Haftung für umgestürzte Bäume
Gericht
Brandenburgisches Oberlandesgericht
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
18. 10. 2007
Aktenzeichen
5 U 174/06
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 14.271,04 €.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Kläger nehmen die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch, weil im Juni 2002 zwei auf
dem Grundstück der Beklagten stehende Fichten umgestürzt sind, dabei auf das Grundstück
der Kläger gefallen sind und unter anderem deren Pkw und Carport beschädigt haben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen in
der angefochtenen Entscheidung sowie auf das Urteil des Senats vom 3. November 2005 Bezug
genommen.
Nachdem der Senat mit Urteil vom 3. November 2005 ein erstes klageabweisendes Urteil des
Landgerichts Potsdam aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung
an das Landgericht zurückverwiesen hatte, hat das Landgericht nunmehr mit der angefochtenen
Entscheidung nach Vernehmung der Zeugen O… und F… die Klage erneut abgewiesen
und zur Begründung ausgeführt, nach der Aussage der Zeugin O… könne bereits von einer
Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte nicht ausgegangen werden. Der
Verkehrssicherungspflichtige sei zu regelmäßigen Sichtkontrollen von Bäumen verpflichtet;
von einem privaten Grundstückseigentümer könne aber, anders als vom Träger der Straßenverkehrssicherungspflicht,
nicht eine zweimalige Überprüfung pro Jahr verlangt werden. Eine
jährliche Kontrolle genüge. Dieser Verpflichtung sei die Beklagte nachgekommen, denn sie
habe im Juli 2002, also weniger als ein Jahre vor dem Schadensereignis, eine Überprüfung der
Bäume veranlasst, und zwar durch die Baumschutzbeauftragte des Landkreises, die Zeugin
O…. Diese habe bei ihrer Vernehmung bekundet, sie habe die Bäume einer visuellen Überprüfung
unterzogen und dabei weder Risse noch Fäulnis wahrnehmen können, was im Übrigen
mit den Feststellungen des von den Klägern beauftragten Privatsachverständigen übereinstimme.
Die Zeugin habe weiter bekundet, die Bäume, deren Alter sie auf ca. 50 Jahre schätze,
hätten zwar nicht mehr gut ausgesehen, an deren Standfestigkeit habe sie jedoch keinerlei
Zweifel gehabt.
Das Landgericht hat weiter ausgeführt, sie halte die Zeugin für eine solche Überprüfung von
Bäumen für besonders geeignet, weil sie ihren Beruf seit 16 Jahren ausübe und sich darüber
hinaus jährlichen Schulungen unterziehe. Es sei danach nicht erforderlich, dass ein Grundstückseigentümer
jährlich oder in kürzeren Abständen einen Baumsachverständigen beauftrage.
Soweit das Oberlandesgericht in dem Urteil vom 3. November 2005 eine mögliche Verletzung
der Verkehrssicherungspflicht darin sehe, dass sich die Beklagte nicht weiter über den
Ausgang des Ortstermins informiert habe, so sei eine solche - unterstellte - Verletzung für den
Schaden jedenfalls nicht kausal geworden. Die Zeugin O… habe eindeutig bekundet, sie hätte
zwar eine Fällgenehmigung für die Bäume erteilt, dies jedoch allein aus ästhetischen Gründen,
nicht weil sie Zweifel an der Standsicherheit der Bäume gehabt habe.
Gegen das ihnen am 24. August 2006 zugestellte Urteil des Landgerichts Potsdam haben die
Kläger mit am 22. September 2006 bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen
Schriftsatz Berufung eingelegt und diese, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 24.11.2006, mit am 14. November 2006 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens machen die Kläger insbesondere
geltend, das Landgericht habe sich bei seiner Entscheidung mit der Aussage des Zeugen
F… nicht auseinandergesetzt und es in verfahrensfehlerhafter Weise unterlassen, die in
dem aufhebenden Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 3. November 2005
bezeichneten weiteren Beweise zu erheben. Bei Einholung dieser Beweise hätte es sich sehr
wohl ergeben, dass die Beklagte ihre Sorgfaltspflichten verletzt habe und diese für den Schaden
auch kausal geworden seien. Sie machen weiter geltend, die Aussage der Zeugin O… sei
unergiebig gewesen bzw. sie sei unglaubwürdig. Die Zeugin habe ausgesagt, die Standfestigkeit
der Bäume habe sich auch daran gezeigt, dass sie nicht entwurzelt worden seien. Sie sei
irgendwann nach dem Sturm am Grundstück vorbeigefahren und habe zwei abgeknickte
Bäume gesehen. Die Zeugin habe dann unter Vorlage der Lichtbilder Blatt 251 d. A. die
Standfestigkeit der Bäume gerade auch aus diesen Lichtbildern hergeleitet. Aus dem von den
Klägern eingeholten Privatgutachten des Sachverständigen Gabel (Bl. 248 ff. d. A.) ergebe
sich aber gerade, das bei einem Baum das Wurzelwerk morsch gewesen sei.
Die Kläger berufen sich weiter auf die Aussage des Zeugen F…, der danach bereits in den
Jahren 2001/2002 Hinweise für eine nur noch unzureichende Standfestigkeit entdeckt habe.
Die Kläger zu 1 und 2 beantragen,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 22. August 2006
- Az. 11 O 116/04 - die Beklagte zu verurteilen, an sie 14.271,09 € nebst 5 % Zinsen
über dem Basiszinssatz zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung
ihres bisherigen Vorbringens.
II.
Die Berufung der Kläger zu 1 und 2 ist zulässig; sie wurde insbesondere form- und fristgerecht
eingelegt und begründet (§§ 517, 519, 520 ZPO). In der Sache bleibt das Rechtsmittel
ohne Erfolg.
1.
Das Landgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass ein Schadensersatzanspruch
der Kläger aus § 823 Abs. 1 BGB nicht gegeben ist.
Das Landgericht hat allerdings nicht den kompletten, im Urteil des Senates vom 3. November
2005 angedeuteten Weg einer weiteren Beweisaufnahme durchschritten, sondern sich auf
die Vernehmung der Zeugen O… und F… beschränkt und seine Entscheidung im Ergebnis
allein auf die Aussage der Zeugin O…, der Baumschutzbeauftragten des Landkreises P… beschränkt.
Insbesondere sind Feststellungen zu den konkreten Windverhältnissen am Schadenstag
bzw. zu dem Zustand der Bäume nicht getroffen worden. Dies ist im Ergebnis, wenn
auch aus anderen Gründen, rechtlich nicht zu beanstanden.
a)
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist allerdings nach wie vor davon auszugehen, dass
die Beklagte unabhängig davon, ob die Verkehrssicherungspflichten grundsätzlich wirksam
auf die Nebenintervenientin übertragen worden sind, diese im konkreten Fall verletzt hat. Die
Beklagte ist am 10. Juli 2002, also fast 1 Jahr vor dem Schadensereignis, von ihrem Mieter
S… auf den Zustand der Bäume aufmerksam gemacht worden und hatte dies zum Anlass genommen,
die Baumschutzbeauftragte des Landkreises einzuschalten. Dies ist insoweit nicht
zu beanstanden. Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten ist allerdings darin zu sehen,
dass sich die Beklagte im Anschluss daran nicht mehr weiter um die Sache gekümmert
hat.
Insbesondere als die Beklagte vom Landkreis P… keinerlei Nachricht darüber erhielt, wie es
um den Zustand der Bäume bestellt sei, hätte die Beklagte beim Landkreis nachfragen müssen,
ob dieser die Nachricht erhalten habe, die Bäume untersucht habe und was das Ergebnis
dieser Untersuchung sei. Die Beklagte konnte, nachdem sie einmal auf einen angeblich bedenklichen
Zustand der Bäume aufmerksam gemacht worden war, sich nach der Weiterleitung
dieser Mitteilung nicht auf ein bloßes Abwarten beschränken.
b)
Aber auch dann, wenn man von einer Verletzung der Verkehrssicherungspflichten insoweit
ausgeht, scheitert im konkreten Fall ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB daran, dass eine solche
Verletzung für den Schaden nicht kausal geworden ist.
Die Zeugin O… hat nach der Information durch die Beklagte an den Bäumen eine Sichtkontrolle
vorgenommen und nach ihrer Aussage weder Stammschäden, Pilze oder ähnliches entdeckt,
die auf Bedenken hinsichtlich der Standfestigkeit der Bäume hätten hindeuten können.
Sie hätte, so die Zeugin, eine Fällgenehmigung allein aus ästhetischen Gründen erteilt, weil
die Bäume nicht mehr gut ausgesehen hätten. Entgegen der Auffassung der Kläger lässt sich
der Aussage der Zeugin O… nicht entnehmen, dass sie die später tatsächlich umgestürzten
Bäume nicht einer hinreichenden Kontrolle unterzogen hat. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang
rügen, die beiden umgestürzten Bäume seien, entgegen der Aussage der Zeugin
O…, durch das Haus gerade nicht vor Wind geschützt, ändert dies nichts an der konkreten
Angabe der Zeugin, sie habe alle vier Bäume an der Grundstücksgrenze zu den Klägern einer
Untersuchung unterzogen und an keinem Baum Anzeichen für eine nicht mehr hinreichende
Standsicherheit entdeckt.
Damit hätten aber die Feststellungen der Zeugin O…, die Beklagte, wenn sie sich denn beim
Landkreis nach dem Ergebnis der Besichtigung erkundigt hätte, nicht dazu veranlassen müssen,
in der Sache weiter tätig zu werden, etwa weitere Untersuchungen anzustellen oder gar
eine Fällgenehmigung einzuholen. Es sind darüber hinaus keine Anhaltspunkte ersichtlich, die
die Beklagte dazu hätten veranlassen müssen, an der hinreichenden Befähigung der Zeugin
O… zu einer solchen Überprüfung zu zweifeln. Auf die Aussage des Zeugen F… kommt es
dann danach tatsächlich nicht mehr an, weil dessen „Feststellungen„ zum Zustand der Bäume
der Beklagten in dieser Form nicht, auch nicht von den Klägern, zur Kenntnis gebracht worden
sind.
c)
Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten kommt nicht in anderer Hinsicht in Betracht.
aa)
Es war nicht erforderlich, nach dem Hinweis des Mieters S… über die Überprüfung durch die
Baumschutzbeauftragte hinaus einen Sachverständigen mit der Begutachtung der Bäume zu
betrauen. Eine solche Pflicht der Beklagten bestand nicht. In der Rechtsprechung ist anerkannt,
dass zunächst eine in regelmäßigen Abständen durchzuführende äußere Sichtprüfung
vorzunehmen ist. Eine eingehende fachmännische Untersuchung ist erst dann vorzunehmen,
wenn Umstände vorliegen, die der Erfahrung nach auf eine besondere Gefährdung hindeuten
(OLG Hamm NJW-RR 2003, 968).
Solche Verdachtsmomente waren aber für die Beklagte nach der Sichtkontrolle der Baumschutzbeauftragten
des Landkreises, die nach ihren eigenen Angaben für diese Aufgabe regelmäßig
geschult wird und diese bereits seit 16 Jahren wahrnimmt, gerade nicht gegeben.
bb.
Im Ergebnis ist die weitere Feststellung des Landgerichts, die Beklagte sei in der Zeit zwischen
der Untersuchung durch die Baumschutzbeauftragte im Juli 2002 und dem Schadensereignis
im Juni 2003 zu einer weiteren Sichtkontrolle der Bäume nicht verpflichtet gewesen,
nicht zu beanstanden.
Allerdings wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung - jedenfalls für an öffentliche Straßen
angrenzende Bäume - gefordert, dass eine Überprüfung regelmäßig zweimal pro Jahr und
zwar in unbelaubtem und belaubtem Zustand durchgeführt wird (OLG Hamm, a. a. O.; OLG
Düsseldorf VersR 1992, 467; OLG Celle OLGR 2000, 187, 188; OLG Brandenburg OLGR
2002, 411; offen gelassen in BGH NJW 2004, 1381). Der Bundesgerichtshof hat sich von
dieser Rechtsprechung jedoch gelöst und in einem Fall der Haftung eines privaten Grundstückseigentümers
ausgeführt, wie oft und in welcher Intensität Baumkontrollen durchzuführen seien, lasse sich nicht generell beantworten. Ihre Häufigkeit und ihr Umfang seien von
dem Alter und Zustand des Baumes sowie seinem Standort abhängig (BGHZ 160, 18 ff.).
Danach sind im konkreten Fall hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte bis zum
Schadensereignis zu einer weiteren Sichtkontrolle der Bäume verpflichtet gewesen wäre, nicht
erkennbar. Weder aus den Ermittlungen der Baumschutzbeauftragten noch aus dem von den
Klägern eingeholten Privatgutachten eines Baumsachverständigen ergeben sich hinsichtlich
der umgestürzten Bäume besondere Hinweise im Hinblick auf mögliche Beeinträchtigungen
der Standsicherheit. Nach den Feststellungen des von den Klägern beauftragten Sachverständigen
ließen sich solche Bedenken auch nicht aus dem Schlankheitsgrad der Bäume (Verhältnis
von Höhe und Stammdurchmesser) herleiten; vielmehr bestand insoweit noch kein Anlass
zur Besorgnis (Bl. 250 d. A.).
Wie mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 27. September 2007 erörtert worden
ist, ist nicht dargetan, dass sich im Zeitraum zwischen der Untersuchung und dem Schadenseintritt
insoweit erkennbare Änderungen ergeben hätten. Die „Kontrolldichte„ durch die
Beklagte war somit noch ausreichend.
2.
Im Ergebnis können die Kläger einen Ersatz ihrer Schäden auch nicht nach den Grundsätzen
des von der Rechtsprechung anerkannten nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs verlangen,
was mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung ebenfalls erörtert worden ist.
a)
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch
nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog gegeben, wenn von einem Grundstück
im Rahmen seiner privatwirtschaftlichen Benutzung Einwirkungen auf ein anderes Grundstück
ausgehen, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung
übersteigen, sofern der davon betroffene Eigentümer aus besonderen Gründen gehindert
war, diese Einwirkungen gemäß § 1004 Abs. 1 BGB rechtzeitig zu unterbinden (BGHZ
160, 18 ff.; 142, 66; BGH BauR 2005, 444; BGH NJW 2003, 1732). Ein Anspruch kommt
danach insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer rechtswidrigen Beeinträchtigung in Betracht,
die in Folge faktischen Duldungszwanges nicht rechtzeitig verhindert werden konnte,
etwa dann, wenn der Betroffene die abzuwehrende Gefahr nicht rechtzeitig erkannt hat und
dies auch nicht rechtzeitig erkennen konnte (BGH BauR 2005, 444).
Von der Rechtsfolge eines solchen Anspruches wären die von den Klägern geltend gemachten
Schäden gedeckt. Die Höhe des Ausgleichsanspruchs nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ist nach
den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung zu berechnen. Besteht - wie hier - die Beeinträchtigung
in einer Substanzschädigung, kann der Anspruch auf vollen Schadensersatz gehen
und den Ausgleich der Folgen umfassen, die sich aus der Beeinträchtigung der Nutzung des
betroffenen Grundstücks entwickeln (BGH NJW 2003, 2377, 2380; BGHZ 142, 66).
b)
Die Voraussetzungen eines solchen Anspruches sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben.
aa)
Geht man davon aus, dass die beiden umgestürzten Bäume grundsätzlich standsicher waren
und allein in Folge des Sturmes umgestürzt sind, so bestand kein Zustand, der Gegenstand
eines Beseitigungsanspruches nach § 1004 Abs. 1 BGB hätte sein können. Denn allein der
Umstand, dass auf dem Grundstück der Beklagten standsichere Bäume stehen, löst noch keinen
Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB aus. Nachbarn sind vielmehr nach
§ 1004 Abs. 2 BGB verpflichtet, solche - gesunden - Bäume zu dulden; es fehlt in diesem Fall
- vor dem Sturm - an einer Beeinträchtigung des Eigentums der Kläger.
Zwar ist dann, wenn sich ein Eigentümer im Rahmen bestimmungsgemäßer Nutzung seines
Grundstücks gehalten hat, die Annahme der Störereigenschaft nicht generell ausgeschlossen,
vielmehr kann auch bei bestimmungsgemäßer nicht gefahrgeneigter Nutzung des eigenen
Grundstücks eine Haftung nach § 1004 Abs. 1 BGB in Betracht kommen, wenn Beeinträchtigungen
des Nachbargrundstückes zu besorgen oder eingetreten sind (BGHZ 97, 231; 106,
142). Allerdings kommt ein Anspruch nicht in Betracht, wenn die Beeinträchtigung Folge
eines von niemandem zu beherrschenden Naturereignisses war (BGHZ 142, 66).
Um ein solches Ereignis würde es sich aber in dieser - unterstellten - Fallkonstellation, in der
ein am Schadenstag herrschender Sturm den Sturz der Bäume verursacht hätte, handeln. Fehlt
es damit bereits aber an einem Primäranspruch, so kommt eine analoge Anwendung des § 906
Abs. 2 Satz 2 BGB wegen der fehlenden Durchsetzbarkeit eines solchen Primäranspruches
nicht in Betracht.
bb)
Geht man zu Gunsten der Kläger davon aus, dass die umgestürzten Bäume nicht mehr hinreichend
standsicher waren, so kommt eine analoge Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB,
wie im Termin erörtert, als Sekundäranspruch ebenfalls nicht in Betracht, weil in diesem Fall
die Kläger die Möglichkeit gehabt hätten, ihren Primäranspruch durchzusetzen.
Die analoge Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB kommt nur in solchen Fällen in Betracht
kommt, in denen der betroffene Eigentümer aus besonderen Gründen gehindert war, die
Einwirkung nach § 1004 Abs. 1 BGB rechtzeitig zu unterbinden.
Nach der Aussage des von den Klägern selbst benannten Zeugen F… war es jedoch so, dass
dieser die Kläger im Jahre 2001, spätestens aber im Jahre 2002 darauf hingewiesen haben
will, dass sich die Bäume schräger neigen und im Wurzelbereich Risse eingetreten sind, die
Bäume bei stärkerem Regen nicht die erforderliche Elastizität aufweisen und in der Spitze
Nadeln verlieren. Dem entspricht der Vortrag der Kläger, die sich, wie sie selbst vortragen,
wegen dieser Angelegenheit an den Mieter S… gewandt haben, der wiederum mit Schreiben
vom 10. Juli 2002 die Beklagte informiert hat. Damit waren den Klägern aber durch die Informationen
des Zeugen F… Anhaltspunkte bekannt, die Veranlassung hätten geben müssen,
die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 1004 Abs. 1 BGB - gegebenenfalls im Rahmen
eines Beweissicherungsverfahrens - näher zu prüfen und eventuell geltend zu machen. Hätten
danach die Kläger aber in der Zeit bis zum Schadensereignis im Juni 2003 in dieser Fallkonstellation
einen Beseitigungsanspruch geltend machen können, so sind sie deswegen gehindert,
den Sekundäranspruch geltend zu machen.
Die Berufung war danach insgesamt zurückzuweisen.
3.
Gründe, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (§ 543 Abs. 2 BGB), sind
nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8
EGZPO.
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