Kein Oktoberfest-Bier aus Mainz

Gericht

LG München I


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

19. 02. 2008


Aktenzeichen

9 HK 0 20939/07


Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Kläger macht gegen die Beklagten einen markenrechtlichen Unterlassungs- und einen Folgeanspruch geltend.

Der Kläger ist ein Zusammenschluss der großen Münchener Traditionsbrauereien, die das berühmte Bier der Marke "OKTOBERFEST-BIER" exklusiv auf dem Münchener Oktoberfest ausschenken.

Der Kläger ist Inhaber der deutschen Marke "OKTOBERFEST-BIER", eingetragen für Bier in Klasse 32 mit Priorität vom 08.12.1980.

Die Beklagte ist eine Messegesellschaft. Sie betreibt u.a. die Website "oktoberfest-mainz.com".

Vom 10.-21.10.2007 fand das 3. Mainzer Oktoberfest statt.

Aus diesem Anlass erschien auf der genannten Website der Beklagten u.a. auch ein verlinkter Presseartikel mit der Überschrift

"Für großen Ansturm gut gerüstet",

indem sich u.a. der Satz befindet:

"Auch in diesem Jahr wird es wieder ein eigens für das Volksfest gebrautes Oktoberfestbier geben, hergestellt von der M. Brauerei".

Der Kläger ist der Meinung, dass ihm wegen dieses Sachverhalts ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte gem. §§ 97 II, 14 II Nr. 2, V, 128 I, 126 I, 127 I-III MarkenG zustehe.

Die Beklagte sei hinsichtlich dieses Unterlassungsanspruches passivlegitimiert, weil eine markenmäßige Benutzung der Marke des Klägers vorliege. Die Beklagte biete als Mitveranstalterin des Mainzer Oktoberfestes Bier an.

Wegen der vorliegenden Rufausbeutung zulasten des Klägers liege jedenfalls auch ein Anspruch aus § 4 Nr. 9 b UWG vor.

Außerdem ergebe sich der geltend gemachte Anspruch auch unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der bekannten mittelbaren geografischen Herkunftsangabe OKTOBERFEST-BIER.

Entscheidend im vorliegenden Fall sei, dass der abgedruckte Presseartikel auf den Seiten der Beklagten als Mitveranstalterin des Mainzer Oktoberfestes eingebunden und daher eine originäre, eigene Äußerung der Beklagten im geschäftlichen Verkehr darstelle.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zum Angebot von Bier die Bezeichnung "Oktoberfestbier" zu benutzen,

wenn dies geschieht, wie unter "oktoberfest-mainz.com" im Verzeichnis "Presseartikel" im Artikel "Gut gerüstet (pdf)", mit dem Satz:

"Auch in diesem Jahr wird es wieder ein eigenes für das Volksfest gebrautes Oktoberfestbier geben, hergestellt von der Mainzer Aktien Brauerei",

wie nachfolgend eingelichtet (es folgt die Wiedergabe des Presseartikels).

Dagegen beantragte die Beklagte, die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Zur Begründung trug sie zusammengefasst folgendes vor:

Zunächst werde die Rüge der örtlichen Unzuständigkeit des Landgerichts München I erhoben.

Außerdem sei die Beklagte nicht verantwortlich, weil sie nicht Veranstalterin des Oktoberfestes sei.

Nachdem zunächst auch bestritten wurde, dass die beanstandete Internetseite nicht von der Beklagten stamme, wurde dieser Umstand im Schriftsatz vom 14.01.2008 eingeräumt und unstreitig gestellt.

Es liege seitens der Beklagten jedoch kein markenmäßiger Gebrauch und auch kein Verschulden vor.

Ansprüche aus UWG seien nicht gegeben, weil zwischen den Parteien keine Wettbewerbereigenschaft bestünde.

Auch eine Wiederholungsgefahr sei nicht gegeben.

Letztlich fehle es dem Kläger auch an einem Rechtsschutzbedürfnis.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die zulässige Klage erwies sich in vollem Umfang auch als begründet. Im Einzelnen ist hierzu auszuführen:

1. Das Landgericht München I ist örtlich zuständig.

Der Internetauftritt der Beklagten unter "oktoberfest-mainz.com" richtet sich bestimmungsgemäß auch an potentielle Besucher aus dem OLG-Bezirk München. Bei Zeichenverletzungen im Internet ist jedes Gericht i.S.v. § 140 MarkenG örtlich zuständig, allein weil eine bundesweite Abrufmöglichkeit besteht (vgl. z.B. OLG München CR 2002, 449).

Bei der Veranstaltung "Mainzer Oktoberfest" handelt es sich um eine überregionale Großveranstaltung, die als Konkurrenz zum Münchener Oktoberfest aufgezogen wird. Damit richtet sie sich automatisch auch an bayerische Besucher.

2. Im Laufe des Verfahrens hat die Beklagte nach und nach wesentliche Tatbestandsumstände als gegeben und damit unstreitig eingeräumt.

Zunächst musste sie zugestehen, dass ihr ursprünglicher Vortrag, sie sei nicht Inhaberin der streitgegenständlichen Internetseite www.oktoberfest-mainz.com unrichtig war, sondern dass es sich bei dieser Website tatsächlich um eine Homepage der Beklagten handelt.

Weiter musste sie einräumen, dass der beanstandete Zeitungsartikel tatsächlich auf dieser Homepage erschienen war.

Aufgrund dieses nunmehr unstreitigen Sachverhalts ergibt sich aber gemäß den nachfolgenden Ausführungen, dass dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche zustehen.

3. Seitens der Beklagten liegt nämlich eine Verletzung der klägerischen Marke vor.

a) Die Marke des Klägers "OKTOBERFEST-BIER" ist im Verkehr bekannt i.S.v. § 14 II Nr. 3 MarkenG. Dieser Umstand ist gerichtsbekannt. Außerdem ist die Veranstaltung mit dem Titel "OKTOBERFEST" das größte und bekannteste Volksfest der Welt. Dieser Bekanntheitsgrad führt dazu, dass der Verkehr bei der Kombination mit dem Wort "Bier" nicht nur die beschreibende Angabe, sondern auch einen Hinweis auf den Verbund der Münchener Brauereien erkennt. Die Bekanntheit des Oktoberfestes strahlt deshalb auf die Marke "OKTOBERFEST-BIER" aus. Bei dem darunter vertriebenen Bier handelt es sich um solches, das allein durch die Münchener Brauereien für das Oktoberfest gebraut wird.

b) Die unstreitige Benutzung des Begriffs "OKTOBERFEST-BIER" im streitgegenständlichen Presseartikel auf der Homepage der Beklagten erfolgt auch markenmäßig. Im Interesse eines umfassenden Kennzeichenschutzes wird der Begriff der kennzeichenmäßigen Benutzung sehr weit gefasst. Es genügt die objektive, nicht völlig fern liegende Möglichkeit, dass der Verkehr einen Herkunftshinweis annimmt. Der streitgegenständliche Presseartikel, den die Beklagte in ihrem Internetauftritt eingebunden hat, enthält mit der Bezugnahme auf die Marke "OKTOBERFEST-BIER" den falschen Hinweis, dass auch die Lieferantin der Beklagten, die M. Brauerei, berechtigt sei, als Lizenznehmerin zur Kennzeichnung von Bier die Marke des Klägers zu benutzen. Der Verkehr wird darüber irregeführt, dass auf dem Mainzer Oktoberfest auch OKTOBERFEST-BIER ausgeschenkt werden darf, dass also die M. Brauerei vermeintlich zu den berechtigten Benutzern der Marke des Klägers gehört.

c) Es liegt darüber hinaus auch ein Eingriff in den Schutz der bekannten Marke vor. Die Bezeichnung "OKTOBERFEST-BIER" im streitgegenständlichen Artikel wird gerade deshalb gewählt, um sich an das positive Image dieser bekannten Marke anzulehnen. Das Produkt der M. Brauerei wird damit in Verbindung gebracht mit der Marke des Klägers. Wegen dieser gedanklichen Verknüpfung mit der bekannten Marke des Klägers liegt deshalb ebenfalls eine markenmäßige Benutzung vor.

d) Letztlich stellt die Bezeichnung "OKTOBERFEST-BIER" auch eine mittelbare geografische Herkunftsangabe i.S.v. § 126 I MarkenG dar. Die Bezeichnung verfügt, wie ausgeführt, über einen besonderen Ruf i.S.v. § 127 III MarkenG. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich deshalb aus § 128 I MarkenG auch dann, wenn man von einem nicht markenmäßigen Gebrauch ausginge.

4. Entgegen der Meinung der Beklagten ist sie für den beanstandeten Internetauftritt und für die vorliegende Markenverletzung auch verantwortlich.

a) Die Beklagte ist Mitveranstalterin des Mainzer Oktoberfestes. Dort wird unstreitig Bier ausgeschenkt. § 14 III Nr. 5 MarkenG verbietet ausdrücklich die Verwendung eines fremden Zeichens auch in der Werbung für Dritte. In dem streitgegenständlichen Artikel wird mit der Bezeichnung "OKTOBERFEST-BIER" unzweifelhaft für Bier der M. Brauerei und damit für Bier der R.-Gruppe geworben.

b) Wenn die Beklagte meint, sie treffe kein Verschulden an der vorliegenden Markenverletzung, so ist hierauf nur kurz zu erwidern, dass für einen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch ein Verschulden nicht erforderlich ist.

5. Die von der Beklagten bestrittene Wiederholungsgefahr liegt selbstverständlich vor, weil die Beklagte bisher eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgegeben hat.

Zusammenfassend ergibt sich deshalb, dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zuzusprechen war.

Rechtsgebiete

Markenrecht

Normen

§§ 14 II Nr. 3, 126 I, 127 III MarkenG