Buchung durch ein Familienmitglied
Gericht
AG Schwelm
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
03. 02. 2005
Aktenzeichen
24 C 14/05
Tenor:
Das Versäumnisurteil vom 12.10.2004 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt vorab die durch ihre Säumnis entstandenen Mehrkosten; die übrigen Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.)
Der zulässige Einspruch der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg, denn die Klage ist unbegründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung des Reisepreises in Höhe von 255,00 € aus der am 27.12.2003 erfolgten Buchung nicht zu. Zwischen den Parteien ist entgegen der Ansicht der Klägerin ein Reisevertrag im Sinne des § 651 a Abs. 1 BGB nicht zustande gekommen. Reisender und damit Vertragspartner des Reiseveranstalters im Sinne des § 651 a Abs. 1 BGB ist derjenige, der die Reise im eigenen Namen bucht, auch wenn er selbst keine Reiseleistungen in Anspruch nimmt. (Vergleiche dazu Palandt, 63. Auflage, BGB, § 651 a BGB, Randnummer 1; BGH NJW 02, 2238) Nur er ist gemäß §§ 651 a ff. BGB berechtigt und verpflichtet.
Vorliegend hat unstreitig die Mutter der minderjährigen Beklagten diese für die Reise angemeldet. Dies führt aber noch nicht notwendiger Weise zu dem Schluss, dass damit die Mutter von ihren gesetzlichen Vertretungsrecht Gebrauch machen wollte und damit im Namen ihrer Tochter handelnd diese selbst aus dem Vertrag berechtigen und verpflichten wollte mit der Folge, dass die minderjährige Beklagte selbst Vertragspartnerin werden und sie selbst die rechtlichen Verpflichtungen aus dem Vertrag treffen sollten, wie etwa die Verpflichtung zur Zahlung des Reisepreises. Eltern sind im Rahmen ihrer Personensorge nicht verpflichtet von ihrem Vertretungsrecht Gebrauch zu machen. Die Entscheidung, ob sie ihr Kind oder nur sich selbst verpflichten und dieses damit lediglich begünstigen wollen, liegt bei ihnen. (Vergleiche dazu Palandt, § 1629 BGB, Randnummer 7) Ob die Mutter der Beklagten bei der Anmeldung im Namen ihres Kindes, der minderjährigen Beklagten oder im eigenen Namen gehandelt hat, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, wobei sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind. Bereits nach dem Inhalt der Anmeldung ist der Name der Mutter nebst Anschrift und Telefonnummer unterhalb des Aufdruckes auf dem Formular ,,Angaben über den Auftraggeber/Anmelder" aufgeführt. Die Mutter der Beklagten hat hierunter ihre Unterschrift gesetzt und nach der ebenfalls vorgedruckten Erklärung zugleich erklärt, für die vertraglichen Verpflichtungen selbst einstehen zu wollen. Es findet sich hier kein Hinweis darauf, dass die Mutter hier lediglich in Vertretung ihrer zur Reise angemeldeten Tochter handeln und diese damit selbst aus dem Vertrag verpflichten wollte. Eine derartige Wertung widerspricht sowohl dem Inhalt des von der Mutter der Beklagten unterschriebenen Anmeldeformulars als auch dem wohlverstandenen Interesse der am Vertrag Beteiligten. Im Rahmen der ihnen obliegenden Personensorge gewähren Eltern ihren Kindern je nach persönlichen und finanziellen Möglichkeiten auch Zuwendungen in Form von Urlaubs- und Ferienreisen zwecks Erholung ihrer Kinder. Hierbei wollen Eltern ihre Kinder regelmäßig nicht selbst den vertraglichen Verpflichtungen eines solchen Vertrages aussetzen und sie damit finanziell belasten. Vielmehr wollen sie im Zweifel nur sich selbst verpflichten und ihre Kinder aus derartigen Verträgen lediglich begünstigen, 89 dass die Kinder gemäß § 328 Abs. 1 BGB zwar als Begünstigte einen eigenen Erfüllungsanspruch aus dem von ihren Eltern geschlossenen Vertrag erhalten, nicht aber selbst Vertragspartner werden mit denen sich daraus ergebenden vertraglichen Verpflichtungen. Diese Wertung entspricht auch dem wohlverstandenen Interesse des Reiseveranstalters. Diesem ist daran gelegen, einen solventen Vertragspartner zu erhalten und sich nicht einem nicht zahlungsfähigen Minderjährigen als Vertragspartner ausgesetzt zu sehen. Die Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung auch nachvollziehbar erklärt, dass ihre Mutter die Reise habe bezahlen wollen, da sie seinerzeit; Schülerin gewesen und nicht über die finanziellen Mittel verfügt habe, um diese Reise zu zahlen.
Derartige Vertragsgebilde, nämlich echte Verträge zugunsten Dritter gemäß § 328 Abs. 1 BGB, sind gerade auch dem Reisevertragsrecht nicht fremd. So führt zum Beispiel die Buchung durch ein Familienmitglied, wobei dieses auch die übrigen Familienmitglieder anmeldet, nicht dazu, dass sämtliche mitangemeldeten Familienmitglieder selbst Vertragspartner des Reiseveranstalters werden, sondern lediglich der die Reise Buchende, die übrigen angemeldeten Familienmitglieder haben gemäß § 328 Abs. 1 BGB einen eigenen Erfüllungsanspruch. Auch hier reicht allein der Umstand, dass die Reise durch ein Familienmitglied auch für die übrigen Familienmitglieder erfolgt, wie etwa auch für minderjährige Kinder, noch nicht zur Annahme aus, dass damit das buchende Familienmitglied im Rahmen der gesetzlichen Vertretung im Namen der Kinder hat handeln und diese selbst verpflichten wollen. (Vergleiche dazu Palandt, 63. Auflage, § 651 a Randnummer 1 m.w.N.; § 164, Randnummer 7) Die Auslegung ergibt danach vorliegend, dass die Mutter der Beklagten mangels besonderer Erklärung die Buchung im eigenen Namen vorgenommen hat und lediglich sich selbst verpflichten wollte und der angemeldeten Beklagten gemäß § 328 Abs. 1 BGB einen Einzelanspruch, nämlich auf Erfüllung der Reise, hat zuwenden wollen. Die Mutter blieb damit auf jeden Fall zur Gegenleistung verpflichtete Vertragspartei. Nach alledem war das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 343 ZPO).
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 344 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.11, 713 ZPO.
Die Berufung wird nicht zugelassen, denn die dafür gemäß § 511 Abs. 4 ZPO erforderlichen Voraussetzungen sind nicht gegeben.
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