Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.
So betitelt die neue Ausgabe - 09/2005 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie in dem von uns rechtlich betreuten FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.
So hat das Landgericht Hamburg für den Fall geurteilt, dass die „Abqualifizierungen aus einem Vorwurf abgeleitet (werden), der derart umfassende Unwerturteile nicht rechtfertigt”.
Der Abqualifizierte hatte sich lediglich insofern falsch geäußert, als er behauptete, eine deutsche Second-Level-Domain könne nur zwanzig alphabetische Zeichen umfassen. Diese falsche Behauptung rechtfertigt - so das LG Hamburg - kein „derart umfassendes Unwerturteil”.
Hier können Sie das Urteil des LG Hamburg, Az.: 324 0 819/03, einsehen.
In vollständiger Fassung liegt das Urteil 5 AZR 364/04 noch nicht vor. Eine Pressemitteilung hat das BAG aber schon herausgegeben. Das Urteil erinnert daran, dass außertarifliche Zulagen ohne Änderungskündigung nur unter bestimmten Bedingungen gestrichen werden dürfen und insbesondere § 308 Nr. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches gewahrt werden muss. Mitunter meinen Arbeitgeber sogar, das Recht auf Widerruf müsse prinzipiell nicht einmal vereinbart sein. Die Kernsätze der Pressemitteilung (Hervorhebung von uns):
„Die Vereinbarung eines Widerrufsrechts ist ... für den Arbeitnehmer jedenfalls dann zumutbar und deshalb wirksam, wenn ihm die tarifliche oder mindestens die übliche Vergütung verbleibt und der Schutz gegenüber Änderungskündigungen nicht umgangen wird. Das setzt voraus, dass der Widerruf höchstens 25 bis 30 % der Gesamtvergütung erfasst. Darüber hinaus darf der Widerruf nicht ohne Grund erfolgen. Dies muss sich aus der vertraglichen Regelung selbst ergeben, die zumindest auch die Art der Widerrufsgründe (zB wirtschaftliche Gründe, Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers) benennen muss.”
Im entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber Glück. Es handelte sich um einen sog. Altfall, das sind Verträge die vor dem 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind. Die Benennung: „wirtschaftlicher Grund” läßt das BAG in seinem neuen Urteil im Wege ergäzender Vertragsauslegung zu.
Wie schon dem Gesetzestext - § 308 Nr. 4 - unmittelbar zu entnehmen ist, erfasst das Gesetz nicht nur den Widerruf übertariflicher Zulagen, sondern schlechthin alle (formularmäßigen) Änderungen und Abweichungen. Grund genug, wieder einmal die Arbeitsverträge auf die neuen Anforderungen hin zu überprüfen.
Das Oberlandesgericht Köln hat zu einer Fallgruppe mit dem Rechtsinstitut der Interessenabwägung bei irreführender Werbung ausgeholfen. Eine gefestigte Rechtsprechung fehlt zu dieser Fallgruppe bislang. Das OLG Köln wörtlich:
„Die Feststellung einer Irreführungsgefahr setzt sodann aber regelmäßig eine weitergehende Interessenabwägung voraus, in welche alle Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Auswirkungen eines Verbots einzubeziehen sind (folgt Hinweis auf Schrifttum). Im Streitfall führt diese Abwägung dazu, dass eine möglicherweise bestehende Täuschungsgefahr der angesprochenen deutschen Verkehrskreise über die konkrete Bedeutung des englischen Begriffs 'activity' hinzunehmen ist.”
Mit dieser Konstruktion kann jedes Gericht de facto stets nach seinen eigenen Vorstellungen entscheiden. Gegen richterlichen „Dezisionismus” bestehen zwar generell schwerwiegende Bedenken. Dennoch ist zumindest für die beurteilte Fallgruppe zu erwarten, dass sich die vom OLG Köln vertretene Ansicht im Ergebnis durchsetzen wird. Im Ergebnis folgt das OLG Köln dem „Herkunftslandprinzip”, das generell vordringt.
Ob zu deutscher Werbung entprechend umgekehrt deutsche oder ausländische Gerichte in gleichem Sinne entscheiden werden, ist äußerst fraglich. Die ausländischen Rechtsordnungen erlauben zwar genauso, auf die Interessen zu achten. Aber:
Zwischen den Zeilen läßt sich aus dem Urteil des OLG Köln wohl lesen, dass das OLG selbst nicht an eine vice versa-Anwendung denkt. Es betont nämlich anschließend an die zitierte Stelle, wesentlich sei, dass „der Internetauftritt der Bekl. unter dem Top-Level '.com' weltweit abrufbar und für den (englischsprachigen) Weltmarkt... konzipiert und deshalb vollständig in englischer Sprache verfasst ist”. Ein dem (englischsprachigen) Weltmarkt entsprechender (deutschsprachiger) Weltmarkt wird den deutschsprachigen Werbungtreibenden nicht zugebilligt werden.
Das Urteil des OLG Köln, Az.: 6 U 36/04, können Sie hier nachlesen.
Durch die Benutzung eines Domainnamens kann ein Unternehmenskennzeichen entstehen, wenn durch die Art der Nutzung deutlich wird, dass der Domainname nicht lediglich als Adressbezeichnung verwendet wird, „der Verkehr” vielmehr in der als Domainname gewählten Bezeichnung einen Herkunftshinweis erkennt.
Diese Rechtslage liegt der Entscheidung „soco.de“ (BGH v. 22.07.2004 – I ZR 135/01) zugrunde, mit welcher wir die Zusammenstellung und Einordnung bekannter Domain-Entscheidungen des BGH abschließen wollen. Diese Entscheidung „soco.de” ist in der Übersicht vom 14. Februar den Leitsätzen 1. und 3. zuzuordnen.
Der vom BGH beurteilte Sachverhalt: Die Klägerin – ein Unternehmen aus der EDV-Branche – führt in ihrer Firmierung den Bestandteil „soco“ als Abkürzung für „Software und Computersysteme“. Die Beklagte – ebenfalls aus der EDV-Branche – vertreibt ihre Produkte unter „soco.de“ und hat sich hierzu die gleichlautende Domain registrieren lassen.
Der BGH stellte fest, dass die Beklagte durch die Benutzung des Domainnamens grundsätzlich ein eigenes Unternehmenskennzeichenrecht erlangen könne, wenn die Domain nicht lediglich als Adressbezeichnung aufgefasst werde, sondern der Verkehr in der als Domainname gewählten Bezeichnung einen Herkunftshinweis erkenne.
Das klagestattgebende Urteil des Oberlandesgerichts hat der BGH daher aufgehoben und zur näheren Prüfung der Verwechslungsgefahr an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Anders als in den Entscheidungen „mitwohnzentrale.de“ und „weltonline.de“ ist der BGH bei „soco“ also nicht von einem frei verwendbaren Gattungsbegriff, sondern von einem unterscheidungs- kräftigen Herkunftshinweis ausgegangen. Die Konsequenz ist für jeden Fachmann selbstverständlich: Es greift der allgemeine kennzeichenrechtliche Grundsatz der Priorität.
Heute stellen wir Ihnen die Entscheidung „adacta.de“ (BGH v. 13.06.2002 - I ZR 279/01) vor, die nach Angaben einer Partei noch vom Europäischen Gerichtshof überprüft werden soll. Der Bundesgerichtshof hat in der Weise entschieden, dass er die Revision gegen das der Klage stattgebende Urteil des OLG Düsseldorf nicht angenommen hat. Wir stellen Ihnen das (bislang nicht veröffentlichte) Berufungsurteil des OLG vom 29.10.2001 hier ins Netz.
Die Rechtsprechung "adacta.de" betrifft insbesondere die Leitsätze 1. und 3. der Übersicht vom 14. Februar.
Die Klägerin führt den Bestandteil „adacta“ in ihrem Firmennamen. Die auf gleichem Gebiet konkurrierende Beklagte hatte für sich die Internetdomain „adacta.de“ registrieren lassen, und sie bot unter dieser Internetdomain ihre branchengleichen Dienstleistungen (Aktenvernichtung) an. Das OLG Düsseldorf urteilte, dem Schlagwort „adacta“ in der Firma der Klägerin komme namensmäßige Funktion zu und die Klägerin könne deshalb erfolgreich markenrechtlich Unterlassung beanspruchen.
Im Unterschied zu den Entscheidungen „mitwohnzentrale.de“ und „weltonline.de“, die wir vorgestern und gestern an dieser Stelle besprochen haben, gelangt das Oberlandesgericht Düsseldorf - vom BGH gebilligt - nicht zu dem Ergebnis, dass zulässig eine Gattungsbegriff verwendet werde. Das OLG Düsseldorf nimmt an, der Begriff „adacta“ weise zwar beschreibende Anklänge auf, es handele sich aber nicht um eine glatt beschreibende Angabe; und zwar deshalb nicht:
Der Begriff deute in allererster Linie auf eine „Aktenaufbewahrung“ oder „Aktenverwaltung“, nicht jedoch auf eine (von der Klägerin betriebene) „Aktenvernichtung“ hin.
Konsequenterweise folgert das Urteil, deshalb sei der Begriff für die Firma unterscheidungskräftig und genieße daher Namensfunktion.
Genauso konsequent gesteht das Urteil der Beklagten zu, dass auch sie durch die Benutzung der Domain „adacta.de“ ein Kennzeichenrecht erworben habe.
Den Konflikt zwischen beiden Rechtspositionen löst das Gericht nach dem anerkannten Prioritätsgrundsatz; das heißt: Das Kennzeichenrecht der Beklagten tritt gegenüber dem prioritätsälteren Firmenschlagwort der Klägerin zurück.
Es folgt noch ein „Nachspiel”:
Die unterlegene Beklagte hat gegen den Nichtannahmebeschluß des BGH Verfassungsbeschwerde eingelegt. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Beschwerde unter Hinweis darauf verworfen, dass eine Internetadresse nicht dem Eigentumsrecht des Art. 14 GG unterfalle. Mit dieser Entscheidung ist jedoch offenbar das Verfahren noch nicht ganz abgeschlossen. Bekannt wurde zuletzt die Ankündigung der Beklagten (und Beschwerdeführerin beim Bundesverfassungsgericht), dass sie sich an den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) wenden werde.
So betitelt die neue Ausgabe - 08/2005 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie in dem von uns rechtlich betreuten FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.
Wir setzen die Zusammenfassung wichtiger Entscheidungen zum Domainrecht fort. Vorgestern haben wir die Entscheidungen in einem Überblick zusammengefasst. Gestern wurde von uns über die richtungweisende BGH-Entscheidung „mitwohnzentrale.de“ berichtet. Heute ordnen wir die zu diesem Themenkreis jüngste BGH-Entscheidung „weltonline.de“ (BGH v. 02.12.2004 – I ZR 207/01) ein.
Einzuordnen ist diese Entscheidung bei Leitsatz 2. unserer Übersicht vom 14. Februar.
Die schriftliche Begründung des Urteils vom 02.12.2004 liegt noch nicht vor; wir stellen Ihnen jedoch das (aufgehobene) Berufungsurteil des OLG Frankfurt vom 10.05.2001 und die Mitteilung der Pressestelle des BGH hier ins Netz.
Geklagt hatte in diesem Rechtsstreit ein Verlag, der (seit langem) die bekannte Zeitung „Die Welt“ herausgibt, also Springer. Die Beklagte hatte sich die Domain „welt-online.de“ und sodann „weltonline.de“ registrieren lassen, um sie an interessierte Gewerbetreibende zu veräußern.
Das Berufungsgericht hatte – wie schon zuvor das Landgericht – der auf Freigabe der Domain gerichteten Klage stattgegeben, weil der Begriff „weltonline“ als Titelschlagwort für die elektronische Ausgabe der Zeitung der Klägerin zustehe.
Der BGH hat die Klage demgegenüber abgewiesen. Er nimmt - so die Mitteilung der Pressestelle des BGH - an:
In der bloßen Registrierung eines Gattungsbegriffs als Domainname liege grundsätzlich kein unlauteres Verhalten. Für eine sittenwidrige Schädigungsabsicht würden im entschiedenen Fall hinreichende Anhaltspunkte fehlen. Auch hier greife das Prinzip der Priorität. Der Vorteil, der demjenigen zukomme, welcher als Erster um die Registrierung eines beschreibenden Domainnamens bemüht sei, könne nicht als sittenwidrig angesehen werden. Auch eine unlautere Beeinträchtigung der Bekanntheit der Marke „Welt“ lasse sich nicht feststellen, da die Art der Verwendung des von der Beklagten registrierten Domainnamens „weltonline.de“ noch ungewiss sei.
Gestern, 14. Februar 2005, haben wir an dieser Stelle die jüngste BGH-Rechtsprechung zum Domain-Recht zusammengefasst und angekündigt, dass wir nacheinander die Entscheidungen noch einordnen. Heute besprechen wir als erstes die Entscheidung „mitwohnzentrale.de“ (BGH v. 17.5.2001 – I ZR 216/99), welche wertvolle Ausführungen des BGH zum Freihaltebedürfnis an Gattungsbezeichnungen enthält. Einzuordnen ist diese Entscheidung bei Leitsatz 4. der Übersicht vom 14. Februar.
Geklagt hatte der „Verband der Mitwohnzentralen e.V“, dessen Mitglieder sog. „Mitwohnzentralen“ betreiben. Die Beklagte, ein konkurrierender Verein, hatte die Internetadresse „mitwohnzentrale.de“ registrieren lassen. Der Kläger begehrte nicht etwa, die Domain zu seinen Gunsten freizugeben, sondern es zu unterlassen, die Domain zu gebrauchen.
Der Kläger argumentierte, Domains seien von Gattungsbegriffen – wie „Mitwohnzentrale“ –freizuhalten; die Verwendung der Domain durch die Beklagte fange sittenwidrig Kunden und kanalisiere die Kundenströme auf die Homepage der Beklagten.
Das Landgericht und das Oberlandesgericht gaben der Klage statt und haben die Beklagte antragsgemäß auf Unterlassung des Gebrauchs der Domain verurteilt.
Der BGH dagegen hat das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten hin aufgehoben.
Der BGH sieht in der Registrierung und Benutzung der Domain kein wettbewerbswidriges Kanalisieren von Kundenströmen. Es wird - so der BGH - auch nicht irregeführt: Ein Irrtum des Publikums darüber, dass es sich bei der Internetadresse „mitwohnzentrale.de“ um diejenige der Klägerin handele, kann durch einen entsprechenden Hinweis auf der Seite ausgeschlossen werden. Als Gattungsbegriff ist - so das Urteil weiter - für die Domain auch kein Freihaltebedürfnis festzustellen:
Anders als im Markenrecht gehe es bei einer Internetadresse nicht darum, die Entstehung von Ausschließlichkeitsrechten an produktbezogenen Angaben zu vermeiden. Dürfte die Domain – so wie der Kläger dies begehrte – von niemanden benutzt werden, so wäre die Suchfunktion, die einer Gattungsbezeichnung gerade als Domainnamen zukomme, zerstört.
In Fällen dieser Art gilt der Prioritätsgrundsat: Die Domain steht demjenigen zu, der zuerst registriert.
Das Urteil des BGH können Sie hier nachlesen.
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