Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

Das OLG Hamburg (Az. 7 U 94/08) hatte darüber zu entscheiden, ob und inwieweit eine Klage auf Geldentschädigung vor deutschen Gerichten zulässig und begründet ist, wenn die Äußerung von einem österreichischen Verlag auf einer Website mit der Top-Level-Domain .at verbreitet wird, sie sich jedoch auf eine Person mit Lebensmittelpunkt in Deutschland bezieht.
Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte:
Das Gericht stellte zunächst klar, dass die Meldung (auch) in Deutschland verbreitet worden sei: Für das Verbreiten reiche es aus, dass der Äußernde die Mitteilung auf eine Weise weitergebe, die es dritten Personen ermögliche, sie außerhalb vertraulicher Beziehungen zur Kenntnis zu nehmen. Das sei - so das OLG Hamburg - mit der „Einstellung der in deutscher Sprache abgefassten Meldung in eine auch von Deutschland aus abrufbare Internetseite jedenfalls geschehen, zumal sich die Meldung mit Personen befasste, die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben.“ Mithin seien deutsche Gerichte international nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO zuständig.
Anwendung des deutschen Sachrechts:
Bei der Bemessung der Geldentschädigungshöhe verweist das Gericht auf die so genannte Mosaiktheorie: Nur die Gerichte des Orts der Niederlassung des Verbreiters dürfen über den Ersatz sämtlicher Schäden entscheiden. Die Gerichte anderer Länder - wie hier die deutschen Gerichte - sind nur berechtigt, Ersatzansprüche für die in dem Staat des angerufenen Gerichts entstandenen Schäden auszuurteilen.
Im Ergebnis sprach das OLG Hamburg lediglich eine Geldentschädigung von € 3.000 zu: Zwar - so das Gericht - sei die Äußerung in erheblichem Maße ehrenrührig gewesen, der Umfang des Rezipientenkreises in Deutschland dafür aber nur gering.

Wir berichteten am 17. Juli 2009 über die Entscheidung des BPatG zur Anmeldung der Wortmarke „Lust auf Genuss“. Das BPatG hatte die Begründungspraxis des DPMA gerügt, einen Verstoß gegen Az.: 30646518.3/16 entschied das DPMA nun erneut, „Lust auf Genuss“ fehle - für ‚mediale Angebote‘ - jegliche Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Das Amt stellte auf einen für diese Angebote im Vordergrund stehenden, beschreibenden Begriffsinhalt ab, der nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werde. Es setzte die angemeldete Wortfolge mit „dem Verlangen auf die Empfindung des Genießens“ gleich und sah darin einen „klaren Produktbezug“. Zudem sei - so das DPMA weiter - in „Lust auf Genuss” eine „allgemein bekannte Wendung“ zu sehen, die umfangreich verwendet werden würde. Diese Einschätzung sei auch durch die Prüfer vorzunehmen, da diese zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehörten, so dass „ein Prüfer in jeder Hinsicht von seiner eigenen Sachkunde und Lebenserfahrung ausgehen kann“. Die der Begriffsgruppe innewohnende Unschärfe reiche wegen anderer branchenüblicher Verwendungen nicht aus, um eine Eintragung zu erreichen.
Hinsichtlich entgegenstehender Voreintragungen sei nur auf die angemeldeten Klassen und nur auf die Marken abzustellen, die noch Schutzwirkung entfalteten. Andere Eintragungen würden Wort- bzw. Bildbestandteile enthalten, die die Eintragungsfähigkeit begründeten, die jedoch in der angemeldeten Wortfolge fehlten.
Wir werden darüber berichten, ob diese Auffassung vom BPatG geteilt wird.

Der Mitarbeiter eines gewerblichen eBay-Anbieters hatte - gegen Allgemeine Geschäftsbedingungen und eBay-Grundsätze verstoßend - mehrfach Gebote auf eigene Angebote abgegeben und weitere unzulässige Transaktionen über das Mitgliederkonto abgewickelt. ebay sperrte daraufhin die entsprechenden Konten. Den im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemachten Antrag auf Freischaltung der Mitgliederkonten wies das OLG Brandenburg in einem Beschluss Az.: Kart W 11/09 zurück.
Das OLG stellte fest:
Das gewerbliche Mitglied hat für das Verschulden seines Mitarbeiters nach § 278 BGB einzustehen. Es war verpflichtet, die Zugangsdaten der Mitgliederkonten hinreichend vor dem Zugriff unbefugter Dritter zu schützen und missbräuchliches vertragsverletzendes Handeln zu unterbinden.

Auch kartellrechtlich (§§ 19, 20, 33 GWB) stehe - hat das OLG weiter festgestellt - dem Antragsteller kein Anspruch zu. Eine marktbeherrschende Stellung von Ebay hinsichtlich des sachlich-relevanten Marktes (im vorliegenden Fall PC’s) sei nicht dargelegt. Unter Einbeziehung ähnlicher Online-Shops, Internetplattformen und Online-Marktplätzen stehe für das Gericht nicht fest, dass Ebay in diesem Segment ein für die marktbeherrschende Stellung erforderlicher (§ 19 III 1 GWB) Marktanteil von mindestens einem Drittel zukomme.

Ein Foto zeigte die Antragsstellerin lächelnd am Schreibtisch. Es wurde auf der Internetseite des Arbeitgebers zu Illustrationszwecken verwendet. Einen Hinweis auf die Person der Antragsstellerin oder deren Fachkompetenz enthielt der Internetauftritt nicht. Während des Anstellungsverhältnisses duldete die Antragsstellerin die Verwendung des Fotos. Nach ihrem Ausscheiden im Jahr 2007 wurde das Bild unverändert gezeigt. Es wurde im Jahr 2008 unmittelbar nach einer entsprechenden Aufforderung entfernt.
Das Landesarbeitsgericht Köln (Az.: 7 Ta 126/09) hielt einen Schadensersatzprozess wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§§ 823 BGB, 28 BDSG, 22 KUG) als so risikobehaftet, dass eine normal zahlende Partei „vernüftigerweise das Prozessrisiko nicht eingehen würde“ - es lehnte daher Prozesskostenhilfe ab.
Das Gericht nahm in seinem Urteil an, in einem solchen Falle müsse ein Foto nicht automatisch aus dem Internetauftritt entfernt werden. Der Arbeitgeber handele nicht schuldhaft. Mangels anderweitiger (und entsprechend bewiesener) Hinweise dürfe der Arbeitgeber von einem andauernden Einverständnis der Antragsstellerin ausgehen.

Die Nachbarin fragt, „wie bringen Sie bloß Ihren Mann dazu, den Rasen zu mähen?” - „Ganz einfach. Ich sage ihm, er sei für diese Arbeit zu alt”.
Nach Freizeit Revue 42/2009.

„Meine Frau ist wirklich schrecklich. Ich halte das langsam nicht mehr aus; immer nörgelt sie an mir grundlos herum.” Meint sein Freund: „Komisch, meine ist immer zu Späßen aufgelegt. Erst gestern Nacht hat sie im Schrank einen ihrer Brüder eingesperrt, den ich noch gar nicht kannte.”
Nach FreizeitSpass 42/2009.

Der EuGH erließ in der Rechtssache C-301/07 ein Urteil, das die Bekanntheit der Gemeinschaftsmarke in nur einem Mitgliedstaat berücksichtigt. Wir berichteten am 11. Februar 2008 über das Ausgangsverfahren.
Der Österreichische Oberste Gerichtshof hatte den Rechtsstreit nach Art 234 EG vorgelegt. Im nationalen Verfahren wurde eingewandt, die Klagmarke - eine Gemeinschaftsmarke - sei nur in Österreich, nicht hingegen in der gesamten Gemeinschaft bekannt und könne daher nicht den umfassenden Schutz des Art. 9 Abs. 1 Buchst. c Marken – Verordnung (EG) Nr. 40/94 genießen.
Der EuGH sah dies anders und führte aus:
1. Der Begriff „bekannt“ setzt einen gewissen Grad an Bekanntheit beim maßgeblichen Publikum voraus.
2. Der erforderliche Bekanntheitsgrad ist als erreicht anzusehen, wenn die Gemeinschaftsmarke einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt ist, das von den durch diese Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen betroffen ist.
3. In territorialer Hinsicht ist die Voraussetzung der Bekanntheit als erfüllt anzusehen, wenn die Gemeinschaftsmarke in einem wesentlichen Teil des Gemeinschaftsgebiets bekannt ist.
4. Hinsichtlich einer Benelux-Marke wurde bereits entschieden, dass die Bekanntheit in einem wesentlichen Teil des Benelux-Gebiets genügt.
5. Da es hier um eine Gemeinschaftsmarke geht, die im gesamten Gebiet eines Mitgliedstaats, nämlich Österreich, bekannt ist, kann die in Art. 9 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung aufgestellte territoriale Voraussetzung angesichts der Umstände des Ausgangsverfahrens als erfüllt angesehen werden.

Der BGH nahm in seinem Urteil Az.: I ZR 231/06 die Gelegenheit wahr, einige grundsätzliche Fragen zum Widerstreit zwischen (älterer) Domain und (jüngerer) Marke klarzustellen.
Der Inhaber einer älteren Domain „air-dsl.de“ wurde vom Inhaber der jüngeren Marke „air-dsl“ auf Unterlassung der Nutzung der Domain für die markenrechtlich abgesicherten Telekommunikationsdienstleistungen in Anspruch genommen.
Der BGH entschied gegen den Domaininhaber. Im Einzelnen:
1. Allein mit der Registrierung eines Domainnamens ist keine Benutzung im geschäftlichen Verkehr verbunden. Daher kann an einer solchen Domain dadurch kein Unternehmenskennzeichen (Az.: I ZR 159/05, siehe unseren kommentierenden Eintrag vom 19. Oktober 2008). Dies begrenzt jedoch nur den Umfang des Unterlassungsanspruchs – nicht jedwede Nutzung kann untersagt werden. Wenn jedoch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Domainname in einer das Recht des Dritten verletzenden Weise verwendet wird bzw. werden soll, ist ein darauf begrenzter Anspruch gegeben.

Alltag in presserechtlichen Verfahren: Durch einstweilige Verfügung wird – trotz Schutzschrift – einem Verlag ein Foto verboten. Der Verlag erzwingt nach Az.: 27 O 425/08). Er legt dar:
Um diese Kostenforderungen durchzusetzen, kann der Verlag, obwohl sein Gegner auf seine Rechte aus der einstweiligen Verfügung einschließlich der Kostenentscheidung verzichtet hat, die Aufhebung der einstweiligen Verfügung beantragen.

Anmerkungen: Jedenfalls Wettbewerbs- und Äußerungsrechtler werden jetzt oder später doch kurz weitere Hinweise erfahren wollen. Deshalb:
Das Landgericht führt wörtlich aus: „Der Aufhebungsantrag, der sich ausweislich seiner Begründung allein auf die Kostenentscheidung der einstweiligen Verfügung bezieht und auf eine Kostengrundentscheidung in Bezug auf das Anordnungsverfahren zu Gunsten der Antragsgegnerin abzielt, ist zulässig. (...) Der Verzicht auf die Rechte aus der Kostenentscheidung beseitigt (...) nur die Beschwer der Antragsgegnerin, nicht die Kosten des Verfahrens tragen zu müssen. Er verhilft ihr dagegen nicht zu einer Kostengrundentscheidung zu ihren Gunsten, aufgrund derer sie die ihr selbst entstandenen Kosten gegen die Antragstellerin festsetzen lassen könnte. (...) Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt jedenfalls dann nicht, wenn der Antragsteller [des Aufhebungsantrags, d. Verf.] weiterhin zumindest ein Kosteninteresse hat.“
Dabei genügt schon das Kosteninteresse, im Verlauf des Verfahrens dem Gegner gezahlte Beträge möglichst rasch und einfach zurückzubekommen: „Hinzu tritt, dass die Antragsgegnerin bereits Kosten gezahlt hat, die bei einer Kostengrundentscheidung zu ihren Gunsten gemäß § 91 Abs. 4 ZPO der Rückfestsetzung unterlägen. (...) Die Antragsgegnerin hätte also einen einfach durchsetzbaren prozessualen Kostenerstattungsanspruch und kann demgegenüber nicht darauf verwiesen werden, einen etwaig materiell-rechtlich bestehenden Bereicherungsanspruch erst gerichtlich durchsetzen zu müssen.“
Das Gericht gab Gelegenheit, „Stellung zu nehmen bzw. den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzunehmen“, denn die Antragsrücknahme mit der Kostenfolge des § 269 Abs. 3 ZPO würde das Rechtsschutzinteresse am Aufhebungsantrag beseitigen.

Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs von gestern Nachmittag hatten sich schon in letzter Zeit abgezeichnet; vgl. unsere Einträge vom 12.01.2009 und 20.07.2009. Geklagt hatten Franz und Heidrun Beckenbauer für ihre beiden minderjährigen Kinder. Zwei Urteile wurden gefällt, weil die Eltern für jedes Kind gesondert geklagt haben.
Im Einzelnen:
Die von der Hamburger Rechtsprechung bislang zugebilligten „Totalverbote“ für Bildveröffentlichungen von minderjährigen Kindern Prominenter sind vom Bundesgerichtshof (VI ZR 314/08 und 315/08) aufgehoben und die von den Eltern Beckenbauer für ihe minderjährigen Kinder eingereichten Klagen abgewiesen worden.
Errungen haben diesen Erfolg für die Presse- und Informationsfreiheit mit Revisionen die zur Hubert Burda Media-Gruppe gehörenden Zeitschriften „Neue Woche“, „Viel Spaß“ und „Freizeit Aktuell“.
Nach der bislang vorliegenden Pressemitteilung des Bundesgerichtshof ist auch bei Minderjährigen in jedem Einzelfall zwischen dem Persönlichkeitsrecht einerseits und der Äußerungs- und Pressefreiheit andererseits abzuwägen. Angesichts des auch bei Kindern und Jugendlichen grundsätzlich denkbaren berechtigten Informationsinteresses der Öffentlichkeit beeinträchtige ein Generalverbot daher - so der BGH und von uns von Anfang an so vorgetragen - unannehmbar die Berichterstattungsfreiheit der Medien.
Allerdings werden diese Fälle, bei denen die Interessen der Kinder zurückstehen müssen, verhältnismäßig selten sein. Auf diesen Aspekt weist auch der BGH hin.
Anmerkungen:
1. Selbst zu den einzelnen Bildpublikationen war es fraglich, meinen wir, ob sie rechtswidrig sind. Kein Foto war heimlich aufgenommen worden. Thema der Artikel war, ob bei Franz Beckenbauer „als quasi lebende Litfass-Säule” zur Übernahme einer neuen Aufgabe wie schon zu seinen älteren Kindern gefragt werden muss: „Neuer Job für Franz Beckenbauer - Lässt er seine süßen Kinder im Stich?”.
2. Wir werden die Urteile näher besprechen, sobald sie uns im Volltext vorliegen.