Lesezirkel

Gericht

OLG Hamburg


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

31. 01. 2008


Aktenzeichen

1 Kart U 13/04


Leitsatz des Gerichts

  1. Gegen Verlage kommt als Anspruchsgrundlage für Belieferungswünsche im Lesezirkel (LZ) das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot (§ 20 GWB) in Betracht. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche scheiden daneben aus, soweit sich der Vorwurf der Unlauterkeit allein auf einen Kartellrechtsverstoß stützt (im Anschluss an BGH, GRUR 2006, 733 - Probeabonnement).

  2. LZ-Belieferung zu besonderen Konditionen ist ein Vertriebsinstrument der Verlage, mit dem diese vornehmlich die Reichweiten von ihnen vertriebener Zeitschriften erhöhen, möglicherweise diese auch qualitativ steuern wollen. Verlagen steht es daher grundsätzlich frei, sachliche Voraussetzungen für die LZ-Belieferung aufzustellen (im Anschluss an BGH vom 11. Oktober 2006 - KZR 46/05 -).

  3. Es ist sachgerecht, wenn Verlage für LZ-Belieferung ein breites, für den LZ-Vertrieb typisches Zeitschriftenangebot mit Standard- und weiteren Mappen fordern, da Endkunden (= Abnehmer der LZ-geführten Objekte) die Wahl aus einer Vielzahl angebotener Zeitschriften möglich sein muss. Da Wahlmappen gewährleisten, dass auch weniger attraktive Objekte mitbezogen und daher „mitgelesen“ werden, hat die Wahlmöglichkeit deshalb erheblichen Einfluss auf das Marktgeschehen, und zwar nicht nur im Verhältnis der LZ-Unternehmen untereinander, sondern auch im Verhältnis zu Verlagen, die LZ-Unternehmer mit Zeitschriften zu erheblich günstigeren Preisen als im sonstigen Pressevertreib beliefern sollen.

  4. LZ liefernde Verlage können von LZ-Bewerbern ein schlüssiges Gesamtkonzept fordern, nach dem diese die Einhaltung der LZ-Belieferungsbedingungen zumindest glaubhaft machen, wenn nicht sogar „beweisen“. Auf vage Aussichten einer künftigen, aber eben ungewissen Entwicklung muss sich ein Verlag dabei schon aus Gründen der Gleichbehandlung gegenüber anderen LZ-Unternehmen nicht einlassen. Denn sonst würden diese nach aller Lebenserfahrung davon Abstand nehmen können, die Pflege privater LZ-Abonnenten nicht zu vernachlässigen.

  5. Das im LZ allgemein geltende Gebot der Vertriebsneutralität wird verletzt, wenn sich ein Unternehmer an Werbepartner bindet und dem Werbepartner die Gewinnung und Betreuung von LZ-Kunden überlässt, da diese naturgemäß nur Interesse an ihrer branchenspezifischen Klientel haben und Lesemappen als Instrument ihrer eigenen Kundenbindung einsetzen. In einem solchen Falle geht es nicht um Reichweitenverbesserung der einzelnen Zeitschriften durch Mehrfachvermietung und breite Streuung bezüglich LZ-Kunden. Eine Vielzahl von Kooperationspartnern verstärkt dabei das Problem einer bündigen Gesamtkonzeption, die in Händen des LZ-Unternehmens liegen muss, auch wenn dabei arbeitsteilig vorgegangen werden kann.

  6. Die Berücksichtigung privater Haushalte beim Angebot und bei der Zeitschriftenvermietung in LZ-Bedingungen ist sachgerecht, da die Reichweite sich erheblich steigern lässt, wenn LZ auch private Haushalte beliefern. Demgegenüber genügt ein „Mehr“ durch gewerbliche Abnehmer nicht, da Nichtbelieferung privater Haushalte immer weniger Leserkontakte bedeutet als deren Belieferung mit der Folge, dass die Reichweite über andere Vertriebswege nicht kompensiert wird.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 2. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe


Gründe

A.

Die Klägerin beabsichtigt den Betrieb eines oder mehrerer Lesezirkel, die von bestimmten Unternehmen als Werbemittel eingesetzt und demgemäß insbesondere durch Teilnehmerakquisition aus deren Abnehmerkreis gefördert werden sollen.

Die Beklagte vertreibt die in ihrem ... Verlag erscheinenden Zeitschriften ..., und zwar über den Grosso, im Einzelhandel und Abo sowie über Lesezirkel.

Die Klägerin nimmt mit der vorliegenden Klage die Beklagte auf Belieferung der oben genannten Zeitschriften zu deren Lesezirkel-Abgabebedingungen sowie auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten in Anspruch.

Im Bereich des Lesezirkel-Zeitschriftenvertriebs werden attraktive Zeitschriftentitel, gegebenenfalls in Kombination mit anderen Titeln, an Lesezirkel-Unternehmen verkauft, die ihrerseits die Zeitschriften an die Kunden mit öffentlicher Auslage (z. B. an Frisörsalons oder Arztpraxen) vermieten, und zwar in sog. Lesemappen. In der sog. Erstmappe werden die Zeitschriften in der Woche des Erscheinens der Zeitschriften an Kunden vermietet, nach Ablauf der Woche gelangen die Zeitschriften in sog. Zweitmappen an andere Kunden zu einem günstigeren Entgelt, entsprechendes gilt für weitere Mappen (vgl. z. B. Anlage K 25). Es ist branchenüblich, dass die Verkaufspreise an Lesezirkel deutlich unter den Einzelhandel- und Abopreisen liegen. Die Lesezirkelunternehmen sind zum Zwecke der Reichweitenmaximierung bei den Zeitschriftentiteln verpflichtet, nicht nur Erst-, sondern auch Folgemappen anzubieten. Für die Verlage ist die tatsächliche Vermietung der Zeitschriftenexemplare wesentlich, sie dürfen nicht in den Einzelverkauf gelangen und müssen nach dem letzten Durchgang der Folgemappen vernichtet werden.

Dem Zeitschriftenvertrieb der Beklagten über Lesezirkel liegen deren "Liefer- und Zahlungsbedingungen für Lesezirkel (LZ)-Unternehmen" (Anlage K JS 3; vgl. auch Anlage B BB 13) zugrunde.

In Ziffer 4. ("Vertriebs- und Verwendungsbindung, Vertriebsneutralität") der LZ-Belieferungsbedingungen der Beklagten (Anlage K JS 3 = Anlage B BB 13) heißt es u. a.:

"(4.1) ... Der LZ verpflichtet sich, alle von ... (dem Konzern der Beklagten) bezogenen Exemplare fest in LZ-Umschläge einzuheften und ins seinen Erstmappen sowie ... in den Folgemappen gegen branchenübliches Entgelt zu vermieten. Der LZ ... darf seinen Kunden die Lesemappe nicht kostenlos und nicht für dauernd überlassen ... Nach Abschluss der Mehrfachvermietung sind die Zeitschriften einer ordnungsgemäßen Vernichtung zuzuführen.

(4.2) ... Das LZ-Unternehmen ist im Übrigen zur Vertriebsneutralität verpflichtet und wird sich gegenüber den Mappenbeziehern jeder Maßnahme enthalten, die die übliche Verbreitung der Zeitschrift behindern könnte, soweit diese Bestimmung geltendem Recht entspricht".

Die Klägerin hat vorgetragen:

Sie - so ihr Vorbringen in der Klageschrift - kooperiere mit der ... AG (im Folgenden: ...) und sei damit befasst, für die etwa 40.000 bei ... angeschlossenen Friseure einen Lesezirkel aufzubauen. Würde sie (die Klägerin) auch nur jeden zweiten dieser an ... angeschlossenen Friseure beliefern, wäre sie bereits der zweitgrößte Lesezirkel in Deutschland. Die konkurrierenden Lesezirkelunternehmen hätten von dem Vorhaben erfahren und auf die Beklagte massiv eingewirkt, sie (die Klägerin) nicht zu beliefern. Die Beklagte habe ihr (der Klägerin) zwar die Lieferungs- und Zahlungsbedingungen für Lesezirkel übersandt (Anlagen K JS 2-3), anschließend sei die Belieferung aber verweigert worden. Aus dem Verhalten der Beklagten ergebe sich ihr Diskriminierungswille (Anlagen K JS 4-7):

Sie (die Klägerin) habe die Lieferungs- und Zahlungsbedingungen der Beklagten unterschrieben und unter dem 21. April 2004 die Bestellung an die Beklagte übersandt (Anlagen K JS 8-9; vgl. dazu noch Anlage K JS 7: Schreiben der Klägerin an die Beklagten vom 18. Mai 2004 mit dem Hinweis auf die beabsichtigte Zusammenarbeit mit dem Logistikunternehmen ... - im Folgenden: ... - für den Transport der konfektionierten Lesezirkelhefte).

Die Beklagte sei im relevanten Markt marktbeherrschend (§ 20 GWB). Ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung sei nicht gegeben.

Die Behauptung der Beklagten, sie (die Klägerin) wolle Schenkungsverträge abschließen, sei abwegig. Wenn sie (die Klägerin) gewissenhaft sei und zuvor einen Testlauf mache, um etwaige Fehler abzustellen und nur insoweit auf eine Vergütung durch ihre Abnehmer verzichte, sei das nur vernünftig. Die Behauptung der Beklagten, die Zeitschrift ... sei "über mehrere Wochen nicht abgeholt" worden, sei nicht substantiiert. Das Gros der Lesezirkel hole die Hefte nicht ab und die Beklagte wisse das ebenso wie die anderen Verlage auch (Bl. 19). Zudem werde sie (die Klägerin) nicht beliefert, für den Probelauf hätten die Bedingungen nicht gegolten, die angeblichen Beanstandungen der Gegenseite würden bestritten. Die Einwände dienten nur dem Zweck, ihren (der Klägerin) Markteintritt zu verhindern bzw. zu verzögern.

Die Klägerin hat beantragt (ursprünglich angekündigte Fassung Bl. 2),

  1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin je 600 Exemplare der Zeitschriften ... nach Maßgabe ihrer Liefer- und Zahlungsbedingungen für Lesezirkel zu liefern;

  2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,

    1. der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die Nichtbelieferung mit den in Ziffer I. genannten Zeitschriften entstanden ist und noch entsteht;

    2. auf die seitens der Klägerin verauslagten Gerichtskosten Zinsen gemäß § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB seit dem Zeitpunkt ihrer Einzahlung bis zur Beantragung der Kostenfestsetzung nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen:

Die Klägerin möchte offenbar etwas erstreiten, was sie (die Beklagte) nicht verweigern würde. Die Klägerin müsse aber die richtige Reihenfolge einhalten, vor jeder Belieferung müsse sichergestellt sein, dass der künftige Lesezirkelvertrieb ordnungsgemäß erfolge. Das sei nicht geschehen (Anlage K JS 4).

Die Klägerin habe selbst mit ihrem Anwaltsschreiben vom 5. Mai 2004 bestätigt, dass sie keine Miet-, sondern Schenkungsverträge mit ihren Abnehmern abzuschließen wünsche (Anlage K JS 5, vgl. den Schriftwechsel dazu: Anlagen K JS 4, 6). Die Klägerin habe sich an die Bedingungen nicht gehalten (BI. 27-29 mit Beweisantritt).

Sie (die Beklagte) und ihr Verlagshaus ... seien zur Einhaltung der Preisbindung verpflichtet (§§ 15, 16 GWB). Der Lesezirkelunternehmer müsse sich daher ihr gegenüber auf ihre Lesezirkelbestimmungen verpflichten (vgl. Anlage K JS 3). Nur bei deren strikter Einhaltung seien unzulässige Vermischungen im Presseeinzelhandel sowie Remissionen usw. zu vermeiden. Sie (die Beklagte) führe Stichproben zur Einhaltung der Lesezirkelbestimmungen durch (Bl. 23 mit Beweisantritt), fehlerhaftes Verhalten anderer Verlage sei irrelevant.

Zudem habe sie (die Beklagte) festgestellt, dass die Klägerin über einen "VUZ"-Lesezirkel in Zusammenarbeit mit der "Vereinigung Umfassende Zahntechnik (VUZ)" die in Rede stehenden Zeitschriften anbiete, ohne bei ihr (der Beklagten) deswegen nachzufragen (Bl. 39-40 mit Anlage B 1: ein GALA-Heft).

Durch Urteil vom 2. Dezember 2004 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Auf das Urteil wird wegen aller Einzelheiten Bezug genommen.

Durch das Urteil des Senats vom 17. November 2005 (1. Berufungsurteil) wurde die von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte Berufung zurückgewiesen. Die Revision hatte der Senat nicht zugelassen. Auf das 1. Berufungsurteil des Senats vom 17. November 2005 wird Bezug genommen.

Durch Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 11. Oktober 2006 (KZR 46/05) wurde auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin das 1. Berufungsurteil des Senats aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Auf den Beschluss des Bundesgerichtshofes wird Bezug genommen.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt sie noch vor:

Der Bundesgerichtshof habe allen willkürlichen Gründen für eine Lieferverweigerung seitens der Beklagten eine klare Absage erteilt. Die - einzige - vorprozessuale Begründung der Beklagten für die Nichtbelieferung, das angeblich unterbliebene Abholen der Mappen (Anlage K JS 4), sei längst ausgeräumt und widerlegt.

Ihr (der Klägerin) als neu auf den Markt kommenden Wettbewerber könne nicht vorab die Belieferung versagt werden, sondern es müsse die Belieferung aufgenommen werden. Nur so sei sie in die Lage versetzt, die Bedingungen der Beklagten durch eingeschaltete Sub-Unternehmen wie z. B. Transportunternehmen zu überwachen. Jede der Voraussetzungen (vgl. Bl. 264-265 mit Anlage K JS 3 und Anlage K 39: VDL-Satzung) werde von ihr (der Klägerin) nachhaltig erfüllt bzw. könne jederzeit bei Belieferung durch die Beklagte erfüllt werden (Bl. 265).

Die Unterstellung, sie (die Klägerin) sei irgendwie abhängig von ihren Anzeigenkunden, sei falsch. Das Modell sei nicht darauf angelegt, einem Anzeigenkunden, dessen Außendienstmitarbeiter LZ-Abonnenten geworben hätten, dauerhaft oder gar wöchentlich für die Zukunft die Teilseitenanzeige einzuräumen oder gar die Mappen als "Kunden-Lesezirkel" zu bezeichnen (Bl. 265-266 mit Beweisantritt). Es gebe keinen "Kunden-Lesezirkel", sondern nur ihren (der Klägerin) VGZ-Lesezirkel, bei dessen Akquisition sie mit den verschiedensten Unternehmen zusammenarbeiten werde und bei denen über ein unabhängiges Logistikunternehmen die termin- und fachgerechte Belieferung und Abholung der Hefte sichergestellt sei (Bl. 266-267 mit Beweisantritt). Demgemäß sei auch die Unterstellung falsch, bei ihr (der Klägerin) sollten sich die LZ-Kunden ausschließlich aus bestimmten Berufsgruppen oder aus dem Vertriebssystem eines Sponsors rekrutieren.

Die These, sie (die Klägerin) werde in ihrem Lesezirkel nur eine Mappe anbieten, sei falsch, vielmehr werde sie (wie praktische alle LZ-Unternehmen) Standard-Mappen und weitere Mappen anbieten (Bl. 266 mit Beweisantritt). Der Umstand, dass sie (die Klägerin) zunächst einmal nur eine Mappe angeboten habe, sage über das Geschäftsmodell und über die Geschäftsentwicklung ihres (der Klägerin) Lesezirkels noch nichts aus.

Auch die Unterstellung, sie (die Klägerin) beabsichtige Lesezirkelmappen ausschließlich an gewerbliche Kunden zu vermieten, sei falsch. Sie sei an möglichst vielen Kunden interessiert und selbstverständlich auch für Privatkunden offen (Bl. 267-268 mit Beweisantritt) .

Ihre (der Klägerin) Zusammenarbeit mit einem Dritt-Unternehmen mit eigenem Außendienst, dessen Außendienstmitarbeiter Lesezirkelabonnements akquirierten, sei wettbewerbskonform und berechtige die Beklagte nicht, die Belieferung zu LZ-Bedingungen zu verweigern.

Der einzig verbleibende Einwand der Beklagten einer "qualitativen Steuerung" greife nicht durch und beruhe letztlich auf der nicht haltbaren Mutmaßung, eine langfristige Zusammenarbeit zwischen einem Anzeigenkunden und einem Lesezirkelunternehmen durch eine langfristige Schaltung von Anzeigen auf den Lesezirkel-Mappenumschlägen könne die Anzeigenpreise der Verlage beeinflussen. Sie (die Klägerin) beabsichtige nicht, sich für die Umschlagsgestaltung langfristig an einen Werbepartner zu binden (Bl. 273-274 mit Beweisantritt), hieran bestehe kein Interesse. Zudem seien die von der Beklagten nur vorgeschobenen Befürchtungen nach aller Branchenerfahrung unbegründet (Bl. 274 ff).

Dass sie (die Klägerin) bei ihrem Modell des Lesezirkels alle LZ-Belieferungsvoraussetzungen erfülle, ergebe sich aus ihrer Organisationsstruktur (Anlagen K 44-45), aus ihren Zielgruppen (Anlage K 46), Anzeigenpartnern (Anlage K 48-49), ihrer Akquisition (Anlage K 50) und aus ihrem aktuellen Bestellschein (Anlage K 47; vgl. insgesamt Bl. 285 ff. mit Beweisantritt). Auf die früheren LZ-Modelle komme es nicht mehr an, die Einwände der Beklagten seien unbegründet (Bl. 311 ff.).

Die Klägerin hatte im Berufungsverfahren vor dem 1. Berufungsurteil beantragt (Bl. 71-72), unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils

  1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin je 600 Exemplare der Zeitschriften ... nach Maßgabe ihrer Liefer- und Zahlungsbedingungen für Lesezirkel Zug um Zug gegen die sich unter Berücksichtigung dieser Konditionen ergebenden Zahlungen zu liefern;

  2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, welcher der Klägerin durch die Nichtbelieferung mit den in Ziffer I. genannten Zeitschriften seit dem 4. Mai 2004 entstanden ist und noch entsteht.

Die Klägerin beantragt nunmehr (wegen der nach der BGH-Entscheidung zunächst angekündigten Antragsfassungen vgl. Bl. 276, 283 sowie Bl. 285-286),

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils

  1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin je 100 Exemplare der Zeitschriften ... nach Maßgabe ihrer geltenden Liefer- und Zahlungsbedingungen für Lesezirkel Zug um Zug gegen die sich unter Berücksichtigung dieser Konditionen ergebenden Zahlungen zu liefern;

  2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin auf Bestellung auch mehr als 100 Exemplare der Zeitschriften ... in für Lesezirkelunternehmen branchenüblichen Mengen zu ihren bei gleicher Mengenabnahme üblichen Preisen nach Maßgabe ihrer geltenden Liefer- und Zahlungsbedingungen für Lesezirkel Zug um Zug gegen die sich unter Berücksichtigung dieser Konditionen ergebenden Zahlungen zu liefern,

  3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, welcher der Klägerin durch die Nichtbelieferung mit den in Ziffer I. genannten Zeitschriften seit dem 4. Mai 2004 entstanden ist und noch entsteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das landgerichtliche Urteil. Ergänzend trägt sie noch vor:

Der Bundesgerichtshof habe in seiner Entscheidung zutreffend unterstrichen, dass die Belieferung von Lesezirkeln zu den LZ-Bedingungen ein Vertriebsinstrument der Verlage bilde, mit dem diese vornehmlich die Reichweiten der Zeitschriften erhöhen und auch qualitativ steuern wollten. Daher stehe es den Verlagen grundsätzlich frei, sachliche LZ-Belieferungsbedingungen aufzustellen.

Das LZ-Modell der Klägerin erfülle diese sachlichen Kriterien nicht. Demnach schließe die Klägerin mit Sponsoren zentral einen Vertrag, um deren Zielgruppe Mappenabonnements anzubieten. Wie bei Friseuren und Dentallaboren (vgl. die Projekte ... und ...) versuche die Klägerin entsprechend ihrem Modell, eine möglichst große Zahl an Betrieben der betreffenden Zielgruppe zu werben, um so die Werbebotschaft des Sponsors möglichst weit zu streuen. Mit einer Kündigung seitens des Sponsors gingen mit einem Schlag alle über diesen Vertrag mit Zeitschriften versorgten Kunden auch ihr (der Beklagten) als Verlag verloren. Das besondere Risiko des Modells der Klägerin liege daher darin, dass Auflage und die Reichweiten stark schwanken würden. Das liege nicht in ihrem (der Beklagten) vertriebspolitischen Interesse (Bl. 278) und laufe dem Prinzip der Vertriebsneutralität zuwider (Bl. 281).

Das Modell der Klägerin sei bisher nur auf ein Sponsorengeschäft mit Erstmappen ausgerichtet gewesen. Völlig offen und ungeklärt sei auch die Frage der zuverlässigen Folgevermietungen sowie der abschließenden Entsorgung der Hefte.

Das von der Klägerin im Schriftsatz vom 14. Juni 2007 vorgestellte Modell weiche völlig von den früheren ab. Das sei eine nicht sachdienliche Klageänderung, der widersprochen werde (Bl. 293). Die Klägerin versuche durch vorgebliche Akzentverschiebungen in ihren Sponsoren neutral zu "Anzeigenkunden" bzw. als "entgeltlich beauftragte Drittfirmen mit eigenem Außendienst" zu adeln und Kundenbindungsinitiativen zu "LZ-Akquisitions-Kooperationen zu promovieren (Bl. 294). Das sei gerade nicht ein Ergebnis kaufmännischer Kalkulation, sondern ein nachträglich und zweckgebunden umgedeutetes Sponsorenmodell, um die Belieferung zu den günstigen LZ-Bedingungen zu erzwingen (Bl. 294 mit Anlagen B BB 14-16).

Ursprünglich seien der ...-Lesezirkel und der ...-Lesezirkel der Klägerin projektiert worden, die Lesemappen hätten aus 12 bzw. 13 fest vorgegebenen Zeitschriften bestanden, die Heftumschläge seien ausschließlich und dauerhaft mit der Sponsorenwerbung versehen gewesen, seien nach Gebrauch nicht abgeholt und auch nicht folgevermietet worden. Der Mappenversand sei ausschließlich an von den Sponsoren gewünschte Zielgruppen erfolgt, nicht an private Haushalte oder an andere Zielgruppen. Das mit diesen Kriterien typische Lesezirkelgeschäft sei von der Klägerin damit nicht betrieben worden. Die Voraussetzungen für eine Belieferung nach LZ-Bedingungen würden weiterhin von der Klägerin nicht erfüllt (Bl. 292 ff).

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien und der von ihnen überreichten Anlagen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.


B.

Nachdem der Bundesgerichtshof mit seinem Beschluss vom 11. Oktober 2006 das 1. Berufungsurteil des Senats vom 17. November 2005 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an den Senat zurückverwiesen hat, hat die zulässige Berufung der Klägerin weiterhin in der Sache keinen Erfolg. Die Berufung der Klägerin ist mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Klage in der in der Berufungsverhandlung vom 11. Oktober 2007 gestellten Fassung abgewiesen wird.


I.

Der Gegenstand des Berufungsverfahrens hat sich mit der Neufassung der Klageanträge, wie sie die Klägerin in der in der Berufungsverhandlung vom 11. Oktober 2007 gestellt hat, nicht nur gegenüber der Klage erster Instanz geändert, sondern auch gegenüber den Anträgen, über die der Senat in seinem 1. Berufungsurteil zu entscheiden hatte.

Lediglich die Abweisung des erstinstanzlich noch gestellten Feststellungsantrages zu Ziffer II. lit. b durch das Landgericht ist rechtskräftig geworden. Insoweit hat die Klägerin keine Berufung eingelegt.


II.

Der mit dem Klageantrag zu I. nunmehr geltend gemachte Belieferungsanspruch der Klägerin ist unter Beachtung der Vorgaben des Bundesgerichtshofes nicht begründet.

1.) Der Gegenstand des Klageantrages ist die Verurteilung der Beklagten,

an die Klägerin je 100 Exemplare der Zeitschriften ... nach Maßgabe ihrer geltenden Liefer- und Zahlungsbedingungen für Lesezirkel Zug um Zug gegen die sich unter Berücksichtigung dieser Konditionen ergebenden Zahlungen zu liefern,

Damit geht es um die Belieferung der Klägerin gemäß den geltenden Lieferungs- und Zahlungsbedingungen für den Lesezirkel, wie sie bei der Beklagten bestehen (Anlage K JS 3 = Anlage B BB 13).

Zu dem den Streitgegenstand mitbestimmenden Sachverhalt gehört, dass die Klägerin Lesezirkel betreiben möchte, die von bestimmten Unternehmen wie z. B. als Werbemittel eingesetzt und dementsprechend insbesondere durch Teilnehmerakquisition aus deren Abnehmerkreis gefördert werden sollen. Zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt gehören auch die Darstellungen der Klägerin zur Durchführung ihrer Lesezirkelprojekte unter Einsatz der zu liefernden Hefte der Beklagten.

2.) Als Anspruchsgrundlage kommt - wenn man mit der Klägerin einmal unterstellt, dass die Beklagte als marktbeherrschendes oder jedenfalls marktstarkes Unternehmen insoweit Normadressat von § 20 GWB ist - das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot in Betracht, sofern die Klägerin in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, von der Beklagten ohne rechtfertigenden Grund unterschiedlich behandelt wird, indem ihr die Belieferung mit den begehrten Zeitschriften zu Lesezirkelbedingungen versagt wird.

Wettbewerbliche Anspruchsgrundlagen sind daneben nicht gegeben. Die zivilrechtlichen Ansprüche aus kartellrechtswidrigem Verhalten sind im GWB abschließend geregelt, demgemäß bestehen keine lauterkeitsrechtlichen Ansprüche, soweit sich der Vorwurf der Unlauterkeit allein auf einen GWB-Verstoß stützt (BGH GRUR 2006, 773 - Probeabonnement). Zusätzliche Verhaltenselemente der Beklagten, die eine Unlauterkeit begründen könnten, sind nicht Streitgegenstand.

3.) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, die auch in seinem vorliegenden Beschluss auf die Nichtzulassungsbeschwerde bestätigt worden ist, ist die Beklagte noch nicht verpflichtet, die Klägerin bereits dann zu beliefern, wenn diese die Lieferung- und Zahlungsbedingungen der Beklagten für den Lesezirkel akzeptiert und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie diese Bedingungen bei Aufnahme der Belieferung nicht einhalten wird. Das Diskriminierungsverbot hindert den Normadressaten nämlich grundsätzlich nicht daran, seine geschäftliche Tätigkeit und sein Absatzsystem nach eigenem Ermessen so zu gestalten, wie er dies für wirtschaftlich sinnvoll und richtig erachtet. Die Belieferung von Lesezirkeln zu besonderen Konditionen ist ein Vertriebsinstrument der Verlage, mit dem diese vornehmlich die Reichweiten der von ihnen vertriebenen Zeitschriften erhöhen, möglicherweise diese aber auch qualitativ steuern wollen. Es steht den Verlagen daher grundsätzlich frei, sachliche Voraussetzungen für die Belieferung eines Lesezirkels aufzustellen (BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2006, KZR 46/05 m. w. Nw.).

Entsprechend diesem Freiraum des Unternehmers kann die Beklagte von der Klägerin verlangen, dass die Erfüllung der maßgeblichen Kriterien für die Belieferung nach den LZ-Bedingungen bei Aufnahme der Geschäftsverbindung "nachzuweisen" bzw. deren Einhaltung auf Verlangen "glaubhaft" zu machen sind. Hiervon ist der Bundesgerichtshof bereits zutreffend ausgegangen. Es wäre der Beklagten schlechterdings nicht zuzumuten, die Klägerin gleichsam auf "Verdacht" erst einmal mit den von ihr subventionierten Lesezirkelheften zu beliefern. Der Klägerin ist eine solche qualifizierte Darlegung nicht gelungen.

4.) Der geltend gemachte Belieferungsanspruch der Klägerin ist schon deswegen unbegründet, weil die Klägerin unstreitig in ihrem Lesezirkel bisher nur eine Mappe mit bestimmten Zeitschriften angeboten hat und damit keine Wahlmappen in Rede stehen. Auf den mit Schriftsatz der Klägerin vom 14. Juni 2007 dazu noch vorgelegten "Bestellschein Stand 06.2007" (Anlage K 47) kommt es insoweit nicht an.

(a) Die Klägerin ist gehalten, ein breites, für den Lesezirkelvertrieb typisches Zeitschriftenangebot mit Standard-Mappen und weiteren Mappen anzubieten. Denn dem Endkunden (dem Abnehmer der im Lesezirkel geführten Objekte) muss die Auswahl aus einer Vielzahl von angebotenen Zeitschriften ermöglicht werden. Dass das im Lesezirkel gängig und üblich ist, ist unstreitig.

(b) Eine solche Voraussetzung für die LZ-Belieferung ist sachgerecht. Die Wahlmöglichkeit hat einen erheblichen Einfluss auf das Marktgeschehen, und zwar nicht nur im Verhältnis der Lesezirkel-Unternehmen untereinander, sondern auch im Verhältnis zu den Verlagen, die wie die Beklagte die Lesezirkelunternehmer mit Zeitschriften zu einer erheblich günstigeren Preisstellung als bei dem sonstigen Pressevertrieb beliefern sollen. Durch Wahlmappen ist jedenfalls prinzipiell gewährleistet, dass auch weniger attraktive Objekte mitbezogen und daher "mitgelesen" werden. Dadurch können sich auch insoweit die Reichweiten erhöhen.

(c) Im Hinblick auf den oben dargestellten Zweck und im Hinblick darauf, dass die Hefte im LZ-Vertrieb von den Verlagen subventioniert werden, kann nicht angenommen werden, dass das Bestehen der Beklagten auf Einhaltung einer Wahlmappen-Regelung im LZ-Vertrieb etwa kartellrechtswidrig wäre.

Im Übrigen kann es auf dieses Argument der Klägerin schon deswegen nicht ankommen, weil die Klägerin eine solche LZ-Belieferungsvoraussetzung insoweit nicht als kartellrechtswidrig angreift.

(d) Die von der Klägerin unstreitig zunächst vorgenommene Festlegung auf ein Sortiment von 12 Zeitschriftentiteln, die Teil jeder Lesemappe sind, trägt dem nicht Rechnung. Schon deswegen ist der Belieferungsanspruch unbegründet. Denn die Beklagte behandelt die Klägerin nicht ungleich gegenüber anderen LZ-Abnehmern, soweit diese die Anforderung erfüllen und insoweit - eben anders als die Klägerin - auch beliefert werden. Die Beklagte war im Übrigen auch nicht gehindert, sich erst im Laufe des Rechtsstreits auf dieses Argument ausdrücklich auch zu stützen. Der Belieferungsanspruch wirkt für die Zukunft.

Verständigerweise kann die Klägerin demgegenüber nicht mit dem Argument durchdringen, sie "werde" - wie sie unter Beweisantritt vorgetragen hat (Bl. 266) - "selbstverständlich weitere Mappen anbieten". Wie oben unter Hinweis auf die BGH-Rechtsprechung ausgeführt, genügt es nicht, wenn die Klägerin den LZ-Belieferungsbedingungen der Beklagten nicht widerspricht bzw. diese ausdrücklich "akzeptiert", ohne aber ein schlüssiges Gesamtkonzept vorzulegen, nach dem der Beklagten die Einhaltung dieser Voraussetzungen zumindest glaubhaft gemacht, wenn nicht sogar "bewiesen" wird.

Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang weiter vorgetragen, sie "richte sich selbstverständlich an der Nachfrage aus", das bisherige Angebot nur einer Mappe "sage noch nichts über die Entwicklung ihres Geschäftes und über ihr Geschäftsmodell aus". Damit hat die Klägerin kein schlüssiges Gesamtkonzept zu den Anforderungen der Beklagten vorgelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht oder gar bewiesen. Dass es daran fehlt, ist mit der Klägerin schon in der Berufungsverhandlung vom 26. April 2007 ausführlich erörtert worden (Bl. 284).

Offenbar möchte die Klägerin "erst einmal" im Wege der Verurteilung der Beklagten mit den in Rede stehenden, unstreitig besonders attraktiven Zeitschriften beliefert werden, und zwar mit der nur vagen Aussicht für die Beklagte, dass die Klägerin bei entsprechender Nachfrage auch andere Zeitschriftenobjekte in die LZ-Mappen aufnehmen wird.

Verständigerweise muss sich die Beklagte hierauf nicht einlassen. Die von Anfang an bestehende Wahlmöglichkeit der LZ-Endkunden unter verschiedenen Mappen ist, wie ausgeführt, ein sachgerechtes Kriterium für die LZ-Lieferbedingungen.

(e) Aus den von der Klägerin mit Schriftsatz vom 14. Juni 2007 vorgelegten Unterlagen zu ihrem "Modell des Lesezirkels" (Anlagen K 44-50) ergibt sich nichts anderes. Der "Bestellschein" der Klägerin (Anlage K 47) sieht nunmehr 23 Titel und Wahlmöglichkeiten vor. Es ist offenkundig, dass es sich dabei weiterhin nur um besonders nachgefragte und zudem nur um verhältnismäßige wenige Zeitschriftentitel (vgl. dazu die Beklagte Bl. 299 mit Beweisantritt) handelt. Dass die Klägerin zu diesen "ausgewählten" Zeitschriftentitel eine Belieferungszusage eines Verlages hätte, ist überdies nicht vorgetragen, die Beklagte hat das substantiiert bestritten (Bl. 299-301).

5.) Der geltend gemachte Belieferungsanspruch der Klägerin ist außerdem - und zwar unabhängig von dem oben unter Ziffer II. 4. erörterten Gesichtspunkt - deswegen unbegründet, weil die Klägerin dabei eine Belieferung mit den Zeitschriften der Beklagten unter LZ-Belieferungsbedingungen begehrt, obwohl sie mit den von ihr projektierten Kooperationspartnern das LZ-Prinzip der Vertriebsneutralität nicht einhält bzw. nach ihrem Vorbringen nicht davon ausgegangen werden kann, dass dies geschieht.

(a) Die Klägerin hat vorprozessual unstreitig die Beklagte um Belieferung mit den Zeitschriften zu LZ-Belieferungsbedingungen gebeten und hierzu vorgetragen, sie sei von ... beauftragt worden, "einen Lesezirkel für ...-Friseurkunden aufzubauen" (Anlage K JS 8). Dass die zu beziehenden Zeitschriften bei diesem Lesezirkel-Projekt der Klägerin über den "Wella Lieferdienst ausgeliefert" werden sollten, bestreitet die Klägerin nicht.

Damit plante die Klägerin einen Lesezirkel, bei dem ... als Werbepartner der Klägerin auftreten und die Lesezirkelabonnenten (die "Wella-Friseurkunden") mit den Zeitschriften der Beklagten beliefern sollte. Dass ... damit den zu beliefernden Lesezirkel der Klägerin als Instrument der eigenen Kundenbindung - auch ohne eine ausdrückliche Bezeichnung als ...-Lesemappe - eingesetzt hätte, liegt auf der Hand. Denn die "...-Friseurkunden" sollten damit von ... "betreut" (d. h. mit den Zeitschriften beliefert) werden und durch ... selbstverständlich auch weitere Abonnenten gewonnen werden.

(b) Entsprechendes gilt für das weitere Lesezirkelprojekt der Klägerin, das diese in Zusammenarbeit mit der ... vorbereitet hatte und durch das Zahnarztpraxen mit den Zeitschriften der Beklagten beliefert werden sollte, und zwar durch "sein (des Zahnarztkunden) Dentallabor mit den normalen Lieferungen" (Anlage B BB 1). Dass mit einem so gestalteten ...-Lesezirkel der von der Beklagten zu beliefernde Lesezirkel als Vertriebsinstrument für die ...-Vereinigung von Unternehmen wie Dental-Labore eingesetzt und die Lesezirkel-Kunden durch diese "betreut" (d. h. mit den Zeitschriften) beliefert werden sollten, liegt auf der Hand.

(c) Das die Beklagte bei solchen Projekten eine Belieferung zu LZ-Bedingungen verweigert, entspricht dem sachgerechten, für LZ-Unternehmen allgemein geltenden Gebot der Vertriebsneutralität und ist demgemäß nicht etwa kartellrechtswidrig.

Soweit die Klägerin sich an solche Werbepartner (wie ... oder ...) bindet, überlässt sie die Gewinnung und Betreuung von Lesezirkelkunden dem Werbepartner, der naturgemäß nur ein Interesse an seiner branchenspezifischen Klientel hat und die Lesemappen als Instrument der eigenen (z. B. von ... oder ...) Kundenbindung einsetzt. Bei so einer Konstellation geht es nicht um eine Reichweitenverbesserung der einzelnen Zeitschriftenobjekte durch Mehrfachvermietung und breiten Streuung bezüglich der Lesezirkelkunden, durch die die Verlage ein Interesse einer Zeitschriftabgabe zu den preisgünstigeren Lesezirkelbedingungen haben können, sondern vordringlich um ein Marketinginstrument gleichsam der "Sponsoren" des Lesezirkels.

Dass die "Betreuung" (Belieferung) der Lesezirkel-Kunden nicht durch die Klägerin, sondern durch ein - aus der Sicht der Beklagten - Dritt-Unternehmen mit einem eigenen, gerade dadurch geförderten Marketinginteresse erfolgt (vgl. die Antragsbestimmung: "die Produkte und Dienstleistungen vertreiben"), zu der die Beklagte in keiner den Lesezirkelvertrieb betreffenden Vertragsbeziehung steht, muss die Beklagte nicht dulden. Eine solche Duldung widerspräche dem anerkannten, für den Lesezirkel geltenden Gebot der Vertriebsneutralität.

Die damit berührte Vertriebsneutralität wird entgegen der Argumentation der Klägerin nicht dadurch aufgehoben oder gar gegenstandslos, dass auf den Heften der Lesezirkelmappen Werbeanzeigen Dritter geschaltet werden können. Solche Anzeigen sind allerdings üblich, betreffen aber nicht die "Gewinnung und Betreuung" von Lesezirkel-Kunden.

Unabhängig davon ist es die zwangsläufige Folge einer solchen "Lesezirkel-Sponsoring" auch, dass die eigene Kundenbindung der Werbepartner der Klägerin zu einer entsprechenden werblichen Kommunizierung führen wird. So ist z. B. - ohne dass es darauf entscheidend ankäme - bereits mit der vorgelegten Anlage B BB 1 unstreitig geworden, dass der für ... projektierte Lesezirkel der Klägerin ausdrücklich "... LESEZIRKEL" heißen sollte (vgl. auch Anlage B 1). Dass das umso mehr dem für den Lesezirkel geltenden Gebot der Vertriebsneutralität widerspricht, bedarf keiner näheren Ausführung.

(d) Aus den Lesezirkel-Bedingungen der Beklagten ergibt sich allerdings nicht, dass das zu beliefernde Lesezirkelunternehmen die Belieferung und Abholung der Lesemappen etwa eigenhändig durchführen musste. Selbstverständlich könnte die Klägerin ihrerseits ein Vertriebsunternehmen für diese Aufgaben beauftragen. Solche "normalen" Vertriebsunternehmen betreiben aber gerade kein Sponsoring für ihre eigenen, am Markt angebotenen Waren oder Dienstleistungen, um die es aber nach dem von der Klägerin geltend gemachten Belieferungsanspruch gehen soll.

Dass solche speziellen Sponsoren an der Betreuung von Kunden außerhalb ihrer eigenen Klientel kein nachhaltiges Interesse haben werden, liegt auf der Hand. Soweit z. B. ... über den Lesezirkel der Klägerin ihren (der Firma ...) Kunden (den Wella-Friseurgeschäften) preisgünstig die Zeitschriften der Beklagten anbietet, ist – wie ausgeführt - nicht erkennbar, dass ... andere, branchenfremde LZ-Abonnenten ebenso nachhaltig "betreuen", d. h. z. B. auch das Liefern und Abholen von Zeitschriften bei Privathaushalten übernehmen werden.

(e) Die Klägerin geht inzwischen, wie ausgeführt, von einer Vielzahl von Kooperationspartner aus. Damit verstärkt sich die Problemstellung einer bündigen Gesamtkonzeption, die in den Händen der Klägerin liegen müsste, auch wenn sie dabei selbstverständlich arbeitsteilig vorgehen könnte. Diesem Anspruch wird das von der Klägerin vorgestellte Modell - tatsächlich hat die Klägerin während der Prozessdauer eine Fülle von Modellvarianten ins Feld geführt - auch mit den vorgelegten Unterlagen (Anlagen K 44-50) nicht gerecht. Die Gewinnung von LZ-Abonnenten soll u. a. durch die Kooperationspartner erfolgen, aber auch andere Wege bzw. "anvisierte Möglichkeiten" sollen in Betracht kommen (Anlage K 50). Dass damit das berechtigte Anliegen der Beklagten hinsichtlich der Vertriebsneutralität der Klägerin gewährleistet wäre, ist nicht erkennbar.

Entsprechendes gilt für das Liefern und Abholen der Zeitschriften bei den Abonnenten. Die Unterlagen zu der Organisationsstruktur der Klägerin (Anlagen K 44-45) enthalten nichts Greifbares, dass eine Zusammenarbeit mit ... erfolgen soll, hat die Klägerin zwar vorgetragen, aber nichts zu den konkreten Bedingungen eines Vertragsabschlusses. Das im Vertriebs-Organigramm (Anlage K 45) in Bezug genommene "Vertragsbestätigungsschreiben" ist nicht konkret und offenbart selbst, dass Preise damals am 13. August 2005 noch nicht vereinbart gewesen sind, von einer kaufmännischen Kalkulation kann keine Rede sein (so auch die Beklagte Bl. 296). Dass damit auch nicht gesichert ist, dass die erforderlichen Leistungen der Klägerin bezüglich des Lieferns und Abholens der Zeitschriften zuverlässig erbracht werden, liegt auf der Hand.

Damit besteht aus der maßgeblichen Sicht der Beklagten auch im Hinblick auf diese LZ-Belieferungsvoraussetzung kein insoweit schlüssiges Gesamtkonzept eines Lesezirkels der Klägerin. Der geltend gemachte Belieferungsanspruch der Klägerin besteht auch insoweit nicht.

6.) Der geltend gemachte Belieferungsanspruch der Klägerin ist außerdem - und zwar unabhängig von dem oben unter Ziffer II. 4.-5. erörterten Gesichtspunkten – deswegen unbegründet, weil die Klägerin ihren Lesezirkel bisher unstreitig nicht an Privathaushalte angeboten bzw. geliefert hat.

(a) Wie die Klägerin verständig erweise nicht in Abrede nimmt, gehört eine angemessene Berücksichtigung der Privathaushalte beim Angebot und bei der Zeitschriftenvermietung zu den sachgerechten LZ-Bedingungen. Die Beklagte kann sich demgemäß auch hierauf berufen.

Der Absatz von Zeitschriften über den Lesezirkel ist, wie ausgeführt, ein Instrument der Verlage zur Reichweiten-Verbesserung. Dass die Reichweite sich erheblich steigern lässt, wenn ein Lesezirkel auch Privathaushalte beliefert, liegt auf der Hand. Soweit die Klägerin dem entgegenhalten möchte, sie erziele mit ihrem Projekt über die gewerblichen Abnehmer ein "Mehr" an Reichweite, wird dabei übersehen, dass ein Nichtbeliefern von Privathaushalten immer weniger Leserkontakte bedeutet als bei deren Belieferung. Insoweit muss sich die Beklagte keine Kompensation der Reichweite über andere Vertriebswege entgegenhalten lassen. Die Beklagte gibt ihre Zeitschriften unter LZ-Bedingungen preisgünstiger ab und ihr Interesse, dass sich die Lesezirkelunternehmen eben auch um den aufwendigeren Vertrieb an Privathaushalte bemühen, ist daher sachgerecht.

(b) Die von der Klägerin vorgestellten LZ-Projekte tragen dieser LZ-Belieferungsvoraussetzung nicht Rechnung. Dass bei dem geplant gewesenen ...- bzw. ...-Lesezirkel neben den jeweils angeschlossenen Friseurgeschäften bzw. Zahnarztpraxen auch Privathaushalte beliefert worden wären, ist nicht erkennbar. Sponsoren, die für ihre spezielle Klientel zur Kundenbindung preisgünstig Zeitschriften über "ihren" Lesezirkel anbieten wollen, haben naturgemäß kein Interesse daran, daneben auch Privathaushalte zu beliefern.

Soweit die Klägerin - ähnlich wie bei dem Gesichtspunkt der Wahlmappen - damit argumentiert, sie sei (selbstverständlich) auch daran interessiert, Privathaushalte zu beliefern und auf weitere Projekte, wie z. B. eine Belieferung von Privaten etwa über Lieferdienste wie ... oder Getränkelieferanten verweist, reicht das nicht aus. Die Klägerin hat auch insoweit kein schlüssiges Gesamtkonzept vorgelegt, aus dem sich ergäbe, dass auch Privathaushalte nachhaltig als LZ-Abonnenten geworben und beliefert werden sollen. Auch hierauf ist die Klägerin vom Senat ausführlich hingewiesen worden (Bl. 284).

Gerade weil die Klägerin bei ihrem Projekt offenbar nun von einer Vielzahl von Kooperationspartner ausgeht, muss sie der Beklagten vor einer Belieferung die bündige Vorstellung präsentieren, wie sie - die Klägerin - als das zu beliefernde (eigentliche) Lesezirkelunternehmen das alles koordiniert ins Werk zu setzen gedenkt. Von einer Glaubhaftmachung oder gar einem Beweis kann ohnehin keine Rede sein.

Speziell zur Akquise und Belieferung von Privathaushalten ergeben auch die von der Klägerin noch vorgelegten Unterlagen zur Organisationsstruktur und Zielgruppen nichts Greifbares (vgl. insgesamt Bl. 285 ff. mit den Anlagen K 44-50). Die von der Klägerin vorgelegte "Lesezirkel-Akquisition" enthält nur eine Aufstellung von "anvisierten Möglichkeiten" (Anlage K 50).

Auf vage Aussichten einer künftigen, aber eben ungewissen Entwicklung muss sich die Beklagte nicht einlassen. Hierzu ist die Beklagte schon aus Gründen der Gleichbehandlung gegenüber ihren bisherigen LZ-Unternehmen verpflichtet. Andernfalls würden auch diese davon Abstand nehmen können, die Pflege der privaten LZ-Abonnnenten zu vernachlässigen. Das liegt schon nach aller Lebenserfahrung auf der Hand.


III.

Der mit dem Klageantrag zu II. nunmehr gestellte Feststellungsantrag bezüglich des Bestehens eines weitergehenden Belieferungsanspruchs der Klägerin ist unter Beachtung der Vorgaben des Bundesgerichtshofes ebenfalls nicht begründet.

1.) Der Gegenstand des Klageantrages ist die Feststellung,

dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin auf Bestellung auch mehr als 100 Exemplare der Zeitschriften ... in für Lesezirkelunternehmen branchenüblichen Mengen zu ihren bei gleicher Mengenabnahme üblichen Preisen nach Maßgabe ihrer geltenden Liefer- und Zahlungsbedingungen für Lesezirkel Zug um Zug gegen die sich unter Berücksichtigung dieser Konditionen ergebenden Zahlungen zu liefern.

Demgemäß geht es um einen festzustellenden Belieferungsanspruch der Klägerin entsprechend demjenigen, wie er mit dem Klageantrag zu I. geltend gemacht worden ist, allerdings in der Menge über die jeweils 100 Heftexemplare hinausgehend.

2.) Der Belieferungsanspruch besteht nicht, der Feststellungsantrag ist demgemäß unbegründet. Auf die obigen Ausführungen unter Ziffer II. wird entsprechend Bezug genommen.


IV.

Die Berufung der Klägerin war nach alledem nicht begründet.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.

Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst (§ 543 Abs. 2 ZPO n. F.). Die Rechtssache geht, wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, über die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt nicht hinaus. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, die Zulassung der Revision ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.


Gärtner
Spannuth
Dr. Löffler

Rechtsgebiete

Kartellrecht