar könnte mit den Papieren eine unvorhergesehene Polizeikontrolle überstanden werden. Dies bietet für den Versicherer aber nur die Aussicht einer Wiedererlangung der versicherten Sache und hat mit dem bereits verwirklichten Entwendungsrisiko nichts zu tun.