Umfang der Beaufsichtigung eines Kindes durch seine Eltern
Gericht
OLG Celle
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
13. 12. 2006
Aktenzeichen
4 U 99/06
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aufgrund eines Brandschadens, den der zur Tatzeit acht Jahre alte Sohn A. der Beklagten am 24.4.2003 verursacht hat, als er in einer dem Kläger gehörenden Scheune beim Spielen ein Bündel Stroh mit einem Feuerzeug angesteckt und damit die Scheune in Brand gesetzt hat. Der Kläger begehrt den Ersatz eines Schadens i.H.v. insgesamt 68.195,89 €, der ihm gemäß seiner Darstellung verblieben ist, nachdem seine Feuerversicherung den Brandschaden im Übrigen reguliert hat.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der zur Tatzeit achtjährige Sohn A. der Beklagten, der an einer Chromosomenanomalie – Trisomie 8 – leide, sei in seiner Entwicklung erheblich verzögert gewesen; zur Tatzeit sei von einer etwa dreijährigen Entwicklungsverzögerung auszugehen. Der Sohn A. der Beklagten hätte deshalb einer besonderen Beaufsichtigung und Überwachung bedurft. Den entsprechenden Anforderungen seien die Beklagten nicht gerecht geworden. Sie hätten ihre Aufsichtspflicht gegenüber ihrem Sohn A. vernachlässigt und seien deshalb gem. § 832 BGB verpflichtet, dem Kläger den ihm entstandenen Sachschaden zu ersetzen, soweit er nicht von seiner Versicherung getragen worden ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet.
Das LG hat zu Unrecht angenommen, dass die Voraussetzungen des § 832 Abs. 1 Satz 1 BGB für eine Haftung der Beklagten wegen einer mangelnden Beaufsichtigung und Unterweisung ihres Sohnes A. dem Grunde nach gegeben sind. Die Klage ist abzuweisen, weil festzustellen ist, dass die Beklagten ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt haben. Eine nicht ausreichende Belehrung über die Gefahren des Umgangs mit Feuer kann den Beklagten ebenfalls nicht vorgeworfen werden. Die Beklagten haben den ihnen obliegenden Entlastungsbeweis geführt.
Zwar trifft es zu, dass an die Pflicht zur Aufsicht über Kinder sowohl hinsichtlich der Belehrung über die Gefahren des Feuers als auch der Überwachung eines möglichen Umgangs mit Zündmitteln strenge Anforderungen zu stellen sind (s. BGH v. 17.5.1983 – VI ZR 263/81, MDR 1983, 1012 = VersR 1983, 734; VersR 1984, 968; VersR 1986, 1210; VersR 1990, 1123; VersR 1993, 485; v. 10.10.1995 – VI ZR 219/94, MDR 1996, 49 = NJW 1995, 3385). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erster Instanz und der ergänzenden Anhörung der Parteien durch den Senat muss aber davon ausgegangen werden, dass die Beklagten den Anforderungen gerecht geworden sind, die an die Darlegung und den Nachweis, dass Eltern ihren Aufsichts- und Belehrungspflichten nachgekommen sind, zu stellen sind (vgl. hierzu BGH v. 10.7.1984 – VI ZR 273/82, MDR 1985, 220 = NJW 1984, 2574; v. 19.1.1993 – VI ZR 117/92, MDR 1993, 851 = NJW 1993, 1003; v. 29.5.1990 – VI ZR 205/89, MDR 1991, 139 = FamRZ 1990, 1214 = NJW 1990, 2553).
Die Anforderungen an die elterliche Aufsicht, die stets unter Berücksichtigung des Alters und des Entwicklungsstandes des Kindes sowie seines Verhaltens zu beurteilen sind, dürfen auch nicht überzogen sein. Auch bei einem Kind des Entwicklungsstandes, wie ihn A. zum Tatzeitpunkt hatte, ist es nicht erforderlich, das Kind „auf Schritt und Tritt“ zu überwachen. Vielmehr muss auch ein Freiraum gegeben werden, in dem das Kind sich eigenständig bewegen kann, um seine Entwicklung zur Selbständigkeit nicht zu gefährden. Dabei gab es vorliegend keine Anhaltspunkte, die dafür sprachen, dass A. beim Umgang mit Feuer besonders gefährdet war und er etwa dazu neigte, durch Zündeln oder durch sorglosen Umgang mit Streichhölzern und Feuerzeugen für eine erhöhte Gefährdung zu sorgen. Vielmehr war er zuvor nicht auffällig geworden. Anlass, ihn im Hinblick auf eine mögliche Verursachung eines Feuers besonders zu überwachen, bestand nicht.
Zwar macht der Kläger im Nachhinein geltend, A. des Öfteren des Hofes verwiesen zu haben und ihn auch am Tattage „weggeschickt“ zu haben. Unstreitig ist aber, dass A. sich vor dem Brandereignis häufig auf dem Hof des Klägers aufgehalten und dort mit dem Sohn des Klägers gespielt hat. Dies ist letztlich auch vom Kläger bei seiner Anhörung nicht in Abrede gestellt worden. Insoweit kann deshalb auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Aufenthalt des Kindes auf dem Hof am 24.4.2004 etwas Besonderes dargestellt hat und über das Übliche hinaus gegangen ist. Vielmehr war A. – begleitet von seiner Tante C. – auf den benachbarten Hof gegangen, ohne dass hierin etwas Außergewöhnliches zu sehen war. Auf dem Hof hatte er – unstreitig – mit den Kindern der Zeugin C. und dem Sohn des Klägers gespielt. Auch dies stellt einen Vorgang dar, den es zuvor öfter gegeben hatte und an dem nichts Besonderes zu finden ist.
Eine Verletzung der Aufsichtspflicht der Beklagten kann bei alledem nicht festgestellt werden. Sowohl die Zeugin W. als auch der Beklagte zu 2) als Partei haben übereinstimmend bekundet, dass A. am 24.4.2004 um Erlaubnis gefragt hat, bevor er auf den benachbarten Hof des Klägers gegangen ist. Diese Erlaubnis ist ihm erteilt worden und er ist in Begleitung einer erwachsenen Person, nämlich der 37 Jahre alten Zeugin C., die auch ihre eigenen Kinder mitgenommen hat, auf den benachbarten Hof gegangen. Anlass an den Bekundungen der Zeugen und den Angaben des Beklagten zu zweifeln, hat der Senat nicht. Der Gang auf den benachbarten Hof des Klägers stellt aus der Sicht des Senats einen üblichen Vorgang dar. Im Hinblick auf die Vorgeschichte ist anzunehmen, dass dies öfter vorgekommen ist. Egal, ob man A. den Entwicklungsstand eines achtjährigen oder eines sechs- bis siebenjährigen Kindes zubilligt, hat es sich um einen normalen Vorgang gehandelt, aufgrund dessen man den Beklagten nicht vorwerfen kann, sie hätten ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt.
Wenn man davon ausgeht, dass auch einem sechs- bis siebenjährigen Kind ein gewisser Freiraum gelassen werden muss, um ihm eine eigenständige und selbständige Entwicklung zu ermöglichen, so kann in einem kurzen Besuch in der Nachbarschaft zum Spielen mit einem Nachbarskind auch ohne eine ständige Beaufsichtigung durch die Eltern selbst kein Vorgang gesehen werden, der auf eine Verletzung der Aufsichtspflicht schließen lässt. Darüber hinaus war auch die Zeugin C. zugegen, die hätte eingreifen können. Unabhängig von der Frage, ob man sich vorher verbal darüber verständigt hatte, dass die Zeugin A. beaufsichtigen sollte, oder ob man darüber nicht gesprochen hat, konnten die Beklagten jedenfalls stillschweigend davon ausgehen, dass die Zeugin gelegentlich auch nach A. schauen würde. Dies war schon deshalb zu erwarten, weil die Zeugin ihre eigenen Kinder auch mit auf den Hof genommen hatte, sodass anzunehmen war, dass sie auch nach ihren eigenen Kindern schauen würde.
Außerdem hat sich A. auf dem Hof nicht allein aufgehalten. Vielmehr hat er auch mit dem Kind des Klägers gespielt. Auch insoweit konnten die Beklagten davon ausgehen, dass er auf dem Hof nicht vollkommen unbeaufsichtigt sein würde.
Zwar hat der Kläger ausgeführt, dass er einen Unterschied zwischen dem Aufenthalt von A. auf dem Hofgelände, soweit es außerhalb des Reiterhofes gelegen habe und dem Reiterhof gemacht habe. Dass er dies auch den Beklagten gegenüber zum Ausdruck gebracht hat und sich etwa Besuche des Jungen auf dem Hof insgesamt vor dem Tattag verbeten hat, hat aber der Kläger selbst nicht vorgetragen. Vielmehr hat er die Aussage, dass Kinder auf dem Reiterhof nichts zu suchen haben, sodann dahingehend relativiert, dass gegen einen Besuch des Pferdehofes in Begleitung einer Aufsichtsperson nichts einzuwenden gewesen sei. Aufsichtsperson hätte etwa auch die Zeugin C. sein können. Auch aus diesen Bekundungen folgt, dass es vor dem Brandereignis, als noch eine „normale“ Nachbarschaft zwischen den Parteien geherrscht hat, eigentlich unproblematisch war, wenn sich A. auf dem Hof des Klägers aufgehalten hat.
Soweit im Nachhinein – naturgemäß – einzelne ausgesprochene Verbote, wie es sie etwa an dem Tag vor dem Brandereignis gegeben haben soll, dahingehend stilisiert werden, dass es für A. etwas Verbotenes gewesen sei, den Hof zu betreten, ist nicht zu erkennen, dass dies tatsächlich so war. Vielmehr spricht alles dafür, dass es bis zu dem Brandereignis kein Problem war, wenn A. – auch unbeaufsichtigt oder unter lockerer Beaufsichtigung dritter Personen, wie etwa der mit ihm unter einem Dach lebenden Tante – den Hof des Beklagten besucht hat. Eine Aufsichtspflichtverletzung der Beklagten ist bei alledem nicht festzustellen. Die Beklagten brauchten – wie bereits ausgeführt – A. nicht auf Schritt und Tritt zu überwachen. Sie hatten aufgrund des Verhaltens des Kindes keine Veranlassung, ihm besonders enge Zügel anzulegen und beispielsweise das Betreten des Nachbarhofes nur unter ständiger Begleitung eines Erwachsenen zu gestatten. Wenn einem 8 ½?jährigen normal entwickelten Kind das Spielen im Freien ohne Aufsicht auch in einem räumlichen Bereich gestattet sein muss, in dem den Eltern ein sofortiges Eingreifen nicht möglich ist und einem Kind die Freiheit eingeräumt werden muss, Neuland zu entdecken und zu erobern (so etwa BGH v. 10.7.1984 – VI ZR 273/82, MDR 1985, 220 = NJW 1984, 2574), kann im vorliegenden Fall nicht verlangt werden, dass die Eltern A. nur unter ständiger Begleitung auf den Nachbarhof gehen lassen und ihn dort auf Schritt und Tritt überwachen. Vielmehr durften sie ihn – auch unter Berücksichtigung seiner Erkrankung und des Streits um die Frage, inwieweit diese zu einer Retardierung geführt hat – allein oder unter lockerer Begleitung auf den benachbarten Hof gehen lassen.
Ein auffälliges Verhalten des Kindes, das zu einer schärferen Form der Beaufsichtigung hätte Anlass geben können, ist nicht festzustellen. An die Aufsichtspflichten der Beklagten dürfen deshalb keine derart überspannten Anforderungen gestellt werden, wie sie etwa vom LG in seiner Entscheidung zugrunde gelegt worden sind.
Der Fall ist insbesondere nicht mit einem Sachverhalt vergleichbar, in dem aufgrund von einer ausgeprägten Aggressionsbereitschaft bei einem geistig retardierten und schwer verhaltensgestörten Kind besondere Anforderungen an die Aufsichtspflicht gestellt werden müssen (dazu BGH v. 10.10.1995 – VI ZR 219/94, MDR 1996, 49 = NJW 1995, 3385). Von einem derartigen Fall, in dem zumindest eine engmaschige Überwachung erwartet werden muss, kann vorliegend nicht einmal im Ansatz ausgegangen werden. Zwar ist A. nach dem Ergebnis des in erster Instanz eingeholten Gutachtens aufgrund der festgestellten Chromosomenanomalie in seiner Entwicklung gehandicapt. Eine besondere Aggressivität oder eine Neigung zum Zündeln besteht aber nicht. Vielmehr kann selbst nach den Ausführungen in dem Gutachten festgestellt werden, dass ein Grenzfall zwischen einer normalen und einer leicht retardierten Entwicklung festzustellen ist, bei dem an die Aufsichtspflichten der Eltern keine überhöhten Anforderungen zu stellen sind.
Der Senat hat deshalb auch davon abgesehen, weitere Beweiserhebungen zum Entwicklungsstand durchzuführen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine Entwicklungsverzögerung
vorliegt, wie sie von dem Sachverständigen konstatiert worden ist, wären die Anforderungen an die Überwachung nicht anders zu beurteilen, als sie hier letztlich zugrundegelegt worden sind.
Den Beklagten kann insbesondere auch im Hinblick auf die Tatsache, dass A. zur Tatzeit über ein Feuerzeug verfügt hat, nicht vorgeworfen werden, ihre Aufsichtspflichten verletzt zu haben. Insoweit stammt das zum Entzünden des Strohs benutzte Feuerzeug unstreitig nicht aus dem Haushalt der Beklagten. Vielmehr dürfte es zutreffen, dass A. das Feuerzeug auf dem Hof des Klägers, der einräumt, dass dort geraucht wird, gefunden hat. Der Vorwurf, die Beklagten hätten durch die unvorsichtige Aufbewahrung von Zündmitteln die Brandlegung begünstigt, kann den Beklagten jedenfalls nicht gemacht werden. Dies würde auch gelten, wenn er das Fahrzeug außerhalb des Hofes des Klägers gefunden hat.
Den Beklagten ist des Weiteren – entgegen der Auffassung des LG – auch nicht vorzuwerfen, dass sie das Kind nicht ausreichend über die Gefahren des Umgangs mit offenem Feuer aufgeklärt haben. Insoweit ist nach der Rechtsprechung des BGH (BGH v. 10.7.1984 – VI ZR 273/82, MDR 1985, 220 = VersR 1984, 968; v. 29.5.1990 – VI ZR 205/89, MDR 1991, 139 = FamRZ 1990, 1214 = NJW 1990, 2553) von den Eltern im Einzelnen darzulegen und nachzuweisen, dass sie ihrer Belehrungspflicht nachgekommen sind. Das Gericht hat dabei allerdings der Schwierigkeit der Beweisführung über derartige, sich im Allgemeinen innerfamiliär vollziehende Erziehungsmaßnahmen, die zudem breitflächig angelegt sein werden und deshalb schwerlich sich zeitlich genau fixieren lassen, Rechnung zu tragen. Um festzustellen, ob die Eltern ihrer Belehrungspflicht im Rahmen des ihnen obliegenden Entlastungsbeweises nach § 832 Abs. 1 Satz 2 BGB nachgekommen sind, hat das Gericht insbesondere auch eine Anhörung der Erziehungsberechtigten durchzuführen, die vorliegend das LG verfahrenswidrig unterlassen hat, die jedoch durch den Senat nachgeholt worden ist.
Nach dem Ergebnis dieser Anhörung kann den Eltern nicht vorgehalten werden, A. nicht ausreichend über die Gefahren des Umgangs mit Feuer belehrt zu haben. So ist durch die Bekundungen der Zeugin W., der Großmutter des Kindes, vor dem LG bereits einiger Beweis dafür erbracht, dass A. ausreichend belehrt worden ist. Als Hinweis auf die Gefahren und Schmerzen, die eine Hitzeinwirkung hervorrufen kann, ist es durchaus üblich, die Hand des Kindes entweder an eine heiße Herdplatte oder einen heißen Backofen heranzuführen oder kurz über die Flamme einer Kerze zu halten, um dem Kind das Risiko von Feuer und Hitze zu vermitteln. Dass dies geschehen ist, ergibt sich sowohl aus den Bekundungen der Zeugin W. als auch aus den Bekundungen der Beklagten selbst, die darüber hinaus erklärt haben, A. auch über die Risiken des Umgangs mit Streichhölzern und mit einem Feuerzeug belehrt zu haben. Der Senat hat insoweit keine Zweifel, dass dies tatsächlich geschehen ist und dass A. ausreichend auf die entsprechenden Gefahren hingewiesen worden ist.
Seitens der Eltern ist insoweit bei ihren Anhörungen auch nicht der Versuch gemacht worden, den Eindruck zu erwecken, das Kind von offenem Feuer und Zündmitteln stets panisch ferngehalten zu haben. Vielmehr hat die Beklagte zu 1) eingeräumt, A. etwa auch erlaubt zu haben, Kerzen mit einem Feuerzeug anzumachen und diese dann wieder auszupusten. All dies gehört zu einer „normalen“ Entwicklung dazu. Der glaubhafte Vortrag, mit A. anhand von Zeitungsberichten über Brände oder beim Anschauen von Fernsehsendungen oder Bilderbüchern über die Gefahren des Feuers geredet zu haben, erscheint dem Senat ausreichend, um ein Kind entsprechend seinem Alter und Entwicklungsstand zu unterrichten.
Weitergehende Anforderungen sind nicht zu machen. So kann etwa nicht erwartet werden, dass ein Kind extra zu einem „Großbrand“ gebracht wird, um ihm dort die Gefahren einer Feuersbrunst vor Augen zu führen. Dies könnte einerseits nur dazu führen, dass das Kind schockiert ist, andererseits möglicherweise aber auch eine Faszination auslösen, die von einem solchen Ereignis und Erlebnis auch ausgehen kann. Die zahlreichen kleinen Hinweise auf die Gefahren des Feuers, die es nach den übereinstimmenden Bekundungen der Eltern des Kindes sowie der Zeugin W. und des Zeugen G. gegeben hat, sind insgesamt ausreichend und geeignet, um eine kindgerechte Warnung vor den Gefahren des Feuers zu erteilen. Besonderer Schockerlebnisse oder drastischer Vorführungen, die auch zu einem gegenteiligen Effekt führen können, bedarf es hierzu nicht.
Keine Bedeutung misst der Senat den Feststellungen des LG zu den Vorkommnissen der Silvesternacht 2002/2003 oder 2003/2004 – die Angaben variieren im Verlauf des Verfahrens, ohne dass das Ereignis zeitlich eindeutig fixiert werden kann – bei. Egal, ob sich das Ereignis in der Silvesternacht unmittelbar vor dem Brand oder schon etwas früher zugetragen hat, bei dem A. selbst Feuerwerkskörper geworfen haben soll, ist auch dieses Ereignis aus der Sicht des Senats nichts Ungewöhnliches. Vielmehr gehört es dazu, dass einem Kind Silvester unter Aufsicht erlaubt wird, kleinere Feuerwerkskörper zu zünden, wenn dies in der Familie üblich ist. Ein besonders sorgloser Umgang im Zusammenhang mit Feuerwerk und Feuer selbst ist darin nicht zu sehen. Dass aus einem solchen Ereignis etwa zu folgern wäre, die Beklagten hätten ihrem Sohn zu verstehen gegeben, dass ein laxer Umgang mit Feuer nichts „Schlimmes“ sei, ist abwegig und fernliegend. Es handelt sich um einen normalen Vorgang. Der Senat lässt es deshalb auch dahingestellt, zu welchem Zeitpunkt sich das Ganze genau abgespielt hat.
Ebenso unergiebig ist es, darüber zu streiten, ob A. bei einem Osterfeuer einmal Zweige oder Stöcke ins Feuer geworfen hat, wie dies Kinder üblicherweise zu tun pflegen. Auch hierin ist nichts zu sehen, was für eine besondere Gefährlichkeit des Kindes oder für eine besondere Affinität zum Umgang mit Feuer sprechen könnte. Es handelt sich um normales kindliches Spiel in Gegenwart von Erwachsenen, das nichts darüber aussagt, ob ein Kind dazu neigt, zu zündeln, oder ob es etwa besonders aggressiv oder auffällig ist.
Insgesamt können damit die Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 832 Abs. 1 BGB nicht festgestellt werden.
Da weitere Anspruchsgrundlagen nicht in Betracht kommen, ist die Klage ohne Beweiserhebungen zur Höhe zur Abweisung reif.
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