Einschränkung der Medien- und Informationsfreiheit durch Beweisregelung

Gericht

LG Berlin


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

08. 11. 2007


Aktenzeichen

27 O 536/07


Tenor

  1. Den Beklagten zu 1. und 2. wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Fall der Beklagten zu 1. letztere zu vollziehen an einem Mitglied der Geschäftsführung, untersagt, zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,

    der Kläger sein von der Beklagten zu 1. am Telefon mit dem Ergebnis einer Nachfrage bei dem Deutschen Adelsarchiv bezüglich eines ... konfrontiert worden und hätte daraufhin wörtlich oder sinngemäß erwidert: "Was weiß schon dieses Adelsarchiv" .

  2. Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an den Kläger 285,24 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.08.2007 zu zahlen.

  3. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits jeweils zur Hälfte.

  4. Das Urteil ist im Hinblick auf den Tenor zu 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 € und im übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand


Tatbestand

Der Kläger ist Manager der ... .

Die Beklagte zu 1. verlegt die Zeitschrift ... .

... Im Vorfeld dieser Berichterstattung telefonierte die Beklagte zu 2. am 08. März 2007 mit dem Kläger, der genaue Inhalt dieser Unterhaltung ist zwischen den Parteien streitig.

Der Kläger sieht sich durch die Berichterstattung in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Er sei falsch zitiert worden und habe sich niemals in diesem Sinne geäußert. Ihm sei das Ergebnis einer Nachfrage bei dem Deutschen Adelsarchiv bezüglich eines ... nicht vorgehalten worden. Das Zitat "was weiß schon dieses Adelsarchiv" stelle ihn als Ignorant und ungebildet dar. Die Beklagte zu 2. habe in dem Telefonat lediglich die adlige Abkunft der Frau ... bezweifelt, nicht aber das deutsche Adelsarchiv angesprochen. Lediglich sein Prozessbevollmächtigter habe in einem Gespräch am Folgetag mit der Beklagten zu 2. sinngemäß gesagt, dass er nicht beurteilen könne, ob das Deutsche Adelsarchiv die einzige zuverlässige Quelle in dieser Angelegenheit sei. Der Kläger macht ferner geltend, er habe zu keinem Zeitpunkt gestattet, zitiert zu werden. Schon deshalb habe die Beklagte nicht über ihn berichten dürfen.

Der Kläger macht ferner die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten für ein Gegendarstellungsbegehren geltend, die in Höhe einer 0,65-Geschäftsgebühr nicht in der nachfolgenden gerichtlichen Verfahrensgebühr aufgegangen seien. Für die Abrechnung wird im einzelnen auf Seite 10 der Klageschrift vom 04. Juni 2007 verwiesen.

Der Kläger beantragt,

  1. den Beklagten zu 1. und 2. bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle der Beklagten zu 1. letztere zu vollziehen an einem Mitglied der Geschäftsführung, zu untersagen, zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,

    der Kläger sei von der Beklagten zu 1. am Telefon mit dem Ergebnis einer Nachfrage bei dem Deutschen Adelsarchiv bezüglich eines ... konfrontiert worden und hätte daraufhin wörtlich oder sinngemäß erwidert: "Was weiß schon dieses Adelsarchiv".

  2. die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an ihn 285,24 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (29.8.2007) zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, das Telefongespräch mit dem Kläger sei genauso verlaufen, wie sie darüber berichtet hätten und berufen sich zum Beweis auf die Vernehmung der Beklagten zu 2) als Partei. Die Beklagte zu 2. habe das Telefonat überhaupt erst nach Rücksprache mit den gemeinsamen Prozessbevollmächtigten der Beklagten geführt und das Ergebnis des Telefonats in den Artikel aufgenommen. Der Erstattungsanspruch für die im Rahmen des Gegendarstellungsverlangens angefallenen Anwaltskosten könnten nicht ersetzt verlangt werden, weil die Unwahrheit entgegnet worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe

I. Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB analog i.V.m. §§ 185 ff. StGB, Artikel 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu.

Zwar ist dem Kläger nicht darin zu folgen, dass die Beklagten ihn in ihrem Artikel überhaupt nicht zitieren durften, denn der Kläger musste davon ausgehen, dass, wenn er sich als Manager der Frau Prinzessin von Hohenzollern in einer diese betreffenden Frage gegenüber einer recherchierenden Journalistin äußert, er auch in der betreffen Berichterstattung zitiert wird.

Zitate müssen aber wahr sein. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt auch vor unrichtigen, verfälschten oder entstellten Wiedergaben einer Äußerung. Der Schutz findet seinen Grund darin, dass mit dem Zitat nicht eine subjektive Meinung des Kritikers zur Diskussion gestellt, sondern eine objektive Tatsache über den Kritisierten behauptet wird. Deswegen ist das Zitat, das als Beleg für Kritik verwendet wird, eine besonders scharfe Waffe im Meinungskampf. Gegenüber der erkennbaren Meinungsäußerung kommt ihm die Überzeugungs- und Beweiskraft des Faktums zu. Ist es unrichtig, verfälscht oder entstellt, so greift dies in das Persönlichkeit des Kritisierten um so tiefer ein, als er hier sozusagen als Zeuge gegen sich selbst ins Feld geführt wird (BVerfG AfP 1993, 563/564 m.w.N.).

Nach dem vorliegenden Sachverhalt ist davon auszugehen, dass sich der Kläger nicht in der zitierten Weise geäußert hat. Er hat zu Recht darauf hingewiesen, dass in den Fällen übler Nachrede nach § 186 StGB eine Beweislastumkehr eintritt. Die Beweislastregel des § 186 StGB greift hier ein, denn die angegriffene Äußerung ist geeignet, den Kläger in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder verächtlich zu machen. Hiervon ist auszugehen, wenn die behauptete Tatsache einen Sachverhalt zum Inhalt hat, der nach objektiver Beurteilung regelmäßig negativ bewertet und dem Betroffenen nicht nur tatsächlich, sondern in Verbindung mit einem negativen Werturteil zugeschrieben wird. Der behauptete tatsächliche Umstand muss sich dabei nach dem objektiven - nicht notwendig richtigen - Sinnzusammenhang als von dem Betroffenen zur verantwortende Fehlleistung im weitesten Sinne darstellen (vgl. Tröndle/Fischer, Strafgesetzbuch, 51. Aufl., § 186 Rn. 4). So liegt der Fall hier. Hätte der Kläger sich tatsächlich wie zitiert geäußert, erschiene er nicht qualifiziert und überheblich und zudem als jemand, der seiner Klientin bei Anfragen von recherchierenden Journalisten einer großen Illustrierten durch großsprecherisches Auftreten einen Bärendienst erweist. Bei dieser Sachlage tragen die Beklagten die Beweislast für die Tatsache, dass sich der Kläger tatsächlich wie zitiert geäußert hat. Die Beklagten sind insoweit aber als beweisfällig anzusehen, denn der einzige Beweis, den sie anbieten, ist die Parteivernehmung der Beklagten zu 2. Diese Vernehmung bedurfte aber nach § 447 ZPO des Einverständnisses des Klägers, der dieses verweigert hat. Auch die Voraussetzungen einer Vernehmung von Amts wegen nach § 448 ZPO lagen nicht vor. Ein so genannter Anfangs- oder Anbeweis (vgl. Greger, in Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 448, Rn. 4) ist vorliegend nicht erbracht. Das Vorbringen der Beklagten in Bezug auf die Überprüfung der ersten Artikelfassung durch Rechtsanwalt ... und die anschließende Ergänzung des Artikels um die Stellungnahme des Klägers spricht nicht für die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten, denn es besteht durchaus die Möglichkeit, dass die Beklagte zu 2) Äußerungen des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten vermischt hat. Dass sie mit Rechtsanwalt ... am 9. März 2007 telefoniert hat, bestreitet die Beklagte zu 2) nicht.

II. Der Kläger kann nach § 823 BGB auch die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung ersetzt verlangen. Dies greifen die Beklagten nur mit dem Argument an, sein Vorbringen sei unwahr, das Gegendarstellungsverlangen deshalb unberechtigt gewesen. Da sie hierfür wie dargelegt als beweisfällig anzusehen ist, ist ihre Erwiderung unerheblich. Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 1, Abs. 2 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz 1, 2 ZPO.


Mauck
von Bresinsky
Stöß

Rechtsgebiete

Presserecht