Abbildung einer Person gelegentlich eines Festes mit deren Einwilligung
Gericht
KG
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
19. 06. 2008
Aktenzeichen
10 U 8/08
Die Berufung der Beklagten gegen das am 6. Dezember 2007 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 27 O 813/07 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist in der Hauptsache gegen Sicherheitsleistung von 50.000,- EUR und wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung einer Wortberichterstattung in Anspruch. Die Beklagte ist Verlegerin der Zeitschrift ... . In der Ausgabe vom ... erschien unter der Überschrift "Charlotte, die Party-Prinzessin" ein Bericht, der sich mit der Klägerin befasste. In dem auf dem Titelblatt mit der Schlagzeile "Party-Prinzessin Charlotte" angekündigten und mit Fotos der Klägerin und ihrer Familie bebilderten Artikel heißt es u.a.:
"Sie war wie eine neue Sonne, um die alle anderen Gäste kreisten... ";
"Charlotte ist die neue Party-Sonne";
"Adieu - stille, kleine Charlotte, ihr mediterranes Temperament bricht offenbar durch... ";
"Mit wehendem Haar erinnert sie auf dem Dancefloor an Mama Caroline in den deren besten Zeiten in den Nachtclubs 'Jimmi'z', 'Maxims', 'Regine' und 'Club 56'. Damals hatte Caroline - ob mit Philippe Junot oder Guillermo Vilas - die Ausgehszene zwischen Monte Carlo, Paris und New York geprägt.";
"die 'Prinzessin außer Rand und Band.";
"Charlotte ist in ihrer Clique die Sonne, um die sich alle anderen drehen.";
"Genau ein Jahr ist es her, dass die Literaturstudentin Charlotte beim Rosenball ihr Debüt gab.";
"Die Welt war schon damals entzückt: Sie gab das Bild eines schüchternen, bescheidenen jungen Mädchens ab. Mit einem charmant hochgesteckten Pferdeschwanz sagte sie ihrer Kindheit Adieu. Hatte sogar diesen schüchternen Lady Di-Blick. Den Kopf bescheiden gesenkt, die Augen weit offen, (...)";
"Dagegen jetzt, zwölf Monate später, was für ein Kontrast! Charlotte ist eingeschert in die High Society. Sie scheint dem Kokon ihrer Kindheit entschlüpft zu sein, ein strahlender Schmetterling hat sich entpuppt. Sie ist hineingewachsen in eine Gesellschaft, in der einerseits strenge Regeln gelten, andererseits einige wenige in ihren Kreisen sich das Recht nehmen, über diesen Regeln zu stehen.";
"Heute spielt Charlotte wie selbstverständlich ihre neue Rolle als strahlender Gesellschaftsmittelpunkt. Wie selbstverständlich trägt sie die großen Roben von Chanel und plaudert mit ihrer Freundin Eugénie über den neuesten Klatsch aus der jungen Society.";
"Charlotte verkörpert mit ihrer unglaublichen Grazie den 'Pedigree', den Adel, der nicht einmal einen Titel braucht, um edel zu sein. (...) Aber mal ehrlich: Wer ist mehr Prinzessin vom Anblick her - die Windsor-Girls, die gern auf Pferden sitzen, oder Charlotte, die auf dem Rosenball tanzt?";
"Es muss die Grimaldi-DANN sein, die ihr Blut erhitzt. Charlotte lernt nach einer behüteten Kindheit gerade was Neues: 'die Leichtigkeit des Seins'. Und damit sie nicht wie im Roman von Milan Kundera 'unerträglich leicht' wird, kann sich Charlotte auf ihre kluge Mutter verlassen. Die hatte schon Pierre und Andrea Blei in die Partyschuhe gekippt, indem sie die Söhne auf strapaziöse Charityreisen nach Asien und Afrika schickte. Caroline weiss, dass sich auch die schönsten Schmetterlinge die Flügel verbrennen können! Charlotte wird das nicht passieren.".
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zur Unterlassung dieser Äußerungen sowie der Ankündigung auf dem Titelblatt zu verurteilen. Durch das am 6. Dezember 2007 verkündete und der Beklagten am 17. Dezember 2007 zugestellte Urteil hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem Urteil wird verwiesen, § 540 Abs. 1 ZPO.
Die Beklagte hat am 14. Januar 2008 Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 18. März 2008 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet. Sie ist der Ansicht, dass das Informationsinteresse Vorrang verdiene, weil die beanstandete Berichterstattung einen hinreichend engen Kontext zu dem zeitgeschichtlichen Ereignis "Rosenball" aufweise. Der Bericht habe die Beschreibung des Inhalts einer zulässigen Bildveröffentlichung zum Gegenstand. Die Wertung öffentlicher Auftritte der Klägerin sei von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt die Ansicht, dass den Äußerungen ein unmittelbarer Bezug zu dem Ballgeschehen fehle. Ein substanzieller Informationswert fehle. Der Bericht beschränke sich darauf, irgendeinen Anlass für die Berichterstattung über das Privatleben der Klägerin zu schaffen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
1. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch analog § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG zu. Bei der gebotenen Abwägung zwischen dem durch Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG geschützten Persönlichkeitsrecht der Klägerin und den durch die Meinungs- und Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Interessen der Beklagten stellen sich die Äußerungen als rechtswidrig dar.
2. Der Senat verweist zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts sowie die Gründe des Urteils betreffend die Bildberichterstattung (Urteil vom 19. Juni 2008 - 10 U 273/07). In dem Urteil hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt:
"Die beanstandete Wortberichterstattung stellt sich nicht als Bericht über ein zeitgeschichtliches Ereignis dar. Unter den Begriff der Zeitgeschichte fällt ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen, die das Interesse der Öffentlichkeit finden. Bereits bei der Zuordnung zum Bereich der Zeitgeschichte sind dabei die widerstreitenden Grundrechte gegeneinander abzuwägen. Dabei umfasst die Pressefreiheit auch unterhaltende Beiträge, die oftmals die Meinungsbildung nachhaltiger anregen als rein sachbezogenen Informationen (BGH, NJW 2007, 1977, 1978 f.). Bei der Gewichtung des Informationsinteresses im Verhältnis zum Schutz des Persönlichkeitsrechts kommt dabei dem Gegenstand der Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu. Beschränkt sich der die Bildveröffentlichung begleitende Wortbeitrag allein darauf, irgendeinen Anlass für die Abbildung zu schaffen, so lässt die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung nicht erkennen. In einem solchen Fall muss das Informationsinteresse hinter dem Schutz des Persönlichkeitsrechts des Abgebildeten zurücktreten (BGH, NJW 2005, 56, 57). Dies ist vorliegend der Fall.
Zwar hat die Beklagte durch die Bildbeschriftungen auf dem Titelblatt und auf Seite 31 klargestellt, dass die Fotos auf dem Rosenball 2007 entstanden sind. Allein dadurch stellt sich die Berichterstattung jedoch nicht als Bericht über den Rosenball dar. Schon die Schlagzeile auf dem Titelblatt macht deutlich, dass sich die Berichterstattung nicht um den Rosenball dreht, sondern um die Klägerin als "Party-Prinzessin", die sich - wie beim Rosenball in Monaco - "immer häufiger öffentlich ins Vergnügen" stürze. Die Beschriftungen zu dem auf Seite 30 abgedruckten großen Foto präsentieren die Klägerin ebenfalls als "Party-Prinzessin", "feurige Schönheit" und "Sonne, um die alle anderen Gäste kreisten". Bis auf die Beschreibung der Klägerin als "Star" des Rosenballs werden in den Bildunterschriften keine Einzelheiten über das Ballgeschehen berichtet. Entsprechendes gilt für die beiden daneben abgedruckten Fotos auf Seite 31, die zwar ebenfalls auf den Rosenball verweisen ("leicht zerzaust im Ballkleid"; "Charlotte" riss "die meisten Tänzer mit"), das dortige Auftreten der Klägerin aber letztlich dazu nutzen, Bildnisse der Klägerin abzudrucken.
Im Fließtext der Wortberichterstattung werden zwar Parties des Fotografen Testino und des Modemachers Lagerfeld erwähnt, an denen die Klägerin teilgenommen hat. Ob es sich dabei um zeitgeschichtliche Ereignisse handelt, kann dahinstehen. Denn die Erwähnung der beiden Veranstaltungen dient nur dazu, die Klägerin als Party-Gängerin zu präsentieren.
Anschließend nimmt die Wortberichterstattung zwar Bezug auf den Rosenball 2007. Auch hier wird jedoch bis auf die Mitteilung, dass ihre zwei Brüder sowie zwei weitere Mitglieder der "jungen Monaco-Society" ebenfalls auf dem Ball gewesen seien, nichts Näheres über den Rosenball berichtet. Die Erwähnung der vier weiteren Besucher erfolgt zudem allein zu dem Zweck, die Verfügungsklägerin als strahlenden Mittelpunkt "ihrer Clique" darzustellen. Die vorliegende Berichterstattung ist hinsichtlich des Rosenballs so arm an Fakten, dass nicht von einem Bericht über ein zeitgeschichtliches Ereignis gesprochen werden kann.
Im folgenden Textabschnitt werden ohne weitere Darstellung des Rosenballs 2007 als mögliches zeitgeschichtliches Ereignis das Aussehen und das Auftreten der Klägerin beim Rosenball des zurückliegenden Jahres und bei gesellschaftlichen Veranstaltungen erörtert. Einen Beitrag zu einer die Allgemeinheit interessierenden Sachdebatte vermag die insgesamt auf Ausbreitung von Belanglosigkeiten und Spekulationen beruhende Wortberichterstattung nicht zu leisten, so dass die Klägerin es nicht hinnehmen muss, dass die streitgegenständlichen Fotos zur Bebilderung herangezogen werden.
Hieraus folgt zugleich, dass auch die Veröffentlichung der Fotos Nr. 5 und 6 (Seite 33 f.) ebenfalls rechtswidrig erfolgte. Allerdings wird die Klägerin in der Beschriftung des Fotos Nr. 5 nicht allein in den Mittelpunkt gestellt. Es werden jedoch in der Bildaufschrift ebenfalls keine Einzelheiten des Rosenballs dargestellt, so dass auch hier der Ball nur als Anlass genommen wird, das Foto zu veröffentlichen, das die Klägerin gemeinsam mit ihrem Bruder zeigt.
Auf dem Gruppenfoto auf Seite 34 sind zwar eine Vielzahl anderer Ballbesucher abgebildet, die in der Bildaufschrift namentlich genannt werden. Der Beklagten ist zuzugeben, dass insbesondere diesem Foto ein Posieren der Abgebildeten für Fotografen und damit eine Einwilligung in die Veröffentlichung zu entnehmen ist. Diese Einwilligung bezieht sich jedoch ebenfalls nicht auf jedwede Veröffentlichung, sondern nur auf eine solche, die sich als Berichterstattung über den Rosenball darstellt. An letzterem fehlt es hier. Zum einen stellte die Bildbeschriftung die Abgebildeten nicht als Ballbesucher vor, sondern als "Junge Monaco Society". Zum anderen genügt die Aufzählung einiger mehr oder weniger bekannter Namen nicht, um den Artikel zu einem Bericht über den Rosenball als mögliches zeitgeschichtliches Ereignis zu machen.
Die Klägerin hat sich schließlich auch nicht derart der Presse geöffnet, dass sie nunmehr Bildnisveröffentlichungen in beliebigem Zusammenhang zulässig wären. Dabei kann dahinstehen, ob die drei von der Beklagten herangezogenen Veröffentlichungen mit Einwilligung der Klägerin erfolgten, was diese in Abrede stellt.
Auch wenn sich die Klägerin nicht gegen die Veröffentlichung der von Lagerfeld gefertigten Fotos in der ... gewehrt haben mag, so hat sie sich mit den dortigen Bildern nicht soweit der Öffentlichkeit präsentiert, dass sie es jetzt ohne zeitgeschichtlichen Zusammenhang hinnehmen müsste, dass Fotos von ihr veröffentlicht werden. Gleiches gilt auch für die Veröffentlichung in ... . Der Bericht in der Zeitschrift ... befasst sich vorrangig mit Fürst Albert und nicht mit der Klägerin. Diese ist nur zusammen mit ihrem Onkel am Rande des Formel-1-Rennens von Monaco und mit ihrem Bruder im Hof des Palastes zu sehen."
Diese Ausführungen gelten entsprechend für die hier beanstandete Wortberichterstattung.
3. Das Vorbringen der Beklagten im hiesigen Rechtsstreit rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Wortberichterstattung ist rechtswidrig, weil die Abwägung ergibt, dass das Persönlichkeitsrecht der Klägerin den Vorrang verdient.
Zwar handelt es sich bei den beanstandeten Äußerungen um Meinungsäußerungen, die an das Auftreten der Klägerin in der Öffentlichkeit anknüpfen. Grundlage der Wertungen sind somit Vorgänge aus der Sozialsphäre. Auch in diesem Bereich bleibt jedoch grundsätzlich dem Einzelnen die Bestimmung darüber vorbehalten, welcher Öffentlichkeit er personal vorgestellt wird. Der Lebens- und Entfaltungsraum der Persönlichkeit wäre übermäßig eingeengt, wenn sie der steten Gefahr konfrontiert wäre, einer breiteren Öffentlichkeit ausgesetzt zu werden als jener, die sie im sozialen Kontakt gesucht hat (vgl. BVerfG, NJW 1973, 1226; BGH, NJW 1981, 1366). Über die Beschreibung von Auftritten der Klägerin hinaus bewerten die angegriffenen Äußerungen ihre Persönlichkeit und unterstellen ihr ein bestimmtes Image, nämlich das einer im Mittelpunkt stehenden "außer Rand und Band" geratenen "Party-Prinzessin", die als "strahlender Schmetterling" dem "Kokon ihrer Kindheit" entschlüpft zu sein scheine. Diese Charakterisierung reicht über die deskriptive Schilderung öffentlicher Auftritte hinaus und berührt die Privatsphäre der Klägerin.
Die Klägerin muss die beanstandete Berichterstattung zunächst nicht bereits deshalb hinnehmen, weil sie als Tochter der Prinzessin Caroline von Hannover Angehörige eines regierenden Fürstenhauses ist. Sie bekleidet weder ein öffentliches Amt, noch nimmt sie eine herausgehobene Position im öffentlichen Leben ein. Mit dem Fürsten Albert von Monaco ist die Klägerin nicht im ersten Grad verwandt. Einen Adelstitel trägt sie nicht. Die Thronfolge wird sie aller Voraussicht nach nicht antreten. Auf die Person, die Eigenschaften und Fähigkeiten der Klägerin kommt es für die Regierung und die Zukunft des Fürstentums Monaco nicht an. Politischen oder wirtschaftlichen Einfluss übt die Klägerin nicht aus.
Wie bereits ausgeführt, muss die Klägerin die Äußerung auch nicht im Zusammenhang mit einer zulässigen Berichterstattung über den Rosenball als eines zeitgeschichtlichen Ereignisses dulden. Ein hinreichend enger Berichtszusammenhang fehlt; vielmehr werden der Rosenball und die genannten Parties nur zum Anlass zu Ausführungen über die Person der Klägerin genommen (vgl. BGH, NJW 2005, 56). Die beanstandete Wortberichterstattung hat nicht lediglich die Beschreibung des zulässigen Inhalts einer Bildveröffentlichung zum Gegenstand. Unabhängig davon, dass auch die Bildberichterstattung rechtswidrig ist (siehe oben 2.) geht die Charakterisierung der Klägerin über eine mit Wertungen versehene Beschreibung des Ballgeschehens weit hinaus. Die Berichterstattung ist personen- und nicht ereignisbezogen. Für die Einordnung und Bewertung des Rosenballs durch die Leser der ... kommt es auf die Bewertung der Person der Klägerin und ihrer Entwicklung nicht wesentlich an. Der Informationswert für die Öffentlichkeit besteht wesentlich in der Unterhaltung ohne gesellschaftliche Relevanz. Einen Beitrag zu einer Debatte mit einem darüber hinaus gehenden Sachgehalt leistet die Berichterstattung der Beklagten nicht.
4. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 709 Satz 1 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, § 543 Abs. 2 ZPO.
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