Gebrauch einer fremden Marke durch ein Internet-Auktionshaus

Gericht

OLG Hamburg


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

21. 06. 2007


Aktenzeichen

3 U 3302/06


Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Antragstellerin vertreibt unter der Klagemarke J. insbesondere exklusive Damenbekleidung .

Der Antragsgegner ist Inhaber der Domain „www...de“, unter der er ein Portal „V...4U“ für Internetauktionen betreibt. Auf den Internetseiten dieser Domain verwendet der Antragsgegner in seinen Auflistungen von Markenartikeln u.a. die Angabe „J. (0)“. Dadurch werden bei Eingabe der Begriffe „J.J.S.“ als Suchworte in Internet-Suchmaschinen wie LYCOS die in Rede stehenden Internetseiten des Antragsgegners angezeigt, obwohl gerade kein J.-Produkt angeboten wird.

Die Antragstellerin beanstandet das als Verletzung ihrer Markenrechte (§§ 14, 15 MarkenG) sowie als unlauteres Verhalten (§§ 3, 4 Nr. 10 UWG). Sie nimmt deswegen den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens auf Unterlassung in Anspruch.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die zulässige Berufung des Antragsgegners hat in der Sache keinen Erfolg.

I. 1.) Der Gegenstand des Unterlassungsantrages gemäß der Beschlussverfügung in der im Urteilsausspruch des Senats bestätigten Fassung ist das Einsetzen der Bezeichnung J. in sichtbarer Form auf den Internetseiten unter der Domain „www...de“.

Der Wendung „und innerhalb des Quelltextes dieser Website“ kommt dabei keine eigenständige Bedeutung zu; insoweit soll es nicht etwa auch um solche Benutzungsformen gehen, in denen J. nur im Quelltext, aber auf der Seite unsichtbar (als Meta-Tag) eingesetzt worden ist. Es soll vom Verbot nur das sichtbare Einsetzen von J. auf den Internetseiten erfasst sein, wodurch allerdings zugleich auch im Quelltext die Bezeichnung J. steht.

2.) Das oben unter Ziff. 1.) erläuterte Verbot ist durch die „ohne dass“-Bestimmung streitgegenständlich nur auf die Fälle beschränkt, in denen keine „sachliche Verbindung zwischen dem Angebot des Antragsgegners oder dem Angebot Dritter, auf das verwiesen wird, und der Klagemarke besteht“.

(a) Damit soll das Verbot zunächst diejenigen Fälle betreffen, in denen der Antragsgegner aktuell keine J.-Produkte anbietet, aber darauf z.B. durch die Angabe „J. (0)“ oder sonst unter Verwendung der Bezeichnung J. hinweist. Denn die Antragstellerin beanstandet gerade diese Fallgestaltung als Markenverletzung, weil der Hinweis auf ein „Nicht-Angebot“ von J.-Produkten keine „sachliche Verbindung“ darstelle.

Außerdem soll auch das Aufführen der Bezeichnung J. in Auflistungen des Antragsgegners verboten sein, in denen z.B. bei der Unter-Kategorie „Markenschmuck“ u.a. J. angegeben ist, damit etwaige Anbieter einen J.-Schmuck zur Versteigerung dort einfügen können, ohne dass zugleich ein J.-Angebot auf den Internetseiten gemacht wird.

(b) Mit der „sachlichen Verbindung“ besteht außerdem die weitere Verbotsbeschränkung, dass sich bei der Verwendung von J. auf den Internetseiten auch sonst nichts über die Produkte der Antragstellerin oder über die Antragstellerin selbst befindet.

Das bedeutet, dass z.B. das Verbot der Angabe „J. (0)“ nicht die Fallgestaltungen betrifft, in denen Angaben über die Produkte der Antragstellerin oder über die Antragstellerin auf den Internetseiten des Antragsgegners stehen.

3.) Der Zwischensatz im Verbot – „so dass bei Eingabe der Begriffe ‘J. J. Schmuck] als Suchworte bei LYCOS (www.lycos.de) oder anderen Suchmaschinen die vorbezeichnete Website bzw. deren Unterseiten angezeigt werden“ – beschreibt lediglich die Folge des Einsetzens der Bezeichnung J. auf den Internetseiten. Dem Zwischensatz kommt für den Verbotsumfang keine bestimmende Funktion zu.

4.) Die auch zum Streitgegenstand gehörende Antragsbegründung war schon in erster Instanz nur auf die Anspruchsgrundlagen der §§ 14, 15 MarkenG (bezogen auf die Klagemarke und das Firmenschlagwort der Antragstellerin) sowie auf die §§ 3, 4 Nr. 10 UWG (Behinderung durch Umlenken der Kunden auf das Angebot des Antragsgegners) gestützt. Dabei ist es für die Berufungsinstanz geblieben. Die anderweitige, auf die §§ 3, 5 UWG gestützte und in erster Instanz von der Antragstellerin nicht geltend gemachte Begründung des LG macht sich die Antragstellerin nicht zu Eigen.

II. Der Unterlassungsantrag ist zulässig und aus § 14 MarkenG im Hinblick auf die Klagemarke auch begründet.

1.) Der Unterlassungsantrag ist zulässig, er ist hinreichend bestimmt. Die Antragstellerin hat klarstellen lassen, wie sie die Verbotsbeschränkung („ohne dass eine sachliche Verbindung besteht“) verstanden haben möchte. Das ist oben unter Ziff. I. der Entscheidungsgründe zur Verbotsdefinition aufgenommen worden. Damit ist der Umfang des Verbots hinreichend deutlich.

2.) Die Antragstellerin ist ermächtigt, ihre Rechte aus der Klagemarke geltend zu machen.

(a) Die Markeninhaberin Henriette J. hat die Antragstellerin, wie ausgeführt und zwar ausweislich der vorgelegten Bestätigung vom 1.4.2006, exklusiv lizenziert und entsprechend zur Prozessführung ermächtigt. (b) Entgegen der Ansicht des Antragsgegners besteht an der Rechtswirksamkeit der Lizenzerteilung und der Klageermächtigung durch Henriette J. im Hinblick auf § 181 BGB kein Zweifel. Das hat die Antragstellerin durch die Vorlage des Registerauszuges mit dem Hinweis auf die Befreiung vom Vertretungsverbot des § 181 BGB glaubhaft gemacht. ...

3.) Die beanstandete Verwendung der Bezeichnung J. ist nach Auffassung des Senats eine Markenverletzung bezogen auf die Klagemarke.

(a) Es liegt eine Doppel-Identverletzung (identische Bezeichnungen für jeweils identische Waren) vor, denn das Verbot bezieht sich gerade auf J.-Waren, für die mit der streitgegenständlichen Angabe unter Verwendung von J. – z.B. durch „J. (0)“ – ein Nicht-Angebot für das in Rede stehende J.-Markenprodukt gemacht wird oder durch deren Auflistung mit J. unter den auszufüllenden Rubriken (z.B. unter „Markenschmuck“).

In beiden streitgegenständlichen Fallgestaltungen wird zwar kein J.-Produkt angeboten, aber gleichwohl auf die Produkte der Antragstellerin im Sinne der markenrechtlichen Herkunftsfunktion Bezug genommen, denn es wird damit gesagt, der Antragsgegner versteigere zur Zeit kein J.-Produkt bzw. Interessenten könnten unter den betreffenden Rubriken ihr J.-Produkt beim Antragsgegner versteigern.

Damit handelt es sich um einen markenmäßigen Gebrauch der Bezeichnung J. durch den Antragsgegner, und zwar zur Kennzeichnung seiner Dienstleistung „Internetversteigerung“ und damit zur Unterscheidung von anderen Internetversteigerern (vgl. EuGH GRUR-Int. 1999, 438 – BMW/Deenik; BGH v. 18.5.2006 – I ZR 183/03, CR 2007, 103 = BGHReport 2006, 1542 m. Anm. Rössel = MDR 2007, 418 = GRUR 2007, 65 – Impuls). Ein derartiges „Nicht-Angebot“ auf den Internetseiten des Antragsgegners nutzt die Suchmaschinen-Technik aus. Gibt ein Interessent für J.-Markenprodukte u.a. das Suchwort J. ein, so wird er durch das streitgegenständliche Einsetzen der Bezeichnung J. planmäßig auf die Internetseiten des Antragsgegners geführt.

Der Antragsgegner beeinflusst so das Auswahlverfahren der Suchmaschinen, der streitgegenständliche Einsatz von J. dient dazu, den Nutzer auf das dort für Versteigerungen werbende Unternehmen des Antragsgegners zu führen. Das ist ein markenmäßiger Gebrauch, nicht anders als im Falle eines Meta-Tags. Ob die Bezeichnung unsichtbar oder wie im vorliegenden Falle sichtbar auf den Internetseiten ist, macht in der markenrechtlichen Einordnung keinen Unterschied (BGH v. 18.5.2006 – I ZR 183/03, CR 2007, 103 = BGHReport 2006, 1542 m. Anm. Rössel = MDR 2007, 418 = GRUR 2007, 65 – Impuls).

Der Einwand des Antragsgegners, er wolle mit dem Hinweis „J. (0)“ bzw. „J.“ in den Unter-Kategorien von Markenprodukten „nur“ ausdrücken, er sei an Angeboten zur Versteigerung bzw. von Versteigerungen von J. -Produkten interessiert, kann verständigerweise nicht durchgreifen. Für ein Internetversteigerungsunternehmen ist es ausreichend, diejenigen Waren anzugeben, an deren Versteigerungsangeboten es interessiert ist, das lässt sich ohne weiteres verallgemeinert treffend und ansprechend (z.B. mit „Markenschmuck“) umschreiben und in den Aufnahmeformularen mit einzutragenden Feldern (etwa „Markenbezeichnung“) erläutern. Entsprechendes gilt für die Versteigerungsangebote selbst, wenn ein bestimmter Marken-Artikel gerade nicht im Angebot ist.

Der Antragsgegner hat schon deswegen kein anzuerkennendes Interesse an der Mitteilung über Nicht-Angebote, weil eine solche Information in ihrem konkreten Sinngehalt belanglos wäre. Das liegt schon nach der Lebenserfahrung auf der Hand. Wenn der Antragsgegner z.B. einen bestimmten Markenschmuck (z.B. von J.) zur Versteigerung anbietet, wird der Verkehr verständigerweise annehmen, je nach der Angebotslage werde der Antragsgegner selbstverständlich auch andere entsprechende Markenprodukte zur Versteigerung stellen. Eine andere Verkehrserwartung läge fern. Gleichwohl stünde es dem Antragsgegner frei, darauf verallgemeinert noch hinzuweisen. Deswegen steht bei der streitgegenständlichen Verwendung von J. auf den Internetseiten im Wesentlichen nur das Ausnutzen der Suchmaschinenauswahl – insoweit wie bei einem Meta-Tag – im Vordergrund, d.h. der Antragsgegner weist, wie ausgeführt, mit dem kennzeichenmäßigen Gebrauch von J. auf sein Unternehmen hin.

(b) Auf § 23 MarkenG kann sich der Antragsgegner nicht mit Erfolg stützen. Es besteht für die streitgegenständliche Markenbenutzung keine Notwendigkeit.

Das gilt entgegen der Ansicht des Antragsgegners auch für den Fall, dass er künftig J.-Produkte versteigern möchte. Wie oben ausgeführt, erwartet das der Verkehr schon aufgrund der Rubriken, so z.B. durch die Angabe „Markenschmuck“. Wenn ein J.-Schmuckstück vom Antragsgegner zur Versteigerung angeboten wird, kann er das selbstverständlich angeben, diese Fallgestaltung ist nicht Streitgegenstand und gerade nicht verboten.

4.) Auch die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs sind gegeben. Der Antrag beschreibt in zulässiger Verallgemeinerung die konkrete Verletzungsform.

Vorinstanzen

LG Hamburg, 312 O 666/06, 7.11.2006

Rechtsgebiete

Markenrecht

Normen

MarkenG §§ 14, 23