Fruchtlose Abmahnung wegen einer Online-Werbung begründet nicht die Entbehrlichkeit einer Abmahnung wegen dieser Werbung in Printmedien

Gericht

OLG Hamburg


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

29. 03. 2007


Aktenzeichen

3 U 193/06


Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

A

... Die Antragsgegnerin nimmt ihrerseits mit einem Hilfs-Gegen-Verfügungsantrag ("hilfswiderklagend") die Antragstellerin im Verfügungswege auf Unterlassung in Anspruch.

Das Landgericht Hamburg (Zivilkammer 12 – 312 O 175/06), hat mit seiner Beschlussverfügung vom14.03.2006 der Antragsgegnerin verboten,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Printmedien für ein Kopplungsangebot, bestehend aus einem DSL-Anschluss und einem DSL-Internetzugangstarif, mit den Aussagen

"(1. Teil) Highspeed-Surfen und über DSL telefonieren mit den Kommunikationsprofis von O. - einfacher und günstiger geht's nicht!"

und/oder

"(2. Teil) Für die neuen blitzschnellen DSL-Anschlüsse ist O. der perfekte Partner. Unserer Kompetenz und jahrelangen Erfahrungen können Sie vertrauen. Mit unserem Netzwerk bieten wir Ihnen überlegene Produktqualität, erstklassigen Service und beste Optionen für die Zukunft. Und das bei dauerhaft günstigen Tiefstpreisen"

zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie folgt ...

Durch Beschluss des Landgerichts vom 20.06.2006 hat sich die Zivilkammer 12 für funktionell unzuständig erklärt und antragsgemäß den Rechtsstreit an die zuständige Kammer für Handelssachen beim Landgericht Hamburg verwiesen.

In der Widerspruchsverhandlung vom 14.07.2006 vor dem Landgericht Hamburg (Kammer 6 für Handelssachen – 406 O 158/06) hatte die Antragsgegnerin - wie schriftsätzlich angekündigt - die Anträge zu ihrem "Kostenwiderspruch" im Umfang des 1. Teils des Verbots der Beschlussverfügung und zu ihrem "Vollwiderspruch" im Umfang des 2. Teils des Verbots der Beschlussverfügung gestellt.

Außerdem hatte die Antragsgegnerin beantragt, im Wege der Hilfs-Gegen-Verfügung ("hilfswiderklagend") der Antragstellerin zu verbieten,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Printmedien ein Kopplungsangebot, bestehend aus einem DSL-Anschluss und einem DSL-Internetzugangstarif mit den Aussagen:

"Jetzt dauerhaft: Kostenlos über die gesamte Laufzeit € 0,00 für d.-flat-Tarif"

und/oder

"Sensation im Netz: d.-flat - dauerhaft kostenlos!"

zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, insbesondere wenn dies geschieht wie folgt ...

Durch Urteil vom 28.07.2006 hat das Landgericht die Beschlussverfügung bestätigt, "soweit sie mit dem Widerspruch angefochten wurde" und den Hilfs-Gegen-Verfügungsantrag der Antragsgegnerin vom 13.07.2006 als unzulässig "verworfen".

Gegen dieses Urteil wendet sich die Antragsgegnerin mit der Berufung.

In der Berufungsverhandlung hat die Antragsgegnerin beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils nach den zuletzt in erster Instanz gestellten Anträgen zu erkennen; und die Antragstellerin um Zurückweisung der Berufung gebeten.

Danach hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 07.03.2007 ihren Verfügungsantrag, "soweit er Gegenstand des Berufungsverfahrens ist", zurückgenommen.


B

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache, nachdem die Antragstellerin ihren Verfügungsantrag gemäß dem 2. Teil des Verbots der Beschlussverfügung (nach "und/oder") des Landgerichts vom 14.03.2006 zurückgenommen hat, betreffend den nur noch anhängigen Kostenwiderspruch zum 1. Teil des Verbots der Beschlussverfügung Erfolg.

I.
1. Der Gegenstand des Berufungsverfahrens war zunächst der Verfügungsantrag der Antragstellerin gemäß dem 2. Teil des Verbots der Beschlussverfügung, der Kostenwiderspruch betreffend den 1. Teil des Verbots der Beschlussverfügung sowie der Hilfs-Gegen-Verfügungsantrag der Antragsgegnerin.

2. Mit der Zurücknahme des Verfügungsantrages der Antragstellerin gemäß dem 2. Teil des Verbots der Beschlussverfügung ist nicht nur dieser Verbotsteil der Beschlussverfügung gegenstandslos geworden, sondern auch die diesen Teil betreffende Bestätigung im landgerichtlichen Urteil (§ 269 III ZPO). Zugleich ist mit der Zurücknahme über den Hilfs-Gegen-Verfügungsantrag der Antragsgegnerin nicht mehr zu entscheiden, dessen Zurückweisung als unzulässig durch das Landgericht ist daher ebenfalls gegenstandslos geworden. Das war zum Zwecke der Klarstellung auszusprechen.

3. Nach der Zurücknahme des Verfügungsantrages der Antragstellerin gemäß dem 2. Teil des Verbots der Beschlussverfügung beschränkt sich der Gegenstand der Berufung nunmehr auf den Kostenwiderspruch betreffend den 1. Teil des Verbots der Beschlussverfügung.

II.
Der Kostenwiderspruch der Antragsgegnerin bezüglich des 1. Teils des Verbots der Beschlussverfügung ist nach Auffassung des Senats begründet. Insoweit hat die Antragstellerin die Kosten zu tragen.

1. Die Antragsgegnerin hat entgegen dem Landgericht keine Veranlassung für das Verfügungsverfahren gegeben (§ 93 ZPO).

Das Landgericht hat auf den Umstand abgestellt, dass die Antragsgegnerin mit Anwaltsschreiben vom 01.03.2006 fruchtlos abgemahnt worden sei und Gegenstand der Abmahnung dieselbe Werbung der Antragsgegnerin gewesen sei. Das lotet den Sachverhalt nicht hinreichend aus.

a) Allerdings war die Abmahnung vom 01.03.2006 bezogen auf die Aussage gemäß dem 1. Verbot der Beschlussverfügung fruchtlos gewesen, die Abmahnung bezog sich aber auf die Verletzungsform mit der ausdrücklichen Bestimmung "im Internet". Es ist insoweit - bezogen auf das Verbot betreffend Internet - zu dem Frankfurter Verfügungsverfahren gekommen und erst nach einem Beschluss des OLG Frankfurt vom 10.04.2006 hat die Antragsgegnerin insoweit eine Abschlusserklärung abgegeben.

b) Die (zunächst unterbliebene) Abmahnung bezüglich der Printwerbung gemäß dem 1. Verbot der Beschlussverfügung war vorliegend nicht etwa entbehrlich. Von einer entbehrlichen Abmahnung ist im Rahmend des § 93 ZPO nur in besonderen Ausnahmefällen auszugehen. Ein solche Ausnahme liegt nicht vor.

Die Antragstellerin hatte anlässlich der Internetwerbung der Antragsgegnerin nicht eine verallgemeinerte, sondern zunächst nur eine auf die Verbreitung im Internet bezogene Abmahnung ausgesprochen. Die Antragsgegnerin hatte daraufhin nicht etwa erkennen lassen oder gar erklärt, sie werde die beanstandete Werbung an sich und unabhängig vom Verbreitungsmedium beibehalten. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin sich nicht sogleich hinsichtlich der Internetwerbung unterworfen hat, belegt aus objektivierter Sicht des Abmahnenden nicht, dass das für Printmedien hätte genau so ablaufen müssen. Es sind zwei unterschiedliche Medien, so können z. B. die Vorlaufszeiten für etwaige Anzeigenänderungen anders sein oder sonst das Interesse des Werbenden an der Werbung je nach Medienart verschieden sein. Ob die Antragsgegnerin sich für Printmedien unterworfen hätte, wenn sie mit Schreiben vom 01.03.2006 auch insoweit abgemahnt worden wäre, ist nur zu mutmaßen. Das muss im Rahmen des § 93 ZPO zu Lasten der Antragstellerin gehen.

c) Auch aus der Ex-Post-Bewertung des Verhaltens der Antragsgegnerin ergibt sich nichts anderes.

Die Antragstellerin hat zwar dann wegen des hiesigen, auf Werbung in Printmedien bezogenen 1. Verbots der Beschlussverfügung die Antragsgegnerin abmahnen lassen. Das betreffende Anwaltsschreiben vom 14.03.2006 enthält aber eine Fristsetzung bis zum 17.03.2006, 18 Uhr. Demgegenüber hat die Antragstellerin die Beschlussverfügung vom 14.03.2006 der Antragsgegnerin am 17.03.2006 um 13.20 Uhr zustellen lassen, also vor dem Ablauf der in der Abmahnung gesetzten Frist.

Hätte die Antragstellerin mit der Zustellung der Beschlussverfügung bis zum Ablauf der in der Abmahnung vom 14.03.2006 gesetzten Frist gewartet, und hätte sich die Antragsgegnerin bis zu diesem Zeitpunkt nicht unterworfen, hätte sie das Verfahren veranlasst (§ 93 ZPO).

So ist aber der Geschehensablauf nicht gewesen. Mit der Zustellung der Beschlussverfügung vor dem Ablauf der in der nachgeschobenen Abmahnung gesetzten Frist bestand für die Antragsgegnerin aus objektivierter Sicht kein Grund mehr, noch vor dem Ablauf der gesetzten Frist irgendwelche Erklärungen abzugeben. Die Antragsgegnerin hat dann insoweit Kostenwiderspruch eingelegt. Das ist ein Verhalten, das keinen Rückschluss darauf zulässt, ein Abwarten der Abmahnfrist wäre entbehrlich gewesen.

2. Die Antragsgegnerin hat insoweit sogleich Kostenwiderspruch eingelegt. Das ist ein dem sofortigen Anerkenntnis (§ 93 ZPO) gleichkommendes Verhalten.

Rechtsgebiete

Verfahrens- und Zwangsvollstreckungsrecht