Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

Der scheidende Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie Jürgen Thumann im FOCUS-Fragebogen von heute auf die Aufforderung: „Schenken Sie uns eine Lebensweisheit”:
„Alt ist, wer aufhört zu lernen!”.

„Wenn Beck Schweineschnauze isst, ist er Provinzler. Äße sie Richard von Weizsäcker, würde man denken: Das ist eine unterschätzte Delikatesse.”
Werbefachmann Sebastian Turner, zitiert im FOCUS von morgen (Sprüche der Woche).
Trotz aller Unstimmigkeiten und Verschiebungen beim Treffen am Schwielowsee bei Potsdam ist für heute angekündigt, um 13 Uhr werde auf einer Pressekonferenz eine Erklärung zum Thema Kanzlerkandidat abgegeben.

Das Landgericht München I hat in einem Beschluss Az.: 7 0 5664/08 zur Nutzung des Schriftzuges 'Deutscher Bundestag' und des von Ludwig Gies geschaffenen Bundestagsadlers gegen einen Internetbetreiber entschieden:
„Der Name 'Deutscher Bundestag' ist im Sprachgebrauch eindeutig dem 'Deutschen Bundestag' als Organ der Bundestepublik Deutschland zugeordnet. Somit fällt der Name 'Deutscher Bundestag' unter den weitgefassten Schutzbereich des § 12 BGB ... Für die Schutzbereichsverletzung ist bereits ausreichend, dass ein Affektionsinteresse verletzt ist ... Die Nutzung des von Ludwig Gies geschaffenen Bundestagsadlers im Internet wurde der Antragstellerin [Bundesrepublik Deutschland] vom 30. 11. 1998 übertragen. Mithin hat die Antragstellerin einen aus § 97 I UrhG resultierenden Unterlassungsanspruch gegen den Antragsgegner.”

So betitelt die neue Ausgabe - 37/2008 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.

In einem neuen Urteil gibt das Bundesarbeitsgericht zu erkennen, dass es einen Arbeitnehmer für berechtigt hält, einen Rechtsanwalt zu einer Anhörung wegen einer eventuellen Verdachtskündigung hinzuzuziehen. Ist ein Rechtsanwalt anwesend, fragt sich, wie der Arbeitgeber das Gespräch zu führen hat.
Bei einer Anhörung kann dem Arbeitnehmer „das Wissen seines ... Bevollmächtigten nicht zugerechnet werden. Die Anhörung des Arbeitnehmers vor Ausspruch einer Verdachtskündigung soll ihm die Möglichkeit geben, den gegen ihn bestehenden Verdacht zu entkräften. Dies ist aber nur dann möglich, wenn der Arbeitnehmer eine eigene Kenntnis von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen hat. Die Anwendung des zivilrechtlichen Stellvertretungsrechts kommt nicht in Betracht. Zwar wird man dem Arbeitnehmer die Zuziehung eines Rechtsanwalts für die Anhörung zuzugestehen haben ... Maßgeblich für die Verdachtskündigung ist aber die Zerstörung der persönlichen Vertrauensgrundlage für die Vertragsparteien. Dies kann ausschließlich das unmittelbare Verhältnis des Arbeitnehmers und Arbeitgebers betreffen [so dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vorhalten muss, was der Bevollmächtigte des Arbeitnehmers, aber noch nicht der Arbeitnehmer, längst weiß]. In diese Richtung weist auch die Regelung des § 613 Satz 1 BGB.”
So geurteilt hat das Bundesarbeitsgericht in seinem neuen Urteil Az.: 2 AZR 961/06.
Somit:
1. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass ihm sein Anwalt bei der Anhörung beratend zur Seite steht.
2. Bei dem, was der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vorzuhalten hat, muss der Arbeitgeber jedoch insoweit so tun, als gebe es den beigezogenen Rechtsanwalt nicht. Der Anwalt hatte Einsicht in die Ermittlungsakte mit einer Videoaufzeichnung. Der Arbeitnehmer kannte diese Videoaufzeichnung jedoch nicht (so wurde unterstellt).

Ein noch unveröffentlichter Beschluss des Landgerichts Hamburg Az.: 324 0 570/08 bietet ein instruktives Beispiel zur Abgrenzung einer Meinungsäußerung von einer Tatsachenbehauptung. Das LG Hamburg: Bei dem Zitat handelt es sich um eine Meinungsäußerung. Wörtlich:
„Der Sinngehalt der Äußerung, das Privatleben der Antragstellerin beeinträchtige ihren Job als kritische Journalistin, kann aber nicht im Wege des Beweises als wahr oder unwahr festgestellt werden, auch nicht etwa durch eine Befragung der Antragstellerin selbst. Unterschiedliche Personen mögen bei entsprechender Befragung zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, womit sich zeigt, dass die Äußerung das Ergebnis einer Einschätzung und damit eines Dafürhaltens ist. Und diese Meinungsäußerung kommt auch nicht ohne Anknüpfungspunkte daher, die dem Leser auch noch mitgeteilt werden, wenn es heißt: ... ”.

Ein Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts in Frankfurt mit dem Az.: 16 Sa 1885/06 bestätigt: Auch wenn es sonst noch so schwierig ist, Arbeitsverhältnisse zu kündigen, so klar ist doch grundsätzlich, dass bei einem Vertrauensbruch gekündigt werden darf, - sogar fristlos und ohne Abmahnung.
Ein Kundenbetreuer hatte die Frankiermaschine des Unternehmens für Privatpost verwendet. Festgestellt wurde ein Portobetrag von weniger als fünf Euro für jeweils drei Briefe an zwei Tagen. Betriebszugehörigkeit 3 1/2 Jahre. Zum Lebensalter heißt es in den Gründen: „Ein Lebensalter, bei dem alles dafür spricht,, dass er, unbeschadet einer außerordentlichen Kündigung, einen neuen Arbeitsplatz finden wird”. Bruttovergütung € 2.750,- monatlich.
Im Kern stellt die Rechtsprechung darauf ab, dass Arbeitgeber darauf vertrauen können müssen: Betriebsmittel werden nicht für eigene Zwecke verwendet. Für den entschiedenen Fall stellte das LAG fest:
„Insoweit bleibt der Beklagten letztlich nichts anderes übrig, als auf die Rechtschaffenheit ihrer Arbeitnehmer zu vertrauen. Hat die Beklagte, wie im vorliegenden Fall, dieses Vertrauen berechtigterweise verloren, hat der Kläger einer auch nur temporären Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses jede Basis entzogen [so dass mit sofortiger Wirkung gekündigt werden durfte].”
Zur Abmahnung hat das LAG auf die bekannte Rechtsprechung abgestellt, dass nicht abgemahnt werden muss, wenn der Mitarbeiter ohne weiteres erkennen konnte: Die Handlung ist rechtswidrig (§ 241 Abs. 2 BGB) und wird nicht hingenommen.
Anmerkung: Es kann bei der Lektüre des Urteils der Eindruck entstehen, dass die Richter beider Instanzen streitentscheidend abgestoßen hat, wie der Arbeitnehmer reagierte, als er das erste Mal auf die Frankierung der Privatbriefe angesprochen wurde, nämlich: „Dies ist doch nichts Besonderes. Was ist schon dabei.”

Ein angegriffener Verlag wehrte sich gegen die Klage einer Prominten unter anderem mit dem Argument, die Prominente habe zu Unrecht als Adresse „Frau C... W..., c/o Th... L..., 10, rue L..., 75... Paris, Frankreich” angegeben. Das Landgericht Berlin führte jedoch gleich zu Beginn der Entscheidungsgründe in seinem (uns am 21. August zugestellten) noch nicht rechtskräftigen Urteil Az.: 27 0 681/08 aus:
„Der Antrag ist zulässig, auch wenn die Antragstellerin eine c/o-Adresse in Paris angibt, an der sie nach Angaben der Antragsgegnerin nicht wohnt. Nach der Rechtsprechung ist die Angabe der Anschrift nur insoweit ein zwingendes Erfordernis einer ordnungsgemäßen Klageerhebung, sofern kein schützenswertes Interesse entgegensteht. Im vorliegenden Fall liegt ein schützenswertes Interesse der Antragstellerin aber auf der Hand, denn sie hätte bei Preisgabe ihrer Privatanschrift eine vermehrte Beobachtung durch die Presse zu befürchten.”
Mehr legt das Gericht nicht dar. Es geht nicht darauf ein, dass insbesondere die Presse ohnehin weiß, wo sich die Prominente aufhält.

Ein Beispiel dafür, wie dreist Gegendarstellungen gefordert werden, lässt sich einem neuen, noch nicht rechtskräftigen Beschluss Az.: 9 0 13831/08 des Landgerichts München I entnehmen.
Der FOCUS hatte die Scheinheiligkeit eines führenden Mitarbeiters einer Kapitalanleger-Schutzgemeinschaft entlarvt. Der Mitarbeiter hatte auf fallende Kurse eines Unternehmens gesetzt. Kurz danach warf eben diese Schutzgemeinschaft dem Unternehmen fehlende Transparenz vor. Prompt fielen die Kurse. Der entlarvte Mitarbeiter verdiente sich 520.000 €, forderte jedoch rabulistisch eine Gegendarstellung.
Das LG München I wies die beantragte Gegendarstellung ab, weil sie irreführend war. Dahingestellt ließ das Gericht, ob überhaupt die Voraussetzung: „berechtigtes Interesse an der Gegendarstellung” erfüllt ist.
Irreführend war die Gegendarstellung deshalb, weil der angebliche Anlegerschützer in seiner Gegendarstellung verschwieg, dass er den (am 26. Juni) erzielten Buchgewinn durchaus auch (am 4. 7.) realisierte.

Diese Ansicht vertritt ein neues, noch nicht rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Berlin, Az.: 27 0 695/08. Es bietet fünf Seiten „Entscheidungsgründe”, das Urteil selbst und der Tatbestand kommen noch hinzu. Diese fünf Seiten enthalten jedoch weitgehend allgemeine Ausführungen, überwiegend Textbausteine. Unmittelbar zum speziellen Thema: „Dürfen die Medien zum ständig in der Öffentlichkeit mit einer berühmten Schauspielerin auftretenden Begleiter dessen IM-Vergangenheit erwähnen?” begründet das Gericht seine Ansicht jedoch nur mit einem Satz:
„Durch die Begleitung von ... in der Öffentlichkeit hat der Antragsteller sich nicht der Öffentlichkeit als ehemaliger Stasi-IM präsentiert.”
Anmerkung: Es lässt sich demnach darüber streiten, ob sich das Gericht überhaupt speziell mit dem Kern des Themas auseinandergesetzt hat. Warum - so aber die Entscheidungs„gründe” - muss sich der Begleiter als Stasi-IM präsentiert haben?
Wenn eine berühmte Schauspielerin ständig öffentlich mit einem Vertrauten begleitet wird, darf doch grundsätzlich gefragt werden:
„Wer ist das?”, „Wie ist diese Verbindung zu verstehen?” Muss dann geschwiegen werden, weil - wie das Gericht an anderer Stelle darlegt - dem Begleiter „eine exponierte Stellung im Gefüge des IM-Systems des MfS nicht zukam”? Die berühmte Schauspielerin meinte gegenüber BILD: „Ich kenne die Akte. Ich bin darüber informiert. Ich werde es aushalten.”
Das Bundesverfassungsgericht räumt der Bevölkerung und den Medien auch in seiner neuesten Rechtsprechung ein, dass sie sich für Leitbilder interessieren dürfen. Es wird davon gesprochen, dass es dem interessierten Bürger möglich sein muss, die Realität zu erfahren.
Warum - diese Frage wäre zu beantworten - muss zur IM-Tätigkeit gegen die Medien eine Ausnahme statuiert werden? Bedarf es abwägend selbst dann einer Ausnahme gegen die Medien, wenn, wie geschehen, im Artikel gefragt wird: Wie kann die Schauspielerin, die öffentlich für hohe moralische Werte wirbt, so sehr einem Mann vertrauen, der andere verraten hat? Zu diesen und ähnlichen Überlegungen finden sich in dem Urteil keine Ausführungen.