Kleinreparaturklausel und Miethöhe
Gericht
AG Bremen
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
24. 05. 2007
Aktenzeichen
21 C 269/05
Die Kleinreparaturklausel im Formularmietvertrag (1-Zimmer-Wohnung, 260 Euro mtl. Grundmiete), wonach der Mieter bei Kleinreparaturen mit einem Höchstbetrag von 200 Euro im Einzelfall und maximal 1000 Euro pro Kalenderjahr haftet, ist unwirksam, denn sie benachteiligt den Mieter unangemessen.
Der Bekl. wird verurteilt, an die Kl. 500,- € nebst Zinsen in Höhe von 3 % pro Jahr für die Zeit vom 19.08.2002 bis einschließlich 31.08.2005 sowie weitere Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz pro Jahr aus 500,- € seit dem 1.09.2005 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Der Bekl. hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Bekl. kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kl. vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
Die Kl. begehrt vom Bekl. die Rückzahlung einer Mietsicherheit. Der Bekl. macht Schadensersatzansprüche im die Klageforderung überschießenden Anteil widerklagend geltend.
Die Kl. mietete vom Bekl. mit Mietvertrag vom 15.08.2002 eine 1-Zimmer-Wohnung im Haus M. ...str. 76. Die Grundmiete betrug 260,- €. Der maschinenschriftliche in Paragraphen und Absätze gegliederte, achtseitige vorformulierte Mietvertrag enthält unter § 12 IV die Regelung, wonach der Mieter die Kosten für Kleinreparaturen innerhalb der Mieträume zu tragen hat. Eine kostenmäßige Begrenzung erfolgt auf 200,- € für den einzelnen Reparaturfall und 1.000,- € höchstens für das Kalenderjahr. § 7 I des Mietvertrages enthält die Bestimmung, dass der Mieter die anteiligen Kosten des Betriebs einer Heizungsanlage zu tragen hat, wobei dazu auch die Kosten der Überwachung, Pflege, Reinigung und Einstellung der Anlage zählen. Die Parteien vereinbarten auch die Stellung einer Mietsicherheit in Form einer zu übergebenden Barkaution. Diese sollte mit ca. 3 % pro Jahr vom Vermieter verzinst und bei Auszug und ordnungsgemäßer Rückgabe der Wohnung zurückgezahlt werden. Am 19.08.2002 hat die Kl. die Kaution in Höhe von 500,- € an den Bekl. übergeben. Zum 31.08.2005 endete das Mietverhältnis. Für den Abrechnungszeitraum 2005 besteht für die Kl. noch ein Guthaben aus der Abrechnung der Nebenkosten von insgesamt 92,84 €. Trotz mehrmaliger Aufforderung hat der Bekl. die Kaution nicht zurückgezahlt. Nach Auszug der Kl., machte der Bekl. vorprozessual bereits die auch hier streitgegenständlichen Gegenansprüche geltend, wobei er die Kl. erstmals mit einem Schaden auf Grund durchgesickerten Wassers in der Wohnung unter der vermieteten konfrontierte sowie mitteilte, eine Wartung der Gasheiztherme sei bislang nicht erfolgt. Unstreitig lief im Zeitraum September/Oktober 2002 beim Abpumpen der Waschmaschine der Kl. Wasser auf den Badezimmerboden über. Dies zeigte die Kl. dem Bekl. seinerzeit auch an.
Die Kl. behauptet, wegen ihrer Anwesenheit im Zeitpunkt des Wasserüberlaufes dieses – vom unstreitig gefließten Boden – sogleich aufgewischt zu haben. Ein Schaden könne nicht entstanden sein, bzw. sei dessen erstmalige Geltendmachung nahezu drei Jahre später verspätet.
Die Kl. beantragt,
den Bekl. zu verurteilen, an sie 500,- € nebst 3 % Zinsen vom 15.08.2002 bis 31.08.2005 zu zahlen und darauf weitere Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen und
widerklagend,
die Kl. zu verurteilen, an ihn 198,12 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Kl. beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Der Bekl. behauptet, die Kl. habe den Wasserschaden verursacht, dessen Beseitigungskosten auf 672,80 € inkl. USt. zu veranschlagen seien. Sie habe die Kosten der Wartung und Einstellung der Heiztherme zu tragen, die sich auf 88,16 € belaufen. Bei Auszug der Bekl. seien die Fenster stark verschmutzt gewesen, die Ehefrau des Bekl. habe diese reinigen müssen, wofür 15,- € zu ersetzen seien. Auch sei die Silikonumrandung der Badewanne defekt gewesen, diese hätte die Kl. im Rahmen ihrer mietvertraglichen Pflichten erneuern müssen, hierfür sei ein Ersatzbetrag von 15,- € angemessen.
Das Gericht hat gem. Beweisbeschluss vom 27.04.2006, Bl. 100/106 d.A., durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens Beweis hinsichtlich der Frage der Verursachung des Wasserschaden erhoben.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die Widerklage ist abzuweisen, denn sie ist unbegründet.
Der Kl. kann die Rückzahlung der von ihr geleisteten Mietsicherheit vollumfänglich verlangen. Gemäß den Regelungen des Mietvertrages wurde der Rückzahlungsanspruch im Zeitpunkt des Auszugs und der ordnungsgemäßen Rückgabe der Wohnung, mithin am 31.08.2005 fällig. Von einer ordnungsgemäßen Rückgabe ist auszugehen. Die Wohnung wurde von dem Bekl. zurückgenommen, ohne dass dieser bei Rücknahme Mängel rügte oder gar die Kl. aufforderte, noch Maßnahmen zu ergreifen, um die Wohnung in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen. Soweit der Bekl. nachträglich das Vorhandensein verdreckter Fenster und einer beschädigten Badewannenabdichtung rügt, ändert dies nichts an der bedingungslos erfolgten und zur vertraglich vereinbarten Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs führenden Rücknahme der Wohnung. Der Bekl. wandte sich auch nachträglich nicht gegen seine Rücknahmehandlung, sondern begehrte einzig Zahlung eines Schadensersatzes.
Das Vorhandensein einer beschädigten Badewannenabdichtung hätte aber auch aus Rechtsgründen die Ordnungsgemäßheit des Wohnungszustandes nicht beeinflusst. Ob die Wohnung im Rückgabezeitpunkt ordnungsgemäß war, kann einzig danach bestimmt werden, welchen Zustand sie auf Grund der mietvertraglichen Pflichten unter Beachtung des § 538 BGB aufweisen musste. Danach hat der Mieter Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden nicht zu vertreten. Die Beschädigung einer Silikonabdichtung nach mehrjähriger Mietdauer ist auf Grund allgemeiner Lebenserfahrung als solche Abnutzungserscheinung auf Grund vertragsgemäßen Gebrauchs anzusehen. Grundsätzlich kann zwar dem Mieter die Instandhaltungslast für derlei Kleinreparaturen mietvertraglich aufgebürdet werden, dem sind jedoch Grenzen gesetzt. Die zwischen den Parteien vereinbarte Kleinreparaturklausel ist gem. § 307 I Satz 1 BGB unwirksam, denn sie benachteiligt den Mieter unangemessen, da sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Die Klausel belastet den Mieter unangemessen dadurch, dass abweichend von dem in § 538 BGB zum Ausdruck kommenden Leitbild hier dem Mieter Reparaturverpflichtungen auferlegt werden, die kostenmäßig unangemessen hoch über eine Kleinreparatur hinausgehen. Es kann dahingestellt bleiben, das Gericht hat jedoch Zweifel, ob bereits der Ansatz von 200,- € für den einzelnen Reparaturfall auch unter Beachtung der gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnisse noch einer Kleinreparatur entspricht. Jedenfalls aber ist die Limitierung des Jahresbetrages auf 1.000,- € unangemessen hoch. Dabei ist zu beachten, dass die monatliche Grundmiete lediglich 260,- € beträgt und somit nahezu ein weiteres Drittel des Jahresbetrages der Grundmiete für die Instandhaltung der Wohnung pro Jahr aufzubringen wäre.
Mit eigenen Schadensersatzansprüchen kann der Bekl. die Begründetheit der Klageforderung nicht schmälern.
Ein Ersatzanspruch hinsichtlich der Silikonabdichtung der Badewanne scheitert bereits daran, dass dieser Schaden dem Anschein nach als nicht zu vertretene Abnutzungserscheinung angesehen werden muss, § 538 BGB. Aufgrund der festgestellten Unwirksamkeit der Kleinreparaturklausel ist Ersatz hierfür auch nicht ausnahmsweise zu leisten.
Ein Ersatzanspruch aus §§ 280 I, 249ff. BGB in Verbindung mit dem Mietvertrag hinsichtlich der Fensterreinigung scheitert bereits dem Grunde nach daran, dass die Kl. nicht im Verzug mit der Pflichterfüllung war. Verzug setzt regelmäßig eine Mahnung nach Eintritt der Fälligkeit voraus, §286 I BGB. Der Bekl. hat die Kl. jedoch nicht zur Vornahme angemahnt, sondern sogleich Geldersatz begehrt. Eine Mahnung war auch nicht entbehrlich.
Ein Ersatzanspruch aus §§ 823 I, 249ff. BGB hinsichtlich der veranschlagten Beseitigungskosten eines Wasserschadens besteht ebenfalls nicht. Der Bekl. konnte das Gericht nicht in dem notwendigen Maße (§ 286 ZPO) von einer Rechtsgutsverletzung durch die Kl. überzeugen. Es sind zu viele erhebliche Zweifel verblieben, ob die Kl. durch den unstreitigen einmaligen Wasserüberlauf im Zeitraum September/Oktober 2002 die Ursache für die Beschädigung der Decke der unter ihr liegenden Wohnung gesetzt hat. So hat der Bekl. trotz entsprechenden Hinweises nicht dargelegt, wann der Schaden aufgetreten sein soll. Unstreitig hat er einen solchen jedenfalls trotz Anzeige vom Wasserüberlauf durch die Kl. erstmals erst nach Auszug der Kl. im September 2005 geltend gemacht. Unabhängig davon, ob dies bereits den Einwand der Verwirkung rechtfertigt, ist somit kein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang dargelegt, der einen ersten Anschein für einen Verursachungszusammenhang hätte begründen können. Der gerichtlich bestellte Sachverständige kam in seinem schriftlichen Gutachten zwar zu dem Schluss, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als Ursache für die Wasserflecken im Deckenbereich, durchdringendes Wasser aus dem undichten Fußboden des darüber liegenden Bades der Kl. anzusehen ist. Den Zeitpunkt des Schadenseintritts konnte er aber nicht mehr feststellen. Auch konnte er den Schaden nicht mehr selbst besichtigen, denn er war nicht zu erkennen. Einzig vom Bekl. zur Verfügung gestellte Fotos und die Örtlichkeiten an sich konnten begutachtet werden. Mehr als nur theoretisch alternativ denkbar ist daher, dass der Schaden an der Decke bereits vor dem Missgeschick der Kl. mit der abpumpenden Waschmaschine aufgetreten ist oder gar nicht von diesem einen unstreitigen Ereignis Ende 2002 stammt, sondern auf Grund der gutachterlich dokumentierten Schäden am Fußboden des Bades unbewusst auch bei normalem Gebrauch des Bades eintrat. Die weitere Unaufklärbarkeit der Zusammenhänge fällt dem diesbezüglich beweisbelasteten Bekl. zur Last. Im Übrigen wäre die Umsatzsteuer des Kostenvoranschlages gem. § 249 II Satz 2 BGB nicht ersatzfähig gewesen, denn der Bekl. hat nicht dargetan, dass diese bei der Schadensbeseitigung überhaupt angefallen ist.
Letztlich kann die Ersatzfähigkeit der Kosten der Wartung und Einstellung der Heizungsanlage dahinstehen. Grundsätzlich dürften entgegen der Ansicht der Kl. derartige Kosten auf Grund der mietvertraglichen Regelung umlagefähig sein (vgl. BGH, Urteil vom 14.02.2007 zu Az.: VIII ZR 123/06). Hier dürfte eine Ersatzfähigkeit jedoch ausscheiden, denn noch kurz nach Beendigung des Mietverhältnisses hat der Bekl. selbst eingeräumt, eine entsprechende Wartung sei nicht erfolgt. Die Abrechnung fiktiver Kosten einer Wartung scheidet aus, denn nur die Kosten, die dem Eigentümer durch das Eigentum an dem Grundstück oder durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes oder der Wirtschaftseinheit, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks tatsächlich laufend entstehen, sind umlagefähig. Der später überreichte Wartungsbeleg nebst Kostenaufstellung lässt sich nicht eindeutig zuordnen. Weder geht aus diesem hervor, dass gerade die Therme in der ehemaligen Wohnung der Bekl. gewartet wurde, noch lässt sich das Datum der Ausführung ablesen. Aber selbst wenn die Wartung nach Auszug der Bekl. noch vorgenommen worden sein sollte, so hätten diese Kosten in die bereits erteilten Nebenkostenabrechnungen für das Jahr 2005 eingestellt werden müssen. Dies im Übrigen auch nur zeitanteilig auf die jeweilige Nutzungszeit der Wohnung durch die Bekl. im Rahmen des ganzen Abrechnungsjahres. Dies ist jedoch nicht erfolgt. Aber selbst wenn die Einstellung nunmehr nachträglich erfolgen würde, so wären die mit 88,16 € bezifferten Wartungskosten mit dem restlichen Guthaben von 92,84 € zu verrechnen. Den Kautionsrückzahlungsanspruch berührt diese Verrechnung nicht.
Die Widerklage ist in Gänze unbegründet, denn für einen die Klageforderung überschießenden Schadensersatzbetrag ist nach Vorstehendem kein Raum.
Die Klage ist hinsichtlich der Nebenforderung geringfügig teilweise abzuweisen. So beginnt die vertraglich mit 3 % pro Jahr vereinbarte Verzinsung nicht vor dem Tag der Übergabe des Geldes, mithin erst am 19.08.2002. Der höhere Zinsanspruch aus § 288 I BGB setzt mit dem 1.09.2005 ein, denn mit Ablauf des 31.08.2005 befand sich der Bekl. in Verzug mit der Rückzahlung. Einer Mahnung bedurfte es nicht, denn der Rückzahlungszeitpunkt war vertraglich auf den Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Rückgabe der Mietwohnung festgelegt worden, § 286 II Nr. 2 BGB. Verzugszinsen können nur aus der ursprünglich geleisteten Sicherheit (500,- €) verlangt werden, nicht auf die bis zum 31.08.2005 vertragsgemäß angewachsenen Zinsen. Auf vertragliche Zinsen sind Verzugszinsen gem. § 289 Satz 1 BGB ohne die weitere Darlegung eines konkreten Schadens (§ 289 Satz 2 BGB) nicht zu entrichten.
Die Kostenentscheidung fußt auf § 92 II Nr. 1 ZPO. Die Kosten des Rechtsstreits sind allein dem Bekl. aufzuerlegen, denn die Zuvielforderung der Kl. hinsichtlich des Zinsanspruches war verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten veranlasst.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Kanzlei Prof. Schweizer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH © 2020
Impressum | Datenschutz | Cookie-Einstellungen