Wert der Eigennutzung eines Grundstücks nach dem üblichen Miet- oder Pachtzins

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

31. 03. 2006


Aktenzeichen

V ZR 51/05


Leitsatz des Gerichts

BGB § 100

Der Wert der Eigennutzung eines Grundstücks ist in der Regel nach dem üblichen Miet- oder Pachtzins zu bemessen.

BGB §§ 463 a.F., 249 a.F. Cb, Ha

Bei der Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrages im Wege des großen Schadensersatzes ist die Nutzung des Grundstücks durch den Käufer im Rahmen des Vorteilsausgleichs nur insoweit zu berücksichtigen, als sie mit dem geltend gemachten Schaden in einem qualifizierten Zusammenhang steht.

  1. Verlangt der Käufer auch Ersatz seiner Finanzierungskosten bzw. der Kosten für die Unterhaltung des Grundstücks, muss er sich hierauf den nach dem üblichen Miet- oder Pachtzins zu berechnenden Wert der Eigennutzung anrechnen lassen.

  2. Beschränkt der Käufer sich darauf, den Leistungsaustausch rückgängig zu machen und Ersatz der Vertragskosten zu verlangen, ist als Nutzungsvorteil nur die abnutzungsbedingte, zeitanteilig linear zu berechnende, Wertminderung der Immobilie anzurechnen.

Tenor

Die Revision und die Anschlussrevision gegen das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 3. Februar 2005 werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Kläger 28 % und die Beklagten 72 %.

Von Rechts wegen

Tatbestand


Tatbestand:

Durch notariellen Vertrag vom 29. Juli 1996 verkauften die Beklagten ihr mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück unter Ausschluss der Sachmängelgewährleistung zum Preis von 735.000 DM an die Kläger. Diese stellten nach ihrem Einzug im Herbst 1996 fest, dass Feuchtigkeit in den Keller des Hauses eindrang.

Mit der Behauptung, von den Beklagten über die unzureichende Abdichtung des Kellers arglistig getäuscht worden zu sein, verlangen die Kläger im Wege des großen Schadensersatzes die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückauflassung und Rückgabe des Grundstücks; ferner haben sie die Feststellung beantragt, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihnen sämtliche Schäden zu ersetzen, die ihnen aus der Feuchtigkeit des Kellers entstanden sind und künftig entstehen werden.

Das Landgericht hat dem Zahlungsantrag in vollem Umfang und dem Feststellungsantrag bezogen auf die Haftung der Beklagten zu 1 und 2 stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht ihre Verurteilung - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - im Hinblick auf die Gebrauchsvorteile, die die Kläger durch die Eigennutzung des Grundstücks erlangt hätten, um 22.230,89 € verringert.

Mit der von dem Senat insoweit zugelassenen Revision wollen die Beklagten erreichen, dass die Nutzungsvorteile höher bewertet und deshalb weitere 57.769,11 € von ihrer Rückzahlungsverpflichtung in Abzug gebracht werden. Die Kläger treten der Revision entgegen und verfolgen im Wege der Anschlussrevision ihren Antrag auf Rückzahlung des vollständigen Kaufpreises weiter.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht meint, die Kläger müssten sich bei der Schadensberechnung den Wert der Nutzung des Hausgrundstücks unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung anrechnen lassen. Dieser sei nicht nach der fiktiven Miete zu bemessen, da die Kläger nicht beabsichtigt hätten, ein zeitweiliges Nutzungsrecht zu erwerben. Was die Kläger erspart hätten, sei vielmehr die Wertminderung bei Kauf eines vergleichbaren Objekts. Zugrunde zu legen sei daher die zeitanteilige lineare Wertminderung des Anwesens im Vergleich zwischen dem tatsächlichen Gebrauch und seiner "restlichen Gesamtnutzungsdauer". Dabei sei zu berücksichtigen, dass lediglich die baulichen Anlagen, deren Wert 332.860 DM betrage, einer Abnutzung unterlägen. Von diesem Wert sei im Hinblick auf die Kaufpreisgestaltung der Parteien ein Abzug von 5 % vorzunehmen. Bei einer angenommenen Gesamtnutzdauer der Bauten von 60 Jahren errechne sich eine Wertminderung von 2.694,53 € pro Jahr und damit für die etwa acht Jahre und drei Monate dauernde Nutzungszeit der Kläger ein Betrag von 22.230,89 €.


II.

Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.

1. Das Berufungsgericht geht im Grundsatz zutreffend davon aus, dass sich die Kläger auf ihren Schadensersatzanspruch aus § 463 Satz 2 BGB a.F. den Wert der von ihnen aus dem Grundstück gezogenen Nutzungen anrechnen lassen müssen. Diese, von den Klägern bereits im Ausgangspunkt kritisierte, Rechtsfolge ergibt sich - anders als in ihrer Anschlussrevision unterstellt - allerdings nicht aus der Anwendung von § 347 S. 2 BGB a.F., sondern aus anerkannten Grundsätzen des Schadensersatzrechts.

Der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung gemäß § 463 Satz 2 BGB a.F. berechtigt die Kläger, den Kaufgegenstand zurückzuweisen und Ersatz des gesamten ihnen durch die Nichterfüllung des Vertrages entstandenen Schadens zu verlangen (sog. großer Schadensersatz, vgl. Senat, BGHZ 108, 156, 159). Die Ermittlung dieses Schadens erfolgt grundsätzlich nach der Differenzmethode durch einen rechnerischen Vergleich zwischen dem im Zeitpunkt der Schadensberechnung vorhandenen Vermögen des Geschädigten und dem Vermögen, das er bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrages gehabt hätte (vgl. Senat, BGHZ 136, 52, 54 mwN). Bei der Differenzberechnung kommen die allgemeinen Grundsätze der Schadenszurechnung und der Vorteilsausgleichung zur Anwendung. Soweit die Nichterfüllung des Vertrages zu adäquat kausalen Vorteilen für den Geschädigten geführt hat und deren Anrechnung dem Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht entspricht, d.h. den Geschädigten nicht unzumutbar belastet und den Schädiger nicht unbillig begünstigt, sind die Vorteile bei dem Vermögensvergleich zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. Senat, BGHZ 136, 52, 54 mwN).

Zu solchen, in die Differenzrechnung einzustellenden Vorteilen gehört auch der Wert der von dem Geschädigten gezogenen Nutzungen (§ 100 BGB), da dieser aufgrund des Kaufvertrages den Besitz der Kaufsache und dadurch die Möglichkeit erhalten hat, sie zu nutzen (BGH, Urt. v. 2. Juli 1962, VIII ZR 12/61, NJW 1962, 1909; Urt. v. 10. Februar 1982, VIII ZR 27/81, NJW 1982, 1279, 1280; Urt. v. 18. November 1982, III ZR 61/81, NJW 1983, 868, 870: Urt. v. 22. September 1983, III ZR 171/82, NJW 1984, 229, 230; vgl. auch Urt. v. 18. Juli 2002, III ZR 248/01, BGHReport 2002, 1080, 1081; Urt. v. 6. Oktober 2005, VII ZR 325/03, WM 2006, 51).

2. Für die Berechnung des Vorteils ist grundsätzlich der objektive Wert der gezogenen Nutzungen maßgeblich. Da die Vorteilsausgleichung der Abschöpfung tatsächlich erzielter Vorteile dient, bleiben allerdings aufgedrängte oder unzumutbare Nutzungen außer Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 18. Juli 2002, III ZR 248/01, BGHReport 2002, 1080, 1081; Lange, Schadensersatz, 3. Aufl., § 9 IV 3, S. 505).

a) Bei der - hier in Rede stehenden - Eigennutzung eines bebauten Grundstücks entspricht der Wert der Vorteile, welcher der Gebrauch der Sache gewährt, in der Regel dem objektiven Mietwert, also dem für das genutzte oder für ein vergleichbares Objekt üblichen Mietzins (vgl. Senat, BGHZ 87, 296, 301; BGHZ 145, 52, 55; Urt. v. 12. Mai 1978, V ZR 67/77, NJW 1978, 1578; Urt. v. 22. November 1991, V ZR 160/90, NJW 1992, 892; Urt. v. 21. September 2001, V ZR 228/00, NJW 2002, 60, 61; Urt. v. 3. Juni 2005, V ZR 106/04, WM 2005, 2148, 2149; BGH, Urt. v. 9. Juni 1969, VII ZR 52/67, WM 1969, 1083, 1084; Urt. v. 22. Oktober 1997, XII ZR 142/95, WM 1998, 609, 612).

b) Dem steht nicht entgegen, dass der Wert von Gebrauchsvorteilen bei der Eigennutzung beweglicher Sachen grundsätzlich nach der zeitanteiligen linearen Wertminderung berechnet wird, also nach einem Vergleich zwischen dem tatsächlichen Gebrauch und der voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer der Sache unter Berücksichtigung des Werts der Sache bzw. des vereinbarten Kaufpreises (sog. Wertverzehr, vgl. BGHZ 115, 47, 54 f.; Urt. v. 17. Mai 1995, VIII ZR 70/94, NJW 1995, 2159, 2161; Urt. v. 25. Oktober 1995, VIII ZR 42/94, NJW 1996, 250, 252).

aa) Diesem Berechnungsansatz liegt die zutreffende Erwägung zugrunde, dass sich der objektive Wert von Gebrauchsvorteilen bei der Eigennutzung eines Gegenstands nach den Aufwendungen ermitteln lässt, die der Nutzende infolge des Gebrauchs der Sache erspart hat (vgl. BGH, Urt. v. 25. Oktober 1995, VIII ZR 42/94, NJW 1996, 250, 251; Staudinger/Kaiser, BGB [2001], § 347 Rdn. 71). Bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrages über eine bewegliche Sache können diese Aufwendungen grundsätzlich nicht mit dem Entgelt gleichgesetzt werden, das angefallen wäre, wenn der Nutzer die Sache gemietet hätte. Bei vermietbaren beweglichen Sachen, wie Kraftfahrzeugen, Maschinen oder Sportausrüstungen, stellen sich Kauf und Miete in wirtschaftlicher Hinsicht nämlich als grundverschiedene Investitionsentscheidungen dar. Da solche Gegenstände meist nur für den gelegentlichen kurzen Gebrauch gemietet werden, enthält der Mietpreis einen hohen Anteil nicht unmittelbar gebrauchsbezogener Kosten (vgl. Dreher, JR 1992, 157). Es ist deshalb in aller Regel unwirtschaftlich, eine bewegliche Sache zum dauerhaften Gebrauch zu mieten. Wer sich entschließt, eine solche Sache zu kaufen, kann daher, wenn es zu einer Rückabwicklung des Kaufvertrages kommt, hinsichtlich der Gebrauchsvorteile nicht so behandelt werden, als hätte er die Sache gemietet (vgl. Staudinger/ Kaiser, BGB [2001], § 347 Rdn. 69). Bei der Bemessung der durch die Rückabwicklung des Kaufvertrages ersparten Aufwendungen muss vielmehr auf die hypothetische Situation abgestellt werden, dass der Käufer anderweit eine gleichartige und gleichwertige Sache angeschafft und diese für dieselbe Zeitspanne in derselben Weise genutzt hätte (BGH, Urt. v. 2. Juli 1962, VIII ZR 12/61, NJW 1962, 1909, 1910; Urt. v. 25. Oktober 1995, VIII ZR 42/94, NJW 1996, 250, 251). Da er in diesem Fall die anderweit erworbene und in seinem Eigentum verbleibende Sache abgenutzt hätte, hat er infolge der Rückabwicklung des Kaufvertrages diese Abnutzung erspart. Das rechtfertigt es, den Gebrauchsvorteil nach der Wertminderung zu berechnen, die die Sache durch die Abnutzung erfahren hat.

bb) Für die Bewertung der Nutzungsvorteile, die eine Immobilie gewährt, können diese Überlegungen indes nicht maßgeblich sein.

Das folgt bereits daraus, dass Grundstücke im allgemeinen eine unbegrenzte Nutzungsdauer haben und deshalb durch Nutzung oder Zeitablauf keinen linearen Wertverlust erfahren (vgl. MünchKomm-BGB/Gaier, 4. Aufl., § 346 Rdn. 29; Staudinger/Kaiser, BGB [2001], § 347 Rdn. 75). Dennoch kann nicht zweifelhaft sein, dass auch die Eigennutzung eines Grundstücks, beispielsweise eines Gartens oder landwirtschaftlichen Bodens, einen geldwerten Gebrauchsvorteil darstellt.

Zudem kommen die Erwägungen, die bei beweglichen Sachen eine Berechnung der Nutzungsvorteile anhand des fiktiven Mietzinses ausschließen, bei Immobilien nicht zum Tragen. Für denjenigen, der eine Immobilie längerfristig nutzen will, stellt sich deren Anmietung meist als wirtschaftlich sinnvolle Alternative zum Kauf dar. Anders als bei beweglichen Sachen ist es deshalb mit der Investitionsentscheidung eines Immobilienkäufers nicht grundsätzlich unvereinbar, wenn bei der Ermittlung der infolge der Eigennutzung ersparten Aufwendungen die hypothetische Situation zugrundegelegt wird, dass der Käufer ein vergleichbares Grundstück gemietet und dieses für dieselbe Zeitspanne genutzt hätte. Der Wert, den der Gebrauch einer Immobilie gewährt, kann deshalb in der Regel auf der Grundlage des üblichen Miet- oder Pachtzinses für das Grundstück berechnet werden (ebenso MünchKomm-BGB/Gaier, aaO; Staudinger/ Kaiser, aaO; Staudinger/Gursky, BGB [1999], § 987 Rdn. 16; Soergel/ Huber, BGB 12. Aufl., § 467 Rdn. 171; Erman/Bezzenberger, BGB, 11. Aufl., § 346 Rdn. 27; Bamberger/Roth/Grothe, BGB § 346 Rdn. 13).

3. Etwas anderes folgt nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 6. Oktober 2005, wonach der dem Erwerber einer Eigentumswohnung bei Rückabwicklung des Erwerbsvertrages im Wege des großen Schadensersatzes für die Selbstnutzung anzurechnende Nutzungsvorteil zeitanteilig linear aus dem Erwerbspreis zu ermitteln ist (VII ZR 325/03, WM 2006, 51). Der Immobilienkäufer, der großen Schadensersatz verlangt, kann durch die Berechnung seines Schadens nämlich wählen, ob er so zu stellen ist, wie er bei einer Anmietung des Objekts gestanden hätte, oder ob sein ursprünglicher Entschluss, die Immobilie zu kaufen, auch bei der Rückabwicklung zum Tragen kommen soll.

Das hat seinen Grund darin, dass der zu Schadensersatz wegen Nichterfüllung berechtigte Käufer - anders als im Fall der Wandelung (§§ 467, 347 Satz 2 BGB a.F. iVm § 987 Abs. 1 BGB) oder der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung (§§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 1 u. 2 BGB) - nicht in jedem Fall verpflichtet ist, dem Verkäufer die aus der Kaufsache gezogenen Nutzungen zurückzugewähren. Die Vertragsschließenden sind bei dem auf das Erfüllungsinteresse gerichteten „großen Schadensersatz“ nämlich nicht so zu stellen, als wäre der Vertrag nicht geschlossen worden. Der Anspruch des Käufers richtet sich vielmehr auf die Herstellung des wirtschaftlichen Erfolgs, der bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung eingetreten wäre (vgl. BGHZ 128, 111, 116; Senat, Urt. v. 31. Oktober 1997, V ZR 248/96, WM 1998, 78, 79).

Die von dem Käufer gezogenen Nutzungen bilden deshalb, worauf die Anschlussrevision zutreffend hinweist, keinen feststehenden Rechnungsposten zugunsten des Verkäufers; sie sind vielmehr nur im Rahmen der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen. Dabei ist zu beachten, dass lediglich solche Vorteile als anrechenbar in Betracht kommen, die gerade mit dem geltend gemachten Nachteil in einem qualifizierten Zusammenhang stehen, der beide "gewissermaßen zu einer Rechnungseinheit verbindet" (BGH, Urt. v. 19. Dezember 1978, VI ZR 218/76, NJW 1979, 760). Die Vorteilsausgleichung erfolgt also nicht bei der Endsaldierung aller Aktiv- und Passivposten gegenüber dem Gesamtbetrag des Schadens, sondern betrifft nur den Schadensposten, der mit dem Vorteil "kongruent" ist (Senat, BGHZ 136, 52, 54). Das hat Auswirkungen auf die Berechnung der Nutzungsvorteile:

a) Beschränkt der Käufer den Schadensersatz auf die Rückabwicklung des Leistungsaustausches (Immobilie gegen Kaufpreis) und auf die Erstattung der mit dem Vertragsschluss verbundenen Nebenkosten (Notargebühren, Maklerprovision u.ä.; vgl. Senat, BGHZ 114, 193, 197), muss er sich als hierzu kongruenten Vorteil nur die ersparte Abnutzung eines andernfalls erworbenen gleichartigen Leistungsgegenstandes, also die durch die Nutzung eingetretene Wertminderung der Kaufsache, anrechnen lassen. Diese kann auf der Grundlage der Gesamtnutzungsdauer der Wohnung oder des Hauses und des Erwerbspreises in gleichmäßigen Beträgen je abgewohntem Jahr („zeitanteilig linear“) bemessen werden (vgl. BGH, Urt. v. 6. Oktober 2005, VII ZR 325/03, WM 2006, 51, 52).

Maßgeblich ist insoweit die Überlegung, dass der Erwerber die Möglichkeit, die Immobilie als eigene zu nutzen, durch Zahlung des Kaufpreises erworben hat. Dieses Austauschverhältnis ist grundsätzlich auch bei einem Scheitern des Vertrages zu beachten und führt dazu, dass sich im Rahmen der Rückabwicklung die (zeitweilige) Überlassung des Kaufpreises als Gegenleistung für die (zeitweilige) Nutzung des Grundstücks darstellt. Einen Vorteil hat der Käufer nur insoweit erlangt, als eine abnutzungsbedingte Wertminderung, die die Immobilie während seiner Nutzungsdauer erfahren hat, infolge der Rückabwicklung des Kaufvertrages mehr nicht zu seinen, sondern zu Lasten des Verkäufers geht.

In dieser Konstellation ist es auch folgerichtig, dass die Nutzung des Grundstücks, das als solches keiner Abnutzung unterliegt, bei der Vorteilsausgleichung außer Betracht bleibt. Der Verkäufer hat als Äquivalent für die Überlassung des Grundstücks den Kaufpreis und dessen Nutzungen erhalten (zu den Nutzungen des Kaufpreises, vgl. Senat, BGHZ 138, 160, 163 ff.). Verlangt der Käufer nur den Kaufpreis zurück, belässt er dem Verkäufer also die aus der Kaufsumme gezogenen Nutzungen, ist damit der Wert der Grundstücksnutzung ausgeglichen (vgl. Würthwein, Schadensersatz für Verlust der Nutzungsmöglichkeit einer Sache oder für entgangene Gebrauchsvorteile, 2001, S. 115).

b) Anders verhält es sich allerdings, wenn der Käufer im Rahmen des großen Schadensersatzes nicht nur den Leistungsaustausch, sondern auch seine Investitionsentscheidung rückgängig macht.

Das ist dem Käufer möglich, weil er bei einem auf das Erfüllungsinteresse gerichteten Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung seine Aufwendungen zur Erlangung der Gegenleistung und die Kosten ersetzt verlangen kann, die ihn allein aufgrund des Umstandes trafen, dass er Empfänger der - mangelhaften - Gegenleistung wurde (vgl. Senat, BGHZ 114, 193, 197 u. 199). Zwar wären diese Aufwendungen auch dann angefallen, wenn die Kaufsache mangelfrei gewesen wäre. Die Rechtsprechung bezieht sie aber in die auf dem Geschäftswillen der Vertragsparteien beruhende Vermutung ein, im synallagmatischen Austauschverhältnis seien Leistung und Gegenleistung gleichwertig. Maßgeblich hierfür ist die Erwägung, die Aufwendungen würden durch den Vorteil der Gegenleistung wieder eingebracht worden sein (sog. Rentabilitätsvermutung, vgl. Senat, aaO, mwN). Im Verlust dieser Kompensationsmöglichkeit liegt der Nichterfüllungsschaden (BGHZ 99, 182, 197 f.).

Verlangt der Käufer auf dieser Grundlage Ersatz seiner Aufwendungen zur Finanzierung des Kaufpreises (vgl. Senat, BGHZ 145, 52, 56 f.; BGH, Urt. v. 17. Mai 1995, VIII ZR 70/94, NJW 1995, 2159, 2160), hält er an seiner Investitionsentscheidung nicht fest. Gleichzeitig nimmt er dem Verkäufer im wirtschaftlichen Ergebnis die Nutzungen des Kaufpreises (vgl. Senat, BGHZ 145, 52, 56 f.) und damit das Äquivalent für seine Nutzung des Grundstücks als Eigentümer. Das hat zur Folge, dass sich der Käufer auf diese Schadensposition den - nach dem üblichen Mietzins berechneten - vollen Wert der Eigennutzung anrechnen lassen muss. Er kann nämlich nicht einerseits die Erstattung der Kosten beanspruchen, die er aufgewendet hat, um das Grundstück als Eigentümer zu nutzen - den Kaufpreis nebst Kreditzinsen -, andererseits aber verlangen, hinsichtlich der gezogenen Nutzungen wie ein Eigentümer gestellt zu werden. Vielmehr ist es dann sachgerecht, die Vorteile, die ihm die Nutzung des erworbenen Grundstücks gewährt hat, nach dem für eine entsprechende Immobilie zu zahlenden Mietzins zu bemessen.

Zu einer Anrechnung des Mietwerts besteht ferner Anlass, wenn der Käufer im Rahmen des großen Schadensersatzes Erstattung der von ihm während seiner Nutzungsdauer für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Immobilie aufgewandten Kosten verlangt (gewöhnliche Erhaltungskosten, Versicherungen, Lasten usw., vgl. dazu Senat, BGHZ 114, 193, 199). Will sich der Käufer hinsichtlich seiner Gebrauchsvorteile wie ein Eigentümer, also so behandeln lassen, als hätte er eine andere Immobilie gekauft (vgl. BGH, Urt. v. 6. Oktober 2005, VII ZR 325/03, WM 2006, 51, 52), dann muss er auch diese Kosten tragen. Stellt er solche - im Rahmen eines Mietverhältnisses üblicherweise vom Vermieter zu tragenden - Kosten dagegen in seine Schadensberechnung ein, muss er sich als kongruenten Vorteil anrechnen lassen, die Immobilie ohne entsprechende Belastungen, also wie ein Mieter, genutzt zu haben (vgl. Würthwein, aaO., 2001, S. 112 u. 117 f.).

4. Hiernach ist es im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den in der Eigennutzung des Hausgrundstücks liegenden Gebrauchsvorteil der Kläger nicht auf der Grundlage des fiktiven Mietzinses, sondern nach der zeitanteiligen linearen Wertminderung der sich auf dem Grundstück befindlichen Bauten berechnet hat. Denn die Kläger haben lediglich den Kaufpreis als bezifferten Schaden geltend gemacht. Zu dieser Schadensposition ist, wie dargelegt, nur der Nutzungsvorteil kongruent, der in der ersparten Abnutzung eines andernfalls erworbenen gleichartigen Hausgrundstücks liegt.

Die Gebrauchsvorteile wären nur dann - unter Anrechnung des für die Abnutzung bereits berücksichtigten Betrages - nach dem fiktiven Mietzins zu bemessen, wenn die Kläger auf der Grundlage der festgestellten weitergehenden Schadensersatzverpflichtung der Beklagten Ersatz ihrer Finanzierungsaufwendungen oder der Kosten für die Unterhaltung des Grundstücks während ihrer Nutzungsdauer verlangten.

5. Der Senat weicht hinsichtlich der Anrechnung der Gebrauchsvorteile aus der Eigennutzung einer Immobilie nicht von der Entscheidung des VII. Senats des Bundesgerichtshofs vom 6. Oktober 2005 (VII ZR 325/03, WM 2006, 51) ab. Auch dort ging es lediglich um die Berechnung des Vorteils, der dem - im Wege des großen Schadensersatzes - als Schaden geltend gemachten Erwerbspreis entgegengehalten werden kann (vgl. WM 2006, 51 f. zu II. 1. und zu II. 3.). Diesen Vorteil bemisst der erkennende Senat, wie dargelegt, ebenfalls nach der abnutzungsbedingten zeitanteiligen linearen Wertminderung. Einer Anrufung des Großen Senats für Zivilsachen (§ 132 Abs. 2 GVG), die aus Anlass der Entscheidung des VII. Senats als erforderlich angesehen worden ist (so Vogel, ZfIR 2006, 12, 13), bedurfte es daher nicht.


III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 und 97 Abs. 1 ZPO.


Krüger Klein Stresemann
Czub Roth

Vorinstanzen

LG München II, 13 O 1522/01, 26.05.2004; OLG München, 23 U 3660/04, 03.02.2005

Rechtsgebiete

Grundstücks- und Wohnungseigentumsrecht

Normen

BGB § 100; BGB §§ 463 a.F., 249 a.F. Cb, Ha