Gewinn mitgeteilt?

Gericht

OLG Karlsruhe


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

20. 06. 2008


Aktenzeichen

14 U 195/07


Tenor

  1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Offenburg vom 27.11.2007 - 2 O 203/07 - dahin abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird.

  2. Der Kläger trägt die Kosten beider Instanzen.

  3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
    Der Kläger kann jedoch die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in dieser Höhe Sicherheit leistet.

  4. Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 50.000,00 € festgesetzt.

  5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe


Gründe:

I.

Der Kläger macht einen Zahlungsanspruch aufgrund einer von ihm als Gewinnzusage angesehenen Mitteilung der Beklagten geltend.

1. Der Kläger ist Abonnent der vom ... herausgegebenen Wochenzeitschrift ... . Die einzelnen, mit entsprechenden Adressenaufklebern versehenen Hefte erhält er per Post. Das ihm am 04.06.2007 übersandte Exemplar der Ausgabe 23/07 enthielt als Beilage eine gefaltete vierseitige Briefkarte (vgl. I 67 und I 69/73). Zum Aufklappen musste sie an der dem Falz gegenüberliegenden Seite aufgetrennt wer¬ den.

Auf der - offenen - ersten Seite heißt es unter den Überschriften ... und "Ihre persönliche 10 Jahre Sofort-Rente" u.a.: "... Mit dieser Einladung haben Sie die einmalige Chance auf eine Sofort-Rente - Monat für Monat 416,67 Euro – 10 Jahre lang. ... Und das Beste: Sie haben bereits gewonnen! ... Wir halten für Sie einen exklusiven Garantie-Gewinn bereit. ..." - Auf der ersten Innenseite steht u.a.: "Sichern Sie sich die exklusive Möglichkeit auf ihre persönliche 10 Jahre Sofort-Rente! Rufen Sie unter der kostenlosen Hotline an und nennen Sie uns Ihre Berechtigungs-Nr. Ihre 10 Jahre Sofort-Rente von monatlich 416,67 Euro oder einmalig 50.000,00 Euro in bar warten auf Sie."

Der Kläger vertritt die Auffassung, der genannte und der weitere Text der Briefkarte erweckten den Eindruck, er habe einen Preis in Höhe von 50.000,00 € gewonnen, den die Beklagte gemäß § 661 a BGB an ihn zu leisten habe.

2. Mit als "Prozesskostenhilfegesuch für Klage" bezeichnetem Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 25.06.2007 (I 1/5) beantragte der Kläger beim Landgericht Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte und in dem Schriftsatz mit Antrag und Begründung formulierte Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 50.000,00 € nebst Zinsen an den Kläger. Die Beklagte, welcher der Schriftsatz vom 25.06.2007 formlos zur Stellungnahme übersandt worden war (Verfügung. vom 28.06.2007 [I 9]), trat dem Prozesskostenhilfeantrag mit Anwaltschriftsatz vom 10.07.2007 (I 13/17) entgegen. Mit Beschluss vom 11.10.2007 hat das Landgericht antragsgemäß Prozesskostenhilfe gewährt (I 41). Mit Verfügung ebenfalls vom 11.10.2007 hat das Landgericht Termin zur Güteverhandlung und zur mündlichen Verhandlung auf den 30.10.2007 bestimmt (I 43). Eine Klageschrift wurde nicht eingereicht. In der richterlichen Niederschrift über die später auf den 14.11.2007 verlegte öffentliche Sitzung heißt es: "Der Klägervertreter stellt den Antrag aus dem Schriftsatz vom 25.06.2007 (AS 3). Der Beklagtenvertreter beantragt Klagabweisung" (I 81).

3. Mit Urteil vom 27.11.2007 (I 97/113), in dessen Rubrum die Parteien als "Antragsteller" und "Antragsgegner" bezeichnet sind und auf das wegen weiterer Einzelheiten des vom Kläger verfolgten Anspruchs, des zugrundeliegenden Sachverhalts sowie des Parteivorbringens Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 ZPO), hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 50.000,00 € nebst Zinsen zu bezahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Durch Text und Gestaltung der dem Kläger als Beilage zu der an ihn adressierten Zeitschrift übersandten Karte, von der er sich auch habe angesprochen fühlen können, sei beim durchschnittlichen Leser der Eindruck erweckt worden, er sei Gewinner der darin genannten Rente oder - alternativ hierzu - eines Barpreises von 50.000,00 € geworden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

4. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihren bisherigen Vortrag im wesentlichen wiederholt und vertieft. Sie beantragt,

die Klage unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil und beantragt

Zurückweisung der Berufung.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.


II.

Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

1. Unschädlich ist freilich, daß das Landgericht nach erfolgter Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels Einreichung einer den Anforderungen des § 253 Abs. 2 ZPO entsprechenden Klageschrift - der Schriftsatz des Klägers vom 25.06.2007 enthielt den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine lediglich beabsichtigte Klage - ohne ausreichende Grundlage tätig geworden ist: Dadurch, daß er in der mündlichen Verhandlung vom 14.11.2007 "den Antrag aus dem Schriftsatz vom 25.06.2007" gestellt hat, hat der Kläger in für die Beklagte eindeutiger Weise zu erkennen gegeben, daß er nunmehr diesen Schriftsatz, der die erforderlichen Angaben zu Gegenstand und Grund des Klageanspruchs enthielt und der dem Beklagten auch formlos zugegangen war, als Klageschrift ansehen wollte. Auch das Landgericht hat dies so verstanden, wie sich aus der weiteren Verfahrensweise zweifelsfrei ergibt; daß im Urteil die Parteien - erkennbar versehentlich - als "Antragsteller" und "Antragsgegner" bezeichnet sind, ändert daran nichts. Unter diesen Umständen gilt die Klage als in der Verhandlung vom 14.11.2007 eingereicht (vgl. BGH, NJW 1972, S. 1373 f., 1374). Der Mangel, daß es an der in § 253 Abs. 1 ZPO vorgeschriebenen Zustellung der Klage fehlte, ist gemäß § 295 ZPO dadurch geheilt, daß die Beklagte in der Sitzung vom 14.11.2007 rügelos verhandelt hat (BGH, a.a.O.; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl. 2007, Rdn. 26 a zu § 253 und Rdn. 3 zu § 295).

2. Indessen hat das Landgericht den mit der Klage geltend gemachten Anspruch zu Unrecht bejaht.

a) Dahingestellt bleiben kann dabei die durchaus zweifelhafte Frage, ob sich der Kläger - was Voraussetzung für einen Anspruch nach § 661 a ZPO ist – deshalb durch die Mitteilung angesprochen fühlen musste, weil sie einer an ihn adressierten Zeitschrift beigelegt war und weil sie gemäß der auf ihrer ersten Seite aufgedruckten Überschrift "fuer ... Leser" gedacht war (allgemein zweifelnd bei Zeitungsbeilagen etwa Palandt/Sprau, BGB, 67. Aufl. 2008, Rdn. 2 zu § 661 a).

b) Ein Zahlungsanspruch in Höhe von 50.000,00 € muss nach Auffassung des Senats jedenfalls daran scheitern, daß die hier in Rede stehende Mitteilung nach Inhalt und Gestaltung nicht geeignet ist, bei einem durchschnittlichen Verbraucher in der Lage des Empfängers den Eindruck zu erwecken, er werde einen bereits gewonnenen Preis in der genannten Höhe erhalten (vgl. BGH, NJW 2006, S. 230 ff., 232 [Tz. 26]; Staudinger/Bergmann, BGB, 2006, Rdn. 30 zu § 661 a). Für die Auslegung einer Gewinnmitteilung ist danach entscheidend, "wie ein durchschnittlicher Verbraucher unter Zugrundelegung durchschnittlicher Aufmerksamkeit bei maßgeblicher Berücksichtigung des Gesamteindrucks und des Gesamtzusammenhangs die Mitteilung des Unternehmens verstehen durfte" (Staudinger/Bergmann, a.a.O., Rdn. 32 zu § 661 a). Den Eindruck, man habe bereits 50.000,00 € - sei es in bar, sei es als monatliche Rente von 416,67 € für die Dauer von 10 Jahren - gewonnen, vermögen die Formulierungen auf Seite 1 der Mitteilung schon deshalb nicht zu erwecken, weil dort - gut lesbar - lediglich von der "einmaligen Chance auf eine Sofortrente" für diese Dauer und in dieser Höhe die Rede ist. Danach heißt es zwar - verbunden mit der Aufforderung, kostenfrei eine Telefonnummer anzurufen - "Und das Beste: Sie haben bereits gewonnen!". Daß es sich bei diesem Gewinn nicht um die genannte Rente oder aber 50.000,00 € in bar handelt, ergibt sich indessen ohne weiteres aus der Verwendung des unbestimmten ("einen") statt des bestimmten Artikels in dem sich anschließenden Satz: "Wir halten für Sie einen exklusiven Garantie-Gewinn bereit". Daß nicht ein Preis in Höhe von 50.000,00 € gewonnen ist, bestätigt sich ferner durch die sich auf der vierten Seite der Doppelkarte findenden - und ebenfalls in gut lesbarer Schrift gehaltenen - Formulierung "Sichern Sie sich mit etwas Glück eine 10 Jahres Sofort-Rente von monatlich 416,67 Euro".

Nichts anders ergibt sich aus der auf Seite 3 der Karte zusammen mit einer Aufforderung, eine bestimmte Telefonnummer anzurufen, plazierten und nicht zu übersehenden Formulierung "Sichern Sie sich die exklusive Möglichkeit auf Ihre persönliche 10 Jahre Sofort-Rente!" Damit ist erkennbar zum Ausdruck gebracht, daß der Anruf nicht die einzige Voraussetzung für die Auszahlung der Rente ist, sondern daß damit nur eine entsprechende Möglichkeit im Sinne von "Chance" eröffnet wird.

Ein Anspruch auf den Preis besteht dann, wenn "groß, deutlich und klar mitgeteilt wird, daß ein bestimmter Preis gewonnen wurde und nur aus sorgfältiger Lektüre des Kleingedruckten oder aus einem gesonderten Werbeprospekt zu entnehmen ist, daß der Gewinn noch unter der Voraussetzung weiterer Handlungen des Empfängers und sonstiger Bedingungen steht" (Erman/Ehmann, BGB, 12. Aufl. 2008, Rdn. 5 zu § 661a m.w.N.). So liegt es hier aber - wie ausgeführt - gerade nicht, weil deutlich lesbar und in klarer Sprache darauf hingewiesen ist, daß es sich bei der genannten Sofort-Rente bzw. dem Betrag von 50.000 € nicht um den Garantiegewinn handelt, sondern daß insoweit lediglich eine Gewinnchance besteht. Daß auf Seite 3 der Karte in kleiner Schrift unter "Teilnahmebedingungen" dargestellt wird, daß das "Gewinnspiel" in "mehreren Aktionen", darunter das "Jahresgewinnspiel (50.000,00 € Verlosung zum Jahresende)" abläuft, wobei "über alle Gewinner ... im Losverfahren entschieden (wird)", kommt noch hinzu.


III.

Da nach allem durch die Mitteilung der für einen Anspruch aus § 661 a BGB vorausgesetzte Eindruck nicht erweckt wird, war das landgerichtliche Urteil dahin abzuändern, daß die Klage abgewiesen wird. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 1 ZPO). Weder hat die vorliegende Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.


Bauer
Vorsitzender Richter am
Oberlandesgericht

Dr. Bauer
Richterin am
Oberlandesgericht

Dr. Krauß
Richter am
Oberlandesgericht

Vorinstanzen

LG Offenburg, 2 O 203/07

Rechtsgebiete

Allgemeines Zivilrecht