Kein Anspruch auf Provision bei Vermittlung des Mietvertrages
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
09. 03. 2006
Aktenzeichen
III ZR 235/05
Dem Wohnungsvermittler steht ein Anspruch auf Provision auch dann nicht zu, wenn für ihn beim Nachweis oder der Vermittlung des Mietvertrages an den Wohnungssuchenden als Mitarbeiter oder Gehilfe der bisherige Mieter der Wohnung tätig wird, der einen Nachmieter sucht.
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I, 31. Zivilkammer, vom 15. September 2005 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger, der unter der Bezeichnung "Immobilien I. " (u.a.) ein Maklerunternehmen betreibt, nimmt die Beklagten auf Zahlung einer Provision für den Nachweis der Gelegenheit bzw. die Vermittlung des Abschlusses eines Mietvertrages über eine von den Beklagten angemietete Wohnung in O. in Anspruch.
Bisherige Mieterin der Wohnung war Frau H. , eine Mitarbeiterin des Klägers. Diese wollte aus persönlichen Gründen vorzeitig aus ihrem Mietvertrag ausscheiden und suchte einen Nachmieter, den sie ihren Vermietern präsentieren konnte. "Immobilien I. " bot die Wohnung im Juli 2003 unter Hinweis auf die vom Mieter zu zahlende Courtage an. Als sich die Beklagten bei "Immobilien I. " meldeten, verwies sie der Inhaber (Kläger) an Frau H. als die im Maklerbüro für die betreffende Wohnung zuständige Sachbearbeiterin. Frau H. , die sich den Beklagten mit einer auf "Immobilien I. " hinweisenden Visitenkarte vorstellte, betreute sodann die Beklagten. Sie erklärte den Beklagten bei der Besichtigung der Wohnung auch, dass sie die derzeitige Mieterin sei und einen Nachmieter benötige. Am 21./23. Juli 2004 kam es zum Abschluss eines Mietvertrages - ab 1. August 2004 - zwischen den Eigentümern der Wohnung und den Beklagten.
Amtsgericht und Landgericht haben die auf Zahlung von 2.257,36 € (= zwei Monatsmieten zuzüglich Mehrwertsteuer) nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet.
I.
Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung (WoVermittG) steht dem Wohnungsvermittler ein Anspruch für die Vermittlung oder den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Mietverträgen über Wohnraum nicht zu, wenn der Mietvertrag über Wohnräume abgeschlossen wird, deren - nach der hier interessierenden Tatbestandsvariante der Vorschrift - Mieter der Wohnungsvermittler ist.
Das Berufungsgericht verneint im Hinblick auf diese Vorschrift einen Maklerprovisionsanspruch des Klägers. Zwar sei der Kläger, der Inhaber des tätig gewordenen Maklerunternehmens, nicht selbst Mieter der an die Beklagten vermittelten Wohnung gewesen. Er müsse sich jedoch die Mietereigenschaft seiner Mitarbeiterin, Frau H. , als seiner Erfüllungsgehilfin zurechnen lassen. Es entspreche der Zielrichtung des Wohnungsvermittlungsgesetzes, dass dem Wohnungsvermittler der Provisionsanspruch auch dann nicht zustehe, wenn nicht er selbst, sondern sein Erfüllungsgehilfe Mieter der vermittelten Wohnung sei. Der Gesetzgeber habe mit § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WoVermittG institutionalisierte Interessenkonflikte, also Konstellationen geregelt, die typischerweise einen Interessenkonflikt für den wohnungsvermittelnden Makler und damit die Gefahr der Benachteiligung des wohnungssuchenden Kunden desselben in sich trügen. Dieser typische Interessenkonflikt trete im Übrigen auch im vorliegenden Fall, ohne dass dies entscheidungserheblich wäre, deutlich zutage: Als Mieterin sei Frau H. daran gelegen gewesen, vom Vermieter vorzeitig aus dem Mietverhältnis entlassen zu werden. Es habe daher in ihrem eigenen - dem Kläger zurechenbaren - Interesse gelegen, möglichst kurzfristig den Vermietern einen diesen genehmen Nachmieter anbieten zu können. Dazu habe hier auch gehört, Nachmieter zu finden, die - möglicherweise auch unter dem Druck des Hinweises auf eine Vielzahl anderer Bewerber für die Wohnung - bereit gewesen seien, die nicht ganz unerhebliche Ablösungssumme für eine Einbauküche zu "schlucken".
II.
Diese Ausführungen werden von der Revision des Klägers vergeblich angegriffen. Dem Berufungsgericht ist darin zu folgen, dass der Provisionsanspruch des Klägers an dem Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 (3. Fall) WoVermittG scheitert.
1. Der Kläger war Wohnungsvermittler (§ 1 Abs. 1 WoVermittG). Sein Unternehmen vermittelte den Beklagten den Abschluss eines Mietvertrages über die Wohnung in O. . Dabei bediente er sich seiner Mitarbeiterin, Frau H. , die nach dem Abschluss des Maklervertrages zwischen den Parteien bei der Durchführung dieses Vertrages für den Kläger tätig wurde, als Erfüllungsgehilfin (§ 278 Satz 1 BGB). Frau H. ist, wie sich auch aus der den Beklagten ausgehändigten Visitenkarte ergab, nicht als selbständige Maklerin, sondern für "Immobilien I. " aufgetreten.
2. Mit Recht hat das Berufungsgericht im Streitfall die Tatsache, dass die im Unternehmen des Klägers mit der Durchführung des Maklervertrages betraute und tätig gewordene Mitarbeiterin zugleich die bisherige Mieterin der "vermakelten" Wohnung war, unter den Tatbestand des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 (3. Fall) WoVermittG subsumiert, nicht anders als wenn der Kläger persönlich der Mieter gewesen wäre. Es entspricht der Zielsetzung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, dass dem Wohnungsvermittler nach dieser Vorschrift auch dann ein Provisionsanspruch nicht zugestanden wird, wenn nicht er selbst, sondern sein Gehilfe Mieter der Wohnung war.
a) Wie der Senat bereits ausgeführt hat (Urteile vom 2. Oktober 2003 - III ZR 5/04 - NJW 2004, 286, 287 [Gehilfe des Wohnungsvermittlers als bisheriger Verwalter der Wohnung] und vom 13. März 2003 - III ZR 299/02 - NJW 2003, 1393, 1394 [WEG-Verwalter als Wohnungsvermittler]), bezweckt das Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung, allgemein die Wohnungssuchenden vor ungerechtfertigten wirtschaftlichen Belastungen zu schützen, die sich häufig aus missbräuchlichen Vertragsgestaltungen oder unlauteren Geschäftsmethoden für sie ergeben. Außerdem soll die Markttransparenz auf dem Gebiet der Wohnungsvermittlung verhindern, dass Wohnungsvermittler Entgelte fordern, obwohl eine echte Vermittlungstätigkeit nicht vorliegt.
b) Zwar war nach der ursprünglichen Fassung des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 4. November 1971 (BGBl. I S. 1745) der Mieter noch nicht in den Personenkreis derjenigen einbezogen (nämlich bis dahin: Eigentümer, Verwalter oder Vermieter der betreffenden Wohnung), die nicht - provisionsauslösend - Wohnungsvermittler sein können. Der Revision ist zuzugeben, dass die Erweiterung dieses Personenkreises im Gesetz auf den Mieter der Wohnung (Art. 3 des Vierten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 21. Juli 1993, BGBl. I 1257) nicht einfach auf der ursprünglichen Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. VI/1549 S. 12) basiert, sondern auf besonderen Motiven des Gesetzgebers beruht. Die Aufnahme des Mieters in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WoVermittG geht auf eine Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zurück (BT-Drucks. 12/5342 S. 2). Im Gesetzgebungsverfahren war die Bundesregierung dem Vorschlag des Bundesrates, den sich später der Vermittlungsausschuss zu eigen gemacht hat, in das Gesetz einen neuen § 4a einzufügen, mit dem Argument entgegengetreten, der Vorschlag sei widersprüchlich, weil er nicht zugleich einem als Wohnungsvermittler agierenden Mieter den Provisionsanspruch aberkenne: Abstandszahlungen an weichende Mieter oder sonstige Personen seien, wirtschaftlich betrachtet, eine Art "Vermittlungsentgelt". Zumindest seien die Grenzen zwischen der Vermittlung einer Mietwohnung durch den bisherigen Mieter an einen Nachmieter zu einer bloßen Abstandszahlung nicht scharf zu ziehen (BT-Drucks. 12/3254 S. 35 f, 46). Die Entstehungsgeschichte der Norm verdeutlicht, dass diese Änderung des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WoVermittG eine flankierende Maßnahme zu dem ebenfalls neuen § 4a WoVermittG über die Unwirksamkeit von Abstandszahlungen und vergleichbaren Vereinbarungen darstellen sollte (vgl. Senatsurteil vom 9. März 2006 - III ZR 151/05 - zur Veröffentlichung bestimmt).
Unter Berücksichtigung des beschriebenen vorrangigen Anliegens der ergänzenden gesetzlichen Regelung, Abschlagszahlungen und vergleichbare Vereinbarungen zu verhindern, passt aber die Aufnahme des Mieters in den von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WoVermittG erfassten Personenkreis auch zu der von dieser Vorschrift von Anfang an allgemein verfolgten Zielsetzung, zu verhindern, dass Wohnraumvermittler Entgelte fordern, obwohl eine dem Leitbild des Maklervertrages entsprechende Vermittlungstätigkeit nicht vorliegt oder in Frage gestellt ist.
aa) Der Mieter einer Wohnung steht, wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, jedenfalls dann, wenn er aus seinem Mietvertrag vorzeitig entlassen werden will, als vom wohnungssuchenden Mietinteressenten beauftragter Makler typischerweise in einem Interessenkonflikt. Statt nämlich, wozu ihn der Maklervertrag verpflichtet, seine Mittlertätigkeit im Interesse seines wohnungssuchenden Kunden auszuüben, wird er sein Augenmerk in erster Linie darauf richten, einen ihm - d.h. auch und vor allem: dem Vermieter - genehmen Nachmieter aus einem meist größeren Bewerberkreis herauszusuchen und dementsprechend, soweit erforderlich, auch auf den Willen des eigenen Kunden einwirken, um seine bzw. des Vermieters Bedingungen zur Gestaltung des Mietvertrages durchzusetzen - etwa einen schnellen Vertragsabschluss und/oder die erwünschte Übernahme von Wohnungsinventar durch den Nachmieter.
bb) Dieser (typische) Interessen-Widerstreit beim Mieter/Wohnungsmakler zeigt sich nicht nur beim (Wohnungs-)Vermittlungs-Makler, sondern auch beim (Wohnungs-)Nachweismakler; überhaupt sieht die gesetzliche Regelung in § 2 WoVermittG, in welchen Fällen dem "Wohnungsvermittler" ein Anspruch auf Provision nicht zustehen soll, eine unterschiedliche Behandlung beider Tätigkeitsarten nicht vor. Die Revision, die darauf verweist, dass der Nachweismakler "nur den Kontakt" zwischen den Parteien des späteren Hauptvertrages herzustellen habe, berücksichtigt im Übrigen nicht, dass die vom Makler nachzuweisende Gelegenheit zum Abschluss eines Mietvertrages einen abschlussbereiten Vermieter voraussetzt (Senatsurteil BGHZ 161, 349, 355 m.w.N.). Bei der vorliegenden Fallgestaltung - Mieter auf der Suche nach einem Nachmieter, um aus seinem Mietvertrag herauszukommen - gehören deshalb zum "Nachweis" der Wohnung typischerweise Verhandlungen - ähnlich denjenigen bei der Vermittlung des Abschlusses des Mietvertrages - zwischen Mieter/Makler und Mietinteressent einerseits und zwischen Vermieter und Mietinteressent andererseits, durch die der Vermieter, der selbst kein besonderes Interesse an einem Mieterwechsel hat, dazu bewegt werden soll, unter vorzeitiger Entlassung des bisherigen Mieters aus dem Mietvertrag die Wohnung anderweit zu vermieten. Wird der "Nachweis"-Makler in solche Verhandlungen eingeschaltet, so steht er aus der Sicht des Maklerkunden genauso stark in verschiedenen "Lagern" wie ein bisheriger Mieter als "Vermittler" der Wohnung.
c) Ausgehend von dem dargestellten Gesetzeszweck und dem typischen Interessenwiderstreit beim Wohnungsvermittler, der selbst der Mieter der nachzuweisenden oder zu vermittelnden Wohnung ist, liegt eine nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WoVermittG provisionsschädliche Identität zwischen Mieter und Wohnungsvermittler auch dann vor, wenn der Mieter zugleich in dem als Wohnungsvermittler beauftragten Unternehmen als dessen Mitarbeiter oder Gehilfe die maklerseits erforderlichen Handlungen vorgenommen hat und auch zur Wahrung seines eigenen "Vermieter-Interesses" tätig werden konnte. Maßgeblich ist in diesem Fall der in der Person des Mieters/Maklergehilfen - typischerweise - bestehende Interessenkonflikt.
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Galke Herrmann
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