Der Sachverhalt
Der Kläger, ein Frauenarzt, erhielt von einer Patientin auf dem Ärztebewertungsportal der Beklagten eine Bewertung mit der Gesamtnote 4,4 und u.a. folgenden Einzelnoten: Behandlung 5, Aufklärung 5, Praxisausstattung 5 und telefonische Erreichbarkeit 5. Der Kläger sah in diesen Benotungen unwahre Tatsachenbehauptungen, die den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen. Außerdem bestritt der Kläger mit Nichtwissen, dass die Bewertung von einer seiner Patientinnen stamme. Entsprechend verlangte er u.a. die Entfernung der Benotung von der Plattform der Beklagten.
Die Entscheidungsgründe
Das LG Kiel (Urt. v. 06.12.2013, Az. 5 O 372/13) wies die Klage in vollem Umfang ab. Das Gericht sieht Benotungen auch dann als Meinungsäußerungen an, wenn die Bewertungskriterien – wie etwa bei der telefonischen Erreichbarkeit – zwar an einen Tatsachenkern anschließen, jedoch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens überwiegen. Das LG Kiel ging dabei vorliegend sogar von einem deutlichen Überwiegen bei einer Benotung aus, da eine Note eine persönliche Meinung zum Ausdruck bringe, die auch irrational oder nicht nachvollziehbar sein könne und Benotungen zudem keinen objektiven Standards folgten. Entsprechend konnte der Arzt z.B. nicht mit seinem Sachvortrag durchdringen, mit dem er die telefonische Erreichbarkeit belegen wollte. Ansätze für eine unzulässige Schmähkritik konnte das Gericht schließlich nicht erkennen.
Bezüglich der mit Nichtwissen bestrittenen Patienteneigenschaft stellt das LG Kiel anknüpfend an die so genannte „Spick-mich-Entscheidung“ des BGH (Urt. 23.06.2009; Az. VI ZR 196/08) fest, dass ein Arzt nicht etwa deshalb einen Löschungsanspruch hat, weil Bewertungen auf der Plattform der Beklagten anonym abgegeben werden können. Zwar bestehe möglicherweise eine gewisse Gefahr der Abgabe missbräuchlicher Bewertungen. Dies sei aber in jedem Fall hinzunehmen, da sich die Patienten ohne Anonymität aus Furcht vor Repressalien einer Selbstzensur unterwerfen würden, was im Hinblick auf die Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 Grundgesetz, GG, nicht hinnehmbar sei. Zudem habe die Beklagte unstreitig ein hinreichendes Qualitätsmanagement zur Verhinderung missbräuchlicher Bewertungen implementiert.
Schließlich weist das LG Kiel in seiner Entscheidung noch darauf hin, dass auch Ärzte den Marktmechanismen unterliegen, wozu heute auch die Bewertung in öffentlichen zugänglichen Quellen im Internet gehöre. Das Interesse der Allgemeinheit an kritischen, unabhängigen Informationen sei hoch zu bewerten, weshalb ein Arzt auch geäußerte negative Kritik gegen sich gelten lassen müsse.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.