Reisepreisminderung wegen mangelhaftem Haupttreppenhaus und defektem Hotelaufzug

Gericht

AG Duisburg


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

26. 10. 2005


Aktenzeichen

2 C 867/05


Tenor


Tenor:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22,24 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 14.09.2004 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 87 % und die Beklagte zu 13 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nur zum Teil begründet, im Übrigen jedoch unbegründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Reisepreisminderung gemäß § 651 d BGB aus der bei der Beklagten für die Zeit vom 20.07. bis zum 03.08.04 gebuchten Pauschalflugreise nach Bulgarien in das Zielgebiet Sonnenstrand in die Anlage Fiesta Beach in Gesamthöhe von 22,24 EUR zu.

Für die auf den überreichten Fotografien erkennbare Nichtfertigstellung des Haupttreppenhaus der gebuchten Anlage setzt das Gericht eine Minderungsquote von 2,5 % des Tagesreisepreises an. Auf diesen Lichtbildern ist klar erkennbar, dass im Haupttreppenhaus noch der "nackte" Estrichboden vorhanden und weder Wände, noch Treppengeländer gestrichen waren. Der Kläger hat den Zustand des Treppenhauses am 27.07.2004 auch schriftlich gegenüber der örtlichen Reiseleitung der Beklagten angezeigt, so dass diese Quote für 7 ½ Tage anzusetzen ist. Eine Reisepreisminderung wird grundsätzlich nur für die Zeit ab der Mängelanzeige gewährt ( vgl. Führich, Reiserecht, 4. Aufl., Rdn. 266 ). Eine Beschwerde des Klägers hinsichtlich des Zustandes des Treppenhauses lässt sich lediglich aus der Beschwerde vom 27.07.2004 entnehmen. Eine frühere Mängelanzeige gegenüber der örtlichen Reiseleitung lässt sich hingegen nach dem Vorbringen des Klägers nicht feststellen. Der Vortrag zu etwaigen Rügen telefonisch gegenüber der Inhaberin des die Reise vermittelnden Reisebüros ist ebenfalls nicht ausreichend, da sie für eine Mängelrüge i.S. des § 651 d BGB nicht der richtige Adressat ist.

Vorliegend war eine Rüge auch nicht entbehrlich. Eine Rüge ist nach Ansicht des Gerichts selbst dann nicht entbehrlich, wenn ein Mangel bekannt oder ihm innerhalb der Urlaubszeit des Reisenden nicht abgeholfen werden kann. Der Wortlaut des Gesetzes beschränkt die Anzeigeobliegenheit nämlich nicht auf behebbare oder unbekannte Mängel. Eine solche Einschränkung ergibt sich auch nicht aus ihrem Sinn und Zweck. Es gehört zwar zu den Funktionen der Mängelanzeige, den Reiseveranstalter über eine Unzufriedenheit seiner Gäste zu informieren und ihn damit in die Lage zu versetzen, durch Abhilfeleistung finanziellen Gewährleistungsforderungen vorzubeugen, wobei Abhilfe nicht zwingend bedeuten muss, dass der Mangel direkt behoben wird, sondern z.B. auch durch Zurverfügungstellung eines gleichwertigen anderen Hotels geschehen kann. Das Eröffnen der Abhilfemöglichkeit ist aber nicht die einzige Funktion des Anzeigeerfordernisses. Dieses dient darüber hinaus dazu, den Reisenden schon vor Ort zu einer Erklärung seiner Beanstandungen zu veranlassen. Nur so lässt sich vermeiden, dass Umstände, die während der Reise überhaupt nicht als Beeinträchtigung empfunden werden, erst nachträglich thematisiert und zur Grundlage von Geldforderungen gemacht werden. Das ist keine "Förmelei", sondern nur die Forderung nach konsequentem, Treu und Glauben entsprechendem Verhalten. Dem Reisenden wird hierdurch nichts Unbilliges abverlangt, sondern lediglich die Einhaltung dessen - eine Äußerung vor Ort -, was das Gesetz ausdrücklich fordert.

Bestätigt sich die Vermutung des Reisenden, dass eine Abhilfe, gleich in welcher Form, nicht möglich ist, so geht das ohne Weiteres zu Lasten des Veranstalters, der nun mangels Abhilfe durch Minderung oder Schadensersatzzahlung Gewähr zu leisten hat. Gleiches gilt auch für dem Veranstalter bekannte Mängel. Auch hier wäre es bedenklich, wenn der Kunde die Möglichkeit hätte, einen Zustand während der gesamten Reise hinzunehmen und erst anschließend Minderung oder Schadensersatz zu fordern. Dass ein bestimmter Mangel objektiv vorhanden ist, bedeutet noch nicht, dass auch jeder Reisende ihn als Beeinträchtigung empfindet.

Für 7 ½ Tage, der letzte Tag ist als Abreisetag lediglich mit 0,5 anzusetzen, ergibt sich somit vorliegend ein Betrag von 11,12 EUR (830,00 EUR ./. 14 Tage x 7,5 Tage x 2,5 %).

Ebenfalls stellt es einen Reisemangel dar, dass der Hotelaufzug in der gebuchten Anlage immer defekt war. Hierfür hält das Gericht eine Minderungsquote auch von 2,5 % des Tagesreisepreises für angemessen. Da der Kläger nicht konkret dargelegt hat, inwieweit ihn der defekte Aufzug tatsächlich beeinträchtigt hat, kommt eine höhere Minderungsquote nicht in Betracht. Für 7 ½ Tage ergibt sich somit ein Betrag 11,12 EUR (830,00 EUR ./. 14 Tage 7,5 Tage x 2,5 %).

Der zuerkannte Zinsanspruch rechtfertigt sich aus Verzug gemäß §§ 286, 288 BGB.

Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Reisepreisminderung gemäß §§ 651 d, 651 c BGB ist nicht gegeben.

Es kann dahin stehen, ob der laut Katalog zugesicherte Kinderspielplatz nicht vorhanden war, ob sich in unmittelbarer Nähe des Hotels eine lärmende Baustelle befand, ob das von dem Kläger benutzte Hotelzimmer mit Schimmel befallen, ob die Hotelzimmer nicht vollständig möbliert und ob sich Wasserflecken an der Decke befanden und zu einer Minderung des Reisepreises berechtigen. Denn der Kläger hat zumindest nicht dargelegt, wann er eine diesbezügliche Mängelanzeige gegenüber der örtlichen Reiseleitung der Beklagten abgegeben haben will. In der schriftlichen Mängelanzeige vom 27.07.04 sind diese Beanstandungen nämlich nicht aufgeführt.

Der Klägervortrag zu der Schwergängigkeit der Türen ist zu unsubstantiiert, um eine Reisepreisminderung diesbezüglich zu rechtfertigen. Trotz Hinweis des Gerichts hat der Kläger nicht dargelegt, welche Türen schwergängig gewesen sein sollen. Soweit der Kläger beanstandet, dass die Badezimmerdecke Feuchtigkeit aufgewiesen hat und es von der Decke auf den Fußboden getropft habe, vermag das Gericht ebenfalls keinen Reisemangel zu erkennen. Nach dem Vortrag der Beklagten, welchen der Kläger nicht entgegen getreten ist, handelte es sich hierbei lediglich um Schwitzwasser.

Die hier aufgestellten Anforderungen an die Darlegungslast des Reisenden stellen auch keine unnötige Förmelei dar. Zum Einen erhält nämlich der Reiseveranstalter erst aufgrund konkretisierten Sachvortrages die Möglichkeit, in entsprechender Art und Weise zu entgegnen; zum Anderen hängt die Höhe der Minderung vom Grad der Abweichung der Ist- von der Soll-Beschaffenheit der Reiseleistung ab.

Dass sich in unmittelbarer Nachbarschaft der gebuchten Anlage ein weiteres Hotel befand, begründet gleichfalls keinen Anspruch auf Minderung des Reisepreises. Eine Alleinanlage hat die Beklagte nicht zugesichert. Das Vorliegen einer zugesicherten Eigenschaft setzt voraus, dass die Erklärung des Reiseveranstalters, für den Bestand dieser Eigenschaft und allen Folgen ihres Fehlens einstehen zu wollen, Vertragsinhalt geworden ist, was nicht bei jeder Beschreibung oder Beschaffenheitsangabe angenommen werden kann. Angaben im Reisekatalog können als Eigenschaftszusicherung anzusehen sein, wobei jedoch an eine Zusicherung strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 64. Aufl., § 651 c Rn.2a). Diesen Anforderungen genügt vorliegend die Abbildung des Hotels im Prospekt bereits deshalb nicht, weil es sich klar erkennbar nicht um ein Lichtbild handelt. Im Fließtext wird auch darauf hingewiesen, dass die Eröffnung des Hotels erst für den 29.05.2004 geplant war, so dass das Hotel im Original im Katalog, welcher schon im November 2003 gedruckt wurde, nicht abgelichtet sein konnte.

Der Kläger hat schließlich keinen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 42,05 Euro.

Zum Zeitpunkt der Beauftragung des Prozessbevollmächtigten des Klägers lagen die Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 BGB nicht vor, da sich die Beklagte zum Zeitpunkt des Schreibens der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 30.08.04 mit der Erstattung des Minderungsbetrages noch nicht in Verzug befand. Bei diesem Schreiben handelte es sich lediglich um die gemäß § 651 g BGB erforderliche Anspruchsanmeldung.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs.1, 708 Nr.11 und 713 ZPO.

Streitwert: 166,00 EUR

Rechtsgebiete

Reiserecht