Ferienhaus mit erheblichen Mängeln als neu modernisiert angepriesen

Gericht

AG Neuruppin


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

04. 09. 2007


Aktenzeichen

43 C 6/07


Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 148,57 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 1. 9. 2006 sowie weitere 26,39 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand


Tatbestand:

Von der Abfassung des Tatbestands wird gem. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist im austenorierten Umfang begründet.

Das Amtsgericht Neuruppin ist gem. § 29 Abs. 1 ZPO als Gericht des Ortes örtlich zuständig, an dem die Verpflichtungen aus dem Ferienhausvertrag zu erfüllen waren. Bei derartigen Verträgen ist der Ort der Vermietung des Ferienhauses Erfüllungsort i. S. d. vorbezeichneten Bestimmung (Zöller Zivilprozessordnung 22. Aufl. Rn. 25 zu § 29 Stichwort „Beherbergungsvertrag”).

Dem Kläger steht aus §§ 651d i. V. m. 638 Abs. 3 und Abs. 4 BGB wegen mangelbedingter Minderung des Reisepreises ein Erstattungsanspruch i. H. v. 60,80 € zu. Die Regeln des Reisevertragsrechts der §§ 651a ff BGB sind entsprechend anwendbar, wenn - wie hier die Beklagte - ein Reisebüro als Veranstalter die Ferienhausvermietung als Einzelleistung; anbietet (Palandt Bürgerliches Gesetzbuch 65. Aufl. Rn. 3a Einführung vor § 651a).

Die beklagtenseits erbrachte Reiseleitung war hier i. S. d. § 651c BGB mangelhaft, da die Beschaffenheit der Reise von dem abgewichen ist, was zwischen den Parteien vereinbart war und dadurch der vorausgesetzte Nutzen der Reise beeinträchtigt wurde. (vgl. a. a. O. Rn. 2 zu § 651c) Als erhebliche Mängel sind hier der Modernisierungszustand des Ferienhauses sowie die räumlich nicht abgeschlossene Schlafkammer zu verzeichnen.

Aus den vorgelegten Fotografien bzw. dem insoweit unbestrittenen klägerischen Vortrag ergibt sich, dass. die Badezimmerinstallationen ca. 20 Jahre alt und der geflieste Fußboden im Bad weiß überlackiert war. Des Weiteren wies die Badewanne scharfe Kanten auf. Die bauliche Ausgestaltung der Terrasse last ebenfalls auf ein entsprechendes Alter schließen. Das vorbezeichnete Erscheinungsbild entspricht nicht dem Zustand eines im Jahre 2004 modernisierten Ferienhauses, der in der Objektbeschreibung, versprochen worden, war, die der Buchung zugrunde lag. Der Kläger durfte danach vielmehr einen modernen Ausstattungsstandard erwarten, über den das Ferienhaus insoweit tatsächlich nicht verfügte.

Ein weiterer Mangel ist darin zu sehen, dass die in der Objektbeschreibung aufgeführte Schlafkammer nur durch einen Perlenvorhang von der Küche getrennt war. Unter dem Begriff der Schlafkammer ist im allgemeinen ein kleiner, jedoch für sich abgeschlossener Raum zu verstehen, der ein ungestörtes Schlafen ermöglicht. Soweit der Raum nur durch eine Vorhang abgetrennt ist, sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, so dass es sich allenfalls um ein Schlafabteil handelt.

Die vorbezeichneten Mängel beeinträchtigen den vertraglich vorausgesetzten Nutzen der Reiseleistung spürbar. Das Gericht erachtet die klägerseits geltend gemachte Minderungsquote von 20 v. H., als angemessen, § 287 ZPO. Bei einem Gesamtreisepreis von 379 € ergibst sich unter Zugrundelegung einer 20%igen Minderung ein Erstattungsbetrag von 75,80 €, der sich nach klägerseits zugestandenem Abzug der Endreinigungspauschale von 15 € auf 60,80 € reduziert.

Die Beklagte kann dem Minderungsverlangen im Ergebnis nicht entgegenhalten, dass der Kläger seine Pflicht zur Mängelanzeige schuldhaft verletzt hätte, § 651d BGB.

Dies könnte dem Kläger allenfalls dann vorgeworfen werden, wenn die Beklagte gem. § 6 Abs. 2 Nr. 7 BGB-InfoV in der Reisebestätigung, auf die Anzeigenobliegenheit hingewiesen hätte. Die Reisebestätigung vom 12. 7. 2006 und die Anreiseinformation enthalten einen derartigen Hinweis indes nicht. Es genügt in diesem Zusammenhang auch nicht, dass eine entsprechende Belehrung in den allgemeinen Reisebedingungen der Beklagten enthalten war, auf die bei der Online-Buchung verwiesen wurde und die sich auch in dem überlassenen Reiseprospekt befanden. Zwar kann der Reiseveranstalter gem. § 6 Abs. 4 Satz 1 BGB-InfoV seine Hinweispflichten auch dadurch erfüllen, dass er auf die in einem von ihm übergebenen Prospekt enthaltenen Angaben verweist, die die entsprechenden Hinweise enthalten. Dabei genügt jedoch ein allgemeiner Hinweis auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Reiseveranstalters nicht, weil hierdurch der Gesetzeszweck, den Reisenden vor einem etwaigen Rechtsverlust zu warnen, verfehlt würde. Vielmehr muss darüber hinaus ein hinreichend deutlicher Hinweis auf die Existenz der Anzeigepflicht und die betreffende Fundstelle im Prospekt erfolgen. (vgl. BGH NJW 2007, 2549) Diese Voraussetzung erfüllt weder die vorbezeichnete Reisebestätigung nebst Anreiseinformation, noch der dargelegte Internet-Auftritt der Beklagten.

Darüber hinaus ist eine Mängelanzeige i. S. d. § 651d Abs. 2 BGB entbehrlich, wenn dem Reiseveranstalter der Mangel von Anfang an bekannt war bzw. dieser - wie hier die Beklagte - das Objekt vorwerfbar falsch ausgeschrieben hat, ohne sich zuvor hinreichend über dessen Zustand und Standard informiert zu haben. (LG Frankfurt NJW-RR 1986; 154; Münchener Kommentar zum BGB 4. Aufl. Rn. 12 zu § 651d) Denn grundsätzlich obliegt es dem Reiseveranstalter, sich zur Vermeidung einer falschen Ausschreibung zuvor über den tatsächlichen Zustand des Ferienhauses zu informieren. Er ist nicht i. S. d. § 651d Abs. 2 BGB schutzwürdig, wenn er sich anschließend darauf beruft, wegen unterbliebener Mängelanzeige nicht zur Behebung des Mangels in der Lage gewesen zu sein, obwohl er bereits zuvor seine Pflicht verletzt hatte, sich über den Zustand des Objekts zu informieren, um den Mangel erst gar nicht zur Entstehung gelangen zu lassen.

Dem Kläger steht darüber hinaus ein Schadensersatzanspruch i. H. v. 58,51 € gem. § 651f BGB zu, da ihm die Nutzung des Ferienhauses für den 13. 8. 2006 nicht ermöglicht wurde. Dieser Umstand stellt einen Mangel dar, da zwischen den Parteien unstreitig die kostenlose Verlängerung der Nutzungszeit bis einschließlich zum 13. 8. 2006 vereinbart worden war. Auch soweit diese Zusage im Wege der Kulanz gegeben worden ist, durfte sie der Kläger als verbindliche Vereinbarung verstehen. Hieran muss sich die Beklagte auch insoweit festhalten lassen, als sie ursprünglich nicht verpflichtet gewesen sein sollte, die Reisezeit, kostenlos zu verlängern. Insofern bestand auch kein. Rücktrittsrecht gem. Ziff. 4 der Allgemeinen Reisebedingungen. Diese Klausel ist wegen Verstoßes gegen § 308 Ziff. 3 BGB unwirksam, da sie den Verwender ohne sachlichen Grund von seiner Leistungspflicht entbindet. Denn die „geänderte Disposition des Eigentümers” stellt ein Hindernis dar, dass typischerweise in den Risikobereich des Reiseveranstalters fällt und von diesem zu vertreten ist, da der Eigentümer als Leistungsträger insoweit Erfüllungsgehilfe des Reiseveranstalters i. S. d. § 278 BGB ist (Palandt a. a. O. Rn. 18 zu § 308, Rn. 4 zu § 651 f).

Aus diesem Grund hat es die Beklagte auch zu vertreten, dass dem Kläger die Nutzung des Ferienhauses am 13. 8. 2006 verwehrt blieb.

Eine Mängelanzeige, war diesbezüglich entbehrlich, da der Beklagten aufgrund des gewechselten Schriftverkehrs schon vor Reiseantritt bekannt war, dass der Kläger auf die Einhaltung der verlängerten Reisezeit besteht.

Als Schaden sind die auf den letzten Reisetag nutzlos getätigten Aufwendung zu ersetzen. Diese umfassen unter Berücksichtigung der vereinbarten 8-tägigen Reisezeit 1/8 der Kosten für den Mietwagen sowie des geminderten Gesamtmietpreises.

Bei 230 € Gesamtmietkosten für den Mietwagen ergeben sieh demnach 28,75 € pro Tag. Da nach klägerischem Vortrag nur 71,7 v. H. der Mietwagenkosten auf die Reise entfielen, verbleibt für den entgangenen Reisetag ein Mietwagenkostenanteil von 20,61 € (230 € x 1/8 = 28,75 € x 71,7 v. H.) Benzinkosten sind in dieser Position nicht zu berücksichtigen, da es sich bei diesen um einmalig anfallende Sowiesokosten für Hin- und Rückfahrt handelt.

Darüber hinaus ist der auf den entgangenen Reisetag entfallende Anteil des geminderten Gesamtmietpreises zu 37,90 € anzusetzen (379 € abzgl. 20 v. H. = 303,20 € x 1/8).

Aus den vorbezeichneten Beträgen (20,61 € und 37,90 €) ergibt sich der Gesamtschadensbetrag von 58,51 €.

Weitergehend kann der Kläger gem. § 651f Abs. 2 BGB für den entgangenen Urlaubstag eine Entschädigung für nutzlos aufgewandte Urlaubszeit verlangen. Dabei ist es angemessen, die Hälfte des täglichen Reisepreises anzusetzen, § 287 ZPO (vgl. BGH NJW 2005, 1047). Diese beläuft sich insgesamt auf 29,26 € (230 € Mietwagenkosten x 71,7 v. H. Verwendung für die Reise = 164,91 € + 303,20 € geminderter Gesamtmietpreis für das Ferienhaus = 468,11 €: 8 Tage = 58,51 € Tagesreisepreis x 1/2 = 29,26 €).

Der zuerkannte Zinsanspruch sowie der Anspruch auf Erstattung der in der Höhe richtig berechneten anteiligen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten von 26,39 € folgt aus dem Gesichtspunkt des Verzuges, §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1, 280 Abs. 1 und Abs. 2 BGB. Nachdem die Beklagte aufgrund der Mahnung vom 16. 8. 2006 in Verzug geraten war, schuldet sie die Zahlung von Zinsen sowie den Ersatz der vorbezeichneten Rechtsverfolgungskosten.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 11, 713, 511 Abs. 4 Satz 1 ZPO.

Der Streitwert wird gem. §§ 48 Abs. 1. GKG, 3 ZPO auf 157,07 € festgesetzt.

Rechtsgebiete

Reiserecht