Löschung der Marke AUTOFOCUS aufgrund der Widerspruchsmarke FOCUS

Gericht

Deutsches Patent- und Markenamt


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

11. 02. 2008


Aktenzeichen

304 25 706.0 /16


Tenor

Auf Grund des Widerspruchs aus der Marke 2057734 wird die angegriffene Marke gelöscht.

Entscheidungsgründe


Gründe

I.

Gegen die Eintragung der für die Waren

"Druckschriften"

registrierten Wortmarke 304 25 706.0/16

AUTOFOCUS

ist aus der für die Waren und Dienstleistungen

"Druckereierzeugnisse und Verlagserzeugnisse, insbesondere Magazine; Zeitschriften, Zeitungen und Broschüren, Bücher; Lichtbilderzeugnisse, Fotografien (soweit in Klasse 16 enthalten); Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen, insbesondere von Magazinen, Zeitungen, Zeitschriften, Broschüren und Büchern, sowie von Lehr- und Informationsmaterial einschließlich gespeicherter Ton- und Bildinformation, Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen auf Ton- und Bildträger"

registrierten prioritätsälteren Wortmarke 2 057 734

FOCUS

form- und fristgerecht gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG Widerspruch erhoben worden.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amtsakte Bezug genommen.


II.

Der gegen die Eintragung der angegriffenen Marke gerichtete Widerspruch ist zulässig und begründet. Nach Auffassung der Markenstelle besteht zwischen den streitbefangenen Marken eine Verwechslungsgefahr im Sinne der §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, so dass die angegriffene Marke gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG in diesem Umfang zu löschen ist.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend vorzunehmen. Zu den dabei maßgebenden Umständen gehören insbesondere die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sowie der Grad der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen. Bei der umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese jeweils hervorrufen. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher der jeweils in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen wirkt (vgl. EuGH GRUR 1998, 387, 389 f. - Sabel/Puma; GRUR Int. 1999, 734, 736¬ - Lloyd; BGH GRUR 2004, 783, 784 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRALEX; GRUR 2004, 235, 234 - Davidoff II). Die Bewertung der Verwechslungsgefahr impliziert auch eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen. So kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR Int. 1998, 875, 876 f. - Canon; GRUR Int. 2000, 899, 901 - Marca/Adidas; MarkenR 2006, 67, 69 - Nr. 18 f. - PICASSO; BGH GRUR 2003, 332, 334 - Abschlussstück).

Von der Registerlage ausgehend, muss hinsichtlich der sich gegenüberstehenden Waren von identischen Waren ausgegangen werden, die sich an ein recht breites, mit einer normalen Aufmerksamkeit vorgehendes Publikum wenden.

Wie das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt bereits in seiner Entscheidung vom 17.11.2004 festgestellt hat, verfügt die Widerspruchsmarke für den hier maßgeblichen Warenbereich über eine erhebliche Bekanntheit, so dass ihr eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zukommt (vgl. PAVIS CD-ROM Markenentscheidungen, HABM, R0288/04-1, LASER FOCUS = FOCUS). Auch das Bundespatentgericht hat bspw. in seiner Entscheidung FOCUS MARKETING = FOCUS (vgl. PAVIS CD-ROM Markenentscheidungen, BPatG, 25W(pat)056/04, 17.10.06) ausgeführt, dass "FOCUS" für ein Nachrichtenmagazin bekannt ist.

Unter Berücksichtigung dieser Faktoren sind an den erforderlichen Abstand der Vergleichsmarken strenge Anforderungen zu stellen, welche die angegriffene Marke nicht erfüllt.

Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ist nicht gegeben.

Das Element "FOCUS" der angegriffenen Marke würde der Widerspruchsmarke nicht allein kollissionsbegründend gegenüberstehen, weil die "Prägetheorie" nicht auf einteilige Worte wie "AUTOFOCUS" angewendet werden kann. Gegen die Übernahme dieser ausschließlich zu mehrteiligen Kombinationsmarken entwickelten Grundsätze auf einteilige Wörter bestehen um so größere Bedenken, als dadurch eine sichere Abgrenzung zwischen mittelbarer und unmittelbarer Verwechslungsgefahr unmöglich würde und die bewusst hoch angesetzten Anforderungen an die Bejahung einer mittelbaren Verwechslungsgefahr umgangen werden könnten (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Auflage 2006, § 9 Rdn. 218; BPatG GRUR 2002, 438 - WISCHMAX/Max). Von einem den Gesamteindruck prägenden und insoweit eine unmittelbare Verwechslungsgefahr mit anderen Marken begründenden Bestandteil "FOCUS" der angegriffenen Marke kann also nicht ausgegangen werden, da das einteilige Wort "AUTOFOCUS" nicht in "AUTO" und "FOCUS" zergliedert werden kann.

Die danach zu vergleichenden Begriffe "AUTOFOCUS" und "FOCUS" weisen vorliegend hinreichende Unterschiede sowohl in klanglicher, (schrift-) bildlicher als auch begrifflicher Hinsicht auf, was keiner näheren Erläuterung bedarf.

Allerdings sind sie jedoch nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 letzter Halbsatz MarkenG insoweit verwechselbar, als sie gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden können.

Maßgeblich ist insofern, ob die als unterschiedlich erkannten Vergleichsmarken wegen Übereinstimmungen in Teilbereichen oder aus anderen Gründen auf die Ursprungsidentität der betroffenen Waren (vgl. EuGH, GRUR 1998, 922 (924) = NJW 1999, 933 - Canon; GRUR 2001, 1148 (1149) - Bravo) oder auf sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen deren Hersteller bzw. Anbieter (vgl. EuGH, GRUR int 1999, 734 (736) - Lloyd) schließen lassen. Hierbei können neben den übereinstimmenden auch die jeweils abweichenden Elemente von wesentlicher Bedeutung sein, indem sie z.B. wegen eigener Kennzeichnungsschwäche oder einer an Marken desselben Unternehmens erinnernden Wortbildung die Aufmerksamkeit des Verkehrs auf den gemeinsamen Markenteil lenken und diesen als das eigentliche Betriebskennzeichen erscheinen lassen (BPatGE 40, 26 (31) - KIMBOY'S/KIMLADY; BPatG, GRUR 1998, 1025 (1026f.) - Rebenfreund; GRUR 2001, 518 (520) - d3.net/d.3; Mitt 2001, 79 (80) - Del Monte).

Diese Voraussetzungen treffen für das Verhältnis der beiden Marken zu, die auf dem einschlägigen Warengebiet den Eindruck erwecken können, es handele sich um Kennzeichen desselben Unternehmens, so dass eine Verwechslungsgefahr nicht auszuschließen ist.

Der Verkehr wird zwar die Unterschiede zwischen den Vergleichsmarken erkennen. Aufgrund dessen, dass "FOCUS" für die gegenständlichen Waren bekannt ist und zugleich das Firmenschlagwort der Inhaberin der Widerspruchsmarke ist, liegt für die angesprochenen Durchschnittsverbraucher insoweit aber die Annahme nahe, bei unter der jüngeren Marke "AUTOFOCUS" vertriebenen Druckschriften handele es sich um "FOCUS"-Druckschriften, welche sich inhaltlich speziell mit dem Thema "AUTO" beschäftigen.

Dieser Schluss liegt um so mehr nahe, als dass für die Widersprechende bereits Marken wie "FOCUS MONEY" oder "Focus TV" eingetragen sind, die ebenfalls ein bestimmtes Thema zum Gegenstand haben, was zudem möglicherweise auch für die behauptete Markenserie der Widersprechenden und damit für eine zusätzliche Gefahr mittelbarer Verwechslungen auch unter dem Gesichtspunkt der Serienzeichen spricht.

In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es für die gedankliche Verwechslungsgefahr, die die mittelbare Verwechslungsgefahr und die Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn umfasst, ausreichen kann, dass der Verkehr wegen des identischen bzw. wesensgleichen gemeinsamen Bestandteils zwischen dem Inhaber der angegriffenen und der älteren Marke konzernmäßige Verflechtungen vermutet (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 14 Rdn. 752 m.w.N.; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Auflage 2006, § 9 Rdn. 338; BGH GRUR 1969, 357, 359 - Sihl; Fezer, Markengesetz, 3. Auflage, § 14 Rdn. 244 f., 247).

Dem steht vorliegend nicht entgegen, dass die angegriffene Marke einen geschlossenen Gesamtbegriff im Sinne des "Autofocus" (Einrichtung bei Kameras und Diaprojektoren, durch die sich die Bildschärfe automatisch einstellt) bildet. Denn umgekehrt ist die Widerspruchsmarke auf dem gegenständlichen Warensektor gut etabliert und ihre Kennzeichnungskraft entsprechend gestärkt, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass es aufgrund der großen Verbreitung von "FOCUS" bei einem relevanten Teil des Verkehrs zu Herkunftsverwechslungen führt, wenn ihm die Bezeichnung "AUTOFOCUS" im Zusammenhang mit Druckschriften begegnet. Von einer Auffassung der angegriffenen Marke als Gesamtbegriff im Sinne des "Autofocus" einer Kamera ist bei den Durchschnittsverbrauchern insbesondere auch deshalb nicht auszugehen, weil nicht anzunehmen ist, dass sich Druckschriften ausschließlich mit dem Thema "Autofocus" einer Kamera beschäftigen, da es sich hierbei um eine sehr spezielle Materie handelt.

Bei aller gebotenen Zurückhaltung liegt somit vorliegend die Gefahr nahe, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden.

Nach alledem war die Gefahr von Verwechslungen zu bejahen und die angegriffene Marke gemäß §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1, 43 Abs. 2 S. 1 MarkenG zu löschen.


III.

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlass, aus Gründen der Billigkeit die Kosten des Verfahrens einer der Verfahrensbeteiligten aufzuerlegen (§ 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG).


Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diesen Beschluss findet gemäß § 64 des Markengesetzes die Erinnerung statt. Die Erinnerung steht den am Verfahren vor dem Patent- und Markenamt Beteiligten zu. Sie hat aufschiebende Wirkung. Die Erinnerung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses schriftlich beim Deutschen Patent- und Markenamt einzulegen. Die Anschriften lauten:

  • Deutsches Patent- und Markenamt, 80297 München

  • Deutsches Patent- und Markenamt, Dienststelle Jena, 07738 Jena

  • Deutsches Patent- und Markenamt, 81534 München

  • Deutsches Patent- und Markenamt, Technisches Informationszentrum Berlin, 10958 Berlin

Innerhalb der Erinnerungsfrist ist eine Gebühr für das Erinnerungsverfahren (Gebührennummer 333 000 PatKostG = 150,00 EUR) auf das Konto der Bundeskasse Weiden für das Deutsche Patent- und Markenamt zu entrichten. Wird sie nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig gezahlt, so gilt die Erinnerung als nicht eingelegt.

Bei der Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde ist der Tag der Zustellung auf der übergebenen Abschrift der Zustellungsurkunde oder auf der übergebenen Sendung vermerkt.

Bei der Zustellung durch die Post mittels Einschreiben durch Übergabe gilt dieses am 3. Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass das zuzustellende Dokument nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Bei der Zustellung mittels Einschreiben mit Rückschein gilt diese an dem Tag als bewirkt, den der Rückschein angibt.

Der Erinnerung und allen Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


Markenstelle für Klasse 16

Frenkel
Regierungsamtsrätin

Rechtsgebiete

Markenrecht