Verkürzung der Verjährungsfrist per AGB

Gericht

LG Frankfurt a.M.


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

19. 09. 2006


Aktenzeichen

2-24 S 58/06


Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

... Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist der der Klägerin zustehende Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen Verletzung von Informationspflichten aus dem Reisevertrag verjährt und die Beklagte somit nach Erhebung der Einrede der Verjährung berechtigt, die Leistung zu verweigern (§ 214 Abs. l BGB).

Zwar verjähren Ansprüche nach den §§ 651c bis 651f BGB sowie nach herrschender Meinung auch alle sonstigen reisevertraglichen Ansprüche des Reisenden gegen den Reiseveranstalter in zwei Jahren, beginnend mit dem Tag, an dem die Reise dem Vertrag nach enden sollte.

Hier ist diese gesetzliche Verjährungsfrist jedoch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 651m Satz 2 BGB zulässig auf ein Jahr verkürzt worden.

In dem Reisekatalog der Beklagten heißt es unter Ziffer 13 der "Reisebedingungen" mit der Überschrift: "Ausschluss von Ansprüchen und Verjährung":

"... Ihre Ansprüche nach den §§ 651c bis 651f BGB verjähren in einem Jahr. Die Verjährung beginnt mit dem Tag, an dem die Reise dem Vertrag nach enden sollte." ...

Diese als Allgemeine Geschäftsbedingungen anzusehenden Reisebedingungen der Beklagten sind auch wirksam in das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis einbezogen worden (§ 305 Abs. 2 BGB). ...

Voraussetzung der Einbeziehung ist somit zunächst ein ausdrücklicher Hinweis des Verwenders bei Vertragsschluss darauf, dass der Vertrag unter Verwendung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen geschlossen werden soll, d.h. im Zusammenhang mit den Erklärungen, die zum Abschluss des konkreten Vertrages geführt haben, also grundsätzlich bei der Buchung. Ausreichend ist aber auch noch ein Hinweis in der Auftragsbestätigung, wenn diese erst die bindende Vertragsannahme darstellt (Führich, Reiserecht, [5. Aufl.], Rn. 124).

Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.

Die Kläger haben unter dem 26.11.2002 nach ihrem eigenen Vortrag in der Klageschrift über das örtliche Reisebüro ... die Urlaubsreise bei der Beklagen gebucht. In der Buchungsbestätigung ... ist auch die Erklärung der Annahme des Antrags der Kläger durch die Beklagte zu sehen (vgl. Führich, a. a. O., Rn. 111).

In dieser Buchungsbestätigung findet sich im oberen grün eingerahmten Kasten im Text rechts als 3. Satz folgender Hinweis: "Im Übrigen verweisen wir auf die Reisebedingungen im maßgeblichen Katalog." Damit ist der erforderliche ausdrückliche Hinweis bei Vertragsschluss erteilt worden.

Auch die weitere Voraussetzung der Möglichkeit der Kenntnisnahme ist gegeben.

Der Verwender muss dem Kunden die Möglichkeit verschaffen, in zumutbarer Weise vom Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Kenntnis zu nehmen. Wenn andere Vorschriften, wie die BGB-Informationspflichten-Verordnung, dem Verwender eine über § 305 Abs. 2 Ziff. 2 BGB hinausgehende Informationspflicht auferlegen, ist die Erfüllung dieser Pflicht nicht Voraussetzung für eine wirksame Einbeziehung.

Bei einem Vertragsschluss unter Anwesenden muss der Verwender die Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorlegen oder die Vorlage anbieten. Bei einem entsprechenden ausdrücklichen Hinweis genügt aber auch, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Einsicht aushängen oder ausliegen (Palandt / Heinrichs, BGB, [65. Aufl.], § 305, Rn. 34). Letzteres ist hier der Fall. Wie bereits oben ausgeführt, findet sich in der Buchungsbestätigung der Verweis auf die Reisebedingungen im maßgeblichen Katalog. Damit ist ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Reisekatalog abgedruckt sind.

Da üblicherweise in einem Reisebüro Reisekataloge ausliegen, musste hierauf nicht noch zusätzlich hingewiesen werden. Der oben genannte Hinweis auf den maßgeblichen Katalog machte die Vorlage desselben für die Einbeziehung entbehrlich, vielmehr genügte es, dass ein Katalog mit den Reisebedingungen im Reisebüro vorgehalten wurde.

Zwar haben die Kläger bestritten, dass zum Zeitpunkt der Reisebuchung ein Reisekatalog der Beklagten im Reisebüro vorlag. Indessen ist dieses Bestreiten angesichts der Tatsache, dass Reisebüros in der Regel zumindest über jeweils ein aktuelles Katalogexemplar des jeweiligen Reiseveranstalters verfügen, zu unsubstanziiert. Die Kläger hätten schon vortragen müssen, aus welchem Grund hier bei der Buchung dieser Regelfall ausnahmsweise nicht gegeben war. Sie hätten hierzu zumindest vortragen müssen, dass bei dem streitgegenständlichen Reisebüro nicht immer die jeweiligen Kataloge auslägen und erklären müssen, woraus sie diesen Schluss ziehen (vergebliche Nachfrage nach Katalogexemplaren durch sie selbst oder dritte Personen).

Da sie dies nicht näher dargelegt haben, obwohl der Beklagtenvertreter bereits in erster Instanz zu Recht im Schriftsatz vom 16.9.2005 auf ihre erweiterte Darlegungslast hingewiesen hat, ist ihr diesbezügliches Bestreiten zu unsubstanziiert und damit unbeachtlich (§ 138 Abs. 2, Abs.3 ZPO).

Die Klägerin hätte sich durch bloße Nachfrage im Reisebüro in den Besitz des Katalogs bringen und die Reisebedingungen dort nachlesen können. Dass das LG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 25.7.2003 (Az.: 22 S 3/02), auf die sich die Berufung bezieht, hiervon eine abweichende Auffassung vertritt, ist nicht erkennbar. Dort heißt es: "Der von der Klägerin vertretenen Ansicht, es reiche aus, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen im Reisebüro eingesehen werden können, kann nicht gefolgt werden. Vielmehr muss nach § 3 Abs. 4 Informationsverordnung ein entsprechender Hinweis auf die dem Reisenden zur Verfügung gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen erteilt werden. Dass Allgemeine Geschäftsbedingungen irgendwo in dem Reisebüro vorhanden sein könnten, ist unerheblich, wenn nicht auf sie verwiesen wird. Ein solcher Hinweis kann aber nicht festgestellt werden."

Aus diesen Ausführungen ist zu entnehmen, dass auch das Landgericht Düsseldorf bei der Erteilung eines entsprechenden Hinweises darauf, wo die Reisebedingungen abgedruckt sind und dementsprechend von dem Buchenden hätten eingesehen werden können, das Vorhalten dieser im Reisebüro ausreichen lässt.

Auch die dritte Voraussetzung, das Einverständnis des Kunden mit der Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, liegt vor. Bei einer Bezugnahme auf Allgemeine Geschäftsbedingungen erstmals in der Reisebestätigung drückt die Bezahlung des Reisepreises oder der Reiseantritt das Einverständnis mit den erstmals in der Reisebestätigung mitgeteilten Allgemeinen Geschäftsbedingungen aus. In der modifizierten Vertragsannahme der Beklagten (Buchungsbestätigung mit Einbeziehung der Reisebedingungen) ist gemäß § 150 Abs. 2 BGB ein neues Angebot der Beklagten zu sehen, das von den Klägern durch die Bezahlung des Reisepreises angenommen worden ist (vgl. Führich, a.a.O., Rn. 126).

Entgegen der Auffassung der Kläger fehlt es auch bei dem Hinweis auf die Reisebedingungen im Katalog nicht an einer drucktechnisch hinreichenden Deutlichkeit. Dass der Einbeziehungspassus im selben Schriftbild und ohne gesonderten Absatz eingefügt ist, nimmt ihm nicht die hinreichende Deutlichkeit. Es ist nicht erkennbar, dass die Buchungsbestätigung hier eine Fülle von Informationen enthalten hat, die eine ausdrückliche drucktechnische Hervorhebung dieses Passus verlangt hätte.

Vielmehr ist die Buchungsbestätigung recht übersichtlich aufgebaut. Der sich im oberen grün eingerahmten Kasten im Text rechts als 3. Satz befindende Einbeziehungspassus ist - wenn auch nicht deutlich durch einen Absatz - wenigstens durch den neuen Zeilenbeginn von dem davor stehenden Text, der aus zwei kurzen Sätzen besteht, abgetrennt und somit auch so angeordnet, dass eine Kenntnisnahme durch den Kunden ohne weiteres erwartet werden konnte.

Die einjährige Verjährungsfrist war bei Klageerhebung bereits abgelaufen.

Die Reise sollte am 6.5.2003 enden, die einjährige Verjährungsfrist begann somit am 7.5.2003 zu laufen. Zwar wurde die Verjährung durch die zwischen den Klägern und der Beklagten laufenden Verhandlungen zunächst gehemmt, indessen endete diese Hemmung mit Zugang des Schreibens der Beklagten vom 3.7.2003, in dem diese mitteilt, dass sie die Forderung der Kläger nicht akzeptiere und abschließend um Verständnis für ihre Entscheidung bittet. Mithin war die Forderung zum Zeitpunkt der Klageerhebung (25.2.2005) bereits verjährt.

Entgegen der Auffassung der Kläger ist in dem Schreiben der Beklagten vom 30.5.2003 kein konsumtives Schuldanerkenntnis zu sehen, was zur Folge gehabt hätte, dass hierdurch die dreijährige Regelfrist der §§ 195, 199 BGB in Gang gesetzt worden wäre.

Es ist nicht ersichtlich, dass mit diesem Schreiben eine vom Grundgeschäft losgelöste Verpflichtung begründet werden und nicht lediglich eine bestehende Verpflichtung bestätigt werden sollte.

Je genauer und bestimmter der Schuldgrund bezeichnet wird, desto weniger liegt ein selbständiges Anerkenntnis nahe (Palandt / Sprau, a.a.O., § 781, Rn. 2). Hier ist in dem genannten Schreiben ausdrücklich auf eine Erstattung gemäß den Vorgaben bei höherer Gewalt hingewiesen worden, somit ist der Schuldgrund ausdrücklich bezeichnet worden.

Da der dem Schreiben beigelegte Verrechnungsscheck an die im Betreff genannten Kläger weitergeleitet werden sollte, kann zwar hierin ein (Teil-)Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. l Ziff. l BGB gesehen werden (Palandt / Heinrichs, a.a.O., § 212, Rn. 4 und 7). Indessen hat dies lediglich zur Folge, dass die einjährige Verjährungsfrist erneut mit dem auf das Anerkenntnis folgenden Tag (§ 187 Abs. l BGB) zu laufen begonnen hat, wobei maßgeblich der Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung ist (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rn. 8).

Da hier die Verjährungsfrist durch Allgemeine Geschäftsbedingungen auf ein Jahr verkürzt worden ist, konnte auch lediglich diese vereinbarte Verjährungsfrist wieder zu laufen beginnen, so dass die Ende Mai/ Anfang Juni 2003 erneut in Gang gesetzte Verjährungsfrist ebenfalls bei Klageerhebung im Februar 2005 bereits abgelaufen war.

Wird der Lauf einer vereinbarten Verjährungsfrist unterbrochen, so wird nach dem Ende der Unterbrechung die vereinbarte Frist erneut in Gang gesetzt (BGH, NJW¬-RR 2005, 60S). Zwar ist der Terminus "Unterbrechung" durch "Neubeginn" nach der Reform des Verjährungsrechts ersetzt worden, dennoch hat dieser vom Bundesgerichtshof aufgestellte Grundsatz durch diese lediglich terminologische Änderung seine Gültigkeit nicht verloren (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rn. 8). ...

Rechtsgebiete

Reiserecht