Nicht unmittelbare Mängelrüge bei mangelhafter Unterbringung

Gericht

LG Frankfurt a.M.


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

27. 07. 2007


Aktenzeichen

2-24 S 215/06


Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

II. ... 2. ... Selbst wenn man vorliegend unterstellt, dass der Kläger die eben genannten Reisemängel erst am 9.8.2005 gerügt und Abhilfe verlangt hat, verbleibt es dabei, dass der Kläger einen Anspruch auf teilweise Rückzahlung des Reisepreises in Höhe von 568,79 EUR gemäß §§ 651c Abs. l, 651d Abs. l, 638 Abs. 3 und 4 BGB hat.

Nach der Rechtsprechung der Kammer (vgl. zum Ganzen: Beschluss der Kammer vom 4.5.2007 - 2-24 S 46/07) kann der Reisende grundsätzlich erst dann eine Minderung des Reisepreises wegen des Vorliegens von Mängeln geltend machen, wenn er zuvor den Mangel gerügt hat (§ 651d Abs. 2 BGB). Sinn und Zweck dieser Regelungen ist es, den Reiseveranstalter davon in Kenntnis zu setzen, dass sich der Reisende von vorliegenden Reisemängeln beeinträchtigt fühlt, und ihm zunächst Gelegenheit zur Abhilfe zu geben. Weiterhin gilt nach der Rechtsprechung der Kammer, dass wenn zu spät, insbesondere unmittelbar vor Ende der Reise, gerügt wird und dann eine Abhilfe nicht mehr erfolgen kann, eine Minderung entfällt.

Allerdings kann sich eine nicht unmittelbare Mängelrüge auch auf den vor der Mängelrüge liegenden Zeitraum beziehen, wenn eine Abhilfe zu einem früheren Zeitpunkt nicht möglich gewesen wäre. Dann tritt die Minderung ab Vorliegen des Reisemangels ein.

Behauptet der Reisende, eine Abhilfe sei auch zu einem früheren Zeitpunkt nicht möglich gewesen, so muss der Reiseveranstalter dartun und beweisen, dass er bei rechtzeitiger Mängelanzeige zur Abhilfe in der Lage gewesen wäre. Dies ist grundsätzlich anzunehmen, wenn der Reiseveranstalter zum Zeitpunkt der tatsächlichen Mängelrüge in der Lage gewesen ist, Abhilfe zu schaffen. Hat der Reiseveranstalter zum Zeitpunkt der tatsächlichen Mängelrüge keine Abhilfe schaffen können, bedarf es eines konkreten Sachvortrags seitens des Reiseveranstalters, dass bei einer frühzeitigen Mängelrüge eine Abhilfe möglich gewesen und auch erfolgt wäre.

Nach dem vorliegenden Sach- und Streitstand ist jedoch nicht davon auszugehen, dass die Beklagte als Reiseveranstalterin in der Lage gewesen wäre, eine wirksame Abhilfe zu schaffen, auch wenn der Kläger sofort die mangelhafte Unterbringung gerügt hätte.

Jedenfalls hat die Beklagte weder erst- noch zweitinstanzlich eine Möglichkeit der gleichwertigen Abhilfe bei einer sofortigen Mängelrüge substanziiert behauptet. Die Beklagte hat nicht konkret vorgetragen, welche konkreten Abhilfemaßnahmen sie angeboten hätte, wenn sofort gerügt worden wäre. Die Beklagte hat aber auch nicht substanziiert dargelegt, dass im Zeitpunkt der tatsächlichen Mängelrüge am 9.8.2005 eine wirksame Abhilfe möglich gewesen ist.

Insbesondere hat die Beklagte noch nicht einmal ansatzweise vorgetragen, dass das Hotel, welches als Abhilfe angeboten worden ist, dem ursprünglich gebuchten Hotel gleichwertig war. Vielmehr hat der Kläger vorgetragen, warum eine Vergleichbarkeit und Gleichwertigkeit nicht vorgelegen hat. Die Beklagte hat sich damit begnügt, diese Behauptungen des Klägers zu bestreiten, ohne selbst vorzutragen, warum eine Gleichwertigkeit denn anzunehmen sei. Auch das Amtsgericht hat in den Urteilsgründen ausgeführt, dass das Hotel ... keine adäquate Abhilfemaßnahme dargestellt habe. Aufgrund dieser Ausführungen hätte die Beklagte spätestens mit der Berufungsbegründung konkret ausführen müssen, warum eine Vergleichbarkeit und Gleichwertigkeit vorgelegen hat.

Wenn aber eine Rüge zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem noch ausreichend Zeit für eine Abhilfe zur Verfügung steht - wie es hier der Fall war, da der Kläger und seine Familie zum Zeitpunkt der unstreitigen Rüge noch knapp eine Woche Urlaub hatten -, aber dennoch von der beklagten Reiseveranstalterin keine ausreichenden Abhilfemaßnahmen angeboten bzw. veranlasst werden, fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten dafür, dass der Beklagten als Reiseveranstalterin im Falle einer unmittelbaren Rüge andere Abhilfemöglichkeiten zur Verfügung gestanden haben.

Aus diesem Grund ist in diesem Fall auch selbst ohne einen entsprechenden Einwand des Reisenden die beklagte Reiseveranstalterin gehalten, darzulegen und zu beweisen, dass sie anders als im Zeitpunkt der tatsächlichen späteren Rüge im Falle einer unmittelbaren Rüge zur Abhilfe in der Lage gewesen wäre, da beispielsweise im Falle einer unmittelbaren Rüge ein gleichwertiger Zimmerwechsel bzw. ein Hotelwechsel noch möglich gewesen wäre. Wie dargestellt, ist dies hier nicht der Fall gewesen.

Ergänzend ist festzuhalten, dass die Rüge bzgl. des Vorliegens von Bauarbeiten nach Auffassung des Berufungsgerichts auch inzident die Begleiterscheinung Staubentwicklung beinhaltet. Danach ist der Minderungsanspruch des Klägers bzgl. der Reisemängel Bauarbeiten, ausgefallene Klimaanlage und verschmutztes Warmwasser weder ganz noch teilweise gemäß § 651d Abs. 2 BGB ausgeschlossen.

Diesbezüglich ist auch der Antrag der Beklagten auf Schriftsatznachlass zurückzuweisen. Die Beklagte ist nämlich mit neuen bzw. ergänzenden Vortrag bzgl. einer wirksamen Abhilfemöglichkeit nicht mehr gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Die Beklagte hätte nämlich spätestens in der Berufungsbegründung ergänzend zu einer wirksamen Abhilfemöglichkeit vortragen müssen. Das Amtsgericht hat nämlich entscheidungserheblich darauf abgestellt, dass das Hotel ... keine adäquate Abhilfemaßnahme dargestellt habe. Darauf ist die Berufung in nicht erheblicher Weise eingegangen.

3. Hinsichtlich des Reisemangels "gelagertes Baumaterial" auf dem Spielplatz ist eine Reisepreisminderung gemäß § 651d Abs. 2 BGB wegen einer unterlassenen Mängelrüge nicht eingetreten. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers ist der Reisemangel "Baumaterial auf Kinderspielplatz" nicht gerügt worden.

Im klägerischen Schriftsatz vom 7.7.2006 ... heißt es: "Bereits unmittelbar nach Ankunft und noch einmal Anfang August (am 3. oder 4.8.2005) trug der Kläger gegenüber der Reiseleitung seine Beschwerden, wie auch später im Protokoll aufgenommen, vor."

Daraus ergibt sich, dass der Kläger nur die Mängel gerügt hat, die auch im Protokoll vom 9.8.2005 ... erwähnt sind. Der Reisemangel "Baumaterial auf Kinderspielplatz" ist dort jedoch nicht aufgelistet. Danach ist er auch nicht gerügt worden.

Diesbezüglich ist auch der Antrag des Klägers auf Schriftsatznachlass zurückzuweisen. Der Kläger ist nämlich mit neuem bzw. ergänzendem Vortrag bzgl. einer weitergehenden Mängelrüge nicht mehr gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen.

4. Das Amtsgericht hat für alle von ihm festgestellten Reisemängel eine Minderungsquote von insgesamt 25% für angemessen angesehen. Wie oben ausgeführt ist jedoch bzgl. des Reisemangels "Baumaterial auf Kinderspielplatz" eine Reisepreisminderung nicht eingetreten.

Das Berufungsgericht bewertet den Reisemangel "Baumaterial auf Kinderspielplatz" jedoch nur mit einer geringfügigen Minderungsquote von 2%. Ausweislich des vorgelegten Lichtbilds ... lag nur eine geringfügige Beeinträchtigung vor.

Hinsichtlich der verbleibenden zu berücksichtigenden Reisemängel, insbesondere der Bauarbeiten, ist eine Minderungsquote von insgesamt 23% nicht zu beanstanden und sicherlich nicht übersetzt.

Bei einem Gesamtreisepreis von 2.473,- EUR und einer 23%igen Minderungsquote für die gesamte Reisezeit ergibt sich ein Minderungsbetrag von 568,79 EUR. ...

Rechtsgebiete

Reiserecht