Fernabsatz: Angabe des Vornamens (hier: Geschäftsführer einer jur. Person)?

Gericht

KG


Art der Entscheidung

Beschluss über sofortige Beschwerde


Datum

11. 04. 2008


Aktenzeichen

5 W 41/08


Leitsatz des Gerichts

  1. Benennt eine GmbH & Co. KG beim Fernabsatz von Waren in ihrem hierfür werbenden Internetauftritt eine (natürliche) Vertretungsperson nicht mit vollem Namen, sondern lediglich mit dem Familiennamen nebst vorangestelltem ersten Buchstaben des Vornamens, so verstößt dies zwar gegen die aus § 1 Abs. 1 Nr. 3 BGB-InfoV folgende Pflicht zur Angabe des Namens eines Vertretungsberechtigten. Ein solcher Verstoß ist in der Regel aber nicht geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und der Verbraucher mehr als nur unerheblich i.S. von § 3 UWG zu beeinträchtigen (Abgrenzung zu KG GRUR-RR 2007, 328).

  2. Beim Warenfernabsatz schuldet der kaufende Verbraucher dem verkaufenden Unternehmer Wertersatz gemäß § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB für eine durch bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung der Ware nur dann, wenn der Unternehmer ihn spätestens vor Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit, sie zu vermeiden, hingewiesen hat (Anschluss an KG GRUR-RR 2008, 131; OLG Köln GRUR-RR 2008, 88; OLG Stuttgart, 4. Februar 2008, 2 U 71/07; gegen OLG Hamburg MMR 2007, 660).

  3. Verstößt sonach eine vor Vertragsschluss lediglich ins Internet gestellte Belehrung "Im Übrigen kann der Verbraucher die Wertersatzpflicht vermeiden, indem er die Sache nicht wie ein Eigentümer in Gebrauch nimmt und alles unterlässt, was deren Wert beeinträchtigt" gegen § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB, so bleibt es eine Frage des Einzelfalls, ob das geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil der Marktteilnehmer mehr als nur unerheblich i.S. von § 3 UWG zu beeinträchtigen (Bestätigung KG GRUR-RR 2008, 131). Gegen eine solche Annahme wird sich derzeit häufig (noch) anführen lassen, dass der aktuelle Verordnungsgeber besagte Belehrungslücke in bestimmten Fällen in einer bis zum 1. Oktober 2008 geltenden Übergangsregelung ausdrücklich hingenommen hat.

Tenor


Tenor

  1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin vom 4. Januar 2008 - 16 O 894/07- wird zurückgewiesen.

  2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

  3. Der Beschwerdewert wird auf 3.750 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe


Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im vorliegenden Eilverfahren - soweit in die Beschwerdeinstanz gelangt - gegen nach seiner Auffassung nicht hinreichend klare und verständliche Angaben zur Vertretungsperson und zu den Rechtsfolgen eines Widerrufs im Internetauftritt der Antragsgegnerin bei eBay, welche mit ihm in Wettbewerb steht. Anlass für die erste Beanstandung ist die Angabe der Antragsgegnerin "F. GmbH & Co. KG, Geschäftsführer H. E. " (Bl. 92 d.A.). Anlass für die zweite Beanstandung ist die folgende Passage in der Widerrufsfolgenbelehrung der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit dem Angebot eines Heizstrahlers (Bl. 94 d.A.):

"Kann der Verbraucher die empfangenen Leistungen ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, muss der Verbraucher insoweit gegebenenfalls Wertersatz leisten. Bei der Überlassung von Sachen gilt dies nicht, wenn die Verschlechterung der Sache ausschließlich auf deren Prüfung - wie sie etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre - zurückzuführen ist. Im Übrigen kann der Verbraucher die Wertersatzpflicht vermeiden, indem er die Sache nicht wie ein Eigentümer in Gebrauch nimmt und alles unterlässt, was deren Wert beeinträchtigt."

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in diesen beiden Punkten zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner - form- und fristgerecht eingelegten - sofortigen Beschwerde.


II.

Die gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg .

1. Das Landgericht hat eine Untersagung hinsichtlich des im Impressum der Antragsgegnerin nicht ausgeschriebenen Vornamens des Geschäftsführers im Ergebnis mit Recht abgelehnt. Dem Antragsteller steht kein diesbezüglicher Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG zu.

a) Zwar genügt die Angabe im Impressum "F. GmbH & Co. KG, Geschäftsführer H. E." nicht den Anforderungen des § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 240 EGBGB, § 1 Abs. 1 Nr. 3 BGB-InfoV, wonach bei juristischen Personen, Personenvereinigungen oder -gruppen auch der Name eines Vertretungsberechtigten anzugeben ist. Zum Namen gehören sowohl der Nachname als auch der ausgeschriebene - nicht abgekürzte - Vorname (vgl. Senat GRUR 2007, 328).

b) Es ist im Ergebnis aber der Auffassung des Landgerichts im Nichtabhilfebeschluss vom 8. Februar 2008 zuzustimmen, dass hier eine Bagatelle nach Maßgabe des § 3 UWG vorliegt. Die der Antragsgegnerin konkret vorgeworfene unkorrekte bzw. unvollständige Angabe der von Rechts wegen erforderlichen Anbieterdaten ist nicht geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und Verbraucher mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen.

aa) Mit der Formulierung "zum Nachteil" bringt § 3 UWG zum Ausdruck, dass die Lauterkeit im Wettbewerb nicht um ihrer selbst willen geschützt wird, sondern nur insoweit, als die Wettbewerbsmaßnahmen tatsächlich geeignet sind, zu einer Beeinträchtigung geschützter Interessen der Marktteilnehmer zu führen. Die Verfälschung des Wettbewerbs muss darüber hinaus "nicht unerheblich" sein. Damit soll zum Ausdruck kommen, dass die Wettbewerbsmaßnahme von einem gewissen Gewicht für das Wettbewerbsgeschehen und die Interessen der geschützten Personenkreise sein muss. Die Verfolgung von Bagatellfällen, an deren Verfolgung kein schutzwürdiges Interesse der Allgemeinheit besteht, soll ausgeschlossen werden. Die Feststellung, ob ein Wettbewerbsverstoß geeignet ist, den Wettbewerb nicht nur unerheblich zu verfälschen, setzt eine nach objektiven und subjektiven Momenten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu treffende Wertung voraus (Senat GRUR-RR 2008, 131, 133; OLG Koblenz GRUR-RR 2007, 23). Bei der Prüfung, ob die beanstandete Wettbewerbshandlung zu einer nicht unerheblichen Wettbewerbsbeeinträchtigung geeignet ist, ist dementsprechend eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller vom Schutzzweck der Norm erfassten Umstände vorzunehmen (Senat a.a.O. m.w.N.). In diese sind neben der Art und Schwere des Verstoßes die zu erwartenden Auswirkungen auf den Wettbewerb sowie der Schutzzweck des Wettbewerbsrechts einzubeziehen. Eine nicht nur unerhebliche Verfälschung kann auch bei Verstößen mit nur geringen Auswirkungen auf den Marktteilnehmer im Einzelfall vorliegen, wenn durch das Verhalten eine Vielzahl von Marktteilnehmern betroffen ist oder eine nicht unerhebliche Nachahmungsgefahr besteht. Eine Eignung zur nicht nur unerheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs zum Nachteil der betroffenen Mitbewerber ist dann anzunehmen, wenn ihre Marktchancen durch die unlautere Wettbewerbshandlung spürbar beeinträchtigt sein können (Senat a.a.O.; OLG Koblenz a.a.O., S. 24; jeweils m.w.N.). Letzteres hängt auch von der Größe eines erzielten Wettbewerbsvorsprungs ab (vgl. zu § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG a.F. - BGH GRUR 2001, 258, 259 - Immobilienpreisangaben, m.w.N.). Es reicht nicht aus, dass der Verstoß lediglich geeignet ist, irgendeinen geringfügigen Wettbewerbsvorsprung zu begründen (vgl. zu § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. BGH GRUR 2001, 1166, 1169 - Fernflugpreise). Von Bedeutung sind vielmehr die jeweiligen Marktverhältnisse, wie die Größe des Unternehmens und die Zahl der Mitbewerber auf dem Markt sowie die Art, Schwere, Häufigkeit oder Dauer des Wettbewerbsverstoßes. In Bezug auf die Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer ist darauf abzustellen, ob ihre Informationsinteressen, ihre Entscheidungsfreiheit und ihre sonstigen durch das Gesetz geschützten Interessen spürbar beeinträchtigt sein können. Auch bezüglich der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer ist das Ausmaß der Beeinträchtigung ihrer Entscheidungsfreiheit oder sonstigen Interessen maßgebend (Senat und OLG Koblenz, jeweils a.a.O. m.w.N.).

bb) Im Streitfall ist zwar zu beachten, dass die Antragsgegnerin durch ihr Verhalten nicht nur einige wenige potenzielle Interessenten, sondern - durch die Verbreitung über das Internet - eine unabsehbare Vielzahl von Nachfragern erreichte. Auch kann bei einem Unternehmer das Unterlassen einer korrekten und vollständigen Namensangabe den Verbraucher im Unklaren lassen, mit wem genau er es zu tun hat und ihn - mit Blick auf § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, der die vollständige Benennung einer zu verklagenden Person fordert - von der Geltendmachung seiner Rechte abhalten. Daher ist ein solcher Verstoß eines Unternehmers in der Regel geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und der Verbraucher nicht nur unerheblich i.S. von § 3 UWG zu beeinträchtigen (vgl. Senat GRUR-RR 2007, 328 f.).

Auf der anderen Seite ist jedoch in Rechnung zu stellen, dass im Streitfall - anders als bei der vorstehend angeführten Senatsentscheidung - keine natürliche Person als Unternehmer handelt, die ihren bürgerlichen Namen unvollständig angibt, sondern eine GmbH & Co. KG, die ihre eigene Firma völlig korrekt angegeben und lediglich den Vornamen eines Geschäftsführers (wohl ihrer Komplementärin) vorschriftswidrig abgekürzt hat. Das aber lässt einen Verbraucher nicht über die Bezeichnung der Antragsgegnerin (als potenziellem Vertragspartner) im Unklaren. Auch ist ein Verbraucher hierdurch im Normalfall nicht gehindert, die Antragsgegnerin unter Angabe der - korrekt angegebenen - Firma, "vertreten durch den Geschäftsführer H. E.", zu verklagen, was den Vorgaben des § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO regelmäßig (jedenfalls zunächst einmal) genügt. Denn im Regelfall ist insoweit die namentliche Bezeichnung des Vertreters ebenso wenig unbedingt erforderlich (Greger in: Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 253 Rdn. 8; vgl. auch BGHZ 107, 296, 299) wie die korrekte Angabe der Vertretungsverhältnisse: So genügt etwa bei der GmbH & Co. KG regelmäßig die Angabe "vertreten durch die Geschäftsführer" (vgl. BGH NJW 1993, 2811, 2813; Greger a.a.O.).

c) Eine mehr als allenfalls marginale Berührung von Verbraucher- oder gar Mitbewerberinteressen ist somit im Streitfall durch den nur abgekürzten Vornamen der Vertretungsperson der Antragsgegnerin nicht ersichtlich. Deshalb beurteilt der Senat das - anders als die Angabe des nur abgekürzten Vornamens eines Einzelunternehmers (GRUR-RR 2007, 328 f.) - gemäß § 3 UWG als Bagatellverstoß und nicht als unlautere Wettbewerbshandlung.

2. Auch in ihrem zweiten Punkt ist die Beschwerde des Antragstellers im Ergebnis unbegründet.

Der Antragsteller hat gegen die Antragsgegnerin keinen Anspruch darauf (wie zuletzt geltend gemacht), dass diese es unterlässt,

auf der Handelsplattform eBay (…) im geschäftlichen Verkehr mit dem Endverbraucher im Fernabsatz Angebote von Waren aus dem Sortiment Garten- und Outdoor-Artikel zu veröffentlichen oder zu unterhalten, wenn bei den nach § 312c Abs. 1 BGB i.V. mit § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV erforderlichen Informationen (…) bei Angeboten von Heizstrahlern nicht auf eine bestehende Wertersatzpflicht des Käufers hingewiesen wird, die eine Verschlechterung der Sache durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme ausnimmt (…).

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB.

a) Nach der zuletzt genannten Vorschrift hat der Unternehmer bei Fernabsatzverträgen dem Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise klar und verständlich die Informationen zur Verfügung zu stellen, für die dies nach Art. 240 EGBGB i.V. mit § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV bestimmt ist, also auch Informationen über die Rechtsfolgen des Widerrufs.

aa) Dem Antragsteller ist allerdings darin zuzustimmen, dass der Verbraucher Wertersatz für eine durch bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung der Ware - entgegen der Auffassung des Landgerichts - nur schuldet, wenn der Unternehmer ihn spätestens vor Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit, sie zu vermeiden, hingewiesen hat. Das ergibt § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB (Senat GRUR-RR 2008, 131). Der vom Landgericht - unter Berufung auf OLG Hamburg MMR 2007, 660, 661 - vertretenen Auffassung, dass § 312c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB für Fernabsatzverträge eine dem § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB vorgehende Spezialregelung enthalte und der Unternehmer sich seinen weitergehenden Wertersatzanspruch bei diesen Verträgen noch durch eine bis zur Lieferung der Ware erfolgte Information der Verbraucher in Textform erhalten könne, tritt der Senat nicht bei. Ein Spezialitätsverhältnis zwischen den Vorschriften dürfte eher umgekehrt bestehen, da sich § 312c Abs. 2 Satz 1 BGB auf die bei jedem Fernabsatzgeschäft vorzunehmenden Pflichtangaben bezieht, während § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB eine keineswegs verpflichtende Abbedingung von § 357 Abs. 1 Satz 1, § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 2. Halbsatz BGB betrifft (OLG Köln GRUR-RR 2008, 88, 91; OLG Stuttgart, Beschl. v. 04.02.2008 - 2 U 71/07 - juris Rdn. 34).

bb) Auch ist dem Antragsteller weiter darin zu folgen, dass bei einer sogenannten Auktion auf der Internetplattform eBay Waren bereits verbindlich angeboten werden, sodass der Kaufvertrag schon mit der entsprechenden auf einen Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers zustande kommt (vgl. BGH NJW 2002, 363, 364 f; NJW 2005, 53, 54) und vor diesem Vertragsschluss regelmäßig keine Belehrung in Textform erfolgt, weil eine lediglich ins Internet gestellte Widerrufsbelehrung keine solche in "Textform" im Sinne der §§ 126 b, 357 Abs. 3 Satz 1 BGB ist, solange es nicht zu einer Perpetuierung der Erklärung bei dem abrufenden Verbraucher (Ausdruck der Seite oder Abspeicherung auf der eigenen Festplatte) kommt (vgl. Senat NJW 2006, 3215, 3216; OLG Hamburg GRUR-RR 2007, 174; OLG Hamm MMR 2007, 377; OLG Köln a.a.O., S. 89).

cc) Die beanstandete Belehrung der Antragsgegnerin informiert den Verbraucher über die Rechtsfolgen des Widerrufs eines über die Internethandelsplattform eBay im Rahmen einer sogenannten Auktion abgeschlossenen Fernabsatzvertrages mithin unvollständig, soweit es um Sachverhalte geht, in denen der Verbraucher die erhaltene Ware nicht nur geprüft, sondern bestimmungsgemäß in Gebrauch genommen hat. Ist der Verbraucher - wie dies bei einem über die Internethandelsplattform eBay im Rahmen einer sogenannten Auktion abgeschlossenen Fernabsatzvertrag regelmäßig der Fall ist - nicht spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf die Verpflichtung, Wertersatz im Fall der bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme zu leisten, und eine Möglichkeit, dies zu vermeiden, hingewiesen worden, so kann der Verbraucher nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V. mit § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB die Sache bestimmungsgemäß in Gebrauch nehmen, ohne nach einem Widerruf für eine dadurch eingetretene Verschlechterung der Sache Wertersatz zu schulden.

Dem Standpunkt des Antragstellers, die Belehrung der Antragsgegnerin sei nicht nur unvollständig, sondern (in dieser Allgemeinheit) unrichtig, kann hingegen nicht zugestimmt werden.

Die Erklärung, der Verbraucher habe im Falle eines Widerrufs Wertersatz für Verschlechterungen der erhaltenen Ware durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme zu leisten, ist der beanstandeten Belehrung auch im Umkehrschluss nicht zu entnehmen.

Der über die Wertersatzpflicht informierende Satz in der Belehrung der Antragsgegnerin enthält die Einschränkung, dass der Verbraucher für eine Verschlechterung gegebenenfalls Wertersatz zu leisten habe. ("Kann der Verbraucher die empfangenen Leistungen ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, muss der Verbraucher insoweit gegebenenfalls Wertersatz leisten.")

Was unter "gegebenenfalls" zu verstehen ist, wird nicht weiter erläutert, so dass - wie bereits ausgeführt - festgestellt werden kann, dass die Antragsgegnerin über die Rechtsfolgen des Widerrufs nicht vollständig informiert.

Die Einschränkung "gegebenenfalls" (dazu auch OLG Köln a.a.O., S. 91) steht gerade einem dahin gehenden Verständnis der Belehrung entgegen, dass der Verbraucher bei einer Verschlechterung der Ware durch bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme (stets) Wertersatz zu leisten habe. So erscheint der (übernächste) Folgesatz "Im Übrigen kann der Verbraucher die Wertersatzpflicht vermeiden, indem er die Sache nicht wie ein Eigentümer in Gebrauch nimmt und alles unterlässt, was deren Wert beeinträchtigt" nicht als einziger Fall, in dem eine Wertersatzpflicht nicht in Betracht kommt, sondern als Beispielsfall (zu allem Vorstehenden auch Senat, Beschl. v. 25.03.2008 - 5 W 58/08).

b) Nimmt man sonach an, dass die Antragsgegnerin ihre Verpflichtung, gemäß § 312c Abs. 1 BGB über die Widerrufsfolgen klar und verständlich zu informieren, nicht erfüllt und damit gegen eine Marktverhaltensvorschrift im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG verstoßen hat, so folgt daraus vorliegend aber kein Unterlassungsanspruch des Antragstellers. Denn dieser Verstoß ist jedenfalls in dem hier zu beurteilenden Fall nicht geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer im Sinne von § 3 UWG mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen (vgl. auch Senat GRUR-RR 2008, 131, 132 f.).

Unter Zugrundelegung der oben II 1 b aa zur Bagatellschwelle des § 3 UWG wiedergegebenen Grundsätze gilt in diesem Zusammenhang Folgendes:

aa) Die durch § 312c Abs. 1 BGB geschützten Informationsinteressen der Verbraucher werden durch die beanstandete Belehrung der Antragsgegnerin nur in geringem Umfang berührt, da die Belehrungslücke auf einen so engen Bereich begrenzt ist, dass nach den obigen Ausführungen vorliegend auch nur von einer unerheblichen Beeinträchtigung auszugehen ist. Die beanstandete Belehrung lässt den Verbraucher - wie bereits ausgeführt - darüber im Unklaren, dass Wertersatzansprüche wegen einer durch Ingebrauchnahme erfolgten Verschlechterung der Ware auch dann nicht in Betracht kommen, wenn er die Ware nicht nur, wie ihm das etwa in einem Geschäft möglich ist, prüft, sondern bestimmungsgemäß in Gebrauch nimmt.

Bezogen auf das Produkt, das Gegenstand des Angebots der Antragsgegnerin war, das den Antragsteller veranlasst hat, dieses Verfahren einzuleiten, bedeutet dies, dass der Verbraucher zwar erfährt, dass er den Heizstrahler prüfen darf, ohne Wertersatzansprüche befürchten zu müssen, ihn also auspacken darf, dass er aber nicht erfährt, dass er die Heizsonne zumindest einmalig zum Zweck eines Tests eine gewisse Zeitlang laufen lassen darf, ohne wegen einer Verschlechterung des Geräts Wertersatzansprüche befürchten zu müssen (vgl. insoweit das Beispiel in der Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 14/6040, S. 200, nach der eine kurze Probefahrt mit dem nicht zugelassenen PKW auf nichtöffentlichem Gelände Prüfung im Sinne des § 357 Abs. 3 Satz 2 BGB ist).

Es ist jedoch anzunehmen, dass sich aufgrund dieser Unklarheit nur in Ausnahmefällen ein Verbraucher davon abhalten lässt, nach Belieben mit der gekauften Sache zu verfahren und gegebenenfalls von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen (siehe auch Senat, Beschl. v. 25.03.2008 - 5 W 58/08).

bb) Auch der Schutzzweck von § 312c Abs. 1 BGB und § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV erfordert keine lückenlose Darstellung der Rechtsfolgen des Widerrufs.

Zu den Rechtsfolgen des Widerrufs, über die der Unternehmer den Verbraucher zu informieren hat, gehören nach der ausdrücklichen Regelung in § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV Informationen über den Betrag, den der Verbraucher gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB für die erbrachte Dienstleistung zu zahlen hat. Weitere konkrete Angaben über den Inhalt und Umfang der Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs enthält § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV nicht.

Legt man diese Bestimmung nach ihrem Sinn und Zweck aus, erscheint die Forderung, die Rechtsfolgen des Widerrufs in allen nach dem Gesetz denkbaren Alternativen und Varianten vollständig und in allen Einzelheiten darzustellen, als zu weit gehend.

Die Vorschrift des § 312c Abs. 1 BGB und § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV dienen dem Schutz des Verbrauchers. Der Verbraucherschutz erfordert einerseits eine möglichst umfassende Belehrung des Verbrauchers. Andererseits ist ein effektiver Verbraucherschutz aber auch nur dann gewährleistet, wenn die Belehrung unmissverständlich und aus dem Verständnis des Verbrauchers eindeutig ist (BGH NJW 2002, 3396, 3397; BGH NJW 2007, 1946).

Hinter § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV in der heutigen Fassung, die diese Norm durch das Fernabsatzänderungsgesetz vom 2. Dezember 2004 erhalten hat, steht der Leitgedanke des Gesetzgebers, den Verbraucher bei den für ihn mit erheblichen Risiken und daher auch mit erheblichem Informationsbedarf verbundenen Distanzgeschäften mit umfassenden Informationen zu versorgen. Zugleich war es aber auch erklärtes Ziel des Gesetzgebers, mit den zu erteilenden Informationen weder den Verbraucher zu überfordern noch die Unternehmer zu übermäßig zu belasten (vgl. BT-Drucksache 15/2946, S. 25 und 26).

Daraus folgt, dass eine in alle Einzelheiten gehende Darstellung der Rechtsfolgen des Widerrufs ihren Informationszweck verfehlt, weil sie der Verständnismöglichkeit und Auffassungsbereitschaft des durchschnittlichen, juristisch nicht vorgebildeten Verbrauchers nicht mehr gerecht wird, sondern eine Überforderung beider Seiten darstellt, die der Gesetzgeber - wie bereits ausgeführt - vermeiden wollte.

Die Probleme, die mit einer einerseits lückenlosen, andererseits noch verständlichen Widerrufsbelehrung verbunden sind, beweist gerade der Blick auf § 346 BGB, auf den § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs verweist. Allein die alle Einzelheiten erfassende Wiedergabe der in dieser Vorschrift enthaltenen Regelungen unter Berücksichtigung der Sonderregelungen für den Widerruf in § 357 Abs. 3 BGB lässt im Zweifel einen umfangreichen und unübersichtlichen Text entstehen, der den Verbraucher abschreckt, anstatt diesen - wie von der Norm an sich bezweckt - "einzuladen", sich näher damit zu befassen.

Dem Informationsbedürfnis des durchschnittlichen Verbrauchers wird eine zusammenfassende, sich auf die wesentlichen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien konzentrierende Darstellung der Rechtsfolgen des Widerrufs weitaus gerechter (zu allem Vorstehenden auch Senat, Beschl. v. 25.03.2008 - 5 W 58/08).

cc) Entscheidend ist letztlich, dass die beanstandete Lücke in der Widerrufsbelehrung der Antragsgegnerin zum Zeitpunkt dieser Entscheidung auch unter einem weiteren Gesichtspunkt als nicht verfolgenswerte Bagatelle erscheint.

Die Antragsgegnerin hat für ihre Widerrufsbelehrung den Text der Musterwiderrufsbelehrung in der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in ihrer derzeit noch gültigen Fassung weitgehend übernommen.

Dies reicht hier allein zwar nicht aus, um einen Verstoß der Antragsgegnerin gegen ihre Verpflichtung zur klaren und verständlichen vorvertraglichen Information des Verbrauchers über die Widerrufsfolgen zu verneinen (so allerdings OLG Köln a.a.O. S. 91 f.). Denn das Muster setzt - unabhängig davon, ob es um eine Belehrung nach § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB oder um eine solche nach § 312c Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BGB geht - stets eine Belehrung in Textform voraus. Das Muster ist nämlich bezeichnet als "Anlage 2 (zu § 14 Abs. 1 und 3)", und § 14 Abs. 1 BGB-InfoV stellt darauf ab, dass das Muster der Anlage 2 "in Textform" verwandt wird. Die Vorschrift des § 1 Abs. 4 Satz 2 BGB-InfoV ermöglicht es dem Unternehmer, das "in § 14" bestimmte Muster (also gemäß § 14 Abs. 1 BGB-InfoV: in Textform) zu verwenden. Das Muster kommt bei einer - wie hier - lediglich ins Internet gestellten Belehrung demnach von vornherein nicht zum Tragen (Senat MMR 2007, 185, 186; OLG Hamm, MMR 2007, 377, 378).

Mit Wirkung zum 1. April 2008 ist jedoch die Dritte Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten-Verordnung vom 4. März 2008 (BGBl. I 2008, 292) in Kraft getreten.

Der Gestaltungshinweis Nr. 7 weist danach an, in das "Muster für die Widerrufsbelehrung" den Satz "Für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung müssen Sie keinen Wertersatz leisten" einzufügen, wenn ein Hinweis auf die Wertersatzpflicht gemäß § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB und eine Möglichkeit zu ihrer Vermeidung nicht spätestens bei Vertragsschluss in Textform erfolgt.

Da die Dritte Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten-Verordnung vom 4. März 2008 in ihrem Art. 1 eine Überleitungsregelung für die Muster nach § 14 enthält, stützt dies im jetzigen Zeitpunkt nicht die Position des Antragstellers.

Wenn der Verordnungsgeber danach in Kenntnis der künftig durch den Gestaltungshinweis Nr. 7 behobenen Informationslücke in der derzeit noch gültigen Fassung der Musterwiderrufsbelehrung für einen Übergangszeitraum, d.h. bis zum 1. Oktober 2008, die Weiterverwendung des alten, lückenhaften Musters zur Belehrung der Verbraucher zulässt, ist daraus der Schluss zu ziehen, dass der Verordnungsgeber insoweit die Informationsinteressen der Verbraucher während dieses Übergangszeitraums gegenüber dem Schutz des Vertrauens der Verwender der bislang gültigen Musterwiderrufsbelehrung darauf, mit der Verwendung des Musters den gesetzlichen Anforderungen genügt zu haben, zurückstellt.

Daher ist unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten hier die beanstandete Lücke in der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung, welche dem bislang gültigen Muster der Widerrufsbelehrung weitgehend entspricht, nach allem jedenfalls bis zum Ablauf besagten Übergangszeitraums am 1. Oktober 2008 als Bagatellverstoß zu werten (zu allem Vorstehenden auch Senat, Beschl. v. 25.03.2008 - 5 W 58/08).


III.

Die Nebenentscheidungen zu den Kosten und zur Wertfestsetzung beruhen auf § 97 Abs. 1, § 3 ZPO.

Rechtsgebiete

Informations- und Telekommunikationsrecht

Normen

§ 3 UWG; § 4 Nr 11 UWG; § 312c BGB; § 346 BGB; § 357 BGB; § 1 Abs 1 Nr 3 BGB-InfoV; § 1 Abs 1 Nr 10 BGB-InfoV