Presseanzeigen für Reisen müssen nicht die Prospektangaben nach § 4 BGB-InfoV enthalten

Gericht

LG Frankfurt a.M.


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

27. 04. 2007


Aktenzeichen

3-12 O 131/06


Leitsatz des Gerichts

Eine Zeitungsanzeige muss nicht den für Prospekte geltenden Informationspflichten nach der BGB-InfoV entsprechen.

Entscheidungsgründe


Aus den Entscheidungsgründen:

... Das geltend gemachte Unterlassungsbegehren steht der Klägerin aus den §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, 4 Abs. 1 BGB-InfoV nicht zu.

Stellt der Reiseveranstalter über die von ihm veranstalteten Reisen einen Prospekt zur Verfügung, so muss dieser deutlich lesbare, klare und genaue Angaben (u. a.) enthalten über den Reisepreis, die Höhe einer zu leistenden Anzahlung sowie die Fälligkeit des Restbetrags (§ 4 Abs. 1 Satz 1 BGB-InfoV). Mit der Werbeanzeige in der Zeitschrift "BARMER - Das aktuelle Gesundheitsmagazin", Ausgabe 2/2006, Seite 35 ... hat die Beklagte dieser Bestimmung nicht zuwider gehandelt; denn diese Anzeige ist kein "Prospekt" im Sinne des § 4 Abs. l Satz 1 BGB-InfoV.

Nach allgemeinem Sprachgebrauch versteht der Verkehr unter "Prospekt" ein gesondertes Druckwerk im Sinne eines Katalogs, einer Broschüre, evtl. auch (noch) im Sinne eines Werbeflyers. Davon trennt der Verbraucher sprachlich die Werbeanzeige in einer Zeitung / Zeitschrift; nach seinem Begriffsverständnis hat sie mit einem "Prospekt" nichts zu tun, unabhängig davon, ob die Werbeanzeige inhaltlich detaillierte Angaben zur beworbenen Pauschalreise enthält oder nicht. Der Verkehr differenziert auch nicht danach, dass es bei kurzem, knappem Inhalt bei der Qualifizierung als "Anzeige" bleibe und diese dann, wenn der beschreibende Inhalt ausführlicher und umfänglicher werde, zum "Prospekt" mutiere. Ein solches Verständnis ist dem Verkehr fremd. "Werbeanzeige" und / oder "Prospekt" sind für ihn fest umrissene Begriffe, zwischen denen er sprachlich zu differenzieren weiß.

Schon von daher verbietet es sich, die Werbeanzeige der Beklagten ... als "Prospekt" im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 BGB- InfoV anzusehen.

Dass der BGB-InfoV ein anderes Begriffsverständnis zugrunde gelegt worden wäre, ergibt sich aus dieser nicht. Sie enthält keine Definition des Begriffs "Prospekt". Dies gilt auch für die Richtlinie 90/314 EWG über Pauschalreisen vom 13.6.1990.

Art. 3 Abs.1 der Richtlinie 90/314/EWG bestimmt, dass die dem Verbraucher vom Veranstalter gegebenen Beschreibungen einer Pauschalreise, ihr Preis und die übrigen Vertragsbedingungen keine irreführenden Angaben enthalten dürfen. Abs. 2 des Art. 3 bestimmt, dass dann, wenn dem Verbraucher ein Prospekt zur Verfügung gestellt wird, dieser deutlich lesbare, klare und genaue Angaben zum Preis und zu Folgendem enthalten muss:

"... - absoluter Betrag oder Prozentsatz des Preises, der als Anzahlung zu leisten ist, und Zeitplan für die Zahlung des Restbetrages ... ."

Art. 3 der Richtlinie 90/314/ EWG unterscheidet demnach zwischen "Beschreibungen" einer Pauschalreise und "Prospekten". Für "Beschreibungen" werden keine Mindestinhaltserfordernisse aufgestellt, sondern es wird (nur) das (selbstverständliche) Postulat erhoben, dass sie keine irreführenden Angaben enthalten dürfen. Nur für den begrifflichen Gegensatz "Prospekt" werden im Abs. 2 des Art. 3 die Mindestinhaltserfordernisse genannt.

Für den Begriff "Beschreibungen" bleibt substantiell nur dann etwas übrig, wenn Werbeanzeigen der streitgegenständlichen Art als solche qualifiziert werden, und zwar unabhängig davon, ob sie lediglich in knapper Form gehalten und mit minimalen Angaben ausgestattet sind oder ob sie ausführliche Angaben - so auch über Termine, die Saisonzeiten und die danach gestaffelten Preise - enthalten. Der Terminus "Beschreibungen" in Art. 3 Abs. 1 Richtlinie 90/314/EWG gibt in dieser Hinsicht für eine Differenzierung keinen Ansatz.

Für einen vergleichbaren Fall hat das OLG München im Urteil vom 4.12.2003 die Anwendbarkeit des § 4 BGB-InfoV verneint (RRa 2005, 142 =, NJw-RR, 2004, 915). Die Beurteilung durch das OLG München ist richtig.

Der gegenteiligen Auffassung von Führich (Reiserecht, [5. Aufl.], Rn. 651, § 20 "Prospektangaben") folgt die Kammer nicht. ...

Rechtsgebiete

Reiserecht