Ersatz-Hotels und damit verbundene Etappenänderungen bei einer Fahrrad-Reise
Gericht
AG Bad Homburg v. d. H.
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
19. 02. 2008
Aktenzeichen
2 C 2973/07 (19)
Auszüge aus den Gründen:
Die Klage ist teilweise begründet.
Der Kläger kann von der Beklagten die Rückerstattung eines weiteren Teils des Reisepreises von 183,30 EUR verlangen. Er hat einen Anspruch auf Minderung in Höhe von 296,10 EUR abzüglich vorprozessual gezahlter 112,80 EUR aus § 651d BGB. Denn die von der Beklagten veranstaltete Reise war teilweise mangelhaft im Sinne von § 651c BGB.
So stellt es einen Mangel der Reise dar, dass der Kläger nach seinem unwidersprochen gebliebenen Vortrag fünf von den acht bei der Beklagten gebuchten Übernachtungen in anderen Hotels als in der von der Beklagten vor Reiseantritt übermittelten Hotelliste vornehmen musste. Die Beklagte war nach dem Inhalt des Reisevertrages verpflichtet, dem Kläger Unterkünfte in den in der besagten Liste aufgeführten Hotels zur Verfügung zu stellen. Zwar sind dem Kläger ausweislich der Reisebestätigung vom 24.5.2007 noch keine konkreten Hotels, in denen die Übernachtungen während der Rad-Reise erfolgen sollten, mitgeteilt worden. Der Beklagten wurde stattdessen das Recht eingeräumt, besagte Unterkünfte vor Reiseantritt nach billigem Ermessen durch einseitige Erklärung gegenüber dem Kläger gemäß § 315 BGB festzulegen. Von diesem Ermessen hat die Beklagte indessen durch die vor Reiseantritt erfolgte Zusendung der Hotelliste Gebrauch gemacht, in welcher sie dem Kläger bestimmte Hotels, in denen die jeweiligen Übernachtungen erfolgen sollten, benannt hat. Durch den Zugang der Hotelliste ist eine Konkretisierung der von der Beklagten geschuldeten Unterbringungsleistung gemäß § 243 Abs. 2 BGB mit der Folge eingetreten, dass die in der Liste aufgeführten Hotels Bestandteil der von der Beklagten zu erbringenden Leistung geworden sind.
Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte am unteren Ende der Liste die Klausel "Änderungen sind möglich" abgedruckt hat. Hierin kann kein wirksamer Leistungsänderungsvorbehalt erblickt werden, da ein solcher nicht einseitig von einer Vertragspartei nach Abschluss des Vertrages erklärt werden kann, sondern einer vertraglichen Grundlage bedarf. Der Beklagten hätte mithin nur dann ein einseitiger Leistungsänderungsvorbehalt zur Seite gestanden, wenn sie in ihren Allgemeinen Reisebedingungen einen solchen aufgenommen hätte und die ARB der Beklagten in den mit dem Kläger abgeschlossenen Reisevertrag einbezogen worden wären. Hierzu hat die Beklagte nichts vorgetragen. Letztendlich kommt es hierauf jedoch nicht an, da die Beklagte auch im Falle eines wirksam vereinbarten Leistungsänderungsvorbehalts zu den konkret erfolgten Umquartierungen des Klägers nicht berechtigt gewesen wäre. Ein Leistungsänderungsvorbehalt in den Allgemeinen Reisebedingungen der Beklagten wäre nach § 308 Nr. 4 BGB nur dann wirksam, wenn er sich auf solche Änderungen der Reiseleistungen beschränkte, die dem Reisenden zumutbar sind. Zumutbarkeit ist nur dann anzunehmen, wenn die Änderung nach Vertragsschluss nicht wider Treu und Glauben herbeigeführt wird (vgl. Führich, Reiserecht, [5. Aufl.] , Rn. 170).lm vorliegenden Fall verstößt die von der Beklagten vorgenommene teilweise Auswechslung der in der Hotelliste aufgeführten Beherbergungsbetriebe indessen gegen Treu und Glauben, da sie lediglich dazu diente, die Folgen eines eigenen Organisationsverschuldens der Beklagten zumindest teilweise wieder auszugleichen. Sinn und Zweck eines Leistungsänderungsvorbehalts ist es jedoch nicht, dem Reiseveranstalter eine Möglichkeit an die Hand zu geben, eigene Fehlleistungen durch einseitige Änderung des Vertragsgefüges im Nachhinein zu legalisieren.
Bei der Bemessung der sich aus der mithin vertragswidrigen Zuweisung anderer Quartiere ergebenden Minderung ist zu berücksichtigen, dass ein Reisender, der eine Fahrrad-Reise von Ort zu Ort bucht, dem Unterkommen in bestimmten Hotels regelmäßig nicht dieselbe Bedeutung beimessen wird, wie dies bei einem Reisenden der Fall ist, der einen mehrtägigen Aufenthalt in einem bestimmten Hotel gebucht hat. Von daher erscheint für die abweichende Unterbringung des Klägers in den Orten eine Minderung des jeweiligen Tages-Reisepreises um lediglich 10% gerechtfertigt. Diese Erwägung gilt jedoch nicht für das von dem Kläger für die zweite Übernachtung zugewiesene Hotel in X., da es sich hierbei nicht nur um ein anderes als das in der Hotelliste aufgeführte Hotel handelte, sondern es zudem noch in einer anderen Gemeinde als das vorgesehene Hotel gelegen war. Dies führte dazu, dass der von dem Kläger gebuchte Zuschnitt der ersten Rad-Etappe in erheblichem Umfang zum Nachteil des Klägers verändert wurde, da er am ersten Reisetag mit dem Fahrrad nicht lediglich cirka 42 Kilometer - wie in der Prospektbeschreibung der Beklagten ausgeschrieben - sondern cirka 65 Kilometer zurücklegen musste. Die mit der vertragswidrigen Änderung des Übernachtungsortes verbundene Verlängerung der ersten Reise-Etappe des Klägers auf das 1 1/2-fache der vereinbarten Strecke rechtfertigt nach Ansicht des erkennenden Gerichts eine Minderung des auf den zweiten Reisetag entfallenden Tages-Reisepreises um 40%.
Ebenfalls zu mindern ist der auf den dritten Reisetag entfallende anteilige Reisepreis, da der vorgenannte Mangel auch auf diesen Tag ausstrahlte. Denn die vertragswidrige Übernachtung des Klägers in Aschach führte zwangsläufig dazu, dass sich die für den dritten Tag vorgesehene Radetappe von cirka 38 Kilometern auf nur noch 15 Kilometer verkürzte, so dass der Kläger die auf diesen Tag entfallende Reisezeit nicht wie vorgesehen nutzen konnte. Hierfür erscheint eine weitere Minderung des auf den dritten Reisetag entfallenden anteiligen Reisepreises um 10% gerechtfertigt.
Schließlich vermag der Kläger den Reisepreis auch deshalb zu mindern, weil die Beklagte ihre Organisationspflichten im Zusammenhang mit der Durchführung der Reise verletzt hat. Es ist allgemein anerkannt, dass der Reiseveranstalter verpflichtet ist, die Reise in ihrer Gesamtheit mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu erbringen; er schuldet daher nicht nur die Durchführung der einzelnen Reiseleistungen der Leistungsträger, sondern auch die gewissenhafte Reisevorbereitung und ordnungsgemäße Organisation, so dass der Reisende die versprochenen Leistungen voll für den Reisezweck nutzen kann (vgl. Führich, a.a.O., Rn. 137). Diese Pflicht hat die Beklagte in erheblichem Maße verletzt, indem sie für den Kläger die vertraglich geschuldeten Hotels entlang des Y. vor Reiseantritt nicht reserviert hat, sondern aufgrund eines vermeidbaren Versehens Unterkünfte entlang einer Route um den Z. für den Kläger reservierte. Die sich aus dem vorgenannten Organisationsmangel ergebende Störung des Urlaubsgenusses des Klägers infolge der ständigen Ungewissheit über das nach den einzelnen Rad-Etappen jeweils zu belegende Quartier bewertet das Gericht mit einer weiteren Minderung des Reisepreises um 15%. ...
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