Beeinträchtigte Nutzung eines Hotel durch Kongressveranstaltungen

Gericht

LG Frankfurt a.M.


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

07. 12. 2007


Aktenzeichen

2-24 S 53/07


Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

II. ... 1. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf teilweise Rückzahlung des Reisepreises aufgrund einer eingetretenen Reisepreisminderung wegen Reisemängeln gemäß §§ 651c Abs.1, 651d Abs. 1, 638 Abs. 3 und 4 BGB in Höhe von insgesamt 635,32 EUR.

a) ...

b) Der Kläger hat einen weitergehenden Anspruch gegen die Beklagte auf teilweise Rückzahlung des Reisepreises aufgrund einer eingetretenen Reisepreisminderung wegen der eingeschränkten Strandnutzung gemäß §§ 651c Abs. 1, 651d Abs. 1, 638 Abs. 3 und 4 BGB in Höhe von 168,40 EUR.

Der Kläger hat substanziiert vorgetragen, dass die Nutzung des Strandes aufgrund der abgehaltenen Kongresse ganz erheblich eingeschränkt worden ist. Insbesondere wurde die Hälfte des Strandes abgesperrt. Es kam zu erheblichen Auf-, Um- und Abbautätigkeiten bzgl. der Bühnenkonstruktion. Weiterhin kam es infolge dessen zu erheblichen Lärmbeeinträchtigungen. Dem ist die Beklagte nur völlig unsubstanziiert entgegengetreten, so dass vom klägerischen Vortrag auszugehen ist. Dieser Punkt ist auch gemäß § 651d Abs. 2 BGB gerügt worden.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts stellt die eingeschränkte Strandnutzbarkeit auch einen Reisemangel gemäß § 651c Abs. 1 BGB dar.

Zwar ist dem Amtsgericht sicherlich insoweit grundsätzlich Recht zu geben, dass die Beklagte in ihrer Prospektbeschreibung grundsätzlich keine Gewähr dafür übernommen hat, dass der gesamte Strand zur Nutzung durch den Kläger während seiner Reisezeit zur Verfügung stehen würde. Jedoch ist hier nach Auffassung des Berufungsgerichts maßgeblich zu berücksichtigen, dass die nicht unwesentliche eingeschränkte Nutzbarkeit des Strandes auf einem bewussten und beabsichtigten Verhalten des Leistungsträgers der Beklagten beruht, der die Hotelgäste zum Zwecke der Durchführung von im Hotel abgehaltenen Kongressen quasi von Teilen des Strandes ausgesperrt hat und infolge der Auf-, Um- und Abbautätigkeiten bzgl. der Bühnenkonstruktion für weitere Beeinträchtigungen wie z.B. Lärm und Schmutz gesorgt hat. Dieses Verhalten des Leistungsträgers, der Erfüllungsgehilfe der Beklagten ist, muss sich die Beklagte gemäß § 278 BGB zurechnen lassen.

Nach einer Gesamtwürdigung der Umstände hält das Gericht für den nicht unwesentlichen Mangel der eingeschränkten Nutzbarkeit des Strandes eine Minderungsquote von 10% für angemessen und ausreichend. ... Bei einem Gesamt-Reisepreis von 1.684,- EUR ergibt sich bei einer Minderungsquote von 10% ein Minderungsbetrag von 168,40 EUR. ...

c) Der Kläger hat einen weitergehenden Anspruch gegen die Beklagte auf teilweise Rückzahlung des Reisepreises aufgrund einer eingetretenen Reisepreisminderung wegen der Durchführung von Kongressen in dem gebuchten Hotel gemäß §§ 651c Abs. 1, 651d Abs. 1, 638 Abs. 3 und 4 BGB in Höhe von 84,20 EUR.

Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass ein Reisemangel auch darin liegen kann, dass ein Hotel durch eine übermäßige, dem Vertragszweck nicht entsprechende Nutzung seinen Charakter als Hotel verlieren kann. Das Amtsgericht ist davon ausgegangen, dass ein solcher Fall hier noch nicht vorgelegen hat.

Hier ist sicherlich von einem nicht einfach zu beurteilenden Grenzfall auszugehen. Nach Auffassung des Berufungsgerichts rechtfertigen vorliegend die gegebenen Einzelumstände aber doch die Annahme eines Reisemangels i.S.v. § 651c Abs. 1 BGB. Insgesamt erreichten die Beeinträchtigungen durch die Kongressveranstaltungen (z. B. Lärm infolge der Auf-, Um- und Abbautätigkeiten, Absperrungen von gewissen Bereichen, Geschäftsatmosphäre) ein solches Ausmaß, dass die Grenze von einer bloßen Unannehmlichkeit zu einem Reisemangel überschritten worden ist. Auch aus der Prospektbeschreibung ergibt sich nicht, dass das gebuchte Hotel möglicherweise als Tagungsort für Kongresse genutzt wird.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann der Kläger letztlich auch nicht darauf verwiesen werden, die Hotelbereiche zu meiden, die vom Kongress betroffen sind. Der Kläger hat nämlich nicht nur Teile eines Hotels gebucht, sondern nun einmal das Gesamt-Hotel, so dass es ihm auch grundsätzlich möglich sein muss, alle Hotelbereiche ohne Beeinträchtigungen aufzusuchen. ...

Nach einer Gesamtwürdigung der Umstände hält das Gericht für den Mangel "Kongressveranstaltungen" eine Minderungsquote von 5% für angemessen und ausreichend. Bei der Bemessung der Minderungsquote ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass der Mangel "Kongressveranstaltungen" sich bereits bei anderen Reisemängeln, die eben im Zusammenhang mit den Kongressveranstaltungen stehen, niedergeschlagen hat und insoweit schon nicht unwesentlich berücksichtigt worden ist. ...

2. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit gemäß § 651f Abs. 2 BGB. Die Voraussetzungen eines entsprechenden Entschädigungsanspruchs gemäß § 651f Abs. 2 BGB liegen nicht vor.

Aufgrund der oben beschriebenen Reisemängel war die Reise des Klägers i.S.v. § 651f Abs. 2 BGB noch nicht erheblich beeinträchtigt. Nach der Rechtsprechung der Kammer und der wohl noch herrschenden Meinung liegt eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise vor, wenn Reisemängel in dem Ausmaße vorliegen, dass eine Reisepreisminderung in Höhe von mindestens 50% gerechtfertigt ist.

Die Kammer hält an dieser Rechtsprechung fest. Nach Auffassung der Kammer gebietet die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 12.3.2002 ... nicht zwingend eine Abänderung der bisherigen Rechtsprechung der Kammer. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, wonach Art. 5 Richtlinie 90/314 /EWG dem Verbraucher grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens verleiht, der auf der Nichterfüllung oder einer mangelhaften Erfüllung der eine Pauschalreise ausmachenden Leistungen beruht, verlangt nicht zwingend die Herabsetzung der Voraussetzungen im Hinblick auf die Erheblichkeit der Beeinträchtigung der Reise i.S.v. § 651f Abs. 2 BGB (anders aufgrund der EuGH-Entscheidung jetzt LG Duisburg, ...).

Im Hinblick auf die zu untersuchenden Reisetage ist - auch unter Berücksichtigung der vom Amtsgericht festgestellten Minderungsquoten - festzuhalten, dass die 50%-Grenze an keinem Urlaubstag überschritten worden ist. Danach scheidet ein Anspruch gemäß § 651f Abs. 2 BGB aus. ...

Rechtsgebiete

Reiserecht